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Ermland ist heute nur ein Markenzeichen.<br />
Deswegen kann heute<br />
jeder Ermländer werden, meint<br />
Prof. Hubert Orłowski, erster<br />
Ermländer, der soeben die Ehrendoktorwürde<br />
der Universität von<br />
Ermland und Masuren erhalten<br />
hat.<br />
Professor Hubert Orłowski ist<br />
der erste Ermländer, der die Ehrendoktorwürde<br />
der Universität von<br />
Ermland und Masuren<br />
in Allenstein erhielt. Die<br />
höchste Auszeichnung<br />
der Universität wurde<br />
am 30. September 2009<br />
bekanntgegeben. Ausgezeichnet<br />
wurde er für<br />
seine Forschungsergebnisse<br />
auf dem Gebiet<br />
der deutschen Kultur<br />
und Literatur, insbesondere<br />
der Literatur des<br />
Dritten Reichs, und der<br />
deutsch-polnischen Beziehungen,<br />
darunter der<br />
nationalen Klischees.<br />
Auch sein Beitrag zur intellektuellen<br />
Entwicklung von drei Generationen<br />
polnischer Germanisten und zur Verbreitung<br />
des Wissens über Ermland<br />
in In- und Ausland wurde anerkannt.<br />
„In unserer Region, die eine verwirrende<br />
Geschichte hat, sind dies<br />
die besonders wichtigen Fragen”, betont<br />
Prof. Józef Górniewicz, Rektor<br />
der Universität.<br />
„Ich freue mich sehr, dass ich die<br />
Ehrendoktorwürde von der Universität<br />
bekommen habe, die schließlich<br />
in meiner Heimat und in der Heimat<br />
meiner Vorfahren liegt”, bedankte<br />
sich Prof. Orłowski.<br />
Hubert Orłowski wurde 1937 in<br />
Podleiken/ Podlejki in der Gemeinde<br />
Dietrichswalde geboren. Seine ermländische<br />
Familie kommt ursprünglich<br />
aus Groß Purden/ Purda Wielka.<br />
14 10/2009<br />
FORUM<br />
Allenstein. Universität ehrt einen Ermländer<br />
Ermland als Markenzeichen<br />
Er besuchte die Oberschule in Osterode.<br />
Er ist Germanist und Professor<br />
der Adam-Mickiewicz-Universität<br />
zu Posen. Er ist auch mit der Kulturgemeinschaft<br />
„Borussia” Allenstein<br />
verbunden.<br />
Obwohl er ein großer ermländischer<br />
Patriot ist, meint er dass<br />
„Ermland heute nur ein Markenzeichen<br />
ist”. Wer kann sich heute als<br />
Ermländer bezeichnen? Ist es jemand,<br />
der im Ermland geboren wur-<br />
Prof. Orłowski hängt sein Porträt in der Ehrendotktor-Galerie UWM<br />
de, dessen Eltern aber aus Vilnius<br />
oder der Ukraine hierher gekommen<br />
sind? Oder ist es jemand, der in Bochum<br />
geboren wurde, dessen Eltern<br />
aber aus Heilsberg stammen?<br />
„Jeder kann wählen, Ermländer zu<br />
werden. Es ist heute eine persönliche<br />
Wahl”, sagt Orłowski.<br />
Sollten wir deswegen weinen?<br />
„Nein. Dies ist die Folge des<br />
Schickals. Auch größere Imperien<br />
sind untergangen”, löst er mögliche<br />
Illusionen auf.<br />
Nach Professor Orłowski war<br />
Ermland zum Schinden verurteilt.<br />
Und warum? „Die ermländische Bevölkerung<br />
hat für keine Intelligenz<br />
gesorgt. Nur die Intelligenz bewahrt<br />
die Identität. Dabei war Ermland eher<br />
dörfl ich, bäuerlich und die Städte<br />
waren deutsch”, erklärt er. „Mit der<br />
Entwicklung der Zivilisation wurde<br />
die Distanz zwischen der bäuerlichen<br />
Kultur Ermlands und den Städten<br />
immer größer. Die Menschen fanden<br />
das attraktiver, was modern war,<br />
und weil es die deutsche Kultur war,<br />
haben sie die deutsche Kultur übernommen.<br />
Dies ist ein normales Phänomen,<br />
das in allen Gesellschaften<br />
vorkommt”, fügt er hinzu.<br />
Es war nicht der einzige Grund, der<br />
zum Schwinden des alteingesessenen<br />
Ermland beigetragen hat.<br />
Der nächste Schritt war<br />
der Dienst in der deutschen<br />
Armee im Ersten<br />
und Zweiten Weltkrieg<br />
und die Kriegsgefangenschaft<br />
in Russland. Die<br />
Kriegserlebnisse verbinden<br />
Menschen, weil sie<br />
im Leid eine extreme<br />
Gemeinsamkeit erleben.<br />
Die Ermländer hatten<br />
nach dem Krieg ande-<br />
re Erfahrungen als die<br />
Zuwanderer. Deswegen<br />
sollte man die Auswanderung<br />
der Ermländer nach Deutschland<br />
in der Nachkriegszeit nicht als<br />
Folge des nationalen Bewusstseins<br />
verstehen. Dies ist auch die Folge<br />
der Gesamterfahrung. Nach 1945<br />
sind Deutsche aus Ermland entweder<br />
gefl üchtet oder wurden ausgesiedelt.<br />
Es sind polnische Ermländer zurückgeblieben.<br />
Nach den Berechnungen<br />
des Professors waren es etwa 60 oder<br />
80 Tausend Menschen im Süden<br />
Ermlands. Viele von ihnen sind in<br />
den 1970er Jahren nach Deutschland<br />
ausgewandert und auf diese Weise<br />
verschwand das ursprüngliche Ermland.<br />
„Dennoch müssen wir uns daran<br />
erinnern, dass Ermland einmal<br />
existierte”, betont noch mal Prof.<br />
Orłowski.<br />
Text lek, Foto UWM