WELT Wissen_2015_8
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Asteriod Day<br />
Mit der kürzlich aus der Taufe gehobenen Kampagne »Asteroid<br />
Day« soll weltweit auf die Thematik der Asteroidenabwehr aufmerksam<br />
gemacht werden. Zudem fordert die Organisation auf<br />
ihrer Website, die Anzahl der pro Jahr entdeckten Asteroiden in<br />
Erdnähe innerhalb der nächsten Dekade zu verhundertfachen<br />
und die verfügbare Technologie dazu zu verwenden, um potenziell<br />
gefährliche Objekte zu verfolgen. Ziele, an denen Forscher,<br />
allen voran die NASA und die ESA bereits arbeiten. Hinter der<br />
Aktion stehen Experten wie etwa Russell Schweickart, Astronaut<br />
der Apollo-9-Mission, und weitere <strong>Wissen</strong>schaftler, aber<br />
auch illustre Persönlichkeiten wie Brian May, dem Gitarristen<br />
der Rockband Queen und ebenfalls promovierter Astrophysiker.<br />
Bemerkenswert: Teilweise handelt es sich dabei um dieselben<br />
Personen, die auch hinter der Stiftung B612 zu finden sind. Diese<br />
hat derzeit Probleme, die Sentinel Mission zu finanzieren. Doch<br />
auch wenn es zunächst nach einer Werbekampagne der Stiftung<br />
für ihre Mission aussah, hat die Aktion Asteroid Day nun<br />
weitere Kreise gezogen. Auch ESA, NASA oder NEOShield haben<br />
am 30. Juni, dem ersten offiziellen Asteroid Day, speziell zu ihren<br />
Projekten informiert. Denn: »Man erreicht so die Leute dort<br />
draußen«, meint Koschny. »Es ist wichtig, dass die Öffentlichkeit<br />
mehr von dem mitbekommt, was wir tatsächlich machen.«<br />
gress eine Direktive an die US-Raumfahrtbehörde NASA aus,<br />
innerhalb von zehn Jahren 90 Prozent aller erdnahen Objekte<br />
mit einem Durchmesser von mindestens einem Kilometer<br />
zu finden. Heute sind rund 95 Prozent davon bekannt. Von<br />
der Größenklasse ab 300 Meter aufwärts kennen wir etwa die<br />
Hälfte. Aktuell haben die NASA und ESA mit ihren Suchkampagnen<br />
vor allem Objekte ab einem Durchmesser von 140<br />
Metern und mehr im Blick. Dabei gehen ihnen aber auch am<br />
laufenden Band kleinere Asteroiden ins Netz.<br />
Einige der derzeit laufenden Himmelsdurchmusterungen<br />
sind der von der University of Arizona geleitete Catalina Sky<br />
Survey, die Suche mit dem 2012 in Hawaii in Betrieb genommenen<br />
Teleskop Pan-STARRS und das Projekt LINEAR, das<br />
unter anderem Beobachtungstechnologien einsetzt, die ursprünglich<br />
zur Überwachung von Satelliten in der Erdumlaufbahn<br />
entwickelt wurden.<br />
»Da die größeren derzeit aktiven Surveys rund einen Monat<br />
brauchen, um den gesamten Himmel abzuscannen, ist es<br />
schwierig, damit ein lichtschwaches Objekt zu finden, das<br />
nur eine Nacht im Gesichtsfeld eines solchen Teleskops zu<br />
sehen ist«, erläutert Detlef Koschny.<br />
Deshalb entwickeln sowohl NASA als auch ESA neue Technologien<br />
für Himmelsdurchmusterungen, mit denen sich<br />
Objekte von einem Durchmesser bis hinab zu 30 Metern serienweise<br />
aufspüren lassen. Die ESA betreibt seit Kurzem das so<br />
genannte Fly-Eye-Projekt, bei dem mehrere Teleskope mit einem<br />
großen Gesichtsfeld den ganzen Himmel in nur einer<br />
Nacht absuchen können. Für das vergleichbare Projekt ATLAS<br />
der NASA wurde kürzlich das erste Teleskop ausgeliefert. Weiterhin<br />
plant die NASA ein weltraumbasiertes Infrarotobservatorium<br />
namens NEOCam. Übrigens denkt auch die private<br />
Stiftung B612 über ein Infrarot-Weltraumobservatorium namens<br />
Sentinel für diese Zwecke nach (siehe Kasten oben).<br />
Zwar ist bisher kein Asteroid mit Kollisionskurs auf die<br />
Erde bekannt. Aber an der reellen Gefahr eines Asteroideneinschlags<br />
mit möglicherweise verheerenden Folgen zweifeln<br />
auch die Experten nicht (siehe Kasten S. 54). So spielen<br />
sie etwa in dem europäischen Forschungsverbund NEO<br />
Shield verschiedene Abwehrszenarien durch. Die Art der simulierten<br />
Technologien richtet sich dabei nach Größe und<br />
Beschaffenheit eines Asteroiden sowie nach Machbarkeit<br />
und technologischem, aber auch finanziellem Aufwand.<br />
Wichtig ist zudem die Zeitspanne, innerhalb derer eine Asteroidenabwehrmission<br />
notwendig würde.<br />
Unter anderem konzentrieren sich die Forscher auf Objekte<br />
der Mittelklasse, also der Größenordnung von einigen<br />
hundert Metern. Aus gutem Grund, denn von ihnen gibt es<br />
viele. Und auch wenn wir derzeit keinen kennen, der die Erde<br />
in naher Zukunft trifft, kann jederzeit ein noch nicht bekanntes<br />
Objekt auftauchen. Solche Brocken würden zwar nicht die<br />
Menschheit auslöschen, aber verheerenden Schaden anrichten,<br />
wenn sie auf besiedeltem Gebiet niedergingen.<br />
»Am weitesten fortgeschritten ist der kinetische Impaktor«,<br />
erklärt Alan Harris. »Damit würden wir einen Asteroiden<br />
mit einer Sonde anschießen und so kontrolliert auf eine<br />
andere Bahn lenken.« Harris ist Koordinator von NEOShield<br />
v Geschwindigkeit<br />
des Impaktors<br />
v relativ<br />
v Geschwindigkeit<br />
des Asteroiden<br />
Einschlagort des Impaktors<br />
Massenschwerpunkt<br />
des Asteroiden<br />
Mit einem kinetischen Impaktor könnten <strong>Wissen</strong>schaftler<br />
einen Asteroiden von seiner Bahn ablenken,<br />
falls er Kurs auf die Erde nimmt. Bei dieser Technologie<br />
nutzen sie die Impulserhaltung aus. Die Ablenkung<br />
würde hier nach schräg links unten erfolgen,<br />
wäre aber in diesem Maßstab nicht erkennbar.<br />
SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT, NACH: WWW.NEOSHIELD.NET<br />
WWW.SPEKTRUM.DE 53