Zusammenhalten – Zukunft gewinnen - Herden Studienreisen Berlin
Zusammenhalten – Zukunft gewinnen - Herden Studienreisen Berlin
Zusammenhalten – Zukunft gewinnen - Herden Studienreisen Berlin
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
»EINE INSTITUTION DES VERTRAUENS«<br />
DER RAT DER RELIGIONEN IN FRANKFURT AM MAIN<br />
Ilona Klemens<br />
SIND RELIGIONEN EHER QUELLE<br />
DES FRIEDENS ODER<br />
DES GEWALTSAMEN KONFLIKTS?<br />
Viele der im interreligiösen Dialog<br />
Aktiven wissen, dass diese Frage heute<br />
viele mit letzterem beantworten werden.<br />
Das Bild von »Religion« in der<br />
Öffentlichkeit ist mitunter wenig positiv<br />
besetzt und so wird durchaus des<br />
Öfteren behauptet, dass eine Welt ganz<br />
ohne Religion eine bessere, weil friedlichere<br />
Welt wäre.<br />
Umso erstaunlicher schien es, dass die<br />
Frankfurter Bild-Zeitung den Rat der<br />
Religionen zu seiner Gründung im April<br />
2009 mit der Überschrift »Sie schaffen<br />
Frieden in Frankfurt!« geradezu herzlich<br />
willkommen hieß.<br />
Die Oberbürgermeisterin der Stadt,<br />
Petra Roth, knüpfte an den Rat in einer<br />
Pressemitteilung vom September 2008<br />
die Hoffnung, dass er zu einer »Institution<br />
des Vertrauens« werden könne,<br />
der im Alltag des Großstadtlebens Wege<br />
zum gegenseitigen Verstehen und zur<br />
konstruktiven Konfliktbewältigung aufzeigen<br />
möge.<br />
ENTSTEHUNG, ZUSAMMENSETZUNG<br />
UND DEFINITION<br />
Nach fünfjähriger, intensiver Vorbereitungszeit<br />
hat sich am 1. April 2009<br />
der Frankfurter Rat der Religionen gegründet.<br />
Er versteht sich als freiwilliger,<br />
selbstorganisierter und politisch unabhängiger<br />
Zusammenschluss von möglichst<br />
mandatierten Vertreterinnen und<br />
Vertretern aus verschiedenen Frankfurter<br />
Religionsgemeinschaften und Verbänden.<br />
Zurzeit besteht er aus 23 Mitgliedern<br />
aus neun Religionen bzw. Religionsfamilien<br />
(die Baha’i Gemeinde, Buddhistische<br />
Gemeinden, Christliche Kirchen<br />
und [ökumenische] Vereinigungen, Kirche<br />
Jesu Christi d. Hl. d. letzten Tage<br />
[Mormonen], Hinduistische Gemeinden,<br />
Islamische Gemeinden, Jüdische<br />
Gemeinde, die Ahmadiyya Muslim Ja-<br />
50<br />
Mai 2009: Empfang des Rates der Religionen Frankfurt im Römer durch OB Petra Roth<br />
maat und die Sikh Gemeinde) in einem<br />
relativen Zahlenverhältnis, das einerseits<br />
die Größe der jeweiligen Religionsgemeinschaften<br />
berücksichtigt, aber<br />
ein Übergewicht der großen Religionen<br />
verhindert. Zudem soll sich auch die<br />
innere Vielfalt der Religionen im Rat<br />
widerspiegeln, d.h. verschiedene Strömungen,<br />
Konfessionen und Traditionen<br />
repräsentiert sein.<br />
Der Rat versteht sich nicht als Gremium<br />
von geistlichen und religiösen Würdenträgern,<br />
sondern setzt sich aus ehrenamtlich<br />
tätigen Menschen ganz verschiedener<br />
Berufsgruppen zusammen,<br />
unter denen sich auch, aber eben nicht<br />
vornehmlich, Theologinnen und Theologen<br />
befinden.<br />
DIE ZIELE UND DIE ARBEIT DES RATES<br />
Der Rat hat sich bei der Gründung eine<br />
Satzung gegeben und einen Vorstand<br />
gewählt, der sich ca. alle sechs Wochen<br />
trifft. Die Mitglieder des Rates kommen<br />
etwa 4- bis 5-mal im Jahr zusammen;<br />
konkrete Projektarbeit leisten<br />
vom Rat initiierte Arbeitsgruppen. Im<br />
Vergleich zu den vielen anderen, in<br />
Frankfurt ebenfalls aktiven interreligiösen<br />
Initiativen, hat der Rat der Religionen<br />
einen klar gesellschaftspolitischen<br />
Fokus. Es geht nicht um theologische,<br />
sondern um praktische Fragen des Zusammenlebens<br />
in einer multikulturellen<br />
und multireligiösen Stadt.<br />
Die Mitglieder haben sich dafür folgende<br />
Ziele gesetzt<br />
Wir wollen nach innen<br />
• uns gegenseitig besser kennen und<br />
verstehen lernen<br />
• respektvoll miteinander umgehen<br />
• Verbindendes suchen und Differenzen<br />
akzeptieren und tragen<br />
• gemeinsame Interessen entdecken<br />
und zur Sprache bringen<br />
• auf Missionierung im Sinne des<br />
Drängens zum Religionswechsel<br />
verzichten.<br />
Wir wollen nach außen<br />
• beispielhaft die Möglichkeit<br />
friedlichen Zusammenlebens<br />
verschiedener Religionen und<br />
Kulturen vorleben<br />
• uns mit aktuellen gesellschaftlichen<br />
und politischen Themen in der<br />
Stadt beschäftigen und gemeinsam<br />
Stellung nehmen<br />
• uns für das friedliche und gleichberechtigte<br />
Miteinander aller<br />
Frankfurterinnen und Frankfurter<br />
einsetzen<br />
• Vorurteilen, Diskriminierung<br />
und Gewalt entgegenwirken –<br />
insbesondere gegen eine Religion,<br />
wie auch im Namen einer Religion.<br />
Wir wollen gemeinsam eintreten für<br />
• die Grund- und Menschenrechte<br />
als gemeinsame Werteordnung<br />
• das Recht, eine Religion frei auszuüben<br />
oder sie wechseln zu können,<br />
wie auch für das Recht, keine<br />
Religion zu haben