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Science Media Center<br />

Geprüfte Zutaten<br />

für Journalisten<br />

In Köln entsteht <strong>de</strong>rzeit das Science Media Center – eine Schnittstelle zwischen Journalismus und<br />

Wissenschaft, die die Berichterstattung über Forschungsthemen verbessern soll.<br />

von Cornelia Varwig<br />

Schokola<strong>de</strong> macht dünn“, „Gen-<br />

Mais tötet“, „Cholera kann über<br />

Ostsee nach Deutschland kommen“<br />

– mit solchen Sensationsergebnissen<br />

schafft es die Wissenschaft immer<br />

wie<strong>de</strong>r in die Schlagzeilen. Doch viele<br />

dieser Meldungen stimmen so nicht, wie<br />

unter an<strong>de</strong>rem drei renommierte Wissenschaftler<br />

regelmäßig auf ihrer Internetseite<br />

„Unstatistik <strong>de</strong>s Monats“ zeigen.<br />

Den Nachrichten liegen zwar in <strong>de</strong>r Regel<br />

Presseinformationen zugrun<strong>de</strong>, doch<br />

<strong>de</strong>r Teufel steckt im Detail. Fehlerquellen<br />

sind Statistiken, falsch verstan<strong>de</strong>ne<br />

Kausalitäten o<strong>de</strong>r eine undifferenzierte<br />

Darstellung. Mitunter treibt die Autoren<br />

auch ein zu großer Ehrgeiz an, eine packen<strong>de</strong><br />

News zu verkün<strong>de</strong>n – das betrifft<br />

Journalisten ebenso wie die Verfasser <strong>de</strong>r<br />

Pressemitteilungen.<br />

Journalisten bei tagesaktuellen Medien<br />

fehlen zu<strong>de</strong>m oft Zeit und Ressourcen,<br />

einer Sache auf <strong>de</strong>n Grund zu gehen und<br />

etwa die auf Englisch verfassten und mit<br />

Fachwörtern gespickten Original-Veröffentlichungen<br />

zu studieren. Und <strong>de</strong>r Allroun<strong>de</strong>r,<br />

<strong>de</strong>r je<strong>de</strong>n Tag an<strong>de</strong>re Themen<br />

auf <strong>de</strong>m Tisch hat, kann sich nicht mit<br />

Details <strong>de</strong>r Biotechnologie, Ökotrophologie<br />

o<strong>de</strong>r Seuchenmedizin auskennen.<br />

Doch Themen mit Wissenschaftsbezug<br />

wer<strong>de</strong>n immer wichtiger. So sind auch<br />

bei Katastrophen wie <strong>de</strong>m Reaktorunfall<br />

von Fukushima o<strong>de</strong>r bei vermeintlichen<br />

Killerviren Journalisten gefor<strong>de</strong>rt, rasch<br />

Fakten und verlässliche Einschätzungen<br />

zu liefern.<br />

Hier kommt das kürzlich gegrün<strong>de</strong>te<br />

Science Media Center Germany (SMC)<br />

ins Spiel, das im Spätsommer seine Arbeit<br />

in Köln aufgenommen hat. Ab Frühjahr<br />

2016 wer<strong>de</strong>n die sechs Mitarbeiter<br />

geprüfte und gefilterte Informationen aus<br />

<strong>de</strong>r Wissenschaft anbieten – unabhängig<br />

und neutral, von Journalisten für Journalisten.<br />

„Wir haben kein Interesse, bloß<br />

Sprachrohr <strong>de</strong>r Wissenschaft zu sein“,<br />

betont Volker Stollorz, Geschäftsführer<br />

und Redaktionsleiter <strong>de</strong>s SMCs. Es gehe<br />

vielmehr darum, bestmögliche Expertise<br />

für Journalisten bereitzustellen, wenn<br />

Wissenschaft in die Schlagzeilen kommt.<br />

Experten auf Abruf<br />

Das Herzstück wird die Expertendatenbank<br />

sein – zunächst vor allem mit Forschern<br />

aus <strong>de</strong>n Lebens<strong>wissenschaft</strong>en und<br />

<strong>de</strong>r Medizin. „Zu<strong>de</strong>m suchen wir Fachleute,<br />

die zu <strong>de</strong>n großen Dauerthemen<br />

Klimawan<strong>de</strong>l und Energiewen<strong>de</strong> kompetent<br />

Auskunft geben sowie zu <strong>de</strong>n medial<br />

noch unterbelichteten Fel<strong>de</strong>rn Computersicherheit<br />

und Big Data“, sagt Stollorz.<br />

Die Experten sollen neu veröffentlichte<br />

Studien möglichst vorab einordnen, die<br />

darin verwen<strong>de</strong>ten Metho<strong>de</strong>n erläutern<br />

und eine Einschätzung geben, ob es sich<br />

um ein Mosaiksteinchen o<strong>de</strong>r eine weitreichen<strong>de</strong><br />

Erkenntnis han<strong>de</strong>lt. „Bei <strong>de</strong>r<br />

Publikationsflut in <strong>de</strong>r Wissenschaft kann<br />

<strong>de</strong>r Einzelne nicht alles auf <strong>de</strong>m Schirm<br />

haben“, weiß <strong>de</strong>r Wissenschaftsjournalist<br />

Stollorz aus Erfahrung. Das Angebot<br />

heißt „Round-up“ und wird, wenn nötig,<br />

innerhalb von 24 Stun<strong>de</strong>n verfügbar sein.<br />

„Die erste Einschätzung kann mal nur<br />

ein Satz o<strong>de</strong>r Absatz sein“, sagt er. Auch<br />

sen<strong>de</strong>fähige O-Töne sind angedacht. Fertige<br />

Artikel wird es hingegen nicht geben,<br />

allenfalls „Zutaten“ für die Berichte <strong>de</strong>r<br />

Journalisten.<br />

Zu<strong>de</strong>m sind Online-Pressekonferenzen<br />

zu beson<strong>de</strong>ren Themen geplant sowie<br />

sogenannte Rapid Reactions. Darin<br />

geben Experten erste Einschätzungen zu<br />

aktuellen Ereignissen, etwa: Wie hoch ist<br />

das Strahlenrisiko in Fukushima? Welche<br />

Gefahr geht von EHEC aus? O<strong>de</strong>r: War<br />

<strong>de</strong>r Germanwings-Pilot <strong>de</strong>pressiv? Der<br />

Foto: Science Media Center/Thomas Hebler<br />

32 bild <strong>de</strong>r <strong>wissenschaft</strong> plus

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