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WELT Wissen_2015_8

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würden wir wohl sagen – Beamten<br />

übergeben wurde, mit allen Beschädigungen,<br />

die einzelne Möbel hatten.<br />

Dies diente wohl dazu festzuhalten,<br />

was dieser Beamte bei seinem Auszug<br />

wieder zurückgeben musste.<br />

Antwort des Autors Josef Fischer:<br />

Es ist richtig, dass die Tontafeln nur<br />

kurzfristige Notizen darstellten (in meinen<br />

Vorlesungen bezeichne ich sie immer<br />

als die Post-its der Mykener) und<br />

die Informationen später auf andere<br />

Schreibmaterialien übertragen wurden.<br />

Das geschah aber sicher nicht wöchentlich,<br />

sondern wohl am Ende des<br />

Verwaltungsjahrs. Wir besitzen vage<br />

Hinweise, dass es sich bei diesem anderen<br />

Schreibmaterial um Papyrus gehandelt<br />

haben könnte (kleine beschriftete<br />

Tonklumpen, so genannte noduli,<br />

zeigen den Abdruck von Papyrus). Es ist<br />

auch richtig, dass die Tontafeln nur<br />

dort erhalten sind, wo sie durch den<br />

Brand, der den jeweiligen Palast zerstörte,<br />

gebrannt wurden.<br />

Wir wissen nicht, ob es sich bei der<br />

Aufstellung dieser Küstenwache wirklich<br />

um eine Notfallmaßnahme gehandelt<br />

hat, wie immer wieder vermutet<br />

wurde, oder vielmehr um eine Routineaktion.<br />

Auch die Rekonstruktion, dass<br />

die letzten Befehle nicht mehr an die<br />

Truppen überbracht werden konnten,<br />

weil der Feind schon vor den Toren<br />

stand, entbehrt jeder Grundlage (und<br />

ist vielleicht davon beeinflusst, was wir<br />

über den Untergang von Ugarit zu wissen<br />

glauben).<br />

Ob in den Linear-B-Texten Flüchtlinge<br />

verzeichnet sind, wie vor einigen<br />

Jahrzehnten vermutet wurde, ist höchst<br />

fraglich. Meiner Meinung nach ist das<br />

nicht der Fall. Bei den erwähnten Einrichtungsgegenständen<br />

handelt es sich<br />

um die so genannten Ta-Texte aus Pylos.<br />

Die dort aufgeführten Möbel stellen<br />

jedoch kaum das Mobiliar einer<br />

Wohnung dar (in diesem Fall müssten<br />

etwa auch Betten erwähnt sein!), sondern<br />

es handelt sich vermutlich eher<br />

um ein Kultinventar – darauf deutet<br />

auch das Verzeichnen von Beschädigungen<br />

(bei Gefäßen, nicht bei Möbeln!)<br />

hin.<br />

Simulation des Selbst<br />

Brauchen wir bald auch eine Ethik für<br />

intelligente und empfindsame Roboter,<br />

fragte der Physiker Michael Springer<br />

(Springers Einwürfe, Mai <strong>2015</strong>, S. 18).<br />

Norbert Klaus Günther, Gießen: Wie<br />

kann ein Roboter, wie können mechanische<br />

und elektronische Bauteile, Prozessoren,<br />

Speicher, Programme und Algorithmen<br />

ihrer selbst bewusst werden?<br />

Bewusstsein setzt meiner Meinung nach<br />

einen lebendigen Organismus voraus,<br />

untrennbar verknüpft und verschaltet<br />

mit allen physiologischen Vorgängen<br />

des Körpers, seinem Metabolismus. In<br />

welchem Bereich sollte ein Roboter<br />

Emotionen empfinden, warum und für<br />

welche Ziele sollte er aus eigenem Wollen<br />

aktiv sein? Auch wenn Computer rationale<br />

Erkenntnisse und Urteile produzieren,<br />

besser und schneller, als es Menschen<br />

vermögen: Sind nicht Intelligenz<br />

und Bewusstsein zwei sehr verschiedene<br />

Dinge? Der Vollzug logischer Operationen<br />

allein – und ich vermute, Computer<br />

können nur »denken«, indem sie<br />

logische Operationen ausführen – generiert<br />

noch kein Bewusstsein, kein<br />

»Selbst«, bestenfalls dessen Simulation.<br />

Blaue Augen<br />

und helle Haut<br />

Wir Menschen passen uns genetisch<br />

fortlaufend an, so der Anthropologe<br />

John Hawks (»Unsere Evolution geht<br />

weiter«, Juni <strong>2015</strong>, S. 58).<br />

Wilfried Paarmann, Rosdorf/Atzenhausen:<br />

Hellhäutigkeit und Helläugigkeit<br />

unter Europäern wird als eine relativ<br />

junge Neuerwerbung durch Mutation<br />

hingestellt. Hellhäutigkeit stellt einen<br />

Selektionsvorteil in höheren Breiten<br />

dar, da sie eine bessere Ausnutzung<br />

der geringen UV-Einstrahlung während<br />

der kühleren Jahreszeit zur Vitamin-D-<br />

Produktion ermöglicht. Das würde tatsächlich<br />

ihre schnelle Ausbreitung in<br />

der Population bewirken.<br />

Andererseits ist davon auszugehen,<br />

dass der Neandertaler, der Jahrhunderttausende<br />

unter Eiszeitbedingungen im<br />

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Norden überlebte, entsprechende Anpassungen<br />

besaß. Es gibt Hinweise darauf,<br />

dass die Neandertaler hellhäutig<br />

und blauäugig waren. Auch von der<br />

Übernahme von Neandertalergenen in<br />

die Population der modernen Europäer<br />

sind die Forscher heute weit gehend<br />

überzeugt. Sie selbst illustrierten Ihre<br />

Märzausgabe 2003 mit einem blauäugigen<br />

Neandertaler, um auf den Beitrag<br />

»Ursprung der Menschheit« hinzuweisen.<br />

Die beiden Arten (Unterarten?)<br />

dürften sich nur begrenzt vermischt<br />

haben. Der Selektionsvorteil hat dann<br />

aber wohl relativ schnell zur Verbreitung<br />

der Pigmentarmut geführt. Im<br />

Übrigen wird unsere Evolution so lange<br />

weitergehen, wie es uns als Art gibt, wobei<br />

sie aber immer auf der Ebene von<br />

Populationen stattfindet.<br />

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