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bdw_Tschira_2015_72
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PhYSIK<br />
14 Millionen Jahre explodiert, was <strong>de</strong>m<br />
Alter <strong>de</strong>r Lokalen Blase entspricht. Die<br />
verbleiben<strong>de</strong>n Sterne gehören heute zur<br />
Scorpius-Centaurus-Assoziation, einer<br />
Sternansammlung, die man am Südsternhimmel<br />
beobachten kann.<br />
Verfolgt man die Bahnen <strong>de</strong>r verbliebenen<br />
Sterne zeitlich zurück, dann stellt<br />
sich heraus, dass die Sternstromgruppe<br />
unserem Sonnensystem vor etwa zwei bis<br />
drei Millionen Jahren mit weniger als 300<br />
Lichtjahren sehr nahe kam. Einige Sterne<br />
könnten in <strong>de</strong>m Zeitraum explodiert sein<br />
und Materie in Form von Staub in unser<br />
Sonnensystem geschleu<strong>de</strong>rt haben. Denn<br />
Supernovae sind wahre Staubfabriken. In<br />
nur wenigen Jahren können sich Staubmengen<br />
vergleichbar mit <strong>de</strong>r Masse unserer<br />
Sonne in <strong>de</strong>n expandieren<strong>de</strong>n Hüllen<br />
bil<strong>de</strong>n. Zwar schützt <strong>de</strong>r Sonnenwind<br />
unser Sonnensystem vor kosmischen Teilchen,<br />
doch ein Teil <strong>de</strong>s Staubs schafft es<br />
trotz<strong>de</strong>m, diese Barriere zu überwin<strong>de</strong>n<br />
und zur Er<strong>de</strong> zu gelangen.<br />
Um Staubspuren einer Supernova auf<br />
<strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> zu fin<strong>de</strong>n, benötigt man einen<br />
möglichst ungestörten Ort: eine Art Archiv,<br />
das die außerirdischen Teilchen<br />
speichern kann. Das Archiv muss zu<strong>de</strong>m<br />
eine Zeitinformation enthalten, um<br />
Rückschlüsse auf die Ankunft <strong>de</strong>r Staubteilchen<br />
auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> ziehen zu können.<br />
Solche Orte existieren fernab <strong>de</strong>r Kontinente<br />
in <strong>de</strong>r Tiefsee, genauer gesagt<br />
am Meeresgrund. Die Tiefseesedimente<br />
wachsen hier nur extrem langsam, sie bil<strong>de</strong>n<br />
sich hauptsächlich aus <strong>de</strong>m wenigen<br />
kontinentalen Staub, <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m Wind<br />
weit hinaus in <strong>de</strong>n Ozean transportiert<br />
wird, und aus Überresten von Meerestieren,<br />
die sich auf ihrem langen Weg zum<br />
Meeresbo<strong>de</strong>n noch nicht aufgelöst haben.<br />
Ungestört von äußeren Einflüssen entstehen<br />
nur wenige Meter neuen Sediments in<br />
einer Million Jahre.<br />
Bei <strong>de</strong>m Wachstumsprozess setzen sich<br />
auch ferrimagnetische Mineralien – Partikel,<br />
die sich wie Kompassna<strong>de</strong>ln nach<br />
<strong>de</strong>m Erdmagnetfeld ausrichten – auf <strong>de</strong>r<br />
Sedimentoberfläche ab. Wer<strong>de</strong>n diese Mineralien<br />
von jüngerem Sediment überlagert,<br />
wird ihre magnetische Orientierung<br />
festgehalten. Eine Umpolung <strong>de</strong>s Erdmagnetfel<strong>de</strong>s<br />
wird so zeitlich dokumentiert.<br />
Da Än<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Magnetfel<strong>de</strong>s in <strong>de</strong>r<br />
Erdgeschichte zufällig erfolgten, entstand<br />
ein einzigartiges Muster im Sediment.<br />
Dieser Fingerabdruck kann über sehr große<br />
Zeiträume, bis zu mehr als einhun<strong>de</strong>rt<br />
Millionen Jahre in die Vergangenheit,<br />
beobachtet wer<strong>de</strong>n. Je<strong>de</strong>s Sediment, das<br />
dieses Muster zeigt, kann mit dieser Metho<strong>de</strong><br />
– <strong>de</strong>r Magnetostratigraphie – datiert<br />
wer<strong>de</strong>n. Eine weitere Hilfe bietet die<br />
Biostratigraphie: Mit eingelagerten Fossilien<br />
verstorbener Lebewesen können Sedimentbereiche<br />
bestimmten Zeitperio<strong>de</strong>n<br />
zugeordnet wer<strong>de</strong>n.<br />
Langsam wachsen<strong>de</strong> Tiefseearchive hat<br />
Jenny Feige im Rahmen ihrer Dissertation<br />
DR. JENNY FEIGE<br />
1981 geboren in Rü<strong>de</strong>rsdorf<br />
2002 Abitur<br />
2002 bis 2010 Bakkalaureats- und<br />
Magisterstudium <strong>de</strong>r Astronomie an<br />
<strong>de</strong>r Universität Wien<br />
2010 bis 2014 Promotionsstudium <strong>de</strong>r<br />
Physik an <strong>de</strong>r Universität Wien im Bereich<br />
Isotopenforschung und Kernphysik<br />
27.11.2014 Promotion zum Dr. rer. nat.<br />
Seit 2015 Wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin am Zentrum für Astronomie<br />
und Astrophysik an <strong>de</strong>r TU Berlin<br />
Infos: www-astro.physik.tu-berlin.<strong>de</strong><br />
Kontakt: feige@astro.physik.tu-berlin.<strong>de</strong><br />
bild <strong>de</strong>r <strong>wissenschaft</strong> plus 17