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Glaube aktiv 1|2013 - Barmer Zeltmission
Glaube aktiv 1|2013 - Barmer Zeltmission
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dass niemand absolutes Wissen<br />
über Gott beanspruchen könne.<br />
Er lehnte alle herkömmlichen<br />
Argumente für die Existenz<br />
Gottes ab; der ethisch-moralischen<br />
Annäherung allerdings<br />
begegnete er mit Respekt. Nicht,<br />
dass dieses Argument für ihn der<br />
Beweis gewesen wäre, dass es<br />
Gott gibt. Vielmehr sah Kant Gott<br />
als eine notwendige Voraussetzung<br />
dafür, moralisch zu leben.<br />
Anders ausgedrückt heißt das:<br />
Man kann zwar nicht wissen, ob<br />
Gott existiert, aber man muss so<br />
handeln, als ob er existiere, wenn<br />
Moral einen Sinn haben soll.<br />
Woher kommt das<br />
Gewissen?<br />
Unbestritten gibt es ein<br />
moralisches Bewusstsein in<br />
jedem Menschen. Es ist unwahrscheinlich,<br />
dass es ein Produkt<br />
der Evolution ist, da Moral nicht<br />
immer dem Vorteil des Menschen<br />
dient. Im Gegenteil. In der Evolution<br />
setzt sich das Stärkere auf<br />
Kosten des Schwächeren durch<br />
– ohne Rücksicht. Wie aber will<br />
die Evolutionstheorie Ehrfurcht<br />
vor dem Leben erklären? Wie<br />
soll Barmherzigkeit oder Liebe<br />
natürlich erklärt werden, wenn<br />
wir uns aus der Tierwelt empor<br />
gekämpft hätten? Sogar Bertrand<br />
Russell, der die Unterscheidung<br />
zwischen richtig und falsch lange<br />
Zeit leidenschaftlich bestritt, gab<br />
am Ende seines Lebens zu: „Zu<br />
lieben ist richtig, zu hassen ist<br />
falsch.“<br />
Dass wir ein Gewissen haben,<br />
kann auch nicht einfach mit dem<br />
Einfluss der Gesellschaft erklärt<br />
werden. Es war alles andere als<br />
der Druck der Gesellschaft, der<br />
John Newton und William Wilberforce<br />
seinerzeit in den USA für<br />
die Befreiung der Sklaven kämpfen<br />
ließ, oder Graf von Stauffenberg<br />
im Widerstand gegen<br />
Hitler. Sie handelten gegen den<br />
Mainstream in der Gesellschaft –<br />
so wie es bei jedem moralischen<br />
Fortschritt zu beobachten ist. 2<br />
Wenn wir Gott ausschließen, ist<br />
es kaum möglich zu erklären, was<br />
überhaupt gut und was böse ist.<br />
Der Religionswissenschaftler Ravi<br />
Zacharias ist ebenfalls in einem<br />
hinduistischen Umfeld in Indien<br />
aufgewachsen. Der Bestsellerautor<br />
pflegte jahrelange Kontakte<br />
zum Islam und ist heute bekennender<br />
Christ. Bei einer Diskussion<br />
an der Universität Nottingham<br />
in England vertrat Zacharias ein<br />
nachvollziehbares Argument.<br />
Einer seiner Studenten hatte ihn<br />
mit dem Totschlagargument<br />
konfrontiert: „Es gibt zu viel<br />
Böses auf der Welt; darum kann<br />
es keinen Gott geben.“ Ravi<br />
ging folgende Fragen mit dem<br />
jungen Mann durch: „Wenn es so<br />
etwas wie das Böse gibt, setzt<br />
man damit nicht voraus, dass es<br />
auch so etwas wie das Gute gibt?<br />
Wahrscheinlich. Und wenn es<br />
Gut und Böse gibt, muss es ein<br />
Sittengesetz geben, aufgrund<br />
dessen man zwischen Gut und<br />
Böse unterscheiden kann. Wenn<br />
es ein Sittengesetz gibt, muss<br />
man auch einen Sittengesetzgeber<br />
annehmen. Den allerdings<br />
wollen Sie widerlegen und nicht<br />
beweisen. Wenn es kein Sittengesetz<br />
gibt, gibt es auch nicht<br />
das Gute. Wenn es das Gute nicht<br />
gibt, gibt es das Böse auch nicht.<br />
Was ist dann eigentlich Ihre Frage?“<br />
3 Punkt für Ravi Zacharias.<br />
Das Ganze noch einmal<br />
im Überblick:<br />
1. Menschen sind sich eines allgemeingültigen<br />
Moralgesetzes<br />
bewusst.<br />
2. Moralgesetze erfordern einen<br />
moralischen Gesetzgeber.<br />
3. Folglich muss ein höchster<br />
moralischer Gesetzgeber<br />
existieren.<br />
Gott sagt: „Du sollst!“<br />
serie<br />
Wenn S(s)ie<br />
mich fragen ...<br />
Auf eine unerklärliche Weise –<br />
jedenfalls für Gottesleugner –<br />
kommt ein ethisch-moralisches<br />
„Du sollst ...“ von außerhalb der<br />
natürlichen Welt zu uns. Dieses<br />
„Du sollst ...“ hatte Gott den<br />
Menschen zur Zeit Moses in zehn<br />
Einzelheiten auf steinernen Tafeln<br />
übermittelt; gemeint sind die<br />
Zehn Gebote. Dass Gott Regeln<br />
aufstellt, garantiert natürlich<br />
nicht, dass sie auch eingehalten<br />
werden. Ein Professor in den USA<br />
klärte seine Studenten vor dem<br />
Examen darüber auf, dass sie<br />
jeweils einen Platz zwischen sich<br />
frei lassen sollten, um der Versuchung<br />
keinen Raum zu geben,<br />
„wie es schon in der Heiligen<br />
Schrift heißt“.<br />
„Und wenn wir nicht an die<br />
Bibel glauben?“, fragte einer der<br />
Prüflinge.<br />
„Ach so. Dann lassen Sie zwei<br />
Plätze frei!“<br />
Ohne moralische Grundsätze<br />
ist das Leben nicht zu meistern.<br />
Selbst wenn jemand die „Heilige<br />
Schrift“ ignoriert oder die Zehn<br />
Gebote gar nicht kennen sollte,<br />
weiß er in seinem Herzen, was<br />
richtig ist und was nicht. Gott<br />
schreibt seine Regeln auf Tafeln<br />
wie auf Herzen (Römer 2,14-15).<br />
Er gab uns ein Gewissen.<br />
11<br />
Für Holly Ordway war übrigens<br />
die Frage, woher ethisches Empfinden<br />
stammt, mit entscheidend<br />
dafür, dass sie Christ wurde.<br />
Fußnoten<br />
1) Holly Ordway, Nicht der Typ für Gott, Eine Skeptikerin entdeckt einen kompromisslosen Glauben,<br />
Brunnen Verlag, Gießen 2011, S. 50-51.<br />
2) Zitiert in Michael Green, Man komme mir nicht mit Tatsachen, Völlig neu überarbeitete Ausgabe,<br />
Hänssler Verlag, Holzgerlingen 2009, S. 42-43.<br />
3) Ravi Zacharias, Kann man ohne Gott leben?, Brunnen Verlag, Gießen/Basel 2005, S. 230-31.<br />
GLAUBE AKTIV 1 | 2013