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Kindeswohl<br />
und Elternwohl<br />
Das Kindeswohl und die durchaus berechtigten Wünsche<br />
und Interessen der Eltern lassen sich nicht immer miteinander<br />
vereinbaren. Auch wenn Eltern oft <strong>nach</strong> äußeren<br />
Zwängen handeln, sollte das Kindeswohl soweit wie möglich<br />
berücksichtigt werden. Das gilt nicht nur für die Planung<br />
der eigenen Freizeit, sondern z.B. auch für die Arbeitszeit,<br />
sofern deren Gestaltung persönlich zu beeinflussen ist.<br />
Ein häufi ger Streitpunkt zwischen den Eltern ist die Gestaltung<br />
der mit dem Kind verbrachten Zeit. Viele <strong>umgang</strong>sberechtigte<br />
Eltern sehen sich der Erwartung ausgesetzt, ihren<br />
Kindern an den Besuchswochenenden Besonderes bieten<br />
zu müssen. Abgesehen davon, dass viele Eltern sich aus<br />
finanziellen Gründen ein teures Programm nicht leisten<br />
können oder wollen, entspricht dies auch nicht den Bedürfnissen<br />
des Kindes. Es sollte nicht in erster Linie die<br />
„Zerstreuung“ (z.B. durch Fernsehen oder Computerspiele),<br />
sondern gemeinsames Tun im Mittelpunkt stehen. Wünschenswert<br />
ist, wenn das Kind während der Besuche beim<br />
<strong>umgang</strong>sberechtigten Elternteil ein Stück Alltag erfahren<br />
kann.<br />
Steffi, 13 Jahre: „Mein Vater hat lange im Ausland<br />
gelebt. Als er dann <strong>nach</strong> Frankfurt<br />
zog, habe ich mich riesig gefreut. Aber<br />
inzwischen nervt es total, dass ich alle<br />
14 Tage zu ihm fahren soll. Ich freu’<br />
mich schon, ihn zu sehen. Aber ich würde<br />
trotzdem viel lieber mit meiner Clique in<br />
die Stadt oder ins Kino, ins Schwimmband,<br />
oder einfach mit meinen Freundinnen<br />
zusammen sein. Meine Mama hat vorgeschlagen,<br />
ich soll Papa mal fragen,<br />
ob ich eine Freundin mitbringen darf.<br />
Gar keine schlechte Idee.“<br />
Abgesehen von sorgerechtlich relevanten Fragen sollten es<br />
Eltern vermeiden, sich in die Gestaltung der Umgangskontakte<br />
bzw. in den Alltag oder die Erziehung des anderen<br />
Elternteils einzumischen. Kinder können sehr gut die Regeln<br />
unterscheiden, die beim jeweiligen Elternteil gelten.<br />
Der Erziehungsstil des anderen Elternteils sollte<br />
respektiert werden. Die Eltern sollten sich möglichst<br />
solidarisch verhalten, damit das Kind nicht den einen<br />
Elternteil gegen den anderen ausspielen kann.<br />
Kinder brauchen mit zunehmendem Alter mehr Kontakte<br />
zu Gleichaltrigen. Dieses Bedürfnis sollte bei der Gestaltung<br />
des Umgangs berücksichtigt werden. Soweit dies von den<br />
Eltern zu leisten ist, sollte der Besuch bei oder von Freunden<br />
oder die Teilnahme an für das Kind wichtigen Veranstaltungen<br />
auch an Besuchswochenenden möglich sein.<br />
Eine besondere Herausforderung für die Eltern stellt die<br />
Ablösung der Kinder bzw. Jugendlichen in der Pubertät dar.<br />
Mehr als in anderen Familien kann es passieren, dass Kinder<br />
getrennt lebender Eltern in die Rolle eines „Ersatzpartners“<br />
oder auch „Ersatzelternteils“ gegenüber jüngeren Geschwistern<br />
geraten. Daher sollten Eltern darauf achten, dass<br />
Kinder ihre sozialen Kontakte zu Gleichaltrigen sowohl<br />
im Alltag als auch an den Besuchswochenenden pfl egen<br />
können. Dieser Kontakt gewinnt mit zunehmendem Alter<br />
an Bedeutung. Eltern sollten nicht gekränkt auf diese veränderten<br />
Bedürfnisse reagieren.<br />
32 Überlegungen im Vorfeld / Wegweiser für den Umgang