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Media and Minorities

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Shion Kumai<br />

persönlicher Antrieb für das Projekt war »der tägliche Frust, die Empörung,<br />

der Ärger«, wenn er Nachrichten sah oder Zeitung las. »Ich habe mich oftmals<br />

hilflos gefühlt, weil ich nicht teilhaben konnte an dieser Debatte.« So<br />

entschloss er sich, die Debatten nicht mehr nur passiv hinzunehmen, sondern<br />

aktiv zu werden.<br />

Das Magazin erreicht nicht nur Menschen mit Einw<strong>and</strong>erungsgeschichte;<br />

etwa 50 Prozent der Leser sind Herkunftsdeutsche, wie sich in einer Leserbefragung<br />

herausstellte. Auch die Redaktion setzt sich aus Menschen mit und<br />

ohne Migrationshintergrund zusammen. Sie machen die Menschen bestmöglich<br />

sichtbar. Auf der Plattform werden Autoren bspw. nicht nur namentlich<br />

genannt, sondern auch mit einem Foto gezeigt. Oft sind Journalistinnen<br />

darunter, die ein Kopftuch tragen. »Bei den ersten Fotos, die wir präsentiert<br />

haben, haben sich die Leser noch überrascht gezeigt: ›Wow, die kann ja<br />

Deutsch! Und auch noch Schreiben!‹ Irgendwann hat sich das auch gelegt. Irgendwann<br />

haben die Leser gemerkt, ›Moment mal! Das ist gar keine Ausnahme!‹<br />

– Das ist also irgendwo auch eine Erziehungssache«, berichtet Ekrem<br />

Şenol.<br />

Einen <strong>and</strong>eren Weg, Gate-keeper*innen des Mainstream-Journalismus zu<br />

umgehen und Themen öffentlichkeitswirksam zu platzieren, bieten soziale<br />

Medien. Kübra Gümüşay, Journalistin, Bloggerin und Netz-Aktivistin, und<br />

Jamie C. Schaerer, Politikwissenschaftlerin und Vorst<strong>and</strong>smitglied der Initiative<br />

Schwarze Menschen in Deutschl<strong>and</strong> und des Europäischen Netzwerks<br />

gegen Rassismus, starteten 2013 auf Twitter die Kampagne #SchauHin mit<br />

dem Ziel, Erfahrungen des Alltagsrassismus sichtbar zu machen, ähnlich wie<br />

der #Aufschrei den alltäglichen Sexismus. Alltagsrassismus ist genau wie Sexismus<br />

ein schwer greifbares Phänomen, das sich nicht einfach in Zahlen erfassen<br />

lässt, weswegen selten in der Öffentlichkeit darüber gesprochen wird.<br />

Gümüşay erläutert: »Wir wollten über eine alltägliche Erfahrung sprechen,<br />

ohne dass man das reduzieren kann auf eine einzelne Situation, denn dieser<br />

alltägliche Rassismus ist etwas, was jeden Tag aktuell ist, jeden Tag relevant<br />

ist.«<br />

Innerhalb kürzester Zeit teilten mehrere Tausend Menschen ihre Geschichten,<br />

und der Hashtag blieb drei Tage lang »Trending Topic«11 in Deutschl<strong>and</strong>,<br />

was bei sozialen Themen ganz selten vorkommt. »Durch das Teilen dieser Erfahrungen<br />

wurde die Erfahrung von der singulären, individuellen Ebene auf<br />

eine gesamtgesellschaftliche Ebene gehoben, und die Verantwortung damit<br />

umzugehen lag nicht mehr nur bei den Menschen, die das täglich erfahren haben,<br />

sondern bei der Gesamtgesellschaft.« So wurden rassistische Strukturen<br />

in der Gesellschaft öffentlich sichtbar gemacht.<br />

11 »Trending Topics« ist eine Liste von Twitter, die anh<strong>and</strong> der Tweets aktuelle und wichtige<br />

Themen ermittelt.

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