wissenschaft.de
bdw_Tschira_2015_72
bdw_Tschira_2015_72
Create successful ePaper yourself
Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.
früh, im Jahr 1999, i<strong>de</strong>ntifizierten Wissenschaftler<br />
das relativ häufig vorkommen<strong>de</strong><br />
Kupfer als <strong>de</strong>nkbare Alternative.<br />
Bemerkenswerterweise wur<strong>de</strong>n bei<strong>de</strong><br />
Leuchtstoffklassen – solche mit Kupfer<br />
und solche mit Iridium – nur mit wenigen<br />
Wochen zeitlichem Abstand in <strong>wissenschaft</strong>lichen<br />
Fachblättern veröffentlicht.<br />
Dass sich das Iridium früh durchsetzen<br />
konnte, hat zwei Hauptgrün<strong>de</strong>: die geringe<br />
Stabilität <strong>de</strong>r damals vorhan<strong>de</strong>nen<br />
Kupferverbindungen und die damals<br />
noch <strong>de</strong>utlich schlechtere Effizienz <strong>de</strong>r<br />
Lichterzeugung bei Kupfer. Das Ziel meines<br />
Promotionsprojektes bestand darin,<br />
diese Schwachstellen zu beseitigen. Der<br />
springen<strong>de</strong> Punkt ist dabei die fragile<br />
Struktur <strong>de</strong>r frühen Kupferkomplexe: Sie<br />
enthielten ein einziges, positiv gela<strong>de</strong>nes<br />
Kupferatom, an das weitere Molekülteile<br />
aus Elementen wie Kohlenstoff, Phosphor<br />
und Stickstoff, die sogenannten Ligan<strong>de</strong>n,<br />
angebun<strong>de</strong>n waren. Moleküle aus Metallatomen<br />
und Ligan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n auch als<br />
Metallkomplexe bezeichnet.<br />
Wer<strong>de</strong>n Kupferkomplexe im OLED-<br />
Bauteil mit elektrischer Energie versorgt,<br />
so wird ein Mechanismus in Kraft gesetzt,<br />
bei <strong>de</strong>m ein Elektron zeitweise vom<br />
Kupferatom auf einen Ligan<strong>de</strong>n übertra-<br />
gen wird. Nach sehr kurzer Zeit, typischerweise<br />
einer Mikrosekun<strong>de</strong>, springt<br />
das Elektron wie ein Ball an einem gespannten<br />
Gummiband wie<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>n Ursprungsort<br />
zurück, und das Molekül erzeugt<br />
sichtbares Licht. Obwohl alles sehr<br />
schnell geht, ist dieser Vorgang relativ<br />
störanfällig. Anstelle <strong>de</strong>r Lichterzeugung<br />
können die enormen Belastungen durch<br />
das Verschieben <strong>de</strong>r Elektronen auch zur<br />
Verformung <strong>de</strong>r Komplexe führen – die<br />
elektrische Energie wird bei diesem unerwünschten<br />
Vorgang in Wärme anstatt<br />
Licht umgewan<strong>de</strong>lt. Problematisch war<br />
auch die Verarbeitung <strong>de</strong>r Komplexe zu<br />
OLED-Bauteilen. Beim Versuch, eine<br />
Drucktinte herzustellen, fielen die bei<strong>de</strong>n<br />
Ligan<strong>de</strong>n oft einfach vom Kupfer ab<br />
und ordneten sich neu an. In diesem auch<br />
als „Scrambling“ bezeichneten Vorgang<br />
entsteht so sprichwörtlich molekulares<br />
Rührei mit völlig an<strong>de</strong>ren Eigenschaften<br />
– für OLEDs ist diese Mischung nicht<br />
mehr zu gebrauchen.<br />
Um <strong>de</strong>n Kupferkomplexen eine höhere<br />
Effizienz zu verleihen und sie verarbeiten<br />
zu können, musste ich das bisherige<br />
Design <strong>de</strong>r Materialien generalüberholen.<br />
Dem einen, bisher vorhan<strong>de</strong>nen Kupferatom<br />
stellte ich ein zweites zur Seite.<br />
So wird bei <strong>de</strong>r Lichterzeugung die Belastung<br />
auf mehrere Schultern verteilt,<br />
und die Gefahr einer Verformung <strong>de</strong>s<br />
Moleküls wird <strong>de</strong>utlich verringert. Dies<br />
konnte nicht nur im Labor, son<strong>de</strong>rn auch<br />
durch computergestützte Simulationen<br />
bestätigt wer<strong>de</strong>n. Ein weiterer entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r<br />
Schritt war die Anbringung einer<br />
Kette aus Kohlenstoffatomen zwischen<br />
<strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Ligan<strong>de</strong>n, um <strong>de</strong>r<br />
molekularen Struktur mehr Stabilität zu<br />
verleihen. So zusammengeschnürt können<br />
die Komplexe nicht nur Licht nahezu<br />
verlustfrei – mit einer Effizienz von mehr<br />
als 90 Prozent – erzeugen, son<strong>de</strong>rn sind<br />
auch stabil genug, um zu Tinten verarbeitet<br />
und gedruckt zu wer<strong>de</strong>n.<br />
Nach<strong>de</strong>m Iridium im Effizienz-Wettlauf<br />
mit <strong>de</strong>m Kupfer 15 Jahre lang weit<br />
in Führung lag, sind die bei<strong>de</strong>n Leuchtstoff-Formen<br />
nun gleichauf. Falls noch<br />
bestehen<strong>de</strong> Probleme, darunter die Lebensdauer<br />
<strong>de</strong>r Bauteile, technisch gelöst<br />
wer<strong>de</strong>n können, könnte <strong>de</strong>r ewige Zweite<br />
<strong>de</strong>n Champion doch noch überholen.<br />
Das Problem <strong>de</strong>r Rohstoffverfügbarkeit<br />
ist bei Verwendung von Kupfer je<strong>de</strong>nfalls<br />
gelöst – auch ohne extraterrestrischen<br />
Bergbau und unabhängig von neuerlichen<br />
Asteroi<strong>de</strong>neinschlägen. ●<br />
Die Tinten für OLEDs müssen frei von<br />
Verunreinigungen sein. Daniel Volz<br />
(rechts) und sein Kollege durchleuchten<br />
die Flüssigkeit zur Kontrolle mit<br />
starkem Licht.<br />
bild <strong>de</strong>r <strong>wissenschaft</strong> plus 31