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Kultur in Gefahr - ITI

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Das Beispiel<br />

Neuseelands<br />

1993,nachAbschlussderUruguay-Runde,<br />

hatte sich Neuseeland verpflichtet, im<br />

audiovisuellen Bereich ke<strong>in</strong>erlei Quoten<br />

oder quantitative Beschränkungen<br />

e<strong>in</strong>zuführen. E<strong>in</strong>e 1999 veröffentlichte<br />

Untersuchung ergab jedoch <strong>in</strong> der Folge,<br />

dassderAnteilderlokalenBerichterstattung<br />

imneuseeländischenFernsehenzudiesem<br />

Zeitpunkt nur noch 24% der gesamten<br />

Sendezeit erreichte, was Neuseeland <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er vergleichenden Untersuchung mit<br />

zehn anderen Ländern den letzten Platz<br />

e<strong>in</strong>trug.2001kündigtedieneuseeländische<br />

RegierungihreAbsichtan,Quotenfürden<br />

Anteil lokaler Nachrichten und Sendungen<br />

<strong>in</strong>RundfunkundFernsehene<strong>in</strong>zuführen,da<br />

dieSubventionierungsolcherBeträgesich<br />

alsnichtausreichenderwiesenhatte.Doch<br />

der amerikanische Vertreter für den <strong>in</strong>ternationalenHandelliessschonsehrschnell<br />

verlauten,dasse<strong>in</strong>esolcheMassnahmedie<br />

VerpflichtungenNeuseelandsverletze.Das<br />

Vorhaben wurde aufgegeben und durch<br />

e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Vere<strong>in</strong>barung zwischen der<br />

neuseeländischen Regierung und den<br />

Fernsehstationen ersetzt, <strong>in</strong> der sich die<br />

Senderverpflichteten,«ihrBesteszutun»,<br />

umdasNiveauihrerlokalenSendegefässe<br />

zuheben.<br />

• Der dritte, neuere Grund ist die<br />

Marg<strong>in</strong>alisierung e<strong>in</strong>er grossen Zahl von<br />

<strong>Kultur</strong>en im <strong>in</strong>ternationalen Raum, der<br />

mit den neuen Informationstechnologien<br />

entsteht (Internet usw.). Ungeachtet der<br />

Tatsache, dass diese neuen Technologien<br />

beachtliche Möglichkeiten bieten, um die<br />

Vielfalt der <strong>Kultur</strong>en auszudrücken, ist die<br />

<strong>Gefahr</strong>,dasssichderGrabenzwischenden<br />

Ländern mit und ohne echten Zugang zu<br />

diesen Möglichkeiten weiter vertieft, durchausrealundsehrbesorgniserregend.<br />

InallendreiFällenistdasGrundrechtaufkulturellenAusdruck<strong>in</strong>Fragegestelltunddamit<br />

auch das demokratische Leben und der<br />

gesellschaftliche Zusammenhalt der betreffenden<br />

Geme<strong>in</strong>schaft bzw. Bevölkerung.<br />

Unter diesem Gesichtspunkt besteht ke<strong>in</strong><br />

Zweifel, dass es sich bei der Verteidigung<br />

derkulturellenVielfaltume<strong>in</strong>engrundlegendenKampfhandelt.<br />

Die WTO oder die<br />

kulturelle Vielfalt<br />

als Beh<strong>in</strong>derung<br />

des freien Handels<br />

Die WTO als solche <strong>in</strong>teressiert sich<br />

nicht für die <strong>Kultur</strong>, da diese nicht <strong>in</strong> ihren<br />

Zuständigkeitsbereich fällt. Sie <strong>in</strong>teressiert<br />

sich jedoch für die Massnahmen, die von<br />

den Staaten ergriffen werden, um den kulturellen<br />

Ausdruck auf nationaler und die<br />

kulturelle Vielfalt auf <strong>in</strong>ternationaler Ebene zu<br />

fördern. Wenn diese <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er Weise die<br />

Handelsströme beh<strong>in</strong>dern und e<strong>in</strong>er WTO-<br />

Bestimmungzuwiderlaufen,könnensieAnlass<br />

für e<strong>in</strong>e Klage se<strong>in</strong>. Unter den Massnahmen,<br />

diediesbezüglichamehestenSchwierigkeiten<br />

machenkönnen,gehörenöffentlicheBeihilfen,<br />

Quoten,ForderungennachlokalemInhaltund<br />

MassnahmenzurInvestitionskontrolle.<br />

Sieht man von den Filmquoten ab, die<br />

durch Artikel IV des GATT bewilligt werden<br />

(manweiss<strong>in</strong>diesemZusammenhang,dass<br />

derschweizerischeQuotenanteil1993füre<strong>in</strong><br />

Landerecht der Swissair <strong>in</strong> Atlanta e<strong>in</strong>getauscht<br />

wurde…), sowie von der generellen<br />

Ausnahme<strong>in</strong>ArtikelXXdesGATTbetreffend<br />

den Schutz nationaler Güter mit künstlerischem,<br />

historischem oder archäologischem<br />

Wert, gibt es ke<strong>in</strong>erlei Ausnahmeregelungen<br />

oderSonderbehandlungen,diespezifischauf<br />

kulturelle Güter und Leistungen anwendbar<br />

wären.<br />

In den gegenwärtig laufenden WTO-<br />

Verhandlungen über den <strong>in</strong>ternationalen<br />

Handel haben gewisse Mitglieder bereits<br />

Anträge e<strong>in</strong>gebracht, die das Problem der<br />

Berücksichtigung der Besonderheiten im<br />

audiovisuellen Bereich ausdrücklich ansprechen.Diesist<strong>in</strong>besonderederFallderSchweiz.<br />

Sieschlägte<strong>in</strong>egründlicheUntersuchungvor,<br />

mitderfestgestelltwerdensoll,obdasGeneral<br />

AgreementonTrade<strong>in</strong>Services(GATS)–e<strong>in</strong>es<br />

derzahlreichenAbkommen,dieheutevonder<br />

WTO verwaltet werden – flexibel genug ist,<br />

um den Besonderheiten des audiovisuellen<br />

Sektors angepasste Lösungen vorschlagen<br />

und die kulturellen, sozialen und demokratischen<br />

Ziele der Mitgliedstaaten h<strong>in</strong>reichend<br />

berücksichtigen zu können. Unter den<br />

Fragen, die bei e<strong>in</strong>er solchen Untersuchung<br />

geprüft werden müssten, erwähnt die<br />

Schweiz die Subventionen, die öffentlichen<br />

audiovisuellen Dienstleister, unerlaubte<br />

Inhalte, Fragen bezüglich des Wettbewerbs<br />

und der Reglementierungen sowie schliesslich<br />

die Restriktionen für den Zugang zum<br />

Inlandmarkt und zur Inländerbehandlung. Die<br />

LösungenfürdieseFragenkönntendieForm<br />

e<strong>in</strong>es GATS-Anhangs über die audiovisuellen<br />

Dienstleistungen annehmen. E<strong>in</strong> solches<br />

Vorgehen ist jedoch <strong>in</strong>sofern nicht ungefährlich,<br />

als es e<strong>in</strong>er hauptsächlich kommerziell<br />

orientierten Organisation die Aufgabe überträgt,zubestimmen,wase<strong>in</strong>Land<strong>in</strong>Sachen<br />

kulturellerEntwicklungtundarfundwasnicht.<br />

Die Haltung der USA zu diesem Thema<br />

erlaubt,dieGrenzene<strong>in</strong>essolchenVorgehens<br />

besser zu erfassen. Sie schlagen nämlich<br />

vor, dass die Mitgliedstaaten parallel zur<br />

Aushandlung spezifischer Verpflichtungen<br />

bezüglich der audiovisuellen Dienstleistungen<br />

auchzue<strong>in</strong>erE<strong>in</strong>igungüberdieSubventionen<br />

kommen könnten, die das Bedürfnis jedes<br />

Landesrespektiert,se<strong>in</strong>ekulturelleIdentitätzu<br />

fördern,<strong>in</strong>demese<strong>in</strong>Umfeldschafft,dassich<br />

bereicherndaufdienationale<strong>Kultur</strong>auswirkt.<br />

AufdenerstenBlickersche<strong>in</strong>tdieserVorschlag<br />

als Zeichen guten Willens. Tatsächlich ist die<br />

StrategiederVere<strong>in</strong>igtenStaatenaufdreiZiele<br />

ausgerichtet:<br />

• Als erstes sollen diejenigen WTO-Mitgliedstaaten,<br />

die bisher ke<strong>in</strong>e Liberalisierungsverpflichtungen<br />

für den audiovisuellen Bereich<br />

e<strong>in</strong>g<strong>in</strong>gen (die weit überwiegende Mehrheit),<br />

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