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Zusammenhalten – Zukunft gewinnen - Herden Studienreisen Berlin

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schaft entstanden. Die Schule wird von<br />

etwa 2100 Schülerinnen und Schülern<br />

besucht, von denen über 70 Prozent<br />

Migrationshintergrund haben. Ziel der<br />

Projektarbeit ist es einerseits, bestehende<br />

Konflikte zu thematisieren, Hintergründe<br />

verständlich zu machen und gegebenenfalls<br />

Handlungsmöglichkeiten<br />

zu entwickeln. Andererseits, und dies<br />

ist ganz wichtig, geht es uns darum, die<br />

Chancen dieser Multikulturalität zu<br />

nutzen.<br />

Eines davon ist die Gestaltung des Religions-<br />

und Ethikunterrichts in der 11.<br />

Klasse des beruflichen Gymnasiums.<br />

Normalerweise wählen sich die Schüler<br />

zu Beginn des Schuljahres in die Kurse<br />

Evangelische und Katholische Religion<br />

oder Ethik ein. Sie erleben somit ihre<br />

Religion bzw. Weltanschauung als etwas,<br />

was sie voneinander trennt. Wir,<br />

das waren zunächst Stephan Pruchniewicz<br />

(katholischer Diplomtheologe)<br />

und ich, Carolin Simon-Winter (evangelische<br />

Pfarrerin) wollten dieser impliziten<br />

Botschaft entgegentreten, ohne<br />

die Unterschiede der Religionen zu verwischen<br />

oder gar aufzuheben. In unserer<br />

Unterschiedlichkeit wollten wir die<br />

Schüler im Team unterrichten. Da der<br />

größte Teil unserer Schülerschaft einer<br />

der muslimischen Religionsgemeinschaften<br />

angehört, war es uns wichtig,<br />

von Anfang an gemeinsam mit einer<br />

Muslima zu unterrichten. Wir konnten<br />

Frau Gonca Aydin, eine ausgebildete<br />

muslimische Theologin sowie Magister<br />

der Religionswissenschaften der Uni<br />

Frankfurt, für unser Projekt <strong>gewinnen</strong>.<br />

So unterrichten wir nun zu dritt, nicht<br />

immer alle gleichzeitig, aber für die<br />

Schülerinnen und Schüler der vier 11.<br />

Klassen gemeinsam verantwortlich und<br />

ansprechbar.<br />

Ausgehend von den Lehrplänen der<br />

Fächer evangelische und katholische<br />

Religion sowie Ethik, haben wir ein<br />

Curriculum entwickelt, das im Wesentlichen<br />

die drei Religionen Judentum,<br />

Christentum und Islam sowie säkulare<br />

Weltanschauungen in Verbindung mit<br />

den Begriffen »Toleranz« und »Dialog«<br />

in den Blick nimmt. Unser Projekt<br />

soll keine grundsätzliche Alternative<br />

zum klassischen Religionsunterricht<br />

sein, sondern als Bereicherung für bestimmte<br />

Jahrgangsstufen dienen.<br />

Wir denken, dass es wichtig ist, jungen<br />

Menschen die Möglichkeit zu bieten,<br />

innerhalb ihrer Religion und Tradition<br />

Heimat zu finden, ohne sich von anderen<br />

wertend abzugrenzen oder sich verteidigen<br />

zu müssen.<br />

Und wie erleben das die Schüler? Die<br />

erste Lernerfahrung in allen Klassen ist:<br />

»Wir sind anders!« Und es wird nicht<br />

nur sichtbar, dass sich Christen von<br />

Moslems unterscheiden und diese wiederum<br />

von Atheisten oder Buddhisten,<br />

sondern auch die scheinbar homogenen<br />

Blöcke der Moslems, der Christen, der<br />

Atheisten weichen auf, ohne jedoch<br />

Unterschiede zu verwischen. Wir erleben,<br />

dass gerade in der Differenzierung<br />

die Chance zur Verständigung liegt. Die<br />

Religionen bekommen viele verschiedene<br />

Gesichter. Es erscheinen neben evangelischen,<br />

katholischen, syrisch-, serbisch-,<br />

griechisch-orthodoxen Christen<br />

solche aus Pfingst- und Freikirchen; wir<br />

erleben sunnitische, alevitische, schiitische<br />

Muslime, Zugehörige der Ahmadiyya-Gemeinde<br />

und Buddhisten aus<br />

Tibet und Myanmar. Diese bewusst<br />

wahrgenommene Vielfalt stiftet eben<br />

keine Verwirrung, vielmehr lernen die<br />

Schüler an sich selbst, dass es ein Anders-Sein<br />

gibt, dass das Eigene nicht bedroht<br />

und somit nicht als Konkurrenz<br />

gesehen werden muss. Ein Schüler sagte<br />

einmal: »Man lernt Gemeinsamkeiten<br />

und Unterschiede (!) zu schätzen<br />

und beginnt Hintergründe zu verstehen.<br />

Das schafft ein besseres Miteinander«.<br />

Wir hoffen, dass wir dieses Miteinander<br />

weiterhin gestalten können,<br />

denn es ist nicht nur lehrreich, sondern<br />

bringt auch viel Spaß.<br />

■ Kontakt:<br />

Pfarrerin Carolin Simon-Winter<br />

Theodor-Heuss-Schule<br />

63071 Offenbach<br />

carolin-si-wi@gmx.de<br />

ÖFFENTLICHE FOTOAKTION AUF BLAUEM SOFA<br />

GEGEN ABSCHIEBUNG<br />

■Über 100 Menschen beteiligten sich in Essen an der Aktion »Keine Abschiebung in<br />

Folterstaaten!«, die anlässlich des bundesweiten Auftakts der Interkulturellen Woche<br />

am 24. und 25. September 2010 stattfand. Passanten und Besucher des ökumenischen Eröffnungsgottesdienstes<br />

ließen sich auf einem blauen Sofa mit der Forderung »Keine Abschiebungen<br />

in Folterstaaten!« fotografieren und einige von ihnen unterstrichen ihre Forderung mit<br />

individuellen Kommentaren.<br />

Foto: ProAsyl/Flüchlingsrat Essen<br />

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