-GKK gesund ktn 1 2008 ok - Kärntner Gebietskrankenkasse
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es instinktiv, das Gelenk zu belasten, nehmen<br />
automatisch eine Schonhaltung ein.“<br />
Alles fließt<br />
Ein seltsames Wort klingt in Lucas Ohren nach.<br />
Oligo – irgendwas. Oligoarthritis, genau. Das<br />
bedeutet: Nur wenige Gelenke (bis zu fünf)<br />
sind von der entzündlichen Gelenkserkrankung<br />
betroffen. Das ist übrigens die häufigste<br />
Form kindlichen Rheumas. Sie tritt um das<br />
3. bis 6. Lebensjahr auf und betrifft mysteriöserweise<br />
eher Mädchen als Buben.<br />
Erwachsene hingegen leiden oft an Polyarthritis<br />
- dabei werden, wie es der Name verrät,<br />
viele Gelenke in Mitleidenschaft gezogen, oft<br />
symmetrisch an beiden Armen, beiden<br />
Beinen.<br />
Bei Luca hatte alles mit einem roten Zeh<br />
begonnen. Jetzt ist das rechte Knie dick<br />
angeschwollen, in der Früh kommt der Kleine<br />
kaum aus dem Bett. Bisher hat er nur<br />
Schmerzmittel bekommen (Ibuprofen), jetzt<br />
schlägt Univ.-Prof. Wilhelm Kaulfersch vor,<br />
schwerere Geschütze aufzufahren. Ziel sei es,<br />
„die Gelenksfunktion so schnell wie möglich<br />
wieder zu normalisieren“. Früher hat man zu<br />
Cortison gegriffen, heute stehen weit bessere<br />
Medikamente zur Verfügung: Zum Beispiel<br />
Methotrexat (MTX), ein sehr potenter<br />
Wirkstoff, der in der Krebstherapie Verwendung<br />
findet und in weit niederer Dosierung<br />
hervorragend (und mit wenig Nebenwirkungen)<br />
bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen<br />
hilft. Binnen drei, vier Wochen tritt<br />
üblicherweise eine deutliche Besserung ein.<br />
Eine Frage taucht immer wieder auf: Weshalb hat<br />
gerade mein Kind diese Krankheit? Leider ist das<br />
nicht so leicht zu beantworten. Wir wissen heute,<br />
dass die Veranlagung, an Rheuma zu erkranken,<br />
familiär ausgeprägt ist. Neben genetischen Faktoren<br />
braucht es aber auch noch einen Auslöser:<br />
etwa eine Infektion mit Viren oder Bakterien. Oft<br />
sind auch keine äußeren Einflüsse auszumachen,<br />
das muss einfach gesagt werden. Ganz wichtig:<br />
keiner hat Schuld am Ausbruch der Krankheit.<br />
Wesentlich wichtiger als die Ursachensuche ist<br />
ohnehin eine rasche und adäquate Behandlung, um<br />
Spätschäden zu vermeiden.<br />
Andere Cortison-freie Medikamente aus der<br />
Gruppe der COX-2-Hemmer (etwa das<br />
„berühmte“ Vioxx) sind nicht für Kinder<br />
zugelassen; Alternativen gibt es dennoch.<br />
Eine Möglichkeit bestünde darin, Cortison<br />
direkt ins Gelenk einzuspritzen. „Das wirkt<br />
dann nur l<strong>ok</strong>al und schädigt nicht die<br />
Organe.“ Bei dieser Methode konnte Primar<br />
Kaulfersch schon erstaunliche Verläufe<br />
beobachten. „So ein Stich kann die Krankheit<br />
auf Monate unterdrücken. Das ist durchaus<br />
auch eine Option.“ Die allerdings – auch das<br />
sei nicht verschwiegen – nur bei bestimmten<br />
Konstellationen und Verläufen sinnvoll ist.<br />
Dauerschäden vorbeugen<br />
Freilich, Medikamente sind nicht alles: Neben<br />
der entzündungshemmenden Therapie stehen<br />
auch Physio- und Ergotherapie auf dem<br />
Behandlungsplan - um der Verkürzung von<br />
Muskeln und Sehnen entgegenzuwirken und<br />
die Mobilität zu erhalten. Wohlgemerkt erst,<br />
wenn die Entzündung abgeheilt ist.<br />
Soweit ist Luca noch nicht. Wie es weitergeht<br />
mit dem Kleinen? Wilhelm Kaulfersch ist kein<br />
Hellseher. Aber er weiß: Bei einem Drittel aller<br />
Kinder und Jugendlichen erfolgt eine rasche<br />
Remission. Eine paar Monate Therapie, und<br />
die Sache ist ausgestanden. Allerdings – auch<br />
das ist klar: „Wir können den Verlauf nicht<br />
vorhersagen. Deshalb müssen wir alles tun,<br />
um Dauerschäden vorzubeugen.“ Luca blickt<br />
jedenfalls ganz zuversichtlich drein. Den<br />
Kampf mit dem Lutscher hat er schon mal<br />
bravourös gemeistert.<br />
KOMMENTAR<br />
Prim. Univ.-Prof.<br />
Dr. Wilhelm Kaulfersch,<br />
Vorstand der Abtlg.<br />
für Kinder- und Jugendheilkunde,<br />
LKH Klagenfurt<br />
BUCHTIPP<br />
Kindliches<br />
Rheuma<br />
Eine zu wenig<br />
beachtete Krankheit<br />
Christian Huemer und<br />
Wilhelm Kaulfersch (Hrsg.)<br />
170 Seiten, 40 Abb.<br />
Verlag SPRINGER<br />
Wien u.a., 2007<br />
ISBN 978-3-211 48619-1<br />
Dieses Buch ist ein hilfreicher<br />
Ratgeber für betroffene Familien<br />
sowie Hausärztinnen und Hausärzte.<br />
Es liefert einen umfassenden<br />
Überblick über den Formenkreis der<br />
rheumatischen Erkrankungen im<br />
Kindes- und Jugendalter. Die unterschiedliche<br />
Symptomatik, der Weg<br />
zur Diagnose und verschiedene<br />
Therapieansätze sind ausführlich<br />
beschrieben. Wichtige Begriffe wie<br />
chronische Entzündung, Arthritis etc.<br />
werden fachmännisch und verständlich<br />
erklärt. Das Hauptaugenmerk<br />
liegt aber auf den verschiedenen<br />
Therapiemöglichkeiten – und hier<br />
vor allem ihrer Anwendbarkeit und<br />
ihren Erfolgsaussichten.<br />
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