August-Ausgabe des BEK-Forum - Bremische Evangelische Kirche

Der neue Eulentyp bei der ESG
Ob er denn nun eher der Lerchen- oder der Eulentyp sei,
wurde Andreas Quade in seinem Bewerbungsgespräch
bei der Bremer Evangelischen Studentengemeinde (ESG)
gefragt, auch wenn deren tierisches Symbol eigentlich
der rote Hahn ist. Das Gespräch soll nur kurz gestockt
haben, berichtet der Pastor, denn der Hintergrund der
Frage war ihm klar: Lerchen singen früh, Eulen hingegen
werden erst abends aktiv und halten die ganze
Nacht durch. „Schon klar, dass man einem 51-Jährigen
die Frage stellt, ob er bei den meist bis in die Nacht reichenden
ESG-Veranstaltungen nicht schlapp macht“,
meint der neue ESG-Pastor, der am 1. September die
neue Aufgabe übernimmt. Bisher war Andreas Quade
Leiter der Religionspädagogischen Arbeitsstelle (RPA)
im forum Kirche in der Hollerallee. Nach elf Jahren
auf dieser Stelle zieht er nur einen Steinwurf weiter auf
die andere Seite des großen Gartens – in die ESG in
der Parkstraße. Sich als Studentenpfarrer zu bewerben,
sei ihm anfangs nicht in den Sinn gekommen, als er
sich auf Stellensuche machte. „Ich dachte: Da muss
jemand hin, der 30 ist.“
Wechsel nach 11 Jahren RPA
Nach zehn Jahren auf der gesamtkirchlichen Pfarrstelle
als RPA-Leiter stand für ihn nach dem, Pfarrergesetz
der Wechsel an. „Gesamtkirchliche Stellen sind hoch
attraktiv, deshalb tut ein Wechsel dort gut. Auch
an dere sollten da mal eine Chance haben.“ Doch
ein Gemeindepfarramt wollte er nicht unbedingt
ha ben: „Meine Frau arbeitet schon als Pastorin in der
Gemeinde, zwei Gemeinden in einer Familie sind
zuviel!“ Als die ESG-Stelle ausgeschrieben wurde,
kam Quade ins Nachdenken: „Wer hat mich eigentlich
geprägt? – Das waren allesamt ältere Lehrer
oder Professoren. Schafft Alter also eine hinderliche
Distanz?“ – Schließlich schickte er seine Bewerbung
ab und wurde gewählt.
Auch wenn er die Arbeit in der RPA „mit viel Spaß“
und „total gerne“ gemacht habe, freut sich Andreas
Quade auf den Wechsel in die Studentengemeinde.
„Das ist wahnsinnig spannend. Ich habe schon in
den letzten Jahren viele Projekte
gemacht: Zum Beispiel den
‚Fisch auf dem Dach‘, die
Stadtführung zu den religiösen Symbolen im Bremer
Stadtbild. Oder das Kooperationsprojekt zum Kirchentag
mit dem Universum und die KonfiAss-Ausbildung
(Konfirmanden-Assistenten) für Ehrenamtliche im
Kirchlichen Unterricht.“ Pro jektorientiertes Arbeiten
im Team sei auch in der ESG gefragt.
Verschultes Studium nimmt Freiräume
Durch die neue Struktur der Abschlüsse mit Bachelor
und Master sind Studierende stark unter Druck. „Die
Verschulung hat zugenommen, deshalb ist projektorientiertes
Arbeiten der einzige Weg, heute Studierende
mit ESG-Arbeit zu erreichen.“ Ganz wichtig sei bei
der Angebotsgestaltung auch der Spaßfaktor, weil
Freizeit bei Studierenden extrem knapp sei. „Eine Idee
ist zum Beispiel, mit Studierenden in der vorlesungsfreien
Woche Anfang Mai mal mit der Verandering zu
fahren. Da kann man erlebnispädagogisch an Fragen
wie „Hart am Wind – hart am Limit?“ arbeiten und die
Belastungssituation thematisieren.“
Bei der Planungsrunde für das Wintersemester mit
dem Schwerpunktthema „Elite(n): Wer sind die? Wo
sind wir?“ war Andreas Quade diesmal nur als Gast
dabei, ab dem folgenden Semester mischt er voll mit.
An Ideen mangelt es ihm nicht. So fasziniert ihn der
Dialog von Glaube und Naturwissenschaft. „Im Urlaub
habe ich gerade ein Buch aus der Hirnforschung zur
Macht der inneren Bilder gelesen.“
Stärkere Präsenz im Uni-Betrieb
Dass die ESG eine anerkannte Größe in der Bremer
Hochschullandschaft ist, freut ihn. „Beim First-time-
Einführungsseminar, das die ESG gemeinsam mit
der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) vor
Semesterbeginn veranstaltet, sind bis zu 80 Erstsemster
dabei und die Uni verschickt die Einladung dazu mit den
persönlich
text & foto
Matthias Dembski
Bewerbungsunterlagen.“ Andreas Quade will solche
Kooperationen ausbauen, auch durch regelmäßige
Hochschulgottesdienste vor Ort in den Hochschulen.
Ob nun mit einem Gottesdienst im Chemielabor
oder gar im Fallturm – sein Anliegen ist der offene
Dialog mit allen Wissenschaftsdisziplinen. Im Blick
hat er dabei nicht nur die Uni, sondern alle Bremer
Hochschulen und auch die private Jacobs Uni in
Bremen-Nord. „Statt übereinander zu reden, sollten
wir alle miteinander reden, Austausch ermöglichen,
um Vorurteile abzubauen.“
Mehr Präsenz vor Ort im akademischen Betrieb ist
ein weiteres Ziel, das sich Andreas Quade für seine
ESG-Arbeit gesteckt hat. Wie eine Hochschule tickt,
weiß er aus seiner eigenen 15-jährigen Uni-Tätigkeit.
In Göttingen war er fünf Jahre Repetent am Bremer
Studienhaus, promovierte nebenbei in Predigtlehre.
An der Bremer Uni hielt er 10 Jahre im Studiengang
Religionswissenschaften/Religionspädagogik vor allem
bibelkundliche , systematisch-theologische und neutestamentliche
Lehrveranstaltungen.
Starkes ökumenisches Profil pflegen
An vieles, was sich in der ESG bewährt hat, will
Andreas Quade anknüpfen. „Ganz wichtig sind das
starke interkulturelle Standbein und die Beratungsarbeit
für ausländische Studierende, die Behrouz Behbehani
macht.“ Das globale Denken und die ökumenische
Dimension in der praktischen Gemeindearbeit seien
Potenziale, die die ESG in die BEK noch stärker einbringen
könne. „Das bunte Bild bei der Verabschiedung
meiner Vorgängerin Birgit Locnikar hat mich beeindruckt
– das gibt es nirgends sonst in unserer Kirche
in dieser Vielfalt.“
Einen Wunsch formuliert der neue ESG-Pastor bereits
vor seinem offiziellen Amtsantritt: „Wir sind eine
Gemeinde der BEK, aber nicht im Kirchentag vertreten.
Das Kirchenparlament hat Jugendvertreter als
Mitglieder, aber Studierende aus der ESG sind nicht
vertreten. Mal schauen, ob sich daran etwas ändern
lässt...“
k
kontakt
Evangelische Studentengemeinde
(ESG)
Pastor Dr. Andreas Quade
Parkstraße 107, 28209 Bremen
Telefon 0421/ 24 12 60
quade.esg@kirche-bremen.de
Einführung:
5. Dezember 2010 (2. Advent) um 10 Uhr
in der St. Michaelis-Kirche,
Doventorsteinweg 51
www.esg-bremen.de
www.kirche-bremen.de
BEK Forum August 2010 23