Fritz Hans Schwarzenbach - bei ElfenauPark
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Abbildung 1<br />
Grosse Steinringe <strong>bei</strong> Kap Bennet,<br />
Ostgrönland 72°N (1948)<br />
28 Wichtiges & Unwichtiges<br />
Abbildung 2<br />
„Umgekehrtes Muster“ mit Feinmaterial im begrenzenden RingBadland,<br />
Ostgrönland, 72°N (1948)<br />
Unter der<br />
Mitternachtssonne<br />
Teil 6: Frostböden sind für Überraschungen gut<br />
von <strong>Fritz</strong> <strong>Hans</strong> <strong>Schwarzenbach</strong>, Bewohner des <strong>ElfenauPark</strong><br />
Permafrost<br />
„Permafrost“ ist zu einem Modewort<br />
geworden, das aus der Diskussion<br />
um den Klimawandel in den<br />
Alpen nicht mehr wegzudenken ist.<br />
Auftauender Permafrost soll steile<br />
Hänge abrutschen lassen, soll Fundamente<br />
von Seilbahnmasten lockern<br />
oder Steinschläge in Felswänden<br />
auslösen. Solche alarmierenden<br />
Botschaften werden von den Medien<br />
gerne verbreitet. Aber haben wir<br />
hierzulande klare Vorstellungen<br />
über die Vielfalt eindrücklicher Erscheinungen,<br />
die durch Kräfte gefrierenden<br />
und auftauenden Wassers<br />
in Dauerfrostböden der Arktis<br />
ausgelöst werden?<br />
Oswald Heer, Altmeister der<br />
schweizerischen Naturforscher hat<br />
schon im 18. Jahrhundert auf Wanderungen<br />
im Gebiet des Kistenpasses<br />
merkwürdige Bodenformen<br />
entdeckt. In Ringen von Steinplättchen<br />
wuchsen Alpenblumen und<br />
Gräser, als ob ein Gärtner ein Steingärtchen<br />
angelegt hätte.<br />
Derartige Spielformen der Natur<br />
finden sich vor allem im hohen<br />
Norden, wo der Boden bis in grosse<br />
Tiefen dauernd gefroren ist und nur<br />
während des Sommers oberflächlich<br />
auftaut. Wenn die auflagernde<br />
Schneedecke schmilzt, sammelt<br />
sich das Wasser in Mulden und kleinen<br />
Vertiefungen, sickert nach und<br />
nach in die Tiefe und durchtränkt<br />
die obersten Bodenschichten.<br />
Schwankungen der Temperatur um<br />
den Gefrierpunkt lassen den Boden<br />
im Wechsel auftauen und wieder<br />
gefrieren. Dieses Schaukelspiel<br />
führt zu Bodenbewegungen, die<br />
aus physikalischen Gründen zur<br />
Aussortierung von Grobschutt und<br />
Feinmaterial führen.<br />
Grobblockige Steinringe (Abb. 1)<br />
Auf eindrückliche Netze von Steinringen<br />
stiessen wir kurz nach unserer<br />
Landung <strong>bei</strong> Kap Bennet in<br />
Ostgrönland. Die einzelnen Ringe<br />
hatten Durchmesser von ca. 80<br />
cm. Aufgehäufte Wälle von faustgrossen,<br />
abgerundeten Steinen umsäumten<br />
kreisrunde Gärtchen, in<br />
denen Spaliere arktischer Weiden,<br />
kriechende Zwergsträucher wie die<br />
Silberwurz oder Horste von Seggen<br />
wuchsen. Das Muster der vorkommenden<br />
Pflanzen zeigte, dass sich<br />
feuchtigkeitliebende Arten in den<br />
abschüssigen Innenrändern der<br />
einzelnen Ringe ansiedelten, während<br />
die Trockenpflanzen die leicht<br />
aufgewölbten Mittelpartien bevorzugten.<br />
Wir schätzten diese Steinringfelder<br />
nicht besonders. Ehrlich<br />
gesagt hatten wir mit unseren<br />
schweren Rucksäcken einige Mühe,<br />
<strong>bei</strong> der Querung derartiger Steinringnetze<br />
einen regelmässigen<br />
Marschrhythmus zu finden. Der<br />
Durchmesser der Ringe war einerseits<br />
zu gross, um mit einem einzigen<br />
Schritt von einem Ring zum<br />
andern zu gelangen. Anderseits<br />
war er für einen Doppelschritt zu<br />
klein. Wollten wir vermeiden, auf<br />
die wackeligen Steinwälle zu gelangen<br />
und das Gleichgewicht zu verlieren,<br />
so waren wir immer wieder<br />
zu unbequemen Schrittwechseln<br />
gezwungen.<br />
Umgekehrt ist auch gefahren (Abb. 2)<br />
Auf ein höchst seltenes Beispiel<br />
eines Bodenmuster stiess ich zwei<br />
Wochen später in der Randzone<br />
einer Sandwüste. Wie eine sechsblätterige<br />
Rosette zeichnete sich im<br />
sandigen Boden ein auffälliges Muster<br />
ab. Ungewöhnlich sind die hellen<br />
feinkörnigen Streifen, die Felder<br />
aus dunklem gröberem Feinschutt<br />
umrahmen. Diese Umkehr von der<br />
üblichen Anordnung scheint einzigartig<br />
zu sein, konnte mir doch<br />
kein Spezialist erklären, wie diese<br />
hübsche Spielform der Natur entstanden<br />
ist.<br />
<strong>ElfenauPark</strong> magazin Wichtiges & Unwichtiges 29