Osterlehrgang 2007 in Troisdorf - Deutscher JKA-Karate-Bund e.V.

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Karate und Karate-Do: Wettkampfsport und Kampfkunst zwischen Tradition und Moderne er sich über die Inhalte und das eigentliche Wesen des Karate als Do, ìπ, als Weg, uneins war oder am Ende sogar überworfen hatte. Nach dem zweiten Weltkrieg forderten einige seiner ältesten Schüler, nämlich allen voran Nakayama, Nishiyama und Obata, die Einführung von Wettkampftraining – in erster Linie zur besseren Vermarktung des Karate und energisch angestrebten Verbreitung. Nakayama gründete dann 1949 die Japan Karate Association (JKA), um Karate nunmehr als modernen Wettkampfsport weltweit zu verbreiten. Aber Funakoshi, der Sensei, Altmeister und Urvater des "Shotokan", verweigerte ihm konsequent seine Unterstützung. Seine spätere - rein öffentlichkeitswirksame - Ernennung zum "Ehrenausbilder der JKA", die gegen Funakoshis ausdrücklichen Willen und entgegen seinen eigenen Vorstellungen von Karate im Sinne des "Shoto-Kan" nun dennoch mit besagtem Wettkampf (und erfolgreich) agierte, nahm er niemals an. Karate-Do und Kumite-Wettkampf waren für Funakoshi überhaupt nicht zu vereinbaren. Funakoshis Auffasssung vom "wahren" Karate, vom "Kara Te" als Schulung im Sinne des auf die Persönlichkeitsentwicklung abzielenden Do sind uns heute als seine 20 grundlegenden Regeln, die das Wesen des originären Karate-Do beschreiben, als "Shoto-Niju-Kun" bekannt: 1. Karate-do wa rei ni hajimari, rei ni owaru koto wo wasuruna Vergiss nie: Karate-do beginnt mit Respekt (Höflichkeit) und endet mit Respekt (Höflichkeit). 2. Karate ni sente nashi Im Karate gibt es kein Zuvorkommen (keinen ersten Angriff, keine Gewalt). 3. Karate wa gi no tasuke. Karate ist ein Helfer der Gerechtigkeit. 4. Mazu jiko wo shire, shikoshite tao wo shire Erkenne dich selbst zuerst, dann den Anderen. 5. Gijutsu yori shinjutsu Die Kunst des Geistes kommt vor der Kunst der Technik. 6. Kokoro wa hanatan koto wo yosu Lerne, deinen Geist zu kontrollieren, und befreie ihn dann von Unnützem. 7. Wazawai wa getai ni shozu Unheil entsteht durch Nachlässigkeit. 8. Dojo nomino karate to omou na Karate ist nicht nur im Dojo. 9. Karate no shugyo wa issho de aru Die Ausbildung im Karate umfasst Dein ganzes Leben. 10. Arai-yuru mono wo karate-ka seyo, soko ni myomi ari Verbinde dein alltägliches Leben mit Karate, das ist der Zauber der Kunst. 11. Karate wa yu no goto shi taezu natsudo wo ataezareba moto no mizu ni kaeru Wahres Karate ist wie heißes Wasser, das abkühlt, wenn du es nicht ständig wärmst. 12. Katsu kangae wa motsu na makenu kangae wa hitsuyo Denke nicht ans Gewinnen, doch denke darüber nach, wie du nicht verlierst. 13. Tekki ni yotte tenka seyo Wandle dich, abhängig von deinem Gegner. 14. Tattakai wa kyo-jitsu no soju ikan ni ari Der Kampf hängt von der Handhabung deiner Treffsicherheit ab. 15. Hito no te ashi wo ken to omoe Stelle dir deine Hand und deinen Fuß als Schwert vor. 16. Danshi mon wo izureba hyakuman no tekki ari Wenn man das Tor der Jugend verlässt, hat man viele Gegner. 17. Kamae wa shoshinsha ni ato wa shizentai Das Einnehmen einer Haltung gibt es beim Einsteiger, später gibt es den natürlichen Zustand. 18. Kata wa tadashiku jissen wa betsu mono Übe die Kata korrekt, im echten Kampf ist das eine andere Angelegenheit. 19. Chikara no kyojaku, karada no shinshuku, waza no kankyu wo wasaruna Hart und weich, Spannung und Entspannung, langsam und schnell, alles in Verbindung mit der richtigen Atmung. 20. Tsune ni shinen kufu seyo Denke immer nach und versuche dich ständig am Neuen Danach wird deutlich, wie sehr der Vater des Shotokan als Meister der traditionellen, ursprünglichen Kampfkunst gegen jede Versportung, erst recht gegen den Wettkampf war. Er hat als Verfechter der Kata (Formen) und der Bedeutung ihrer rechten Übung für das Verständnis des Karate und (Kämpfen-)Können mit Karate auch nicht versäumt, dieses immer wieder zu betonen und in seinen Büchern "Karate Do Kyohan" (1935) und seinem abschließenden Hauptwerk "Karatedo Ichi-ro" für die Nachwelt zu verdeutlichen: "Die Kunst des Geistes kommt vor der Kunst der Technik". Doch zu häufig bleibt dies ungehört… Kein Zweifel also, dass hier, wenn man es so deutlich formulieren will, von ihm eher "abtrünnig" gewordene und manch einer wohl mehr um eigene Profilierung als um Erkenntnis im Budo (Erleuchtung, "Satori") strebende Schüler, die zwar ohne Frage technisch versierte Meister, aber eben doch nur Soto-deshi gewesen sind, es am Ende waren, die mit und unter seinem Namen des "Shotokan" Karriere machten. Und so nach und nach das moderne Karate als (Wettkampf-)Sport systematisch auf der ganzen Welt verbreiteten. Zu seinem eigentlichen Nachfolger, seinem Uchi-deshi ("inneren" Schüler), der neben den bloßen äusseren Formen und reinen Techniken, die die Soto-deshi ("äusseren" Schüler) nur erlernen, auch die inneren Werte der Kampfkunst gemeistert hatte, ernannte Funakoshi aber seinen ihm am nächsten stehenden und besten Schüler, nämlich Egami Shigeru. Dieser begründete gegen den Trend seiner eifernden Kollegen (und ehemaligen Mitschüler) dann "Shotokai Ryu", die "Schule der Gruppe des Shoto "; benannt in Anlehnung an die Nihon Karate- Do Shoto-Kai, eine Vereinigung, die sich 1935 zur Unterstützung des Funakoshi und des Baus seines Shoto-Kan (der Halle des Meisters Shoto) gebildet hatte. JKA-Karate 45
Karate und Karate-Do: Wettkampfsport und Kampfkunst zwischen Tradition und Moderne Er, Egami, blieb dem am Zen (an "Vertiefung ins Wesentliche") orientierten Geist des Karate-Do von Funakoshi treu, unkorrumpierbar, loyal, lebenslang. Er übernahm nach des Grossmeisters Tod 1957 die Funktion des Cheftrainers im Honbu-Dojo. Aber trotz des Festhaltens an der nicht-sportlichen Weg-Tradition des "Funakoshi-Karatedo" im Shotokai-System – oder gerade deswegen – hat diese nahe am Ideal (bzw. Original) gebliebene, vom Taijiquan und Qigong inspiriert Richtung mangels Verbreitung keine große Bedeutung und ist mittlerweile auch in zahlreiche Splittergruppen verfallen. Auch hier haben, wie so häufig im Budo, die Soto-Deshi trotz Zweitklassigkeit ihrem mit öffentlichem und politischem "Trara" mehr Erfolg (Effekt) als die eigentlichen Urheber, die bescheidenen Meisterschüler und jene mehr um die Sache als um ihren Auftritt (Ansehen, Einfluss, Gewinn) bemühten Kollegen… 3. JKA / JKS / SKI Die dann zunehmenden Querelen, die aufgrund unterschiedlicher Interpretationen ebenso wie zuweilen gegensätzlicher Visionen der Meisterschüler, Trainer und auch Funktionäre in der Geschichte des japanischen Karate folgten, spalten auch heute noch die Lager, was denn nun das richtige, echte, "wahre" Karate sei. Abspaltungen, Konkurrenz, Krisen und sogar Feindschaften ehemaliger Trainingspartner und zerrüttete Beziehungen zwischen Lehrern und Schülern haben schon – wie es zwischen Menschen im Allgemeinen genauso wie im Kampfkunstkontext üblich zu sein scheint – eigentlich von Anfang an die sich dann im 20. Jhd. Zunehmend entwickelnde Karateszene und mittlerweile wohl auch die ganze Karate-Welt immer wieder geschüttelt (will man nicht "erschüttert" sagen). Nakayama wurde jedenfalls ungeachtet der Ablehnung des Ersten Lehrmeisters für Shotokan-Karate, Funakoshi, dann der Top-Shihan der 1949 von ihm selber gegründeten und immer stärker werdenden Japan Karate Association (JKA) und übernahm damit den ja vom eigentlichen Sensei (Funakoshi) abgelehnten Posten. Mit der Eröffnung 5. Nationalen Championchips 1961 durch den Kronprinzen Akihito hatte die JKA als erster Karateverband in Japan somit die höchste Anerkennung durch das Kaiserhaus erlangt. Am 15. April 1987 starb Nakayama und die JKA begann, wie es dann oft so ist, zu zerfallen. Berühmte Trainer wie Kase, Shirai, Kawasoe, Yahara, Abe, Asai und andere trennten sich nach und nach von der JKA und gründeten ihre eigenen Organisationen. Auch der oft als "Mr. Shotokan" bezeichnete Großmeister Kanazawa (* 1931), der als einziger noch lebender Shihan (seit 2002 10.Dan der IMAF) sowohl unter Funakoshi als auch Nakayama gelernt hatte (und übrigens 1967 auch Chefinstruktor von Europa und des damaligen Deutschen Karate Bundes, DKB, war), verließ zusammen mit mehreren hochrangigen japanischen Karatemeistern (wie Asano, Miura, Nagai und Kawasoe ) die JKA und gründete 1978 den eigenen Verband 46 JKA-Karate Shotokan Karate International Federation (SKI), um ein eigenes Konzept zu verwirklichen. Dieses orientierte sich wieder mehr am klassischen Karate und am Taiji, Qigong und Kobudo, das er parallel wie integrativ studierte. 1992 wurde Suigura der Chef-Shihan der JKA. Ganze 10 Jahre lief ein Prozess gegen die von der JKA abgespaltene Asai-Fraktion über die Nutzungsrechte des Namens JKA. In 2. Instanz gewann schließlich die Gruppe um Sugiura mit bekannten Meistern wie Shoji, Tsuyama, Enoeda, Ochi, Tanaka, Ueki, Osaka, Iida, Oichi, Aoki und Kawawada. Asai war also gezwungen, seine Organisation in Japan Karate Shotokai (JKS) umzubenennen. Hier hatten sich "Karate-Brüder" verfeindet. Und bekannte Größen wie Kase und Shirai gründeten ebenfalls konkurrierende Verbände (WKSA, Shotokan Ryu Kase Ha) – alle unter mehr oder weniger berechtigter Berufung auf Funakoshi – ohne Kooperation und auch nur gegenseitige Achtung oder Anerkennung. Das alles ist Geschichte und wir kennen sie. Es zeigt sich, wie schwierig – für Insider bald genauso wie für Außenstehende – die Beurteilung um die rechte Erbschaft der Karate-Kampfkunst (nicht nur, aber eben auch sogar bezogen auf Shotokan) selbst im Ursprungsland Japan ist. Von hier aus zogen Instructoren in die Welt, um sich überall zu etablieren – meist in bald eigenen, abgespaltenen Organisationen und schnell auch mit ganz unterschiedlichem Karate. 4. Deutschlands Richtungsstreit in DKB / DKU / DKV / DJKB Auch hier in Deutschland ist das Verständnis darüber, was Karate ist, sein kann und sein sollte, verschieden, widersprüchlich oder konträr. Nicht alles ist etwa einvernehmlich oder gar einheitlich geregelt und organisiert, sondern schon mit den Anfängen des Karate in Deutschland (mit dem Judoka Jürgen Seidel 1957 eingeführt) setzt sich das japanische Gerangel um die offizielle Anerkennung auch bei uns fort. 1961 gründete sich zuerst der Deutsche Karate-Bund (DKB), aber auch der Deutsche Judo-Bund (DJB) wollte Karate als Sportart unter seinem Dach organisieren und gründete 1965 die "Sektion Karate im Deutschen Judo- Bund" (SeKa DJB). Als Sektion des DJB war dieser Verband ganz automatisch Mitglied und offizieller Repräsentant des Karate als Sportart im Deutschen Sportbund (DSB). Der ältere und deutlich mitgliedsstärkere Karate-Verband DKB blieb aber dadurch faktisch vom DSB ausgeschlossen. Mit diesen schon frühzeitig sportpolitischen Turbulenzen, die mit Karate in Deutschland von Anfang an verbunden sind, gab es damals also schon 2 Nationalmannschaften, die auf internationaler Ebene an Veranstaltungen verschiedener Karate-Organisationen teilnahmen, nämlich die Karate- Sektion des DJB bei der European Karate Union (EKU) und World Union of Karate Organisations (WUKO), und der DKB an European Amateur Karate Federation (EAKF) und International Amateur Karate Federation (IAKF).
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