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Landkreis Rastatt

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Dr. Heiko P. Wacker<br />

Nachbarschaftliches<br />

Miteinander –<br />

Baden-Baden und Elsass<br />

Wenn Politiker vom „Europäischen Miteinander“ reden,<br />

dann geschieht dies gerne mit staatstragendem Pathos.<br />

Dabei kann man gute, nachbarschaftliche Beziehungen<br />

auch in ganz anderen, sehr viel alltäglicheren Dimensionen<br />

erfahren – beispielsweise bei einem kurzen Besuch<br />

der westlich von Baden-Baden zu findenden Rheinfähre.<br />

Sie schlägt eine Brücke zwischen dem elsässischen<br />

Drusenheim und dem badischen Greffern . . .<br />

Die Geschichte dieser Verbindung reicht weit ins<br />

Mittelalter, wobei die jetzige Motorfähre sicherlich komfortabler sein dürfte. Und<br />

unkomplizierter zudem, was vergessen macht, wie sehr der Rhein noch vor wenigen<br />

Jahren als Grenze wahrgenommen wurde. Heute hingegen rollen Autos, Motorräder<br />

oder auch Radausflügler entspannt auf die Fähre – um den Weg kurz darauf am jen -<br />

seitigen Ufer fortzusetzen.<br />

Das Angebot einer kostenlos nutzbaren Fährverbindung – am Wochenende kann es<br />

zugegebenermaßen einen gewissen Rückstau geben – wird auch von den zahlreichen<br />

Pendlern genutzt. Nicht wenige Bundesbürger ließen sich in der Vergangenheit im<br />

Elsass nieder, ohne ihre Arbeit im „Ländle“ deshalb aufzugeben. Gleichzeitig finden<br />

auch immer mehr junge Franzosen den Weg zu deutschen Ausbildungsplätzen: Qualität<br />

und Bezahlung sind gewichtige Argumente, und auch die gerne in die Pflicht ge -<br />

nommene Arbeitslosenquote in Frankreich sollte man nicht unterschätzen.<br />

Manche Firmen wiederum haben Niederlassungen auf beiden Seiten des großen<br />

europäischen Stroms. Ein interessantes Beispiel wäre hier der US-amerikanische<br />

Chemie-Riese „Dow Chemical“ aus Michigan. Der in zahlreichen Ländern aktive Konzern<br />

betreibt sowohl in Greffern wie auch nur leicht rheinaufwärts oberhalb von Drusenheim,<br />

und damit direkt gegenüber, ein Werk.<br />

Betrachtet man den Rhein mit solchen Fakten im Hinterkopf, dann nimmt der Strom<br />

mehr und mehr den Charakter einer „Nahtstelle“ an, die zwei Landschaften verknüpft.<br />

Man könnte auch den Vergleich zu einem Buch ziehen, das mit aufgeklappten Seiten<br />

vor dem Betrachter liegt – während der Rhein zum Falz wird, ohne den die Buchseiten<br />

nurmehr einzelne Blätter wären. Ihres Kontextes beraubt und damit wenig sinnvoll . . .<br />

Sinn macht es hingegen, den Bereich beidseits des Flusses als einen einzigen<br />

Kulturraum wertzuschätzen. Die Nummernschilder mögen sich unterscheiden, die Verwaltung<br />

auch. Doch das sind neuzeitliche Facetten zweier nicht nur in kulinarischer<br />

Hinsicht sehr ähnlicher Gegenden. Immerhin klingeln inzwischen dieselben Münzen im<br />

Portemonnaie. Verzeihung – im Geldbeutel natürlich. Obwohl das nun wirklich keine<br />

Rolle mehr spielt.<br />

Entsprechend freudig wechseln die Konsumenten auf die andere Rheinseite: vor<br />

allem an Feiertagen, die am jeweils eigenen Ufer nicht begangen werden. So pilgern<br />

nicht wenige Deutsche zur Shoppingtour ins Outlet-Center bei Roppenheim im Elsass.<br />

Im Gegenzug vernimmt man in den Fußgängerzonen von Baden-Baden oder <strong>Rastatt</strong><br />

gern und häufig französisches Geplauder.<br />

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