26.11.2015 Views

wissenschaft.de

bdw_Tschira_2015_72

bdw_Tschira_2015_72

SHOW MORE
SHOW LESS

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

PhYSIK<br />

auf Supernova-Relikte untersucht. Dazu<br />

wur<strong>de</strong>n ihr circa einhun<strong>de</strong>rt Proben aus<br />

vier Sedimentbohrkernen zur Verfügung<br />

gestellt. Diese umfassen hauptsächlich<br />

<strong>de</strong>n Zeitbereich von 1,7 bis 3,2 Millionen<br />

Jahre, als die Sterne mit <strong>de</strong>m geringsten<br />

Abstand zur Er<strong>de</strong> explodierten. Die Sedimente<br />

stammen aus <strong>de</strong>m Indischen Ozean,<br />

etwa 1000 Kilometer südwestlich vor<br />

Australien gelegen, aus einer Meerestiefe<br />

von 4200 Metern. Die Bohrkerne wur<strong>de</strong>n<br />

bereits in <strong>de</strong>n 1970er Jahren auf einer Expedition<br />

<strong>de</strong>s Forschungsschiffs „Eltanin“<br />

entnommen und in <strong>de</strong>r antarktischen<br />

Forschungseinrichtung <strong>de</strong>r Florida State<br />

University aufbewahrt.<br />

18 bild <strong>de</strong>r <strong>wissenschaft</strong> plus<br />

Keine NachtEule<br />

Jenny Feige im bdw-Gespräch<br />

Sie haben zuerst Astronomie<br />

studiert und sich dann <strong>de</strong>r<br />

Physik zugewandt. Wie kam<br />

es zu diesem Sinneswan<strong>de</strong>l?<br />

Ich habe mir als Jugendliche ein<br />

Teleskop gekauft. Der Verkäufer im<br />

Astronomie-Geschäft meinte, wenn<br />

er noch mal jung wäre, wür<strong>de</strong> er<br />

Astronomie in Wien studieren. Ich<br />

dachte, ich bin ja jung, und habe es<br />

gemacht. Im Laufe <strong>de</strong>s Studiums habe<br />

ich gemerkt, dass ich keine Beobachterin<br />

bin, diese Nachtschichten sind<br />

nicht mein Ding. Dass ich für meine<br />

Doktorarbeit am Beschleuniger Nachtschichten<br />

einlegen musste, damit<br />

habe ich nicht gerechnet.<br />

Welcher Moment in <strong>de</strong>r Zeit<br />

Ihrer Doktorarbeit war beson<strong>de</strong>rs<br />

schön?<br />

Zwischendurch war es sehr mühsam.<br />

Wir haben erwartet, nur in wenigen<br />

Proben unser gesuchtes Isotop zu<br />

fin<strong>de</strong>n. Statt<strong>de</strong>ssen war es in allen<br />

Proben enthalten. Ich habe gedacht,<br />

das kann nicht sein, da stimmt<br />

etwas mit <strong>de</strong>n Messungen<br />

nicht. Dann haben wir<br />

weitere Proben untersucht<br />

und gemerkt: Die Messungen<br />

stimmten doch, das<br />

Ergebnis ist nur an<strong>de</strong>rs<br />

als erwartet. Da sind wir<br />

erst mal Wein trinken<br />

gegangen.<br />

Welches Potenzial<br />

steckt in <strong>de</strong>r Tiefseeastronomie?<br />

Sie verbreitet sich gera<strong>de</strong> sehr stark.<br />

Man kann nicht nur Supernovae<br />

untersuchen, son<strong>de</strong>rn auch die<br />

Sonnenaktivität. Und es wird nach<br />

an<strong>de</strong>ren potenziellen Ereignissen<br />

gesucht, zum Beispiel nach Kometeno<strong>de</strong>r<br />

Asteroi<strong>de</strong>neinschlägen. Es muss<br />

nicht unbedingt Material aus <strong>de</strong>m<br />

Ozean sein, auch Sedimente aus Seen<br />

können aufschlussreich sein o<strong>de</strong>r<br />

Eisbohrkerne aus <strong>de</strong>r Antarktis. Die<br />

reichen zwar zeitlich nicht so weit zurück,<br />

aber sie haben eine noch höhere<br />

Zeitauflösung.<br />

Die Proben wur<strong>de</strong>n auf das Eisen-<br />

Isotop 60Fe untersucht. Dabei han<strong>de</strong>lt es<br />

sich um eine instabile Form <strong>de</strong>s Eisens,<br />

welches nicht auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> erzeugt wird.<br />

Um 60Fe zu produzieren, braucht es<br />

Temperaturen, die nicht einmal im Inneren<br />

<strong>de</strong>r Sonne herrschen. Zwischen 500<br />

Millionen und 2 Milliar<strong>de</strong>n Grad Celsius<br />

sind dafür erfor<strong>de</strong>rlich. Solche Voraussetzungen<br />

wer<strong>de</strong>n kurz vor und während einer<br />

Supernova erreicht. Nach einer Halbwertszeit<br />

von 2,6 Millionen Jahren ist die<br />

Hälfte <strong>de</strong>r ursprünglichen Menge von<br />

60Fe zerfallen. Somit existiert das 60Fe,<br />

welches sich bei <strong>de</strong>r Entstehung <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong><br />

vor 4,5 Milliar<strong>de</strong>n Jahren eingeschlichen<br />

hat, inzwischen nicht mehr. Wird<br />

es trotz<strong>de</strong>m heute auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> nachgewiesen,<br />

dann muss es in jüngerer Zeit<br />

von außerhalb eingetragen wor<strong>de</strong>n sein.<br />

Daher ist 60Fe ein i<strong>de</strong>aler Kandidat, um<br />

nach zwei bis drei Millionen Jahre alten<br />

Supernova-Spuren zu suchen. Kurz nach<br />

In ihrer Hand hält die Astrophysikerin<br />

Sedimentproben aus 4200 Metern Tiefe,<br />

vom Grund <strong>de</strong>s Indischen Ozeans.

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!