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Osterlehrgang 2007 in Troisdorf - Deutscher JKA-Karate-Bund e.V.

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<strong>Karate</strong> und <strong>Karate</strong>-Do: Wettkampfsport und Kampfkunst zwischen Tradition und Moderne<br />

und Meister am meisten schätzen (hoffentlich!), aber<br />

sollte an der so bewunderns- wie liebenswerten Eigenart<br />

und Besonderheit eben se<strong>in</strong>es Systems, mit dem er sich<br />

identifiziert, festhalten, die es von den anderen ja gerade<br />

unterscheidet. Niemand sollte mit der von Oben verordneten<br />

Egalisierung se<strong>in</strong>es <strong>Karate</strong> und am Ende se<strong>in</strong>er<br />

Persönlichkeit e<strong>in</strong>verstanden se<strong>in</strong>. Wir s<strong>in</strong>d alle verschieden,<br />

und das ist auch gut so.<br />

Nun zeigt sich, dass die anfangs gestellte Frage nach<br />

dem, was denn <strong>Karate</strong> sei, aus gutem Grunde gar nicht<br />

so e<strong>in</strong>fach zu beantworten ist – und man könnte nun am<br />

Ende sagen: Gott sei Dank ! Jede Auffassung hat, wie<br />

aufzuzeigen versucht wurde, se<strong>in</strong>e Berechtigung. Schon<br />

historisch und erst recht <strong>in</strong> der heutigen Zeit ist die<br />

Theorie und Praxis des <strong>Karate</strong> und <strong>Karate</strong>-Do <strong>in</strong><br />

Richtungsstreitigkeiten und Spannungsfelder verwoben,<br />

und sie zu lösen, kaum möglich. Eigentlich auch nicht<br />

s<strong>in</strong>nvoll. "Toleranz und Respekt gegenüber den anderen<br />

Wegen und Vorstellungen" (wie ihn der DJKB auch propagiert)<br />

sollten die <strong>Karate</strong>ka, ihre Repräsentanten und<br />

ihre Verbände auszeichnen, nicht der dem Wesen des<br />

<strong>Karate</strong> widersprechende Ansatz, Andersdenkenden,<br />

anderen überhaupt, zu schaden, sie zu bekämpfen. Das<br />

ist die Kunst an der Kampfkunst…<br />

E<strong>in</strong>e jüngere Entwicklung, die dennoch ausdrücklich e<strong>in</strong>e<br />

Art Rückbes<strong>in</strong>nung – auf traditionelle Werte nämlich –<br />

ist, ist die mit der neuen Diszipl<strong>in</strong> der Budopädagogik<br />

verbundene Betonung der den Budo-Kampfkünsten<br />

<strong>in</strong>newohnenden Charakterbildung. Die erzieherische<br />

Relevanz des <strong>Karate</strong> als <strong>Karate</strong>-Do wächst mit der<br />

Orientierung an der klassischen, ganzheitlichen<br />

Ausbildung, den Traditionen, Ritualen, Zeremonien, die<br />

im modernen Sport verloren gegangen s<strong>in</strong>d, aber die<br />

Kampf-"Kunst" ausmachen:<br />

• E<strong>in</strong> persönliches und belastbares Lehrer-<br />

Schülerverhältnis (Shitei), <strong>in</strong> dem der Lehrer<br />

Verantwortung für die Entwicklung se<strong>in</strong>er Schüler auf<br />

ihrem Weg übernimmt, den Weg von Herz zu Herz vermittelt<br />

(Ish<strong>in</strong>-Densh<strong>in</strong>) und den Weg-Fortschritt systematisch<br />

durch Führung und Begleitung überwacht (Shu-hari),<br />

<strong>in</strong>dividuell den ganzen Menschen fordert und fördert,<br />

menschliches und fachliches, ja "väterliches" Vorbild<br />

(Sensei) ist, ist e<strong>in</strong> wesentlicher Aspekt des klassischen<br />

<strong>Karate</strong>-Do, dessen hohe pädagogische und persönlichkeitsfördernde<br />

Wirkung nicht zu unterschätzen ist.<br />

• Die Gruppe Gleichges<strong>in</strong>nter <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Dojo, deren<br />

Identifikation mit dem Dojo, dem Sensei, dem Ryu den<br />

"Geist" des Budo beleben, die sich als echte Partner<br />

("Brüder und Schwestern") begreifen und e<strong>in</strong>ander<br />

freundschaftlich mehr s<strong>in</strong>d, als alle<strong>in</strong> kooperierende<br />

Mitschüler sowie e<strong>in</strong>e verb<strong>in</strong>denden und verb<strong>in</strong>dliche<br />

Etikette (Reishiki) der Höflichkeit, Achtung und gegenseitiger<br />

Wertschätzung (die über bloße Fairness h<strong>in</strong>ausgeht)<br />

geben Orientierung und Halt, vermitteln wichtige<br />

Botschaften, Werte, e<strong>in</strong>e positive Moral, tugendhafte<br />

Ethik - und Ideale. Die Betonung des eigenen ("<strong>in</strong>neren")<br />

Wachstums gibt mehr Halt und Stärke als e<strong>in</strong>e konkur-<br />

50 <strong>JKA</strong>-<strong>Karate</strong><br />

renzfördernde Ausrichtung an nur e<strong>in</strong>er besseren<br />

Technik/Leistung.<br />

• Pr<strong>in</strong>zipien und Regeln der Friedfertigkeit und des<br />

Wohlwollens (Dojokun), die im Unterricht (der<br />

Unterweisung und nicht dem re<strong>in</strong>en Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g) tatsächlich<br />

über das predigende Wort (Mondo) h<strong>in</strong>aus im echten<br />

Umgang mite<strong>in</strong>ander gelebt (und vor-gelebt) und<br />

geme<strong>in</strong>sam immer wieder geübt werden, gehen über<br />

blossen "Respekt" weit h<strong>in</strong>aus. Sie zählen zur<br />

Grundlehre des "wahren <strong>Karate</strong>", des Budo.<br />

• Meditation und Kontemplation (Zazen) s<strong>in</strong>d wichtige<br />

Erlebnis-Inseln der Ruhe und E<strong>in</strong>kehr, auch der<br />

Erholung und Gesundung unserer im hektischen Alltag<br />

genötigten Psyche, die neben dem energetischen<br />

"Auspowern" ihre Balance <strong>in</strong> der Bes<strong>in</strong>nung f<strong>in</strong>det, wie<br />

sie im <strong>Karate</strong>-Do im Wechsel zwischen Anspannung und<br />

Entspannung (Y<strong>in</strong>-Yang) angelegt ist; spirituelle<br />

Befriedigung <strong>in</strong> der Ause<strong>in</strong>andersetzung mit der<br />

Philosophie und beachtlichen (theoretischen wie praktisch<br />

erlebbaren) Weisheit Asiens schaffen neben <strong>in</strong>tensiver<br />

Selbsterforschung jene erkenntnisreichen<br />

Erfahrungen und Selbsterfahrungen, die den Menschen<br />

sich weiterentwickeln und reifen lassen.<br />

Vieles gäbe es zu sagen, dessen Erhalt so wertvoll ist<br />

und auf dessen Wiederbes<strong>in</strong>nung es sich so lohnt. Die<br />

alte Kunst des <strong>Karate</strong> und <strong>Karate</strong>-Do <strong>in</strong> der heutigen Zeit<br />

schnelllebigen Konsums und zumeist banale Moderne<br />

hält Schätze bereit, die uns <strong>in</strong>nehalten lassen und unser<br />

oberflächlicher Leben bereichern kann, etwas, das <strong>in</strong><br />

uns selber mehr leuchten kann, als leuchtende Pokale <strong>in</strong><br />

der Vitr<strong>in</strong>e !<br />

Literaturauswahl<br />

BOWERBANK, A.: Spirit of the Sensei. A Study of Japanese Martial Arts; Toronto<br />

1998<br />

BROCKERS, W.: Do - Vom Geist des Zen im <strong>Karate</strong>; Landau 1993<br />

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DESHIMARU, T.: Zen <strong>in</strong> den Kampfkünsten Japans; Berl<strong>in</strong> 1978<br />

DOLIN, A: Die Kunst des Kampfes; Leipzig 1988 (2000)<br />

DRAEGER, D. F. : The Martial Arts and Ways of Japan. Vol. I-III; New York 1973<br />

DUKES, T.: The Bodhisattva Warriors (Buddhist Martial Arts); York Beach 1994<br />

DÜRCKHEIM, K. Graf: Sportliche Leistung - Menschliche Reife; Frankfurt a.M.<br />

1986<br />

FAULIOT, P.: Die Kunst zu siegen, ohne zu kämpfen; Kreuzl<strong>in</strong>gen 2001<br />

GRUNDMANN, M.: Die Niederlage ist e<strong>in</strong> Sieg; Düsseldorf 1983<br />

HYAMS, J.: Der Weg der leeren Hand - Zen <strong>in</strong> den Kampfkünsten; München<br />

1991<br />

JOHNSON, N. J.: Barefoot Zen; York Beach 2000<br />

KOZMA, A.: Esoteric Warriors; London 1998<br />

MALISCEWSKI, M.: Spiritual Dimensions of the Martial Arts; Rutland 1996<br />

NEUMANN u.a. (Hg): Der friedliche Krieger, Marburg 2004<br />

NICOL, C. W.: Mov<strong>in</strong>g Zen; London 1981<br />

PRESTON, T.: Samurai-Geist. Der Weg des Kriegers <strong>in</strong> den japanischen<br />

Kampfkünsten; Leimen, 1991<br />

REID; H. / CROUCHER, M.: Der Weg des Kriegers - Tradition, Geist, Technik;<br />

München 1986<br />

STEVENS, J.: Budo-Secrets; Boston 2001<br />

TURNER, V. K.: Das Schwert der Seele. Weg und Geist des spirituellen Kriegers;<br />

Freiburg 2000<br />

WEBSTER-DOYLE, T.: One Encounter - one Chance. The Essence of the Martial<br />

Art; Vermont 1987<br />

WILSON, W. S. (Hrsg.): Zen <strong>in</strong> der Kunst des kampflosen Kampfes; Bern 1986<br />

WOLTERS, J.-M: Kampfkunst als Therapie; Frankfurt, New York 1992<br />

Dr. Jörg-M. Wolters<br />

Shoto-Kempo-Kai

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