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ESSEN & TRINKEN<br />
Geschichte zum Anfassen – und Genießen<br />
CITY TAVERN<br />
IN PHILADELPHIA<br />
Ein Schwarzwälder kocht in Amerikas<br />
traditionsreichstem Gourmet-Restaurant<br />
Wie ins 18. Jahrhundert zurückversetzt fühlte ich mich, als ich auf<br />
Vorschlag des Präsidenten der <strong>German</strong> Society in Philadelphia, Hardy<br />
von Auenmüller, das Restaurant „City Tavern” auf Second Street betrat.<br />
Freundlich wurden wir von Personal in Kostümen aus der Kolonialzeit<br />
begrüßt und an einen mit Zinnplatztellern und Zinnbechern stilvoll<br />
gedeckten Tisch in der oberen Etage des dreistöckigen Gebäudes<br />
geführt.<br />
Ehrfürchtig blickte ich mich um. Hier also<br />
waren schon George Washington, John Adams<br />
und Thomas Jefferson vor über 200 Jahren eingekehrt<br />
und hier hatten sich 1774 die Mitglieder<br />
des ersten “Continental Congress” regelmäßig<br />
getroffen.<br />
Auch ein Blick in die Karte lässt mich meine<br />
Zeitreise weiter fortsetzen, als ich den “Martha<br />
Washington Style Colonial Turkey Pot Pie” und<br />
Biere nach Originalrezepten von George<br />
Washington und Thomas Jefferson finde.<br />
Das Originalgebäude von City Tavern von 1773 brannte 1834 teilweise<br />
nieder und wurde 1854 ganz abgerissen. Erst 1976, zur 200-Jahrfeier der<br />
amerikanischen Unabhängigkeit, konnte das Restaurant wieder eröffnet<br />
werden. Doch leider mit wenig Erfolg. Erst seit 1994, als der geborene<br />
Pforzheimer Walter Staib Besitzer und Chefkoch von „City Tavern”<br />
wurde, ist Amerikas erstes Gourmet-Restaurant wieder in seinem alten<br />
Glanz erstrahlt. Staib wertete alte Speisekarten aus, erforschte die<br />
Quäkerküche und fand alte Rezepte von Martha Washington. Er bietet<br />
als einziger Küchenchef in Amerika ausschließlich historische Gerichte<br />
an. Er geht sogar so weit, dass alles wie im 18. Jahrhundert betrieben<br />
wird. „Tiefkühlwaren oder Convenience Food gibt es in dieser Küche<br />
nicht,” erklärt Staib, der auch seine weiße Kochjacke gern mal gegen<br />
einen Anzug aus dem 18. Jahrhundert austauscht, energisch. Nur<br />
Elektrizität und Klimaanlage sind als moderne Attribute zugelassen.<br />
Walter Staib hat erfolgreich den Spagat zwischen den Jahrhunderten<br />
gemeistert und bereitet historische Gerichte originalgetreu, aber dem<br />
heutigen Geschmack entsprechend zu. Aber er schafft auch den Spagat<br />
zwischen den Kulturen: er, der bereits mit vier Jahren in der Küche des<br />
Gasthauses seines Onkels im Schwarzwald half und sein ganzes professionelles<br />
Training als Koch im Schwarzwald und in der Schweiz erhielt,<br />
kam 1975 durch einen Kochwettbewerb in die Staaten und wurde 1996<br />
36 www.german-world.com January/February 2008<br />
“The key to really getting ahead is –<br />
don’t sleep.” – Walter Staib<br />
Petra Schürmann<br />
offiziell zum Ersten Kulinarischen Botschafter der Stadt Philadelphia<br />
ernannt. Sein Herz schlägt jedoch immer noch für die Schwarzwälder<br />
Küche und es ist ihm ein Anliegen, den Amerikanern mehr von seiner<br />
kulinarischen Heimat näher zu bringen als nur Schwarzwälder<br />
Kirschtorte. Sein neuestes Kochbuch “Black Forest Cuisine – The<br />
Classic Blending of European Flavors” kombiniert leicht verständliche<br />
Rezepte mit persönlichen Anekdoten,<br />
Schilderungen der Region, aus der das Rezept<br />
stammt, und Erklärungen der verschiedenen<br />
deutschen Traditionen. In seiner neuen 26-Folgen<br />
langen Kochshow “Cuisine of the Black Forest”<br />
auf Comcast TV (CN8) bringt Walter Staib, der<br />
2007 mit dem deutschen Bundesverdienstkreuz<br />
ausgezeichnet wurde, den Amerikanern seine<br />
Heimat noch näher. Gedreht wurde an allen Orten<br />
im Schwarzwald, die mit seiner Karriere zu tun<br />
haben, und sogar Mutter Herta wurde als<br />
Ratgeber hinzugezogen. In jeder Folge kocht<br />
Staib nicht nur einige Originalgerichte sondern stellt den Zuschauern<br />
auch in einem Kurzfilm den jeweiligen Ort im Schwarzwald vor.<br />
Doch damit nicht genug: mit seiner Consulting Firma Concepts by Staib,<br />
Ltd., berät er im Bereich Food & Beverage eine Vielzahl von Vier- und<br />
Fünf-Sterne-Hotelketten und mittlerweile haben weltweit mehr als 300<br />
Restaurants seine Konzepte erfolgreich implementiert. Sein persönliches<br />
Rezept für seinen Erfolg: „Der Trick, um es wirklich zu etwas zu<br />
bringen, ist, einfach nicht zu schlafen.”<br />
von<br />
by<br />
One of the dining<br />
rooms at City Tavern.<br />
From the cookbook<br />
"Black Forest Cuisine":<br />
Smoked Salmon Frittata