WELT Wissen_2015_8
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sie hatte keine Ahnung, wie sie ein im<br />
Boden verlegtes System ausbauen sollte.<br />
»Woher bekommst du den Strom?<br />
Batterien? Wie … wie viel Energie hast<br />
du noch übrig?«<br />
»Korrekt, ich werde von Batterien<br />
angetrieben! Mit ihrer Energie werde<br />
ich noch eine Stunde und 13 Minuten<br />
online bleiben können. Oje. Anscheinend<br />
ist meine jährliche Wartung überfällig.<br />
Das System ist leider immer<br />
noch abgeschaltet, aber gewiss wird<br />
sich demnächst ein Techniker melden.«<br />
Pause. »Vor nunmehr drei Minuten<br />
habe ich Notfallhilfe für Sie angefordert.<br />
Bitte entschuldigen Sie. Ich frage<br />
erneut nach.«<br />
»Eine Stunde und 13 Minuten.« Emma<br />
ballte die Fäuste und stöhnte. »Nur noch<br />
eine Stunde und 13 Minuten.«<br />
»Bitte entschuldigen Sie die begrenzte<br />
Batteriedauer. Das Aufladen<br />
wird bei der Wartung erledigt werden.<br />
Ich glaube, Sie haben meine Frage noch<br />
nicht beantwortet, ob Sie mehr Informationen<br />
über freundliche Gehwege<br />
wünschen. Wie gesagt, nur Sie entscheiden<br />
über ein Newsfeed-Abonnement!«<br />
Das Pflaster fühlte sich warm an.<br />
Rau, porös, tröstend. »Gehwege? Du<br />
bist nicht der einzige?«<br />
»Aber natürlich nicht! Ich bin froh,<br />
dass Sie das fragen. Im 15-Kilometer-<br />
Radius gibt es zwölf weitere Vertreter<br />
zukunftsweisender Infrastruktur. Derzeit<br />
veranstalten wir eine Schnitzeljagd.<br />
Wenn Sie alle zwölf Orte besuchen, erhalten<br />
Sie eine umweltfreundliche Wasserflasche!<br />
Auf unserer Website finden<br />
Sie alle Regeln und Wettbewerbsbedingungen.«<br />
Emma rappelte sich endgültig auf<br />
und öffnete ihren Rucksack. Sie nahm<br />
ein von Regentropfen und Tränen gewelltes<br />
Notizbuch heraus. »Die Orte?<br />
Kannst du sie mir nennen?«<br />
»Gewiss. Nummer eins ...«<br />
Wenn der da überlebt hatte, dann<br />
vielleicht auch ein paar andere. Vielleicht<br />
hatten die mehr Saft in ihren Batterien.<br />
Sie kritzelte zwei Seiten mit den<br />
Adressen voll, die Cy ihr nannte. »Für<br />
wie lange reicht die Batterie jetzt?«<br />
»Noch eine Stunde und fünf Minuten.<br />
Das Wartungssystem reagiert derzeit<br />
nicht. Ich habe nochmals angefragt.<br />
Benötigen Sie noch Notfallhilfe?«<br />
»Ja.« Emma stand auf. »Nein. Ich<br />
werde jetzt gehen, Cy. Ich … ich darf dich<br />
nicht auf einen Schlag aufbrauchen. Ich<br />
komme morgen wieder. Versprochen.<br />
Ich werde Stammgast.« Sie trat in den<br />
Rinnstein. »Leb wohl.«<br />
»Ich bin froh, dass wir Freunde geworden<br />
sind! Noch einmal Entschuldigung<br />
wegen der angehobenen Platte.<br />
Cy Anara, der freundliche Gehweg,<br />
wünscht Ihnen alles Gute!«<br />
Emma starrte ein paar Minuten lang<br />
auf den Bürgersteig, dann rannte sie<br />
los, das Notizbuch in der Hand.<br />
Sie musste mehr Freunde finden.<br />
DIE AUTORIN<br />
Beth Cato lebt in Arizona. Ihr Romandebüt<br />
»The Clockwork Dagger« erschien 2014.<br />
Ihre Website ist www.bethcato.com.<br />
Wohin mögen die Entwicklungen unserer<br />
Zeit dereinst führen? Sciencefiction-Autoren<br />
spekulieren über mögliche Antworten. Ihre<br />
Geschichten aus der »Nature«-Reihe »Futures«<br />
erscheinen hier erstmals in deutscher Sprache.<br />
© Nature Publishing Group<br />
www.nature.com<br />
Nature 513, S. 580, 25. September 2014<br />
WWW.SPEKTRUM.DE 97