Gruppendiskussion in zwei Welten: Gute Gründe für "schlechte
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<strong>Gute</strong> <strong>Gründe</strong> <strong>für</strong> <strong>schlechte</strong> Praktiken (11.06.2004/04) 6<br />
forschung werden zwar nur 10% der Gelder <strong>für</strong> qualitative Formate angelegt, aber auch hier entfällt der relativ größte Anteil auf Grup-<br />
pendiskussion. In diesen beiden, wie auch <strong>in</strong> manchen anderen angewandten Bereichen dürfte die Bedeutung der <strong>Gruppendiskussion</strong><br />
als Untersuchungs<strong>in</strong>strument <strong>in</strong> absehbarer Zeit sogar noch weiter steigen.<br />
Trotz e<strong>in</strong>er Ahnenreihe, die bis Robert K. Merton zurückreicht, <strong>in</strong>teressierte sich demgegenüber <strong>in</strong> den Sozialwissenschaften bis vor<br />
etwa 10 Jahren kaum jemand <strong>für</strong> die <strong>Gruppendiskussion</strong>. Erst Handbücher jüngeren Datums (wie Flick et al. (2000), Denz<strong>in</strong> et al.<br />
(2000), Seale et al (2004) oder Silverman (2004)) räumen ihr e<strong>in</strong> eigenes Kapitel e<strong>in</strong>. Sue Wilk<strong>in</strong>son’s Artikel über „Focus Groups“<br />
beispielsweise wurde Silverman’s Reader „Qualitative Research“ erst <strong>in</strong> der <strong>zwei</strong>ten Auflage 2004 h<strong>in</strong>zugefügt, während man 1997<br />
offenbar noch ke<strong>in</strong>en Anlass <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e derart umfangreiche Behandlung der Methode sah. Dies reflektiert den enormen und rapiden<br />
Popularitätsgew<strong>in</strong>n der <strong>Gruppendiskussion</strong>, <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> ihrer Variante als „Focus Group“. Schon seit den 80er Jahren setzt man<br />
aber die <strong>Gruppendiskussion</strong> im Bereich der Handlungsforschung e<strong>in</strong>, <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> der Gesundheitserziehung und Gesundheits-<br />
prävention. Zugleich war e<strong>in</strong> zunehmendes Interesse an <strong>Gruppendiskussion</strong>en von Seiten jener zu verzeichnen, denen es auf „voice“<br />
ankommt, also auf das Hörbarmachen bislang nicht repräsentierter „Stimmen“ von Bevölkerungsgruppen. E<strong>in</strong>e besondere Konjunktur<br />
erleben <strong>Gruppendiskussion</strong>en daher seit längerem <strong>in</strong> der fem<strong>in</strong>istischen Forschung (s. Madriz 2000). Deutschland zeigt <strong>in</strong> verschie-<br />
dener H<strong>in</strong>sicht e<strong>in</strong>e Sonderentwicklung (s.u.)<br />
Die Unterschiede <strong>in</strong> der Nutzung von <strong>Gruppendiskussion</strong> zeigen sich nicht nur zwischen angewandtem und Grundlagenbereich. Auch<br />
<strong>in</strong>nerhalb dieser Bereiche lassen sich Differenzen im Vorgehen, <strong>in</strong> der theoretischen Fundierung und <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>schätzung der Ergeb-<br />
nisse konstatieren. Quer dazu liegen ausgeprägte nationale Traditionsl<strong>in</strong>ien. E<strong>in</strong>ige der wichtigsten Differenzierungen möchten wir mit<br />
Hilfe des folgenden Schemas erläutern.<br />
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