FOCUS_22_2022_Vorschau
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FÜR<br />
Seite 4<br />
Seite 2<br />
Seite 5<br />
Wie sich die Bundesregierung<br />
um die Wahrheit mogelt<br />
EDITORIAL<br />
Von Robert Schneider, Chefredakteur<br />
Fotos: Peter Rigaud/<strong>FOCUS</strong>-Magazin, action press<br />
Liebe Leserinnen,<br />
liebe Leser,<br />
kennen Sie Siemtje Victoria Regine Ilse<br />
Santjer Möller? Ich muss gestehen, auch<br />
mir war die in Emden geborene Gymnasiallehrerin,<br />
die 2010 in die SPD eintrat<br />
und 2021 zur Parlamentarischen Staatssekretärin<br />
im Bundesverteidigungsministerium<br />
berufen wurde, bis vor Kurzem<br />
kein Begriff.<br />
Doch seit vergangenem Sonntag kennt<br />
Siemtje Möller – so die Kurzfassung ihres<br />
Namens – zumindest jeder in der Nato.<br />
Denn an diesem Tag verkündete die enge<br />
Mitarbeiterin von Verteidigungsministerin<br />
Christine Lambrecht (SPD) im ZDF<br />
eine kleine Sensation. Ihren Worten zu -<br />
folge gibt es eine „einheitliche Position“<br />
in der Nato, „keine Schützenpanzer oder<br />
Kampfpanzer westlichen Modells zu liefern“<br />
– also an die Ukraine.<br />
Eine „dreiste Panzer-Lüge“, wie „Bild“<br />
schrieb? Oder die Enthüllung einer<br />
roten Linie, eines kleinen schmutzigen<br />
Geheimnisses der Nato, die die wortreichen<br />
Bekundungen führender westlicher<br />
Politiker zur vollen Solidarität mit der<br />
Ukraine in einem fahlen Licht erscheinen<br />
lassen? Ein echtes Dementi gab es jedenfalls<br />
zunächst weder aus Washington,<br />
London oder dem Nato-Hauptquartier<br />
in Brüssel. Nur das Bundesverteidigungsministerium<br />
schränkte die Äußerungen<br />
der Staatssekretärin ein, von einer formalen<br />
Übereinkunft innerhalb der Nato<br />
sei nicht die Rede gewesen.<br />
Das sind Nebelkerzen, die man wirft,<br />
um unbequeme Wahrheiten zu verstecken.<br />
Denn Tatsache ist, dass bisher<br />
kein Nato-Land westliche Schützen- und<br />
Kampfpanzer an die Ukraine geliefert<br />
hat, auch die USA nicht. Bei deren M113<br />
handelt es sich – so Möller auf Twitter –<br />
um gepanzerte Mannschaftstransporter.<br />
Tatsache ist aber auch, dass die USA und<br />
Deutschland der Ukraine modernste Panzerhaubitzen<br />
zur Verfügung stellen. Formal<br />
mögen das keine Kampfpanzer sein,<br />
doch das wird deren Opfer auf<br />
den Schlachtfeldern der Ukraine<br />
und erst recht nicht den Kriegstreiber<br />
im Kreml scheren.<br />
Zwei unter Druck Staatssekretärin<br />
Siemtje Möller und Verteidigungsministerin<br />
Christine Lambrecht (l.)<br />
Und was bedeutet das alles für den<br />
Ringtausch, dem zufolge Polen an die<br />
Ukraine Panzer sowjetischer Bauart<br />
liefert und dafür Leopard-Panzer aus<br />
Deutschland erhält? Kein Geringerer als<br />
der polnische Präsident Andrzej Duda<br />
hat Berlin am Dienstag glatten Wortbruch<br />
vorgeworfen, weil die Ersatzpanzer nicht<br />
geliefert würden. Das ist schon deshalb<br />
überraschend, weil Leopard-Panzer an<br />
Polen keinen Bruch der angeblichen<br />
Nato-Absprache darstellen würden, keine<br />
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Herausgegeben von Ulrich Deppendorf und Ursula Münch<br />
28. Mai 20<strong>22</strong> | #29<br />
westlichen Kampfpanzer an die Ukraine<br />
zu liefern. Hier steht die Glaubwürdigkeit<br />
Deutschlands auf dem Spiel!<br />
Was mich zutiefst irritiert, ist der Mangel<br />
an Aufrichtigkeit in der Diskussion,<br />
der weder der Ukraine in ihrem heldenhaften<br />
Kampf gegen den russischen<br />
Aggressor noch den Werten der westlichen<br />
Allianz und damit auch unseren<br />
Werten gerecht wird. Dabei geht es längst<br />
um mehr als um Siemtje Möller. Es geht<br />
um nichts Geringeres als die Frage, ob<br />
der Bundeskanzler mit seiner Behauptung,<br />
Berlin handele stets im Einklang<br />
mit den Nato-Verbündeten, die Wahrheit<br />
gesagt oder gelogen hat. Und es geht<br />
um die Frage, ob Deutschland eine eher<br />
zwielichtige Rolle oder die eines zuverlässigen<br />
Verbündeten spielt.<br />
Anspruch auf mehr Klarheit haben wir<br />
auch in der Frage, welche Kriegsziele die<br />
Nato mit ihrer Unterstützung der Ukraine<br />
verfolgt. Olaf Scholz beschränkt sich dabei<br />
auf die vieldeutige Aussage, die Ukraine<br />
dürfe den Krieg nicht verlieren und Russland<br />
nicht gewinnen. Die USA hätten hingegen<br />
sicher nichts dagegen, wenn die<br />
Ukraine den Krieg gewinnen und Putin<br />
ihn verlieren sollte. Was nach Wortklauberei<br />
klingt, macht einen erheblichen<br />
Unterschied. Denn „nicht verlieren“<br />
bedeutet eben nicht zwingend, dass<br />
die Ukraine alle russischen Truppen<br />
von ihrem Territorium vertreibt. Es<br />
kann allerdings auch die Rückkehr<br />
zum Status quo vor dem Überfall im<br />
Februar – mit einer russisch besetzten<br />
Krim und den russisch dominierten<br />
Gebieten in der Ostukraine – bedeuten.<br />
Möglicherweise deckt die Formel des<br />
Kanzlers auch weitere territoriale Zugeständnisse<br />
an Putin im Rahmen eines<br />
Friedensabkommens ab, wie sie Henry<br />
Kissinger diese Woche ins Spiel brachte.<br />
Man sagt, zu den ersten Opfern im<br />
Krieg gehört die Wahrheit. Das dürfen<br />
wir nicht akzeptieren!<br />
Anne Wizorek über<br />
das Kriegsverbrechen<br />
sexualisierte Gewalt<br />
Ansetzen<br />
zum Sprung<br />
Oder lieber noch etwas abwarten, bis alle<br />
soweit sind? Olaf Scholz und die Ampel<br />
verharren in Zeitenwenden-Lauerstellung<br />
Von Henning Hoff<br />
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