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INFormatik<br />

Das Dream-Team<br />

Peter Salz im bdw-Gespräch<br />

Sie stan<strong>de</strong>n für Ihre Arbeit in<br />

<strong>de</strong>r Informatik in engem Austausch<br />

mit Medizinern. Wie hat<br />

das funktioniert?<br />

Die Zusammenarbeit von Informatikern und<br />

Medizinern ist tatsächlich nicht so leicht, da<br />

sich die bei<strong>de</strong>n Disziplinen in Vokabular und<br />

Denkweise enorm unterschei<strong>de</strong>n. Das führt<br />

oft zu Missverständnissen. Glücklicherweise<br />

bil<strong>de</strong>n Andreas Reske von <strong>de</strong>r Uniklinik<br />

in Leipzig und ich ein Dream-Team, das<br />

auf technischer, medizinischer wie auch<br />

zwischenmenschlicher Ebene hervorragend<br />

kommunizieren kann.<br />

Wie kam die Zusammenarbeit<br />

zustan<strong>de</strong>?<br />

Mir war früh klar, dass ich im Bereich<br />

medizinische Bildverarbeitung forschen<br />

will, da mich sowohl medizinische Anwendungen<br />

als auch die mathematischen<br />

Aspekte <strong>de</strong>r Bildverarbeitung interessieren.<br />

Ein Kollege <strong>de</strong>r Universität Leipzig bahnte<br />

Anfang 2011 eine Kooperation mit <strong>de</strong>n<br />

Intensivmedizinern <strong>de</strong>r Uniklinik bezüglich<br />

Elektro-Impedanz-Tomografie an. In <strong>de</strong>r Zeit<br />

suchte ich gera<strong>de</strong> ein Promotionsthema.<br />

Nach ersten Recherchen wur<strong>de</strong> mir klar,<br />

dass die ursprüngliche I<strong>de</strong>e ohne intensive<br />

Vorarbeiten nicht umsetzbar war. So entstand<br />

<strong>de</strong>r Fahrplan für meine Dissertation,<br />

um diese Vorarbeiten zu realisieren.<br />

leer ist, sehr ähnlich wird es bis heute in<br />

<strong>de</strong>r EIT auch gemacht. Das lässt sich aber<br />

nicht unmittelbar auf je<strong>de</strong>n einzelnen Patienten<br />

übertragen, was zu einer ungenauen<br />

Rekonstruktion <strong>de</strong>r elektrischen<br />

Leitfähigkeit und damit zu fehlerhaften<br />

Bil<strong>de</strong>rn führt, die in <strong>de</strong>r Praxis nicht sinnvoll<br />

ausgewertet wer<strong>de</strong>n können.<br />

So war mir schnell klar, welchen Beitrag<br />

ich als Informatiker leisten kann, damit<br />

die Elektro-Impedanz-Tomografie in<br />

<strong>de</strong>r klinischen Praxis eingesetzt wer<strong>de</strong>n<br />

kann. Ich setzte es mir zum Ziel, patientenspezifische<br />

anatomische Informationen<br />

über die dreidimensionale Form <strong>de</strong>s<br />

Brustkorbs, <strong>de</strong>r Lunge und <strong>de</strong>s Herzens<br />

zu gewinnen und diese für die EIT nutzbar<br />

zu machen. Standardmäßig ist eine<br />

<strong>de</strong>taillierte CT-Aufnahme bei je<strong>de</strong>m Lungenpatienten<br />

verfügbar. Der Arzt erkennt<br />

sofort, wo welche Organe liegen und ob<br />

mit ihnen etwas nicht stimmt. Er könnte<br />

also problemlos die Organgrenzen in<br />

<strong>de</strong>n Bil<strong>de</strong>rn nachzeichnen, damit auch <strong>de</strong>r<br />

Computer diese Information bekommt.<br />

Dies wür<strong>de</strong> allerdings viele Stun<strong>de</strong>n dauern.<br />

Ganz alleine kann <strong>de</strong>r Computer diese<br />

Aufgabe aber auch nicht lösen, es geht<br />

Mit künstlicher Beatmung können Ärzte geschädigte<br />

Lungenbereiche wie<strong>de</strong>rherstellen. Dafür bedarf es<br />

eines gewissen Drucks – ähnlich wie wenn man<br />

einen Luftballon aufbläst.<br />

eben nicht ohne die Expertise <strong>de</strong>s Arztes.<br />

Der Hauptbeitrag meiner Forschung ist<br />

daher folgerichtig die Entwicklung eines<br />

Verfahrens, das explizit eine Interaktion<br />

zwischen Arzt und Computer ermöglicht.<br />

Der Computer kann nämlich lernen, wie<br />

es innerhalb und außerhalb <strong>de</strong>r Lunge<br />

aussieht, um dann ganz automatisch die<br />

Lungengrenze zu fin<strong>de</strong>n. Dazu markiert<br />

<strong>de</strong>r Arzt an einigen wenigen Stellen in<br />

<strong>de</strong>n CT-Bil<strong>de</strong>rn, ob sich diese Regionen<br />

nun innerhalb o<strong>de</strong>r außerhalb <strong>de</strong>r Lunge<br />

befin<strong>de</strong>n.<br />

Der Computer benutzt dieses eben gelernte<br />

Wissen, um versuchsweise die Form<br />

<strong>de</strong>r Lunge zu bestimmen. Oft ist das erste<br />

Ergebnis noch nicht das beste, daher kann<br />

<strong>de</strong>r Arzt nun weitere Markierungen zur<br />

Korrektur hinzufügen, woraufhin <strong>de</strong>r automatische<br />

Prozess von Neuem beginnt.<br />

Das Beson<strong>de</strong>re an diesem Zusammenspiel<br />

ist, dass eine CT-Aufnahme aus ganz vielen<br />

Bil<strong>de</strong>rn besteht, die man zu einer 3-D-<br />

Ansicht zusammenfügen kann. Der Computer<br />

rechnet also in drei Dimensionen,<br />

quasi im ganzen Brustkorb, während <strong>de</strong>r<br />

Arzt ganz bequem nur in zwei Dimensionen<br />

zeichnet. Das spart viel Arbeit!<br />

Ist absehbar, wann Ihr Verfahren<br />

bei Lungenschä<strong>de</strong>n eingesetzt<br />

wer<strong>de</strong>n kann?<br />

Ein Teil meiner Arbeit wird aktuell als<br />

Software implementiert, um sie in <strong>de</strong>r<br />

klinischen Forschung einzusetzen und<br />

sie in einer Benutzerstudie mit <strong>de</strong>m<br />

Stand <strong>de</strong>r Technik zu vergleichen. In<br />

<strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n Jahren wer<strong>de</strong>n wir<br />

weiter daran arbeiten, die an <strong>de</strong>n<br />

Patienten angepasste Behandlung<br />

von Lungenschä<strong>de</strong>n für <strong>de</strong>n klinischen<br />

Einsatz zu realisieren. Eine<br />

Integration in kommerzielle Produkte<br />

ist jedoch noch nicht absehbar.<br />

22 bild <strong>de</strong>r <strong>wissenschaft</strong> plus

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