Netzwerk Südbaden - September 2015
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Märkte<br />
die Frage, wie lange denn ein Industriebau<br />
genutzt werden kann: ist das, was<br />
heute en vogue ist, nicht morgen wieder<br />
out? Und: Kann ein Gewerbebau saniert<br />
werden? Und wenn ja, für welche Nutzung?<br />
Man darf skeptisch sein: Eine Sanierung<br />
von Industriebauten ist nicht<br />
einfach: Die räumlichen Gegebenheiten<br />
setzen manchmal enge Grenzen, energetische<br />
Sanierungsmaßnahmen müssen<br />
in Einklang mit den Erfordernissen von<br />
Arbeitsprozessen, Vorgaben zu Umweltschutz<br />
und Brandschutz sowie weiteren<br />
Anforderungen an die Gebäude gebracht<br />
werden.<br />
Was Wunder, wenn heute alte Industriebauten,<br />
nach Möglichkeit aus der Gründerzeit,<br />
nicht als modernisierte Gewerbeflächen<br />
gesucht sind, sondern als edle Lofts.<br />
Raumhöhen von nicht selten vier Metern,<br />
bodentiefe Fenster, eine Deckenbelastbarkeit<br />
von bis zu viert – „Da können Sie ein<br />
Schwimmbad ins Wohnzimmer stellen“,<br />
pries dies einmal ein Makler ein solches<br />
Loft an – und großzügig geschnittene Räume<br />
reizen den privaten Anleger mehr als<br />
den Unternehmer. Die Löwenbrauerei im<br />
Stühlinger, Riegeler Lofts in Riegel und voraussichtlich<br />
das Ganter-Areal mit seinen<br />
Industriebauten dürften zu den neuen, gesuchten<br />
Adressen für Gutverdiener zählen.<br />
Manch ein Makler mag daher bedauern,<br />
dass es so wenig Produktionshallen aus der<br />
Gründerzeit gibt.<br />
Wendet man sich von der Ausstattung der<br />
Gewerbebauten dem Äußeren zu, merkt<br />
man, dass ein Firmensitz auch eine Aussage<br />
über ein Unternehmen macht: Bei<br />
der Industriearchitektur im 19. und 20.<br />
Jahrhundert dominierten beispielsweise<br />
eher funktionelle Bedürfnisse technischer<br />
Großanlagen die Architektur. Die Aussage<br />
lautete: „Wir sind rational und effizient!“<br />
Spielten jedoch auch repräsentative Aspekte<br />
eine Rolle, so konnten Teile der Fabrik<br />
schlossartigen Charakter annehmen. Geplante<br />
Aussage: „Seht her, wie erfolgreich<br />
wir sind!“ Erzielte Aussage: „Bleibt bloß<br />
weg!“ – was ja letztendlich Unsicherheit<br />
bedeutet.<br />
Heute ist es wichtig, Offenheit zu demonstrieren:<br />
große Fensterfronten sind beliebt<br />
und die Probleme mit der Wärmedämmung<br />
lösbar, ja, man weist extra daraufhin,<br />
dass man energetisch auf dem rechten Pfad<br />
wandelt – denn „Nachhaltigkeit“ ist ja ein<br />
positiv besetzter Begriff, den man gern<br />
auch auf sich und sein Unternehmen angewendet<br />
sieht. Klimaanlagen sind vorhanden,<br />
fallen aber nicht mehr auf – höchstens<br />
dann, wenn man aus der Branche kommt<br />
und subtil auf das Unternehmensziel hinweisen<br />
will. Eine Wärmepumpe auf dem<br />
Dach wiederum suggeriert, an der Spitze<br />
des Fortschritts zu stehen.<br />
Gern ist man auch ein wenig anders als der<br />
Mainstream. Branchen, denen man Kreativität<br />
nachsagt, also IT´ler, Werber, PR-<br />
Leute, residieren gern in alten Villen. Man<br />
klagt dann gelegentlich über die klemmenden<br />
Fenster, die hohen Räume und dass die<br />
Räume ineinander übergingen. Aber die<br />
netzwerk südbaden 17