BOLD THE MAGAZINE No.59
EXKLUSIV IM INTERVIEW: JEFF GOLDBLUM | 50 JAHRE PORSCHE 911 | PETER SCHREYER: "ROOTS AND WINGS" | EIN NERD MIT PORCUPINE TREE: STEVEN WILSON | EEN REIS NAAR DE ZEE | CHARLOTTE MARCH | DER LEISTUNGSSTÄRKSTE LUXUS-SUV DER WELT
EXKLUSIV IM INTERVIEW: JEFF GOLDBLUM | 50 JAHRE PORSCHE 911 | PETER SCHREYER: "ROOTS AND WINGS" | EIN NERD MIT PORCUPINE TREE: STEVEN WILSON | EEN REIS NAAR DE ZEE | CHARLOTTE MARCH | DER LEISTUNGSSTÄRKSTE LUXUS-SUV DER WELT
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LIFESTYLE // FASHION // DESIGN // MOTION // TRAVEL // ART D 6.00 EUR // AT 7.00 EUR // CH 9.00 CHF No. 59<br />
<strong>BOLD</strong>-<strong>MAGAZINE</strong>.EU<br />
<strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
JEFF GOLDBLUM<br />
EXKLUSIV<br />
IM INTERVIEW<br />
50 JAHRE PORSCHE 911 // PETER SCHREYER: „ROOTS AND WINGS“<br />
EIN NERD MIT PORCUPINE TREE: STEVEN WILSON // EEN REIS NAAR DE ZEE<br />
CHARLOTTE MARCH // DER LEISTUNGSSTÄRKSTE LUXUS-SUV DER WELT
6 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> INHALT<br />
CONTENTS<br />
INHALTSVERZEICHNIS<br />
UND <strong>THE</strong>MEN<br />
LIFESTYLE // FASHION // DESIGN // MOTION // TRAVEL // ART D 6.00 EUR // AT 7.00 EUR // CH 9.00 CHF No. 59<br />
LIFESTYLE<br />
DESIGN<br />
<strong>BOLD</strong>-<strong>MAGAZINE</strong>.EU<br />
<strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Exklusiv im Interview:<br />
Jeff Goldblum<br />
Zeit ist die wertvollste Zutat:<br />
The Dalmore 21 Year Old<br />
FASHION<br />
8<br />
42<br />
Komplexe Einfachheit:<br />
Mit dem neuen Range Rover<br />
in Kalifornien (USA)<br />
Design History of the past:<br />
Tilman Brodbecks Entenbürzel<br />
50 Jahre Porsche 911<br />
48<br />
56<br />
A promise and a sign:<br />
Baldessarini White<br />
16<br />
New Scandinavian Design<br />
Interieur von Bolia<br />
78<br />
JEFF GOLDBLUM<br />
EXKLUSIV<br />
IM INTERVIEW<br />
50 JAHRE PORSCHE 911 // PETER SCHREYER: „ROOTS AND WINGS“<br />
EIN NERD MIT PORCUPINE TREE: STEVEN WILSON // EEN REIS NAAR DE ZEE<br />
CHARLOTTE MARCH // DER LEISTUNGSSTÄRKSTE LUXUS-SUV DER WELT<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> No. 59<br />
Jeff Goldblum<br />
Foto: P. Dukovic (Universal Music / Decca)<br />
ART<br />
Freiheit und<br />
gesellschaftlicher Aufbruch:<br />
Charlotte March<br />
Vorschau Ausstellungen:<br />
Documenta Fifteen (Kassel) und<br />
Foto Festival Wien<br />
Lesenswert:<br />
„Roots and Wings“<br />
Designer Peter Schreyer<br />
24<br />
30<br />
32<br />
TRAVEL<br />
Niederlande:<br />
Roadtrip mit dem neuen<br />
Kia Sportage Plug-in Hybrid<br />
Een reis naar de zee<br />
MOTION<br />
Wenn Engel reisen:<br />
Unterwegs im leistungsstärksten<br />
Luxus-SUV der Welt<br />
Aston Martin DBX707<br />
60<br />
68<br />
Hörenswert:<br />
Ein Nerd mit Porcupine Tree<br />
Steven Wilson im Gespräch<br />
34<br />
DIE LETZTE SEITE<br />
Impressum<br />
82
The Making of<br />
a Masterpiece<br />
thedalmore.com |<br />
@thedalmore
JEFF GOLDBLUM<br />
EXKLUSIV<br />
IM INTERVIEW<br />
AUTOR & INTERVIEW: J. FINK
INTERVIEW / JEFF GOLDBLUM<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 11<br />
King of Cool. Blockbuster-Held. Stilikone. Jazz-Musiker. Jeff Goldblum ist alles auf einmal – und<br />
das nicht erst seit kurzem. Über 50 Jahre ist es bereits her, dass der Amerikaner seine Karriere<br />
begann, und an Ruhestand ist offenkundig noch lange nicht zu denken. Selbst wenn – wie sich<br />
beim Interview mit ihm zeigt – das Gehör langsam ein wenig schlechter wird.<br />
70 Jahre wird Goldblum im Oktober, und<br />
die unterschiedlichen Karriere-Phasen, auf<br />
die der 1952 in Pennsylvania geborene Sohn<br />
eines Armee-Arztes und einer Radiosprecherin,<br />
die später Küchenzubehör verkaufte,<br />
zurückblicken kann, sind vielfältig. Nach<br />
einem ersten Broadway-Auftritt 1971 im<br />
preisgekrönten Musical „Two Gentlemen of<br />
Verona“ wechselte er bald vor die Kamera,<br />
mit Mini-Auftritten in „Columbo“, „Starsky<br />
& Hutch“ oder Woody Allens „Der Stadtneurotiker“.<br />
Der Durchbruch gelang dann in<br />
den Achtziger Jahren, erst mit Nebenrollen in<br />
„Der Große Frust“ und „Der Stoff, aus dem die<br />
Helden sind“, endgültig dann mit der Hauptrolle<br />
in David Cronenbergs SciFi-Horrorklassiker<br />
„Die Fliege“, bei dessen Dreharbeiten<br />
er seine zweite Ehefrau Geena Davis kennenlernte.<br />
Mit einem Mal war Goldblum ein Nebendarsteller,<br />
wie es sie in Hollywood viele gibt.<br />
Nicht mehr ganz jung, als Vollprofi geschätzt<br />
und prominent genug für Gastauftritte in<br />
Serien wie „Friends“, „Will & Grace“ oder<br />
„Glee“. Doch im Kino schien es nicht mehr<br />
so gut für ihn zu laufen sieht man einmal von<br />
kleinen Rollen in Filmen ab, die sich kaum<br />
jemand ansah. Womöglich war es dann Wes<br />
Anderson, der dafür sorgte, dass die ganze Welt<br />
sich wieder an die Coolness von Jeff Goldblum<br />
erinnerte. Nach einer ersten Zusammenarbeit<br />
bei „Die Tiefseetaucher“ besetzte<br />
der Kult-Regisseur ihn auch in „The Grand<br />
Budapest Hotel“ und „Isle of Dogs“. Wenig<br />
später wagte sich Roland Emmerich an eine<br />
„Independence Day“-Fortsetzung, die auf<br />
den Star von einst natürlich nicht verzichten<br />
konnte. Parallel kehrten auch die Dinos in<br />
„Jurassic World“ zurück, und Goldblum<br />
Im Folgejahrzehnt wurde aus dem Mann<br />
für die coolen Filme anspruchsvoller Regisseure<br />
ein Star im Mainstream-Kino. Innerhalb<br />
weniger Jahre spielte Goldblum in zwei<br />
ließ sich zu einem kleinen Part im zweiten<br />
Teil überreden. Und als Grandmaster stieg<br />
er in „Thor: Tag der Entscheidung“ auch ins<br />
Marvel-Universum ein.<br />
der erfolgreichsten Filme aller Zeiten mit, erst<br />
in Steven Spielbergs „Jurassic Park“ (sowie<br />
der Fortsetzung „Vergessene Welt: Jurassic<br />
Park“), wo er sich als Chaostheoretiker in<br />
Eine Schlüsselfigur im großen Goldblum-<br />
Comeback dürfte auch der Stylist Andrew<br />
Vottero sein, der den Schauspieler 2015<br />
die Kinogeschichte einschrieb, dann in bei einem Fotoshooting kennenlernte und<br />
„Independence Day“ von Roland Emmerich.<br />
Der neue Ruhm brachte Werbeverträge mit<br />
Firmen wie Apple ein doch die Jahrtausendwende<br />
überstand er nicht so wirklich.<br />
unter seine Fittiche nahm. Seither sind die<br />
beiden unzertrennlich – und Goldblum gilt<br />
auf seine nicht mehr ganz so jungen Tage<br />
von der Brille über die Fingerringe bis zu<br />
den coolen schwarzen Anzügen plötzlich als<br />
Mode-Guru, der sogar für Prada auf dem<br />
Laufsteg darf. Dass er seit 2014 auch noch<br />
als Sänger und Pianist mit seiner Band The<br />
Mildred Snitzer Experience für immer mehr<br />
Aufsehen sorgt (und sogar beim Glastonbury<br />
Festival auftritt), trägt zum Coolness-Faktor<br />
zusätzlich bei.<br />
Inzwischen hat Goldblum, der seit 2014 in<br />
dritter Ehe mit der kanadischen Turnerin und<br />
Tänzerin Emilie Livingston verheiratet und<br />
Vater zweier Söhne ist, mit „The World According<br />
to Jeff Goldblum“ seine eigene Show bei<br />
Disney+. Aber auch im Kino ist er weiterhin<br />
bestens im Geschäft: Aktuell setzt er seine<br />
bewährten Rollen in „Jurassic World: Ein<br />
neues Zeitalter“ (seit Juni) und „Thor: Love<br />
& Thunder“ (ab Juli) auf der Leinwand fort –<br />
und im Herbst ist er natürlich auch wieder in<br />
Wes Andersons neuem Film „Asteroid City“<br />
mit von der Partie.<br />
Mr. Goldblum, Sie haben im Laufe Ihrer<br />
Karriere schon so manchen Wissenschaftler<br />
und Forscher gespielt. Ist das eigentlich<br />
Zufall?<br />
Vermutlich liegt es einfach daran, dass ich<br />
eine Brille trage (lacht). Anders kann ich<br />
es mir nicht erklären, denn privat bin ich<br />
nicht unbedingt der naturwissenschaftliche<br />
Typ. Deswegen nehme ich für jede<br />
dieser Rollen die Vorbereitung ganz besonders<br />
ernst, schon seit mich damals bei<br />
„Die Fliege“ all diese komplizierten Fachausdrücke<br />
an den Rand der Verzweiflung<br />
trieben. Ich versuche immer, mir zumindest<br />
ein gewisses Grundwissen anzueignen, um
12 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> INTERVIEW / JEFF GOLDBLUM<br />
ein Minimum an Ahnung zu haben, wovon<br />
ich da spreche.<br />
Haben Sie wenigstens als Kind mit einem<br />
Chemiebaukasten oder so experimentiert?<br />
Leider nicht! Ich war schon in meiner Jugend<br />
eher an den Künsten interessiert. Allerdings<br />
war mein Vater Arzt und hat uns beim<br />
Abendessen immer ganz viel erklärt und<br />
kleine Vorträge gehalten. Manchmal hat er<br />
sogar die inneren Organe des menschlichen<br />
Körpers oder ähnliches auf eine Serviette<br />
gemalt, damit wir lernen, wie wir Menschen<br />
so funktionieren. Und auch in der Schule war<br />
ich nicht schlecht in den naturwissenschaftlichen<br />
Fächern. Nur habe ich mich dann eben<br />
früh auf die Schauspielerei konzentriert. Was<br />
mich heute privat am meisten interessiert, das<br />
sind die Sterne.<br />
„Jurassic Park“ wird kommendes Jahr 20<br />
Jahre alt. Hat der Film Ihre Karriere nachhaltig<br />
verändert?<br />
Puh, gute Frage. Im Rückblick könnte man<br />
das sicherlich so sagen. Roland Emmerich<br />
zum Beispiel hätte mich doch vermutlich<br />
ohne den Film gar nicht für „Independence<br />
Day“ auf dem Schirm gehabt. Aber ich muss<br />
gestehen, dass ich mir selten Gedanken um<br />
meine Karriere im Ganzen mache. Strategische<br />
Überlegungen sind mir fremd. Ich gucke<br />
einfach immer von Moment zu Moment,<br />
welche Gelegenheiten sich bieten, mich in<br />
kreativer Hinsicht weiterzuentwickeln.<br />
Dabei ist es interessant zu sehen, wie Sie<br />
beruflich verschiedene Phasen durchlaufen<br />
haben: in den Neunzigern die großen Blockbuster,<br />
dann wurde es eine Weile ziemlich<br />
ruhig, und inzwischen sind Sie Kult …<br />
Aber sehen Sie: In diesen jeweiligen Phasen<br />
bekomme ich selbst davon gar nichts mit.<br />
Dass ich zum Beispiel scheinbar eine Weile<br />
weg vom Fenster war, hat sich für mich gar<br />
nicht so angefühlt. Denn ich habe ja immer<br />
gearbeitet. Und das ist für mich ohnehin das<br />
größte Privileg, selbst wenn es mal nur eine<br />
Schauspielklasse ist, die ich unterrichte. Das<br />
Drumherum, die Popularität und so, darüber<br />
sollen sich andere den Kopf zerbrechen.<br />
Haben Sie in 50 Jahren im Job irgendwann<br />
mal für einen Moment die Lust daran<br />
verloren?<br />
Ob Sie es glauben oder nicht: wirklich nie!<br />
Ich habe mein Leben der Schauspielerei<br />
verschrieben und es nicht eine Sekunde bereut.<br />
Mein großartiger Lehrer Sanford Meisner<br />
sagte damals, dass es 20 Jahre konstanter<br />
Arbeit braucht, bevor man sich wirklich als<br />
Schauspieler bezeichnen darf. Und das ganze<br />
Leben danach, um in seinem Beruf immer<br />
besser zu werden. Das habe ich verinnerlicht<br />
und daher nie meine Motivation verloren.<br />
Gleich nach der High School sind Sie auf<br />
und davon, um in New York Ihr Glück als<br />
Schauspieler zu versuchen. Woher wussten<br />
Sie als 17-jähriger so genau, was Sie<br />
wollten?<br />
Ich muss ungefähr zehn Jahre alt gewesen<br />
sein, als meine Eltern uns mit in ein Kindertheater<br />
nahmen. Dort traf es mich wie ein
Fotos: Universal Music / Decca (P. Dukovic) / Jeff Goldblum „The Capitol Studios Sessions“
INTERVIEW / JEFF GOLDBLUM<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 15<br />
Blitz. Wenig später war ich im Sommercamp<br />
und dort gab es auch eine Theatergruppe. Als<br />
wir am Ende unsere einstudierte Show auf die<br />
Bühne brachten, wusste ich dort im Scheinwerferlicht<br />
endgültig, dass das mein Ding ist.<br />
Eine Weile lang habe ich niemandem davon<br />
erzählt, dass ich Schauspieler werden wollte,<br />
weil mir das noch peinlich war. Aber als ich<br />
dann später Theater-Sommerkurse an der<br />
Carnegie Mellon University in Pittsburgh<br />
belegte, gab es endgültig keinen Halt mehr.<br />
In den Siebzigern mit 17 Jahren allein nach<br />
New York zu gehen, ist auf jeden Fall nicht<br />
ohne. Waren Ihre Eltern dagegen?<br />
Oh nein, die haben mich voll unterstützt. Ich<br />
ging auch nichts ins Blaue hin, sondern hatte<br />
einen Studienplatz bei besagtem Sandford<br />
Meisner. Meine Mutter begleitete mich für die<br />
ersten Tage und hatte mir ein kleines Apartment<br />
in der Nähe der Schule organisiert. Wie<br />
viele Ängste sie gehabt haben muss, ist mir erst<br />
heute klar, wo ich selbst zwei kleine Kinder<br />
habe. Ich suche jeden Raum, den wir betreten,<br />
nach Gefahrenquellen ab. Und vermutlich<br />
ändert sich daran ein Leben lang nicht viel.<br />
Wie erinnern Sie sich denn an das New York<br />
von damals?<br />
Ich kam 1970 und blieb vier Jahre. Was für<br />
eine aufregende Zeit! Dabei war ich noch nicht<br />
einmal ein wilder Partygänger. Im Gegenteil!<br />
Ich war überaus eifrig, und mein Radius um<br />
die Schule und das erste eigene Apartment<br />
herum war nicht sonderlich groß. Aber selbst<br />
die paar Blocks, in denen ich mich bewegte,<br />
waren für mich eine vollkommen neue, überwältigende<br />
Welt. Das war wie ein LSD-Trip!<br />
Später bin ich ins West Village gezogen und<br />
die Welt der Broadway-Shows wurde mein<br />
Zuhause, was kaum weniger spannend war.<br />
Trotzdem sind Sie dann weg ...<br />
Das ergab sich, weil ich anfing, Filme zu<br />
drehen. Erst habe ich in New York „Ein Mann<br />
sieht rot“ gedreht, danach wurde ich das erste<br />
Mal nach Los Angeles geflogen. Ich fand dort<br />
einen Agenten, kam bei einem Kumpel unter<br />
und irgendwann blieb ich, statt immer hinund<br />
herzufliegen, einfach hängen.<br />
In Los Angeles haben Sie seit einiger Zeit<br />
sogar einen wöchentlichen Jazz-Gig ...<br />
Ja, jeden Mittwoch spiele ich mit meiner Band<br />
im Rockwell in Los Feliz. Zumindest immer<br />
dann, wenn ich gerade nicht drehe oder auf<br />
Reisen bin. Im Juni spielen wir beim Arroyo<br />
Seco Weekend in Pasadena, einer Art Mini-<br />
Coachella. Am gleichen Tag wie Jack White<br />
und Neil Young! Wer weiß, vielleicht nehmen<br />
wir sogar eine Platte auf? Dass ich mit den<br />
süßen, verzauberten Elfen und Kobolden von<br />
Decca vielleicht ein weiteres Album machen<br />
darf, lässt mich auf Wolken schweben.<br />
Kommen wir zum Thema Mode, schließlich<br />
feiert Sie nicht nur das Internet seit<br />
geraumer Zeit als Stil-Ikone. Wann haben<br />
Sie Ihr Faible für coole Klamotten entdeckt?<br />
Wirklich erklären kann ich gar nicht, wo mein<br />
Interesse für Mode herkommt, aber ich habe<br />
es tatsächlich schon zu Schulzeiten entwickelt.<br />
Im Kunstunterricht fing ich an, Kragen und<br />
Krawatten und ganze Outfits für Männer zu<br />
malen, inspiriert von der Hippie-Bewegung,<br />
die in den Sechzigern omnipräsent war. Und<br />
ich begann, mir coole Vorbilder zu suchen, die<br />
ich dann mit meinem bescheidenen Budget als<br />
Schüler in Pittsburgh abzukupfern versuchte:<br />
Nehru-Jacken, Rollkragenpullis, Schlaghosen,<br />
dazu Medaillons um den Hals und so eine<br />
John Lennon-Brille auf der Nase. Niemand<br />
sonst in meiner Schule sah so aus, aber ich<br />
fand es großartig. Später in New York zog<br />
ich durch die Second Hand-Läden und legte<br />
mir einen riesigen russischen Fellmantel und<br />
eine Art Fliegerhaube zu. Geld für echte Mode<br />
hatte ich keines, aber meinem Interesse für<br />
Styling konnte das nichts anhaben.<br />
Haben Sie sich immer nur auf Ihren eigenen<br />
Geschmack verlassen?<br />
Oh nein, ich habe mich immer gerne auch<br />
beraten lassen. Als es mit der Schauspielerei<br />
richtig losging, wurden zum Beispiel die<br />
Kostümbildner schnell zu meinen wichtigsten<br />
Ansprechpartnern. Und wann immer ich<br />
in einer Beziehung war, war meine jeweilige<br />
Freundin immer die erste, die ich zu irgendwelchen<br />
Outfits befragte. Was leider nicht<br />
bedeutet, dass ich im Laufe meines Lebens<br />
nicht etliche Male schwer daneben gegriffen<br />
habe. Deswegen freue ich mich auch so, dass<br />
ich inzwischen professionelle Hilfe durch den<br />
wunderbaren Andrew Vottero habe.<br />
WEITERE INFORMATIONEN:<br />
@jeffgoldblum
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 17<br />
A PROMISE<br />
AND A SIGN<br />
BALDESSARINI<br />
WHITE<br />
FOTOGRAF: A. ORTNER<br />
Baldessarini White steht für einen coolen und<br />
lässigen Look für alle festlichen Anlässe:<br />
Von der Hochzeit bis zur Scheidung – für jeden Anlass<br />
gibt es das passende Outfit!<br />
Die Kollektion verbindet den aktuellen Zeitgeist<br />
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24 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> ART / SEHENSWERT<br />
FREIHEIT UND<br />
GESELLSCHAFTLICHER<br />
AUFBRUCH<br />
CHARLOTTE MARCH<br />
SEHENSWERT<br />
AUTOR: H. G. TEINER<br />
Die eindrucksvolle Werkschau über Charlotte March (1929 bis 2005) in der Sammlung<br />
Falckenberg legt den Fokus auf die bisher weniger bekannten Arbeiten der vor allem für<br />
ihre Fashion-Fotografie international anerkannten Hamburger Fotografin. Der zu dieser<br />
Sammlung gehörende Nachlass Charlotte Marchs bildet die Grundlage für eine spannende<br />
Neuentdeckung der Fotografin, die für Magazine wie Brigitte, Stern, Elle, Vogue<br />
Italia, Vanity Fair, Harper’s Bazaar und Twen gearbeitet hat.<br />
Der 1977 veröffentlichte Bildband von Charlotte March „Mann, oh Mann – Ein Vorschlag<br />
zur Emanzipation des attraktiven Mannes“ war zu seiner Zeit bahnbrechend und zeigte<br />
ausführlich eine explizit weibliche Sicht auf den männlichen Körper.
ART / SEHENSWERT<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 25
Fotos: C. March, Deichtorhallen Hamburg (Sammlung Falckenberg)
ART / SEHENSWERT<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 29<br />
Die Ausstellung zeigt mit rund 300<br />
Werken einen Querschnitt durch alle<br />
Schaffensphasen der Künstlerin, von ihrer<br />
frühen dokumentarischen Arbeit in der<br />
Stadt Hamburg in den 1950er-Jahren<br />
über Aufnahmen von ihren Aufenthalten<br />
auf der damals vom Massentourismus<br />
noch unberührten Insel Ischia bis hin zu<br />
den späteren Modearbeiten und Werbeaufträgen<br />
auf internationalem Terrain.<br />
Das fotografische Frühwerk Charlotte<br />
Marchs knüpft an den Stil der sogenannten<br />
„Humanistischen Fotografie“<br />
an und bildet einen überraschenden,<br />
bisher von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommenen<br />
Beitrag zum kulturellen<br />
Gedächtnis der Stadt Hamburg. Marchs<br />
sensible und einzigartige Art zu fotografieren,<br />
mit einem aufmerksamen Blick auf<br />
die sozialen Zusammenhänge und damit<br />
auch auf die Ränder der Gesellschaft,<br />
entfaltet auch heute noch eine besondere<br />
Kraft des Authentischen. March lässt<br />
uns hinter die Kulissen blicken, zeigt den<br />
Alltag von Menschen in ihrer schwersten<br />
Zeit.<br />
modernes, ungebundenes Lebensgefühl.<br />
Die Fotografien zeigen den offenen<br />
Blick für das, was der Alltag oder auch der<br />
Zufall ihr bei den Fotoshootings zuspielte.<br />
Sie zeigte Frauen, die vor der Kamera<br />
rauchten oder Werbung für Bier machten<br />
– in der damaligen Zeit einfach revolutionär!<br />
Sie propagierte so ein modernes<br />
Frauenbild, ihre Bilder waren weithin<br />
einflussreich und stilbildend. Sie arbeitete<br />
als eine der ersten Fotografinnen in<br />
Deutschland wie selbstverständlich mit<br />
schwarzen Models zusammen und schuf<br />
so mit einer neuen visuellen Wahrnehmung<br />
in der Mode auch die Basis für eine<br />
neue gesellschaftliche Wirklichkeit.<br />
Nach dem Tod des Lebensgefährten<br />
Charlotte Marchs, des Hamburger Künstlers<br />
und Schauspieler Balduin Baas, übernahm<br />
Harald Falckenberg 2006 den<br />
Nachlass der Fotografin und sorgte für<br />
die Archivierung und Aufarbeitung des<br />
Werks. Der Nachlass umfasst ca. 30.000<br />
Aufnahmen. Die Ausstellung wird im<br />
Rahmen der 8. Triennale der Photographie<br />
Hamburg 2022 gezeigt.<br />
In den späteren Auftragsarbeiten zeigt<br />
ihr fotografischer Blick eine ausgesprochen<br />
emanzipatorische Haltung – ihre<br />
Bilder vermitteln ein Lebensgefühl von<br />
Freiheit im Zusammenhang des gesellschaftspolitischen<br />
Aufbruchs der 1960er<br />
und 1970er Jahre. Charlotte March wollte<br />
ihre Modelle bewusst anders erscheinen<br />
lassen, als es damals in kommerziellen<br />
Fotoshootings üblich war – sie<br />
teilte schließlich mit ihren Modellen ein<br />
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im<br />
Hatje Cantz Verlag, Berlin, 184 Seiten, 190<br />
schwarz-weiße und farbige Abbildungen,<br />
Deutsch/Englisch, Hardcover.<br />
Charlotte March<br />
Bis: 4. September 2022<br />
Sammlung Falckenberg<br />
www.deichtorhallen.de
30 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> ART / SEHENSWERT<br />
Bild: Documenta fifteen<br />
Foto: LIK Akademie für Foto und Design, A. Tamboly<br />
Die Documenta ist das international<br />
bedeutendste Event für zeitgenössische<br />
Kunst. Die erste war 1955, sie findet alle<br />
fünf Jahre statt und dauert 100 Tage. Das<br />
Neue an dieser aktuellen Documenta in<br />
Kassel: Die künstlerische Richtung wird<br />
durch ruangrupa vorgegeben, einem im<br />
Jahr 2000 gegründeten und in Jakarta,<br />
Indonesien, ansässigen Kollektiv. Für<br />
ruangrupa ist dabei Kassel nicht bloßer<br />
„Schauplatz“ einer Ausstellung, vielmehr<br />
wird die Stadt als Ökosystem begriffen, als<br />
ein Geflecht von sozialen Kontexten, in<br />
dem die Documenta fifteen entsteht und<br />
wächst. Die Ausstellung verläuft durch<br />
insgesamt 32 Orte in vier Stadtbereichen.<br />
Sie lässt die historischen und sozialen<br />
Spuren dieser Orte bewusst sichtbar, um<br />
diese in einen neuen Kontext zu setzen.<br />
Der Fotosommer 2022 in Wien wird<br />
kreativ und spannend: Das Team der LIK<br />
Akademie für Foto und Design hat „Freude<br />
an der Fotografie“ zum Motto auserkoren.<br />
Unter diesem Zeichen werden auch die<br />
neuen Veranstaltungen der LIK Sommerakademie<br />
2022 stehen. Es finden Ausstellungen,<br />
Impulsreferate, Workshops<br />
und vieles mehr statt. Die Themen der<br />
Akademie sind beispielsweise: „Portrait<br />
Workshop with Dina Lee – The english<br />
Class“, “Fine Art Fashion Photography”,<br />
„Head Shoot and Professional Portrait<br />
Photography“, „Hommage an Helmut<br />
Newton“ oder „Workshop Analoge Fotografie<br />
– Vintage Style“. Sichere Highlights<br />
sind das Sommerfest der Fotografie der<br />
LIK Akademie für Foto und Design in und<br />
vor der Galerie LIK.<br />
Documenta Fifteen<br />
Bis: 25. September 2022<br />
Foto Festival Wien<br />
Bis: 27. Juli 2022<br />
32 Ausstellungsorte in Kassel<br />
www.documenta-fifteen.de<br />
LIK Akademie für Foto und Design<br />
www.fotofestival-wien.com
Der neue Kia Niro.<br />
Denk einfach mal größer.<br />
Abbildung zeigt kostenpflichtige Sonderausstattung.<br />
Der neue Kia Niro gibt dir die Möglichkeit, größer zu denken: Denn bei Deutschlands einzigem Kompakt-SUV mit drei elektrifizierten Antrieben<br />
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Stromverbrauch kombiniert 13 kWh/100 km; CO 2 -Emission kombiniert 36 g/km. Effizienzklasse: A+++.<br />
Kia Niro Hybrid 1.6 GDI (Benzin, Doppelkupplungsgetriebe), 103,6 kW (141 PS): Kraftstoffverbrauch (l/100 km) innerorts 3,8;<br />
außerorts 4,5; kombiniert 4,2; CO 2 -Emission kombiniert 97 g/km. Effizienzklasse: A+.<br />
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32 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
ART / LESENSWERT<br />
ROOTS AND WINGS<br />
PETER SCHREYER<br />
DESIGNER, ARTIST AND VISIONARY<br />
LESENSWERT<br />
AUTORIN & INTERVIEW: C. STRENG
ART / LESENSWERT<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 33<br />
Das beeindruckende Wirken und Schaffen von Star-Autodesigner Peter Schreyer ist nun in einem<br />
außerordentlich aufwändig gestaltetem Buch nachzulesen: „Roots and Wings“ ist das Portrait eines<br />
der einflussreichsten Autodesigner unserer Zeit – und ein Buch über Kulturerbe, kreative Visionen,<br />
Führungsqualitäten und darüber, was Design für die Zukunft leisten kann. Eindrucksvoll wird<br />
präsentiert, dass Peter Schreyer nicht nur für die Entwicklung und Entstehung einiger der legendärsten<br />
Autos aller Zeiten verantwortlich ist, sondern während seiner lange Karriere bei Volkswagen,<br />
Audi, Kia und Hyundai auch wahre Klassiker auf die Straße brachte.<br />
Schreyer verkörpert die Verbindung zwischen<br />
dem Westen und dem Osten – er schlägt eine<br />
Brücke zwischen der Geschichte des Automobildesigns<br />
in seinem Heimatland Deutschland<br />
und Südkorea, einem Land, das in nur<br />
wenigen Jahrzehnten auf der Weltbühne ein<br />
brillantes Wachstum erlebt hat. „Roots and<br />
ich auch bei meinen Kindern beherzigt habe.<br />
Es geht darum, ihnen sowohl Wurzeln als<br />
auch Flügel zu verleihen, sie zu lehren, in<br />
ihrer Heimat verwurzelt zu sein, und doch<br />
ihren Träumen und Wünschen zu folgen, so<br />
hoch und weit sie wollen. Deshalb heißt das<br />
Buch „Roots and Wings“.<br />
Wings“ erzählt die Geschichte eines Mannes,<br />
der zwei polarisierende Kulturen zu etwas<br />
Einzigartigem verschmelzen ließ und damit<br />
die Geschichte und die Zukunft prägte.<br />
Im Februar dieses Jahres wurden Sie offiziell<br />
zum Executive Design Advisor und<br />
Markenbotschafter des Konzerns ernannt<br />
und sollen zukünftig die Hyundai Motor<br />
„Roots and Wings“ ist die erste umfassende<br />
Studie zum Lebenswerk von Peter Schreyer.<br />
Renommierte Autoren vermitteln in spannenden<br />
und unterhaltsamen Essays neben<br />
Group in leitender Position in Designangelegenheiten<br />
beraten sowie repräsentative<br />
Aufgaben übernehmen. Was heißt das<br />
genau?<br />
Hintergründen, Inspirationsquellen und<br />
Visionen auch die übergreifende Design-<br />
Philosophie des heute 68-Jährigen, bei der<br />
auch das ein oder andere Detail aus dem<br />
Leben des gebürtigen Bayern zu erfahren ist.<br />
<strong>BOLD</strong> spricht mit dem Designer und verlost<br />
dreimal „Roots and Wings“ unter den ersten<br />
Einsendern: lesenswert@bold-magazine.eu<br />
Meine neue Funktion bedeutet in erster Linie,<br />
dass ich aus dem operativen Geschäft raus<br />
bin. Man könnte auch sagen, es beginnt die<br />
nächste Stufe meiner 16-jährigen Laufbahn<br />
im Unternehmen. Zum einen werde ich als<br />
Berater tätig sein, zum anderen doziere ich<br />
in London im Intelligence Mobility Design<br />
Center des Royal College of Arts. Mit dem<br />
Woher kommt der Titel für Ihr Buch, „Roots<br />
and Wings“?<br />
Hyundai/Kia Innovation Lab hat das Unternehmen<br />
hier einen wichtigen Beitrag zum<br />
Aufbau der Nachwuchsförderung geleistet.<br />
Um ehrlich zu sein: Das ist meine feste Überzeugung<br />
und einer meiner Leitsprüche, den<br />
Ich freue mich schon auf meine Gast-<br />
Professur.<br />
Das heißt, Sie haben weiterhin verschiedene<br />
Standorte, von denen Sie arbeiten?<br />
Ja, ich lebe in Deutschland und pendle<br />
weiterhin zwischen hier, Los Angeles, Seoul<br />
und Shanghai, und nun auch London. Selbst<br />
wenn zahlreiche neue Technologien das<br />
virtuelle Arbeiten möglich gemacht haben,<br />
entsteht doch ein neues Design meist nur in<br />
gemeinsamer Arbeit.<br />
Als Sie 2006 dem Ruf von Kia gefolgt sind,<br />
was war da Ihre Vision?<br />
Ich habe damals die Aufgabe übernommen,<br />
eine Markensprache zu entwickeln, Kia ein<br />
Gesicht zu geben. Dafür bin ich angetreten.<br />
Und dieses Ziel habe ich mit Herz und Hand<br />
verfolgt. Neben der Markensprache war mir<br />
aber auch das Interior Design sehr wichtig.<br />
Ein Kunde sollte immer stolz sein auf sein<br />
Auto, auch auf die Qualität seines Autos. Und<br />
er sollte das Gefühl haben, dass das Auto für<br />
ihn gemacht wurde, genau für ihn, und das<br />
mit so viel Hingabe und Liebe wie möglich.<br />
Ein Beispiel: Auch wenn ein Mini-Van sicher<br />
kein besonders emotionales Auto ist, muss<br />
der Kunde stolz darauf sein, sich gerne mit<br />
seinem Fahrzeug sehen lassen, sich sicher<br />
sein, dass er genau das richtige, das für ihn<br />
beste Auto hat.<br />
Roots and Wings<br />
(Hardcover, 22,5 x 29 cm, 336 Seiten)<br />
ISBN: 978 3 96704 033 3<br />
Gestalten Verlag<br />
www.gestalten.com
EIN NERD MIT<br />
PORCUPINE TREE<br />
STEVEN WILSON<br />
EXKLUSIV<br />
IM INTERVIEW<br />
AUTORIN & INTERVIEW: N. WENZLICK
36 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> ART / HÖRENSWERT<br />
„Der wohl bekannteste britische Musiker, von dem Sie nie gehört haben“: So bezeichnete<br />
die englische Presse Steven Wilson vor einigen Jahren. Tatsächlich dürfte sein Name<br />
bei manchen für Fragezeichen sorgen, doch unter Prog-Rock-Fans ist er so etwas wie<br />
ein Heiliger.<br />
Ende der Achtziger gründete der bereits Darüber hinaus bin ich der Meinung,<br />
54-jährige Steven Wilson die Progressive-Rock-Band<br />
dass es immer einen guten Grund<br />
Porcupine Tree, die mit geben muss, ein Album zu machen.<br />
ihren komplexen Songstrukturen und<br />
konzeptuellen Texten schnell zu einem<br />
der wichtigsten Vertreter des Genres<br />
wurde. 2010 legte Wilson die Band<br />
auf Eis, um sich seiner Solokarriere zu<br />
widmen – und das äußert erfolgreich,<br />
denn die letzten vier seiner sechs Soloalben<br />
erreichten hierzulande die Top<br />
fünf der Charts. Er tourt regelmäßig<br />
Wir wollten kein neues Porcupine-Tree-<br />
Album herausbringen, von dem wir nicht<br />
der Meinung sind, dass es eine neue<br />
Version unserer musikalischen DNA und<br />
unseres Sounds ist. Es gab Momente in<br />
den letzten zwölf Jahren, in denen ich<br />
nicht sicher war, ob es Sinn macht, dieses<br />
Album zu veröffentlichen. Erst zum Ende<br />
erkannte ich, dass wir etwas geschaffen<br />
durch die Welt, wobei die Konzertsäle haben, das wie Porcupine Tree und<br />
immer exklusiver werden und dieselben trotzdem frisch klingt.<br />
sind, die auch Sinfonieorchester oder<br />
Lang Lang im Programm haben.<br />
Was macht denn die musikalische<br />
DNA der Band aus?<br />
Wider Erwarten erscheint nun nach<br />
zwölf Jahren Pause das neue Porcupine- Der außergewöhnliche Mix aus Gavins<br />
Tree-Album „Closure/Continuation“. Im Interesse an polyrhythmischen Ideen<br />
exklusiven Interview spricht Wilson über sowie Richards Schwerpunkt auf Sounddesign<br />
die musikalische DNA seiner Band, über<br />
und Struktur, gefiltert durch<br />
kryptische Texte und sein erstes Buch.<br />
meine Singer-Songwriter-Sensibilität.<br />
Das sind für mich die drei Säulen unserer<br />
Herr Wilson, auch wenn Sie natürlich<br />
in der Zwischenzeit alles andere<br />
als untätig waren – wie kommt es,<br />
DNA, und diese Dinge scheinen – meiner<br />
Meinung nach – in jedem Moment dieser<br />
Platte durch. Man ist nie weit weg von<br />
dass das neue Porcupine-Tree-Album einem interessanten Rhythmus oder<br />
ganze zwölf Jahre auf sich warten<br />
ließ?<br />
einem eher ungewöhnlichen Takt, von<br />
einem spannenden Sound-Design oder<br />
Keyboard-Moment – und von einer<br />
Das hat zwei Gründe: Zum einen war ich<br />
sehr fokussiert auf meine Solokarriere.<br />
Melodie, die dem Song seine unmittelbare<br />
Anziehungskraft verleiht.<br />
Einige Songs sind bereits 2012<br />
entstanden. Die Welt war damals<br />
noch eine andere – musikalisch, politisch<br />
und in Bezug auf unsere Gesellschaft.<br />
Wie haben die Themen, über<br />
die Sie singen, diese lange Zeit überdauert?<br />
Das ist eine interessante Frage. Wie viele<br />
Leute, die Songs schreiben, mache ich<br />
Phasen durch, in denen ich von einem<br />
bestimmten Thema besessen bin. Meine<br />
Solosachen und einige Alben von Porcupine<br />
Tree wurden oft als konzeptuelle<br />
Arbeiten angesehen, weil die Songs sich<br />
ein Thema teilen. Das ist dieses Mal nicht<br />
der Fall. Einige Stücke entstanden vor<br />
Donald Trump, Brexit und Covid, andere<br />
währenddessen oder danach. Obendrein<br />
gab es auch in meinem privaten Leben<br />
einige große Veränderungen.<br />
Nämlich?<br />
Vor drei Jahren habe ich geheiratet. Ich<br />
hätte nie gedacht, dass ich mal Kinder<br />
haben würde, aber nun habe ich zwei<br />
Stieftöchter. Solche Dinge beeinflussen<br />
natürlich worüber man schreibt. Ich kann<br />
bei diesem Album kein Oberthema ausmachen,<br />
aber es gibt Themen, die universell<br />
sind und nie alt werden: Nostalgie für die<br />
Kindheit, Paranoia, Reue, der Umgang mit<br />
Verlust – Dinge, über die ich in der Vergangenheit<br />
schon geschrieben habe und die<br />
auch in diesem Album stecken.<br />
Ihre Texte erzählen meist keine klare<br />
Geschichte, sondern sind ziemlich
Fotos: A. Lake, A. Hobbs
ART / HÖRENSWERT<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 39<br />
kryptisch. Warum?<br />
Ich finde, das ist eine der schönen Sachen<br />
an Pop- und Rockmusik. In Film und Literatur<br />
wird alles erklärt. Ich verallgemeinere<br />
hier, es gibt natürlich immer Ausnahmen,<br />
aber meistens sieht oder liest man genau,<br />
was die Protagonisten fühlen, erleben und<br />
denken. In der Musik trifft das nicht zu,<br />
weshalb sie für mich die schönste aller<br />
Kunstformen ist. Der Hörer muss die Texte<br />
selbst filtern und mit Hilfe seiner persönlichen<br />
Erfahrungen interpretieren. Ich kann<br />
nicht mehr zählen, wie oft Menschen zu<br />
mir kamen und sagten, sie liebten den und<br />
den Song, weil er ja davon handle, und das<br />
sei ihnen auch passiert. Ihre Geschichten<br />
hatten absolut gar nichts damit zu tun,<br />
was ich mir bei dem Song gedacht hatte,<br />
und das finde ich wunderbar!<br />
Haben Sie ein Beispiel?<br />
Ich habe für unser neues Album viele Interviews<br />
gemeinsam mit Richard gegeben,<br />
und wenn wir gefragt wurden, wovon ein<br />
Song handelt, habe ich ihn oft antworten<br />
lassen. Sogar seine Interpretation der<br />
Songs war komplett anders! Bei „Herd<br />
Culling“ zum Beispiel erklärt er dem Journalisten,<br />
der Song handle davon, in<br />
seinem Haus zu sein und Angst zu haben,<br />
weil jemand die Einfahrt hochkommt und<br />
man nicht weiß, was derjenige will, und<br />
dass das eine Metapher dafür sei, wie<br />
paranoid wir heutzutage alle sind. Ich<br />
dachte nur: Was für eine tolle Erklärung,<br />
ich wünschte, die wäre mir eingefallen<br />
(lacht).<br />
Und wovon handelt der Song in Wirklichkeit?<br />
Er handelt von einem sehr spezifischen<br />
Event in der Geschichte. Mehr werde<br />
ich nicht verraten. Ich habe mir vorgenommen,<br />
den Song nicht mehr zu erklären,<br />
um den Leuten nicht die Möglichkeit zu<br />
rauben, ihn selbst zu interpretieren.<br />
Derweil geht es in „Of The New Day“<br />
darum, Angst und Dunkelheit hinter<br />
sich zu lassen. Können Sie dazu etwas<br />
erzählen?<br />
Das ist ein rares Beispiel für einen optimistischen<br />
Song in unserem Katalog. Es<br />
geht um Wiedergeburt und darum zu<br />
versuchen, in die Zukunft zu schauen.<br />
Entstanden ist der Song 2012, kurz nach<br />
dem Tod meines Vaters. Das war eine seltsame<br />
Zeit, ein echter Tiefpunkt für mich.<br />
Auf einmal war ich der älteste Mann in der<br />
Familie. Ich reflektierte damals viel – nicht<br />
gerade sehr positiv. Aber am Ende kam ich<br />
gestärkt aus dieser Zeit heraus.<br />
Bei aller Kryptologie steckt also<br />
immer auch viel Persönliches in Ihren<br />
Songs?<br />
Alles ist persönlich! Nur so können Songs<br />
glaubhaft sein. Ich muss da immer an die<br />
Szene in „Blade Runner“ denken, als der Typ,<br />
der die Replikanten erfunden hat, seine<br />
Erinnerung in die Replikanten einpflanzt,<br />
so dass sie glauben, es seien ihre eigenen.<br />
Ich will damit sagen: Auch wenn es in<br />
einem Song um fiktionale Charaktere
40 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> ART / HÖRENSWERT<br />
oder Situationen geht, gibt man ihnen<br />
echte Gefühle, die man empfunden hat,<br />
als man geweint hat, sich verloren fühlte,<br />
voller Reue, Nostalgie, Schmerz oder Glück<br />
war. Denn wie kann ich erwarten, dass sich<br />
jemand damit identifizieren kann, wenn<br />
ich diese Dinge nicht da reinstecke?<br />
Das Album trägt den Titel „Closure/<br />
Continuation“. Ist es denn eigentlich<br />
der Abschluss eines Kapitels oder der<br />
Beginn eines neuen in der Geschichte<br />
von Porcupine Tree?<br />
Ich glaube, dass wissen wir selbst noch<br />
nicht! Eigentlich müsste ein Fragezeichen<br />
am Ende des Titels stehen. Mein<br />
persönliches Gefühl ist, dass wir wieder<br />
aufnehmen werden, aber ich glaube nicht,<br />
dass wir nach diesem Album nochmal<br />
touren werden. Aber das ist nur ein Gefühl.<br />
Sie haben gerade auch Ihr erstes Buch<br />
„Limited Edition Of One“ veröffentlicht.<br />
Wie kam es dazu?<br />
Die einfache Antwort ist: Lockdown! Ich<br />
hatte plötzlich irre viel freie Zeit, mit der<br />
ich nicht gerechnet hatte.<br />
Sind Sie nicht gut im Herumsitzen?<br />
Nein, das bin ich nicht. Ich muss immer<br />
kreativ sein. In den letzten Jahren wurde<br />
ich öfter angesprochen, ob ich nicht ein<br />
Buch schreiben wollen würde. Ich war mir<br />
anfangs nicht sicher, ob eins in mir steckt.<br />
In meinen Augen schien meine musikalische<br />
Karriere relativ langweilig: Ich bin<br />
ein Nerd, der sich in die Musik verliebte<br />
und ihr fortan sein Leben widmete. Ich<br />
dachte immer: Das ist keine Geschichte<br />
– aber ich ließ mich vom Gegenteil überzeugen.<br />
Denn die Geschichte von der<br />
Rockband, die in einem Keller anfängt,<br />
eine große Hit-Single landet und dann ein<br />
Leben voller Groupies und Drogen führt,<br />
bis der große Absturz kommt, haben die<br />
Leute schließlich schon zigmal gelesen. In<br />
meinem Buch geht es darum, wie ich die<br />
Musik entdeckte. Es geht darum, neugierig<br />
und offen zu sein, Leidenschaft für, sagen<br />
wir mal, esoterische Formen der Musik zu<br />
haben, und es geht auch um die Beziehung<br />
zu meinen Fans. Da sind autobiografische<br />
Teile, aber auch Essays sowie Listen von<br />
Songs, Alben oder Plattenläden. Es ist ein<br />
echtes Nerd-Paradies!<br />
Sie sagten eben schon, dass Sie ein<br />
Nerd sind. Waren Sie schon immer<br />
etwas anders und wie haben Sie das<br />
gemerkt?<br />
Am ersten Tag in der High School, als ich<br />
zehn oder elf Jahre alt war. Die anderen<br />
Kinder hingen alle in Gruppen ab. Die<br />
einen hörten Heavy Metal und Rock, die<br />
anderen New Romantic und Sachen wie<br />
Gary Newman, wieder andere Ska. Und sie<br />
alle hassten sich gegenseitig. Ich hingegen<br />
liebte alle Formen der Musik. In unserer<br />
örtlichen Bücherei lieh ich mir genauso<br />
Platten von Miles Davis aus wie von Karl-<br />
Heinz Stockhausen und The Carpenters.<br />
Egal, was ich Sie frage, wir kommen in<br />
unserem Gespräch immer wieder zur<br />
Musik zurück. Was machen Sie, wenn<br />
Sie keine Musik machen?<br />
Ich habe ja, wie gesagt, vor drei Jahren<br />
geheiratet, und meine beiden Stieftöchter<br />
nehmen viel Zeit in Anspruch (lacht). Das<br />
ist eine wundervolle, magische Sache,<br />
die da in meinem Leben passiert ist. Den<br />
meisten Teil meiner freien Zeit verbringe<br />
ich aber mit Musik. Entweder ich mache<br />
selbst welche, oder ich höre Musik sie. Ich<br />
habe eine große Platten-Sammlung. Ich<br />
lese auch viel und schaue Filme. Ich liebe<br />
kreative Kunst in all ihren Formen und bin<br />
da immer noch sehr leidenschaftlich.<br />
Sie sind vor zehn Jahren aufs Land<br />
gezogen und haben angeblich nicht<br />
mal einen Fernseher. Wie lebt es sich<br />
so?<br />
Das stimmt nicht mehr. Als ich geheiratet<br />
habe, sind wir zurück nach London<br />
gezogen, weil die Kinder dort zur Schule<br />
gehen. Wir leben aber ganz im Norden<br />
der Stadt, es fühlt sich fast an wie auf<br />
dem Land. Und einen Fernseher haben wir<br />
jetzt auch. Man kann nicht Kinder haben<br />
und keinen Fernseher besitzen ... das geht<br />
nicht! Aber immerhin haben wir keinen<br />
im Schlaf- oder Wohnzimmer. Wir haben<br />
einen TV-Raum – ein kleiner Kompromiss<br />
(lacht).<br />
WEITERE INFORMATIONEN:<br />
www.stevenwilsonhq.com
42 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> LIFESTYLE / REPORTAGE<br />
ZEIT IST<br />
DIE WERTVOLLSTE<br />
ZUTAT<br />
<strong>THE</strong> DALMORE 21 YEAR OLD<br />
BEST OF <strong>THE</strong> PRINCIPAL COLLECTION<br />
AUTOR: R. LÖWISCH<br />
Wenn die schottische Dalmore-Destillerie – die mit dem Hirsch als Logo – einen neuen<br />
Whisky präsentiert, lässt sie sich nicht lumpen: Unser Autor genießt unter anderem den<br />
neuen The Dalmore 21 Year Old auf Schloss Elmau, diniert ein perfekt auf eine Auswahl<br />
von fünf Whiskys der Dalmore Principal Collection angepasstes Gourmet-Menü von<br />
2-Sterne-Koch Christoph Rainer (die ganze Dalmore Principal Collection umfasst<br />
übrigens, einschließlich des 21 Year Old, acht hochkarätige Whiskys), lauscht den<br />
Klängen des eigens für den Dalmore 21 Year Old komponierten Musikstücks von Pianistin<br />
Marina Schlagintweit und lernt von Professor Dr. Thomas Girst – der aus seinem Buch:<br />
„Alle Zeit der Welt“ liest – warum unser Gehirn mit nur 20 Watt funktioniert.
LIFESTYLE / REPORTAGE<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 43<br />
Es dauert nicht lange, bis das erste<br />
„Slàinte“ erklingt – etwa auf Höhe der<br />
Voralpen. Was ungefähr so ausgesprochen<br />
wird: „Slandschä“, das dazugehörige<br />
„Mhath“ wird geflissentlich<br />
verschluckt. Zusammen bedeutet<br />
„Slàinte Mhath“ soviel wie „Prosit“ oder<br />
„Gute Gesundheit“ auf gälisch. Noch<br />
einmal den Riechkolben in das Nosing-<br />
Glas stecken, dann darf der Zwölfjährige<br />
The Dalmore die Kehle hinabrinnen.<br />
„Nich lang schnacken, Kopf in‘<br />
Nacken“ heißt es etwas lapidar bei mir in<br />
Hamburg, und während ich diesem Rat<br />
folge, gucke ich durchs Waggondach<br />
auf das Matterhorn, das in der Sonne<br />
glitzert. Denn zu dieser Zeit bin ich<br />
mit ein paar Mitreisenden bereits eine<br />
Stunde im Luxon-Zug unterwegs, bestehend<br />
aus einem dreigeteilten Waggon<br />
mit Barbereich, Lounge und dazwischen<br />
ein Restaurant inklusive Glaskuppeldach<br />
wie einst beim Rheingold, während<br />
vorne oder hinten je nach Richtung<br />
eine Lok arbeitet. Wir fahren in diesem<br />
Sonderzug vom Münchener Flughafen<br />
zum Schloss Elmau, wo wir beim exklusiven<br />
Launch des Premium-Whiskys The<br />
Dalmore 21 zugegen sind. Klar, dass<br />
auch das eine oder andere Destillat<br />
der schottischen Brennerei gleich mit<br />
verköstigt wird. Wie passend, davor im<br />
Luxon erstmal den Gaumen mit Champagner<br />
und Rotwein spülen zu können,<br />
mit dem Zwölfjährigen zu beginnen<br />
und mit einem gleichzeitig servierten,<br />
wunderbaren mehrgängigen Menü für<br />
eine exquisite Grundlage des Whisky-<br />
Tests zu sorgen.<br />
Schon der Dalmore 12 überzeugt mit<br />
seinem vollen Aroma. Bei Dalmore heißt<br />
es: „Ein herausragender Single Malt,<br />
der in ehemaligen Bourbonfässern aus<br />
amerikanischer Weißeiche gereift ist<br />
und in seltenen und gealterten Oloroso-<br />
Sherryfässern verfeinert wurde.“ Das<br />
Geschmacksprofil des 40-Prozentigen:<br />
„Zitrusfrüchte, Schokolade und aromatische<br />
Gewürze, am Gaumen Sevilla-<br />
Orangen, Trockenfrüchte und ein Hauch<br />
von Vanilleschote – und im Abgang:<br />
eine Note aus geröstetem Kaffee und<br />
dunkler Schokolade.“ Auch wenn ich<br />
nicht restlos jede Geschmacksnote<br />
nachvollziehen kann, mundet das inspirierende<br />
Nass ganz ausgezeichnet.<br />
Als mir die Dalmore-Einladung ins Haus<br />
klapperte (sie bestand unter anderem<br />
aus einem Holzbrett), wunderte ich<br />
mich ein wenig: Fiel doch zunächst<br />
der Kopf eines Zwölfenders als Logo<br />
auf. Jägermeister? Mitnichten. Ist bei<br />
dem deutschen Likör die Hubertussage<br />
der Grund für den Paarhufer, ist es bei<br />
Dalmore ein fieser Monster-Hirsch, der<br />
– zumindest aus schottisch-monarchischer<br />
Sicht – aus der Hölle kam. Denn<br />
im Jahr 1263 soll dieser Geweihträger<br />
einst rasend vor Wut gewesen sein. Er<br />
griff ausgerechnet den Schottenkönig<br />
Alexander III an (ob Alex der Glorreiche,<br />
wie er tatsächlich auch genannt wird,<br />
eventuell selbst Schuld war, weil er das<br />
Tier auf der Jagd nicht gleich letal traf,<br />
ist nicht überliefert). Doch der Gekrönte<br />
hatte das Glück, dass der mutige Colin<br />
of Kintail, Chef des Mackenzie-Clans,<br />
zugegen war und seinem geliebten<br />
King mit seinem Eingreifen mindestens<br />
das Leben rettete. Seine Hoheit<br />
war davon so begeistert, dass er gleich<br />
dem gesamten Mackenzie-Clan gestattete,<br />
das zwölfzackige königliche<br />
Hirschemblem auf seinem Wappen zu<br />
verwenden. Wer‘s nicht glaubt: Optisch<br />
wurde das alles festgehalten in einem<br />
Monumentalgemälde aus dem Jahr<br />
1786 vom Amerikaner Benjamin West.<br />
Das hängt heute in beeindruckender<br />
Größe von fünf mal drei Metern in der<br />
Nationalgalerie von Edinburgh.<br />
Allerdings hat es danach noch ein paar<br />
Jahre gedauert, bis die knöcherne Kopfpracht<br />
für geistige Getränke einstand.<br />
Denn Nachkommen des Clans wurden<br />
erst 1867 Eigentümer der Dalmore-<br />
Brennerei in Alness am Ufer der<br />
Cromarty-Förde nördlich von Inverness.<br />
Damals arbeitete die Destillerie zwar<br />
nur mit zwei Brennkesseln, aber die<br />
Betreiber nutzten schon stolz den „Royal<br />
Stag“ als Erkennungsmerkmal auf den<br />
Flaschen ihres Single Malt. Schon 1869<br />
fingen die Besitzer dann an, ihr Produkt<br />
mit Aromen aus Sherry-Fässern zu<br />
verfeinern. 1874 stockten sie den Laden<br />
auf vier Kessel auf und begannen sogar,<br />
sie zu kühlen. Bereits 1915 startete die<br />
noch heute bestehende Zusammenarbeit<br />
mit dem spanischen Sherryhaus<br />
González Byass. Die im Ersten Weltkrieg<br />
aber litt, weil aus der Brennerei zwangsweise<br />
eine Knallerei wurde, die Minen<br />
herstellen musste. Erst in den 1920er<br />
Jahren begann man, sich nach Repa-
44 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> LIFESTYLE / REPORTAGE<br />
rieren der beschädigten Anlagen wieder<br />
auf die Whiskyproduktion zu konzentrieren.<br />
1966 stieg der Whiskyspezialist<br />
Whyte & Mackay bei Dalmore ein, eine<br />
Folge war die Aufstockung von vier auf<br />
acht Kessel.<br />
Aber genug Historie – wenden wir uns<br />
der Gegenwart zu. Denn der Zug hat<br />
uns zum Bahnhof Klais gebracht, dem<br />
höchstgelegenen in Bayern, ganz in der<br />
Nähe von Schloss Elmau. Eine Ruhezeit<br />
von eineinhalb Stunden reicht<br />
zwar nicht zur vollständigen Regeneration,<br />
weil in dieser Zeit bekanntlich nur<br />
knapp 0,2 Promille abgebaut werden,<br />
aber feinster schottischer Whisky erfordert<br />
eben vollen Körpereinsatz – also<br />
los zur Abendveranstaltung. Während<br />
Polizisten und Kameraleute beginnen,<br />
durch den Garten zu schleichen, weil<br />
sie für den kommenden G7-Gipfel<br />
üben, wenden wir uns drinnen völlig<br />
entspannt einem Zweisternemenü und<br />
hochgeistigen Getränken zu. Doch<br />
vorher wird – passend im Kaminzimmer<br />
– der neue The Dalmore 21 Year Old<br />
kredenzt. Seine Besonderheit: Der limitierte<br />
Single Malt Whisky verbrachte<br />
seine 21-jährige Reifezeit zunächst in<br />
amerikanischen Weißeichenfässern, um<br />
anschließend für eine Dekade in Matusalem-Oloroso-Sherryfässern<br />
der Bodega<br />
Gonzalez Byass zu ruhen. Der Geruch<br />
des Dalmore 21 Jahre kredenzt Noten<br />
von Ingwerkuchen, Orangentoffee und<br />
karamellisierten Birnen. Geschmacklich<br />
entwickelt der Whisky Aromen<br />
von frischem Kaffee, Schokoladen-<br />
Ganache und Zimtapfel. Der Nachklang<br />
bietet britische Orangenmarmelade<br />
und mazerierte Kirschen. Übrigens:<br />
Die Fässer werden von Dalmore mit<br />
einem ordentlichen Anteil Sherry darin<br />
gekauft, denn während Lagerung<br />
und Transport dürfen die Fässer nicht<br />
austrocknen. Werden sie dann zur Whiskyreifung<br />
benötigt, wird der Sherry-Rest<br />
an Interessierte in den Highlands abgegeben,<br />
die die Reste zum Beispiel als<br />
Hausessig benutzen.<br />
Dalmore Meisterbrenner Richard Paterson,<br />
„The Nose“ genannt, kreiert seit gut<br />
50 Jahren die diversen Geschmacksrichtungen,<br />
wählt die Reifefässer von den<br />
besten Bodegas und exklusivsten Weingütern<br />
der Welt aus – die zu 70 Prozent<br />
an den Aromen der Whiskys beteiligt<br />
sind. Wir verkosten den 21er allerdings<br />
nicht ganz so, wie Paterson das üblicherweise<br />
macht: Glas mit Whisky spülen,<br />
das Zeug in hohem Bogen ausschütten,<br />
neuen, edlen „Goldsaft“ rein, Nase drin<br />
versenken, nippen, trinken, analysieren.<br />
Wir versinken gleich! Nach ein paar<br />
Gläschen lockert sich die Atmosphäre<br />
weiterhin, und wir können zum Dinner<br />
schreiten, um uns beispiellos durchs<br />
Dalmore-Angebot zu futtern. Geht<br />
nicht? Geht doch. Denn Schloss Elmaus<br />
mehrsterniger Küchenchef Christoph<br />
Rainer vom hauseigenen Gourmet-<br />
Restaurant Luce d‘Oro hat seine Mannschaft<br />
von den eigentlich geplanten<br />
Brainstormtagen befreit, um uns ein<br />
spezielles Menü zu kredenzen, bei dem<br />
jeder Gang auf einen bestimmten
LIFESTYLE / REPORTAGE<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 47<br />
Dalmore abgestimmt ist. Natürlich<br />
begleitet (ebenfalls bei jedem Gang)<br />
von passend ausgesuchten Weiß-, Rotoder<br />
Dessertweinen.<br />
Wir beginnen das Dinner mit dem<br />
Dalmore 15, dazu wird Ora King Lachs<br />
mit Kaviar serviert. Und wir lernen<br />
nebenbei: Jeder Tropfen des Fünfzehners<br />
reifte zuerst 12 Jahre lang in<br />
Bourbon-Fässern aus amerikanischer<br />
Eiche, danach wurde er drei Jahre in<br />
Fässern von drei unterschiedlichen<br />
Sherrys umgefüllt (Matusalem, Amoroso<br />
und Apostoles), um nach schließlich<br />
erfolgter Zusammenführung mit<br />
Aromen von Orangenmarmelade, Zimt<br />
und Muskatnuss, im Gaumen mit Mandarine,<br />
Vanille, Ingwer und Apfel und im<br />
Abgang mit karamellisierter Orange<br />
und dunkler Schokolade zu entzücken.<br />
Wer kann da schon widerstehen? Das<br />
nächste Glas wird gefüllt mit Dalmore<br />
Cigar Malt – so genannt, weil besonders<br />
Zigarren dazu munden sollen. Wir sind<br />
rauchfrei und bekommen deswegen<br />
eine geflämmte Tristan-Languste. Auf<br />
der Zunge explodieren dabei nicht nur<br />
die südbayerischen Vanille- und Spargelaromen,<br />
sondern auch der Whisky,<br />
der in drei verschiedenen Fässern reifte:<br />
American White Oak Ex-Bourbon Casks,<br />
30 jährige Oloroso Sherry Butts und<br />
Cabernet Sauvignon Wine Barriques.<br />
Klar, auch der Alkoholanteil von 44<br />
Prozent macht ein bisschen glücklich.<br />
Na denn: „Schlamsche“. Oder so. Danach<br />
flattert ein gegrilltes Täubchen auf den<br />
Teller, beflügelt von Dalmore Port Wood.<br />
Die Namenserklärung liegt auf dem<br />
Tisch: 50 Prozent dieses Destillats reifte<br />
in US-Eiche, der Rest in einem Portweinfass.<br />
Schließlich fanden beide Teile<br />
wieder zusammen und entfachen jetzt<br />
ein Feuerwerk an Süße und Pflaumenaromen,<br />
so dass ich den Piepmatz nur<br />
noch bedauern kann, gegrillt worden<br />
zu sein und somit nicht die Chance<br />
gehabt zu haben, in diesem himmlischen<br />
Zaubertrank zu ertrinken. Zum<br />
Hauptgang, 16 Stunden geschmortes<br />
Wagyu-Beef, kommt natürlich eines der<br />
Dalmore-Highlights: King Alexander III.<br />
Das königliche Getränk ist ein exklusiver<br />
Whisky, der seine Aromen aus sechs<br />
unterschiedlichen Fässern bezog. Ein Teil<br />
kam in spezielle Fässern aus amerikanischer<br />
Eiche – diese hatten das Privileg,<br />
in Lagerhäusern in Kentucky weit unten<br />
zu liegen und somit besser gekühlt<br />
zu werden. Die anderen fünf beinhalteten<br />
Matusalem, Madeira, Mariella,<br />
Portwein und Cabernet Sauvignon.<br />
In gleicher Reihenfolge sorgen sie für<br />
Vanillesüße, Zitronen-, Karamell-, Passionsfrucht-,<br />
Pflaumen- und andere rote<br />
Früchte-Aromen, Tannine und Würzigkeit.<br />
Zum Nachtisch gibt es – latürnich<br />
– äh – natürlich – wieder mindestens<br />
einen Dalmore 21, diesmal unter<br />
anderem zu Salzkaramell und Pekannuss.<br />
Und damit einem der Edeltropfen<br />
auch noch musikalisch höchst angenehm<br />
in den Kopf steigt, intoniert die<br />
Künstlerin Marina Schlagintweit dazu<br />
eine selbstkomponierte Ode an den<br />
Dalmore 21 namens „The Glow of<br />
Potential“ auf dem Flügel, hauptsächlich<br />
inspiriert von Keith Jarrett – fünf<br />
Minuten und zehn Sekunden notengewordener<br />
High-Class-Alkohol.<br />
Der Abend endet im gemütlichen<br />
Kaminzimmer. Je nach Wunsch werden<br />
Dalmore-Cocktails oder natürlich auch<br />
das pure schottische Nationalgetränk<br />
gereicht, und Professor Thomas Girst<br />
liest Geschichten aus seinem Buch „Alle<br />
Zeit der Welt“, die davon handeln, was<br />
Zeit eigentlich ist und wie man sie<br />
anders nutzen könnte als mit Hektik<br />
und Stress. Wie wahr! Dann lernen wir<br />
auch noch – warum auch immer – dass<br />
das Hirn mit nur 20 Watt funktioniert.<br />
So beseelt wanken der Zwölfender<br />
und ich dann irgendwann Arm in Arm<br />
den langen Schloss Elmau-Hotelgang<br />
entlang. Gefühlte 15 Watt reichen auch<br />
noch, um das Zimmer wiederzufinden.<br />
Hach (hicks), das Leben kann so herrlich<br />
whiskyrisch sein (hicks) ...<br />
PS: Natürlich habe ich diese Geschichte<br />
nur aus dramaturgischen Gründen hier<br />
und da ein wenig überzeichnet. Viel Wasser<br />
nebenbei und die Tatsache, nicht jedes<br />
Glas bis zur Neige geleert zu haben, ermöglichten<br />
mir eine recht präzise Erinnerung<br />
an diesen schönen und genussreichen<br />
Abend – und ich war in jeder Sekunde Herr<br />
meiner Sinne.<br />
WEITERE INFORMATIONEN:<br />
www.thedalmore.com
KOMPLEXE<br />
EINFACHHEIT<br />
MIT DEM NEUEN RANGE ROVER<br />
IN KALIFORNIEN<br />
AUTOR & INTERVIEW: N. DEXTER
50 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> DESIGN / ROADTRIP<br />
Unter der Sonne Kaliforniens (USA) starten wir zu einem Roadtrip der besonderen Art,<br />
denn wir sind verabredet mit dem Team der McEvoy Ranch im nördlich der Millionen-<br />
Metropole San Francisco gelegenen Petaluma. Anschließend werden wir auf dem<br />
Robert Young Weingut in Geyserville Gerry McGovern treffen, den Design Director<br />
von Jaguar Land Rover, der uns alles über den neuen Range Rover verrät – sein neues,<br />
bahnbrechendes Design und welche Rolle die Globalisierung dabei spielt.<br />
„Derzeit fliegen wir 120 Knoten, das<br />
entspricht einer Geschwindigkeit von<br />
ungefähr 220 Kilometer pro Stunde“,<br />
erklärt der Helikopter-Pilot per Funk.<br />
Kurz zuvor hatten wir bei strahlendem<br />
Sonnenschein die Skyline von San Francisco<br />
rechts neben uns gelassen und<br />
anschließend östlich der weltberühmten<br />
Golden Gate Bridge die Bucht von San<br />
Francisco überquert. In nicht allzu weiter<br />
Entfernung konnte man die berüchtigte<br />
ehemalige Gefängnisinsel Alcatraz<br />
erkennen. Die spektakuläre Aktion ist<br />
der Auftakt unseres mehrtägigen Trips<br />
durch das Napa Valley, der Wein- und<br />
Oliven-Region Nord-Kaliforniens.<br />
genau hier eine familiengeführte Farm<br />
zu gründen, welche über Generationen<br />
hinaus Olivenbäume bewirtschaftet. So<br />
wollte sie sich ein Stück ihrer geliebten<br />
Toskana mit ihren Olivenhainen in ihre<br />
Heimat holen. Mittlerweile hat die Farm<br />
75 Angestellte, 14.000 Olivenbäume und<br />
sechs große Teiche zu deren Bewässerung.<br />
Die Familie lebt in dritter Generation<br />
auf dem großzügigen Grundstück,<br />
veranstaltet hier Events und lebt vom<br />
Verkauf des eignen Olivenöls verschiedenster<br />
Geschmacksrichtungen. Beim<br />
Thema Nachhaltigkeit spielt hier vor<br />
allem die Nutzung von Wasser eine<br />
zentrale Rolle, denn die Olivenbäume<br />
müssen regelmäßig bewässert werden.<br />
Als wir wieder auf der Erde sind, starten<br />
wir mit dem neuen Range Rover zur<br />
McEvoy Ranch, die genau wie Jaguar<br />
Land Rover, besonderen Wert auf Nachhaltigkeit<br />
legt und einen ganzheitlichen<br />
Anspruch verfolgt.<br />
Hierbei setzt die Farmleitung unter Nion<br />
McEvoy auf ein ausgeklügeltes System<br />
aus Rohren, welche die sechs Teiche<br />
mit den Olivenbaum-Hainen verbinden.<br />
Es wird vollständig darauf verzichtet,<br />
Brunnen in die Erde zu treiben, um<br />
Grundwasser zu entziehen; vielmehr<br />
Als Nan McEvoy die über 220 Hektar<br />
große Farm vor 32 Jahren erwarb, stand<br />
sie auf trockenem und lehmigem Boden.<br />
wird das von den Bergen herabrinnende<br />
Wasser aufgefangen und mittels Tröpfchenbewässerung<br />
punktgenau eingesetzt.<br />
Vorher wurden hier jahrzehntelang<br />
Denn Regen ist in der Region ein<br />
Rinder gezüchtet, und man verkannte<br />
die eigentliche Schönheit der hügeligen<br />
Landschaft. Nan McEvoys Vision war es,<br />
seltenes Gut und nur von November<br />
bis April zu erwarten – dazwischen<br />
gibt es keinen Tropfen. Geerntet wird<br />
im Oktober und November. Per Hand<br />
versteht sich. Hierbei gilt es, zügig zu<br />
arbeiten, denn die gepflückten Früchte<br />
müssen schnell verarbeitet werden.<br />
Immer wieder finden sich auf der Farm<br />
auch Spuren der von Nachhaltigkeit<br />
geprägten Ursprungsvision der Ranchgründerin:<br />
So stammen Mahlwerk und<br />
die allermeisten Maschinen zur Gewinnung<br />
des Öls aus italienischen Altbeständen.<br />
Nach einem letzten Blick über das weite<br />
Gelände der McEvoy Ranch zieht es<br />
uns weiter durch die frühsommerliche<br />
Landschaft Kaliforniens, und wir finden<br />
Zeit, um uns den neuen Range Rover,<br />
der seit Ende April in fünfter Generation<br />
auf dem Markt ist, etwas genauer<br />
anzusehen. Das erste SUV, das im Jahre<br />
1970 etwas Luxus unter die Offroad-<br />
Fahrzeuge brachte, hat mittlerweile in<br />
seinem Segment eine führende Position<br />
inne. Der optisch gelungene Range<br />
Rover verbindet die Werte der Vergangenheit<br />
mit den hohen Anforderungen<br />
der Gegenwart.<br />
In dem 2,5 Tonnen schweren Gefährt,<br />
das schnell eine Viertelmillion Euro auf<br />
der Preisliste erzielt, bewegt man sich<br />
ruhig und sicher auf den Straßen. Der<br />
Sechszylinder-Plug-in-Hybrid mit einer<br />
Systemleistung von 440 PS (324 kW)<br />
kann optional natürlich auch gegen<br />
die 510 PS (375 kW) Variante getauscht<br />
werden. Mit dem fast 40 kWh großen<br />
Akku schafft er eine zusätzliche elektrische<br />
Reichweite von mehr als 100 Kilo-
DESIGN / ROADTRIP<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 53<br />
metern. Wahlweise ist der Range Rover<br />
mit superkomfortablen Sitzen erhältlich,<br />
die beispielsweise aus der Firstclass<br />
guter Airlines bekannt sind (mega<br />
bequem und maximal verstellbar), oder<br />
mit einer dritten Sitzreihe, dann als<br />
7-Sitzer. Darüber hinaus ist optional alles<br />
offen, denn hier setzt Land Rover auf<br />
Individualisierung.<br />
Anfänglich sind wir etwas erstaunt<br />
über die Leichtigkeit der Bewegung,<br />
außerhalb befestigter Straßen. Den<br />
neuen Range Rover als City-SUV zu<br />
bezeichnen, ist demnach weit gefehlt:<br />
Denn auch auf schwerem Gelände<br />
liefert der Brite eine souveräne Performance,<br />
die einem das Gefühl vollkommener<br />
Kontrolle verleiht. Doch um<br />
seinem modernen und unverkennbaren<br />
Design nicht zu viel Schmutz und<br />
Schlamm zuzumuten, halten wir uns<br />
Offroad zurück, denn der nächste Halt<br />
ist das Robert Young Weingut in Geyserville,<br />
wo wir auf den Designer unseres<br />
bemerkenswerten Gefährts treffen.<br />
Professor Gerry McGovern verantwortet<br />
als Chief Creative Officer des größten<br />
britischen Automobilherstellers zum<br />
zweiten Mal das Design der mittlerweile<br />
fünften Generation des Range Rover, der<br />
bereits seit 52 Jahren auf dem Markt ist<br />
und das Thema Luxus geprägt hat wie<br />
kaum ein anderes SUV.<br />
Prof. McGovern, der Range Rover<br />
ist seit den 1970er Jahren fester<br />
Bestandteil des Weltbilds von Autoenthusiasten<br />
auf dem Globus: Wie<br />
gestaltet man eine Ikone neu?<br />
Bei der Umgestaltung einer Ikone beginnt<br />
man, um die Wahrheit zu sagen, nicht<br />
wirklich stets von Neuem, sondern bei der<br />
jeweiligen DNA. Insbesondere bei so einem<br />
Flaggschiff wie unserem Range Rover. Das<br />
Design muss also bestimmte Elemente<br />
aufweisen wie eine durchgehende Seitenund<br />
Dachlinie, optimierte Proportionen,<br />
ein hohes Maß an Formalität und Vollkommenheit<br />
– wunderschön und majestätisch<br />
zugleich. Die Grundinformation ist<br />
also da, nun kommt es darauf an, wie man<br />
diese neu interpretiert. Bei vielen Autofirmen<br />
muss etwas Neues immer etwas<br />
völlig Anderes sein. Bei unserem Range<br />
Rover gehen wir weitaus überlegter vor.<br />
Bevor wir tatsächlich anfangen, etwas<br />
zu formen, spielt sich in unseren Köpfen<br />
viel kreatives Denken ab. So hat der neue<br />
Range Rover ein gewisses Maß an Zurückhaltung,<br />
was Teil seines Charmes und<br />
seines modernen Ansatzes ist.<br />
Recherchieren Sie viel, bevor Sie mit<br />
der Arbeit an einem neuen Produkt<br />
beginnen?<br />
Nein, man geht ja auch nicht zum Kunden<br />
und fragt, wie das Design aussehen soll.<br />
Großartige Marken, großartige Produkte<br />
und großartige Designs stammen von<br />
ihren Schöpfern, ihren Urhebern. Es gibt<br />
ein wenig Kunden-Feedback, was am<br />
alten Range Rover besonders gefallen<br />
hat. Aber das sind mehr Spezifikationen,<br />
wie etwa, ob die Nutzer genug Platz
54 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> DESIGN / ROADTRIP<br />
darin haben. Jetzt fügt man die moderne<br />
Designphilosophie hinzu, bei der es um<br />
einen reduzierten Look geht, frei von<br />
Verzierungen: Man kann heute oft mit<br />
einer Linie den gleichen Effekt erzielen,<br />
wie früher mit fünf. Nun sind wir nicht<br />
plötzlich alle bessere Designer geworden,<br />
denn die meisten, die daran beteiligt sind,<br />
waren dies bereits bei den vorhergehenden<br />
Generationen. Was sich geändert<br />
hat, ist die Fähigkeit, Dinge zu machen,<br />
die wir vorher nicht machen konnten.<br />
Und zwar durch die Entwicklung von<br />
Design und Technik.<br />
Ist die Vereinfachung des Designs<br />
hierbei das Hauptthema?<br />
Die Ironie liegt in der reduktiven Natur<br />
des Designs: Diese Art von Einfachheit zu<br />
erzielen ist jedoch extrem komplex. Ein<br />
Thema für die nächste Generation wäre<br />
zum Beispiel die Benutzeroberfläche und<br />
das digitale Erlebnis. Zumal das Innere des<br />
Autos immer stärker mit seinem Äußeren<br />
vernetzt wird. Am Ende gilt es, etwas zu<br />
kreieren, was der Kunde besitzen möchte.<br />
Eine emotionale Bindung zu schaffen. Wir<br />
produzieren keine Ware. Die Verbraucher<br />
interessieren sich nicht für unsere Probleme,<br />
es interessiert sie nicht, wie schwierig<br />
es ist, dieses Teil zu konstruieren. Sie wollen<br />
das Beste, um es begehren zu können.<br />
Gibt es ein persönliches Designhighlight<br />
beim neuen Range Rover?<br />
Nein! Er bringt mich im Ganzen einfach<br />
zum Lächeln, wenn ich ihn betrachte.<br />
Wie hat sich das Design von Land<br />
Rover in den letzten 50 Jahren verändert?<br />
Wenn man sich die erste Generation<br />
ansieht, die knapp 30 Jahre lang auf dem<br />
Markt war, so ist in dieser Zeitspanne nicht<br />
viel passiert. Das Schöne am ursprünglichen<br />
Range Rover ist, dass er ein gewisses<br />
Maß an Kindlichkeit hatte, eine Art naive<br />
Natur, die ihn sehr charmant und sehr<br />
liebenswert machte. Außerdem war er sehr<br />
leistungsstark. Und daraus wurde der erste<br />
Luxus-SUV. Doch mittlerweile haben sich<br />
die Vorstellungen von Luxus weiterentwickelt.<br />
Sie könnten dieses Auto heute nicht<br />
mehr anbieten, weil es die Ansprüche nicht<br />
erfüllen würde – die Welt hat sich weiterentwickelt.<br />
Wir haben versucht, Originalmomente<br />
des ersten Range Rover zu<br />
erhalten. Nicht im visuellen Sinne, sondern<br />
in emotionaler Hinsicht. Er fängt immer<br />
noch die Essenz des ersten Autos ein, und<br />
man sitzt immer noch hoch oben und hat<br />
dieses Gefühl von Autorität.<br />
Inwieweit spielt hier Globalisierung<br />
eine Rolle, um Kunden weltweit anzusprechen?<br />
Wenn Sie an Amerika in den späten 50er<br />
und 60er Jahren denken, so war das eine<br />
Welt in Überschwang. Vom Styling her eine<br />
überaus spannende Zeit. Dann begannen<br />
die Europäer nachzuahmen, was die<br />
Amerikaner machten, und danach die<br />
Japaner und Chinesen. Wir hatten eine<br />
Zeit, in der Autos aufgrund der Design-<br />
Gesetzgebung alle gleich aussahen. Heute<br />
hingegen sehen wir auf dem Markt viele<br />
Disruptoren. Meiner Meinung nach gibt<br />
es immer noch viele Fahrzeugdesigns,<br />
die nicht besonders überzeugen. Aber die<br />
großen Markenproduzenten, insbesondere<br />
in der Luxuswelt, erkennen, dass man<br />
Dinge schaffen muss, die besonders, die<br />
unterscheidbar sind.<br />
Gefällt Ihnen diese disruptive Veränderung?<br />
Absolut. Wir haben unsere eigene DNA,<br />
müssen uns auch dafür interessieren, was<br />
andere tun, sollten uns aber nie davon<br />
beeinflussen lassen. Ich erinnere mich an<br />
den Architekten Pierre Koenig, der viele<br />
revolutionäre Designs kreierte. Als ich ihn<br />
vor Jahren zum ersten Mal traf, fragte ich<br />
ihn: Wer hat Dich beeinflusst? Er schaute<br />
mich an und sagte: „Niemand!“ Das<br />
klingt im ersten Moment ein wenig arrogant,<br />
aber man beachte, dass die Medienlandschaft<br />
der 50er Jahre nicht mit der<br />
heutigen vergleichbar ist. Du wusstest im<br />
Grunde nie, was deine Kollegen gerade<br />
tun, und hast dein eigenes Ding gemacht.<br />
Das hat mich gelehrt: Will man wirklich<br />
originell sein, sollte man sich nicht einmal<br />
Notizen von dem machen, was andere tun.<br />
Doch genau das ist heute die Herausforderung,<br />
da man permanent mit Neuheiten<br />
Dritter konfrontiert wird.<br />
WEITERE INFORMATIONEN:<br />
www.landrover.de
DESIGN / HISTORY<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 57<br />
DESIGN HISTORY<br />
OF <strong>THE</strong> PAST<br />
TILMAN BRODBECKS<br />
ENTENBÜRZEL<br />
50 JAHRE PORSCHE 911<br />
AUTOR: R. LÖWISCH<br />
Wenn Helmuth Bott – Anfang der 1970er Jahre Porsche-Versuchs- und Entwicklungsleiter<br />
in der Weissacher Denkschmiede – rief, dann stand man stramm. Und als es ihn traf, war<br />
der junge Ingenieur im Karosserieversuch namens Tilman Brodbeck gerade mal eineinhalb<br />
Jahre in der Sportwagenfirma und fragte sich, was er bloß ausgefressen habe. Mit ihm<br />
wurde sein direkter Chef, Hermann Burst, in den heiligen Bott-Raum zitiert. Der gestandene<br />
Entwickler machte es kurz: „Meine Herren, unsere Kunden haben ein Problem, also haben<br />
wir ein Problem. Sie beschweren sich, dass all die Ford Capri 2.6 und BMW 1602 sowie 2002<br />
in Kurven auf Rennstrecken schneller sind als ihre Porsche 911 Carrera S. Also lassen Sie<br />
sich was einfallen. Aber kein neues Auto – die Kunden müssen die Wagen mit Ihrer Lösung<br />
nachrüsten können!“<br />
Der Porsche 911 Carrera RS 2.7 war das erste Serien-Straßenauto mit einem Heckspoiler –<br />
genannt: „Entenbürzel“. Wir treffen den Erfinder Tilman Brodbeck und nehmen die Gelegenheit<br />
wahr, zwei verschiedene Ur-RS und zwei Nachfolger auszuprobieren.
58 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
DESIGN / HISTORY<br />
Unsere kleine Episode zur Einleitung<br />
ist Tilman Brodbeck so in Erinnerung<br />
geblieben – und so beginnt auch die<br />
Geschichte des ersten Serienautos mit<br />
einem Heckspoiler, die Story einer der<br />
größten Porsche-Ikonen und der Werdegang<br />
aller heutigen GT3-Renner der<br />
Zuffenhausener. Kurz: Der Porsche 911<br />
Carrera 2.7 RS ist eines der wichtigsten<br />
Autos für den heutigen Ruf von Porsche.<br />
Kaum war die Bott-Bitte ausgesprochen,<br />
nahm ihn sein Chef Burst zur Seite und<br />
sagte: „So, Herr Brodbeck, dann machen<br />
Sie mal was.“ Arbeit an der Aerodynamik<br />
war dem zunächst ratlosen jungen Ingenieur<br />
Brodbeck nicht fremd. Hatte er<br />
doch bei Porsche bereits an einem Frontspoiler<br />
aus glasfaserverstärktem Kunststoff<br />
für den 911 mitgearbeitet, um die<br />
Unsitte abschaffen zu können, in deren<br />
Frontstoßstangen Blei zu gießen für<br />
weniger Auftrieb. Aber wo anfangen?<br />
„Erstmal habe ich Blut und Wasser<br />
geschwitzt und mir dann die Aufgabe<br />
schön geredet,“ erinnert sich Brodbeck.<br />
Weil das zu keinem Ergebnis führte,<br />
dachte er kurz darauf lieber intensiv<br />
nach. Wobei ihm sein Studentenauto<br />
einfiel – ein Fiat 850 Coupé der Serie II<br />
mit 900-Kubik-Motörchen. „Mir kam es<br />
schon damals merkwürdig vor, dass die<br />
Faceliftversion sehr viel schneller fahren<br />
konnte als der Vorgänger, obwohl sie<br />
nur fünf PS stärker war. Und ich erinnerte<br />
mich an das neue Heck der Serie<br />
II, das ähnlich wie beim 911er geformt<br />
war, aber eine deutliche Abrisskante<br />
besaß. Damals behauptete jeder, das sei<br />
nur ein Designgag.“ Aber wenn es doch<br />
mehr war? „Wir haben dann mit Schweißdraht,<br />
Holzblöcken und Blechen einen<br />
Spoiler gebaut, im Windkanal getestet<br />
und erkannt, dass dabei aerodynamisch<br />
am Heck ganz viel passierte.“ Denn riss<br />
beim normalen 911er die Strömung zu<br />
Beginn der Heckscheibe ab und produzierte<br />
ab da nur noch Verwirbelungen,<br />
lag die Strömung mit Spoiler bis zur<br />
Abrisskante an. Nach zweieinhalb Tagen<br />
präsentierten Brodbeck und seine Helfer<br />
die Lösung. Tests unter realen Bedingungen<br />
bewiesen die aerodynamischen<br />
Vorteile. Litt das Heck des Porsche 911<br />
Carrera S vorher unter einem Auftriebswert<br />
von 0,29, lag er hinterher nur noch<br />
bei 0,08. Sogar der Luftwiderstandsbeiwert<br />
verbesserte sich.<br />
Aber das nächste Problem wartete bereits<br />
auf den jungen Ingenieur: Er sollte die<br />
entsetzten alten Hasen im Design davon<br />
überzeugen, diese Luft-Krücke jetzt<br />
optisch ansehnlich zu gestalten. Letztlich<br />
begann der Modelleur Rolf Wiener<br />
mit der Arbeit, er musste sich allerdings<br />
exakt an die vorgegebenen Maße halten.<br />
Ungefähr zu dieser Zeit kam der Begriff<br />
des „Entenbürzels“ auf, der doch eigentlich<br />
„Brodbeck-Bürzel“ heißen müsste.<br />
Als „Erfinder“ musste Brodbeck natürlich<br />
auch zum Kraftfahrtbundesamt, um<br />
den Spoiler homologieren zu lassen.<br />
„Die Spezialisten waren dagegen, weil<br />
es ihnen zu gefährlich erschien,“ weiß<br />
der Ex-Porschemann noch. Streitpunkt<br />
war die harte Kante, die laut Zulassungsbehörde<br />
eine große Gefahr für<br />
die Köpfe von Fahrrad- und Motorradfahrern<br />
darstellen würde. Brodbeck: „Der<br />
Kompromiss lautete letztlich: Die Kante<br />
15 Millimeter niedriger und ein schönes<br />
Abendessen. Als Argument hatten wir ja<br />
auch die Ansage, nur 500 Autos damit<br />
zu bauen.“ So lautete tatsächlich die<br />
Planung – die obersten Vertriebsleute<br />
hatten sogar befürchtet, kaum 100 Stück<br />
unter die Leute bringen zu können. Der<br />
Vorstand brauchte allerdings 500 Serienautos<br />
für die Homologation, um in der<br />
Gruppe 4 (Spezial-GT) mitfahren und<br />
den Kunden ein gutes Auto für den<br />
Rennsport anbieten zu können. Dazu<br />
wurde unter anderem die Kraft von 190<br />
auf 210 PS erhöht und das Gewicht auf<br />
960 Kilo vermindert durch Rausschmiss<br />
aller überflüssigen Dinge wie Dämmung,<br />
Türverkleidungen und Türgriffe.<br />
Natürlich war Brodbeck auch bei Testfahrten<br />
mit dem bespoilerten 2.7 RS<br />
dabei – sogar als Beifahrer von Bott auf<br />
dem Testgelände von VW in Ehra-Lessin.<br />
Dort erlebte er den Schreck seines<br />
Lebens: „Wir fuhren etwa 180 bis 190<br />
km/h, und ohne Vorwarnung reißt Bott<br />
das Lenkrad rechts herum und lässt es<br />
los.“ Hintergrund: Das war der „Wedeltest“.<br />
Brodbeck: „Ein schlechtes Auto<br />
kann sich dabei überschlagen, ein gutes<br />
fährt nach etwa drei Schwingungen<br />
ohne Lenkradeingriff wieder geradeaus.<br />
Unser Auto schwang einmal nach rechts,<br />
einmal nach links, dann war es stabil. Das<br />
war der Ritterschlag fürs Auto. Und für<br />
mich war’s auch nicht schlecht.“ Letzt-
DESIGN / HISTORY<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 59<br />
lich baute Porsche vom 911 Carrera 2.7<br />
RS – der übrigens auch noch der erste<br />
911 ist mit Hinterrädern, die größer<br />
dimensioniert sind als die vorderen –<br />
genau 1.580 Exemplare. Wer sich heute<br />
hinters Steuer eines Porsche 911 (Typbezeichnung)<br />
Carrera (Hinweis auf einen<br />
Rennmotor im Modell) 2.7 (Hubraum in<br />
Litern) RS (Kürzel für RennSport) klemmt,<br />
mag gar nicht glauben, was es für eine<br />
Aufregung um das Modell von damals<br />
gab. 210 PS in einem 960 Kilo leichten<br />
Auto sind zwar nach wie vor beeindruckend,<br />
unter Supercar jedoch versteht<br />
man heute etwas anderes. Aber Stopp:<br />
Man darf den Bürzel-Porsche nicht mit<br />
heute vergleichen, sondern muss ihn in<br />
Relation setzen zu dem, was es damals<br />
sonst als Serienauto gab. Und siehe da:<br />
Keines mit solchen Werten! 245 km/h<br />
Spitze waren gigantisch, 34.000 Mark<br />
Kaufpreis ebenso, der Sprint in 6,3<br />
Sekunden phänomenal. Und am allerbesten:<br />
Ford- und BMW-Fahrer sowie<br />
Ähnliche hatten nun auch in Kurven das<br />
Nachsehen gegen einen 911. Für damalige<br />
Verhältnisse sitzt man perfekt (im<br />
Sport in einer verdammt harten Schale,<br />
im Touring angenehm gepolstert),<br />
eine heute übliche Lenkradeinstellung<br />
wird nicht vermisst – die nach rechts<br />
versetzte, stehende Pedalerie allerdings<br />
ist gewöhnungsbedürftig. Die Lenkung<br />
gibt ordentlich Rückmeldung, ohne dass<br />
sie sich als schwergängig erweist. Die<br />
Gänge lassen sich trotz langem Schalthebel<br />
exakt in der Fünfgang-Schaltbox<br />
sortieren, wobei die Schalt- und Pedalwege<br />
recht lang sind. Willig nimmt der<br />
Boxermotor Gas an. Er mag Drehzahlen<br />
– je höher, desto besser. Das Toben geht<br />
sowieso erst ab 3.000/min richtig los,<br />
was mit einer wunderbar ansteigenden,<br />
immer wütender werdenden Geräuschentwicklung<br />
einher geht. Bei 6.300<br />
Umdrehungen ist allerdings Schluss. Alle<br />
Parameter zusammen sorgen übrigens<br />
dafür, dass man sich immer schneller<br />
wähnt, als man tatsächlich fährt.<br />
Der Nachfolger, der 911 Carrera RS von<br />
1991 mit 3,6 Litern Hubraum und 260 PS,<br />
gibt sich deutlicher als Rennwagen für<br />
die Straße zu erkennen – auch wenn der<br />
Weg des Kupplungspedals recht lang ist.<br />
Die Lenkung benötigt wegen fehlender<br />
Servounterstützung starke Arme und<br />
der Sechszylinder zeigt sich bissig –<br />
erst recht ab 4.000 Umdrehungen. Die<br />
Energie, die den Straßensportler in 5,4<br />
Sekunden von 0 auf 100 km/h katapultiert<br />
und ihn bis zu einem Top-Tempo<br />
von 260 km/h treiben kann, wird zuverlässig<br />
vernichtet von reinrassigen Rennsportbremsen<br />
– vorne stammen sie<br />
aus dem 911 turbo, hinten aus den<br />
Carrera-Cup-Fahrzeugen. ABS hilft beim<br />
Dosieren. Das fast schon harte Fahrwerk<br />
und die unnachgiebigen Seitenwangen<br />
des Schalensitzes zwingen den Fahrer in<br />
ein RS-Korsett, das er nur ungern wieder<br />
verlässt.<br />
Noch mehr Rennfeeling für die Straße<br />
bietet der Typ 993 als 911 Carrera RS<br />
3.8 von 1995 mit nun 300 PS, von uns<br />
gefahren mit Clubsport-Paket. Schlaufen<br />
anstelle von Türöffnern geben schon mal<br />
die Richtung vor: Rennsport pur. Keine<br />
Sitze hinten, keine Airbags, Dünnglasscheiben,<br />
die Fronthaube aus Aluminium<br />
– hier geht’s wieder deutlich um<br />
Verzicht auf Gewicht. Das Clubsportpaket,<br />
mit dem nur 227 von insgesamt<br />
1.014 Exemplaren ausgestattet wurden,<br />
beinhaltet Überrollkäfig, Batterie-Hauptschalter,<br />
Feuerlöscher, Sechspunkt-<br />
Gurte, Schalensitze und weitere Race-<br />
Features. Schon im Stand röchelt der<br />
3.8-Liter-Sechszylinderboxer giftig und<br />
warnt davor, eine Fahrmaschine nur für<br />
Fortgeschrittene zu sein. Man sortiert<br />
gerne die sechs Gänge des Getriebes,<br />
auch wegen des handschmeichelnden<br />
Schaltknaufs. Das straffe Fahrwerk informiert<br />
über jedes kleinste Schlagloch. Der<br />
Sprint gelingt noch heute in tosenden<br />
fünf Sekunden, bis 277 km/h Spitze sind<br />
möglich.<br />
Einen Nachfolger mit reinem RS-Namen<br />
gab es nicht. Aufgrund von Reglementänderungen<br />
der obersten Motorsportbehörde<br />
nannte Porsche die Straßenracer<br />
„GT3“. In ihrer schärfsten Form allerdings<br />
kamen die GT3 zumindest bis 2015 mit<br />
dem Zusatz RS auf die Straße. Und das<br />
mit so ausgefeilten und großen Heckflügeln,<br />
dass niemand mehr von „Entenbürzeln“<br />
spricht. Aber ein bisschen Brodbeck<br />
steckt immer noch drin.<br />
WEITERE INFORMATIONEN:<br />
www.porsche.de
EEN REIS<br />
NAAR DE ZEE<br />
ROADTRIP<br />
AUTOR: J. M. BRAIN / FOTOGRAF: D. SCHAPER
62 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> TRAVEL / ROADTRIP<br />
Wenn es ums Vereisen geht, schauen wir meist in weite Ferne: „Doch warum in die Ferne<br />
schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah ...“, wie der vielgereiste Weltenbummler Johann<br />
Wolfgang von Goethe bereits erkannte. Holland liegt quasi direkt vor der Haustür, mit einer<br />
zauberhaften Küste, die ihresgleichen sucht. <strong>BOLD</strong> startet von Frankfurt am Main mit dem<br />
neuen Kia Sportage Plug-in Hybrid in Richtung Amsterdam bis an Meer und schaut sich bei<br />
der Gelegenheit den neuen Kompakt-SUV etwas genauer an.<br />
Die aufgehende Sonne eines ersten<br />
Sommertages verleiht Frankfurts Bürotürmen<br />
einen goldenen Glanz. Einer<br />
von ihnen ist die Hauptzentrale von Kia<br />
Deutschland, wo wir unseren nigelnagelneuen<br />
Kia Sportage Plug-in Hybrid in<br />
Empfang nehmen. Für unseren kleinen<br />
Trip an die niederländische Nordseeküste<br />
genau das richtige Gefährt.<br />
Beim ersten Blick auf die nunmehr<br />
fünfte Sportage-Generation fallen die<br />
markanten Elemente des Frontdesigns<br />
mit der detailreichen schwarzen Kühlergrillgrafik<br />
ins Auge, die sich über die<br />
gesamte Breite des „Gesichts“ zieht,<br />
sowie das serienmäßige LED-Tagfahrlicht<br />
in Bumerang-Form und die adaptiven<br />
Dual-LED-Scheinwerfer (ausstattungsabhängig).<br />
Das Profil ist eine Hommage<br />
an die Sportlichkeit, die das Modell seit<br />
jeher prägt. Und das kraftvoll abfallende<br />
Steilheck geht in „messerscharf“ gestaltete<br />
Rückleuchten über, die den Eindruck<br />
erwecken, als würden sie in die Karosserie<br />
hineinschneiden. Erstmals wird der SUV<br />
in Zweifarblackierungen mit schwarzem<br />
Dach angeboten, die für die betont<br />
sportlich auftretende Topversion GT-line<br />
und den Plug-in Hybrid mit GT-line-<br />
Paket erhältlich sind. Insgesamt stehen<br />
ganze 22 Farbvarianten zur Wahl (je nach<br />
Ausführung und Antriebsvariante).<br />
Nach gut drei Stunden auf der A3 lassen<br />
wir Köln links liegen und fahren weiter<br />
in Richtung Düsseldorf, Oberhausen<br />
und Arnhem. Wir fahren recht moderat<br />
– wir haben ja Zeit, so dass sich auch<br />
der Verbrauch unseres Plug-in Hybrids<br />
in Grenzen hält. Der Sportage Plug-in<br />
Hybrid ist mit einer Topmotorisierung<br />
von 195 kW (265 PS) zu haben. Die zweitstärkste<br />
Variante des neuen Sportage ist<br />
der Hybrid 169 kW (230 PS), der – wie<br />
das Steckermodell – serienmäßig eine<br />
Sechs-Stufen-Automatik besitzt mit<br />
Front- und Allradantrieb angeboten wird.<br />
Sein Akku lässt sich in nur einer Stunde<br />
und 45 Minuten von 10 auf 100 Prozent<br />
aufladen. Was wir bei der nächsten<br />
Raststätte mit Ladesäule gleich einmal<br />
ausprobieren wollen, doch leider sind<br />
alle belegt, und so düsen wir weiter,<br />
durch diesen sommerlichen Tag in Richtung<br />
Meer.<br />
Amsterdam erreichen wir gegen 16 Uhr,<br />
in einer guten halben Stunde haben wir<br />
es ans Meer geschafft und können eine<br />
erste frische Brise Nordseeluft genießen.<br />
Der übergroße Parkplatz direkt hinter
TRAVEL / ROADTRIP<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 67<br />
den Dünen lässt ahnen, was hier zur<br />
Hochsaison los sein mag – aber jetzt<br />
sind wir ganz allein hier und können<br />
uns kaum entscheiden, welchen der<br />
Parkplätze wir für die kommenden Tage<br />
unser eigen nennen.<br />
Der neue Sportage wurde übrigens in<br />
echter Gemeinschaftsarbeit der Kia-<br />
Designzentren in Korea, Deutschland,<br />
den USA und China entworfen. Optik<br />
und Charakter des Modells sind von<br />
der im Frühjahr 2021 vorgestellten<br />
neuen Kia-Designphilosophie „Opposites<br />
United“ (übersetzt: Vereinte Gegensätze)<br />
geprägt. Sie basiert auf fünf Säulen<br />
(Bold for Nature, Joy for Reason, Power<br />
to Progress, Technology for Life, Tension<br />
for Serenity), von denen vor allem „Bold<br />
for Nature“ die Gestaltung des Sportage<br />
grundlegend beeinflusst hat.<br />
War es im Inland doch eher heiß, weht<br />
hier ein frisches Lüftchen – aber die<br />
Sonne scheint und unser Strandhotel<br />
erwartet uns schon. Das einzigartige<br />
Strandhotel Zoomers in Castricum aan<br />
Zee ist eine besondere Kombination<br />
aus heimeliger Herzlichkeit und Hotelluxus.<br />
Warme Töne und eine wunderbar<br />
entspannte Atmosphäre, in einer Oase<br />
der Ruhe direkt am Meer, lassen einen<br />
augenblicklich runterkommen – und so<br />
planen wir noch rasch den nächsten Tag,<br />
bevor wir im Strandpaviljoen Club Zand<br />
(unweit des Hotels) unseren Sunset Cocktail<br />
genießen. Ein ausgezeichnetes Frühstück<br />
und Mittag- oder Abendessen kann<br />
man im nebenan liegenden Strandpaviljoen<br />
Zoomers genießen – doch wenn<br />
man die ungezwungen-lockere Gesellschaft<br />
von Surfern und einen gepflegten<br />
Clubsound bevorzugt, ist man im Strandpaviljoen<br />
Club Zand zumindest am<br />
Abend gut aufgehoben.<br />
Damit steht unser Motto für den letzten<br />
Tag unserer Reise fest: „Sportage and<br />
<strong>BOLD</strong> for Nature“! Wir fahren in Richtung<br />
Den Helder immer an der Küste<br />
entlang, vorbei an den Tulpenfeldern<br />
von Egmond Binnen, die immer noch<br />
in voller Blüte stehen. Ringsum stehen<br />
die landestypischen Windmühlen auf<br />
den Feldern: Sie wurden jahrhundertelang<br />
zur Landgewinnung bzw. Trockenlegung<br />
des Landes, zur Rohstoffverarbeitung<br />
und Produktherstellung genutzt.<br />
Bis Ende des 19. Jahrhunderts waren<br />
mehr als 10.000 Windmühlen im Einsatz<br />
– heute gibt es landesweit nur noch etwa<br />
1.000. Zum Ende unserer Reise machen<br />
wir noch einen ausgedehnten Strandspaziergang<br />
und stellen fest: Bakkum North<br />
Beach und Bloemendaal aan Zee sind die<br />
niederländische Antwort auf Ibiza. Und<br />
uns bleibt nur noch eins zu sagen: Wir<br />
kommen wieder! Wij komen terug!<br />
EMPFEHLUNG HOTEL:<br />
Strandhotel Zoomers<br />
www.zoomersaanzee.nl<br />
WEITERE INFORMATIONEN:<br />
www.kia.com
WENN ENGEL REISEN<br />
ODER: WENN UNSEREN AUTOR<br />
DIE ESOTERIK IM LEISTUNGSSTÄRKSTEN<br />
LUXUS-SUV DER WELT PACKT<br />
AUTOR: R. LÖWISCH
MOTION / ASTON MARTIN<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 71<br />
Das kann nur ein Traum-Trip werden: Wir lassen uns einfach mal auf die passende Esoterik<br />
zu „Wenn Engel reisen“ ein: Laut Astrologen trägt der Glücksengel die Nummer 707.<br />
Was für ein Zufall, dass sich genau jener zu Wort meldete, als wir den weltweit leistungsstärksten<br />
Luxus-SUV namens Aston Martin DBX707 fahren. Gedächtnisprotokoll einer<br />
denkwürdigen Reise ...<br />
Nomen est Omen. 707 – das ist nicht<br />
007s Nachfolger, das ist eine knallharte<br />
PS-Anzahl. So viele Pferdchen hat Aston<br />
Martin seinem neuesten SUV-Derivat<br />
eingepflanzt, der auf dem 550 PS starken<br />
DBX basiert. Und will damit das weltweit<br />
leistungsstärkste Sport Utility Vehicle im<br />
Luxus-Segment auf die Räder gestellt ha...<br />
„Quatsch PS – wiederholte Zahlen sind<br />
Zeichen von uns Schutzengeln. Deswegen<br />
versuche ich mal, Dich zu kontaktieren.“ (*)<br />
Hallo? Wer wagt es, mich in meinem Denkschwall<br />
zu unterbrechen?<br />
„Jetzt mach mal keinen Wind. Unabhängig<br />
davon, ob Du an Engel glaubst oder nicht –<br />
wir sind immer in jedem Leben präsent und<br />
wachen über Euch.“ (*)<br />
Ach was. Dankeschön. Aber eigentlich<br />
wache ich am liebsten selber, erst recht am<br />
Steuer eines solchen Leistungshammers,<br />
und das mit allen aufmerksamen Sinnen.<br />
Beim DBX707 mit einer Länge von mehr als<br />
fünf Metern, einer Breite von knapp zwei<br />
Metern und eine Höhe von gut 1,6 Metern<br />
liegt die wahre Macht in der Kraft.<br />
„Papperlapapp. Wir Engel verwenden schlicht<br />
verschiedene Zeichen und Symbole, um zu<br />
kommunizieren. Und Zahlen sind nun mal<br />
unsere häufig verwendeten Zeichen.“ (*)<br />
Dann sprech‘ ich mal mit Engelszunge:<br />
707 PS, 900 Newtonmeter maximales<br />
Drehmoment, 0 bis 100 km/h in 3,3<br />
Sekunden, 310 km/h Spitze – noch mehr<br />
Zeichen und Symbole zum Seligsein<br />
notwendig? Falls ja: Um zum 707 zu<br />
mutieren, erhielt der Vierliter-V8-Biturbo<br />
vom normalen DBX Kugellager-Turbos<br />
und wurde dann neu kalibriert. Die Kraft<br />
leitet ein neues Neunganggetriebe mit<br />
Nasskupplung an die beiden angetriebenen<br />
Achsen. Damit gelingen die Gangwechsel<br />
jetzt um 40 Prozent schneller.<br />
Außerdem kann das Zahnradwerk mit<br />
der Kraft problemlos umgehen, denn 157<br />
PS und 200 Newtonmeter mehr wollen<br />
ausgehalten werden. Das elektronische<br />
Hinterachs-Sperrdifferenzial kommt mit<br />
kürzerer Übersetzung, was unter anderem<br />
das Auto in den unteren Gängen besser<br />
beschleunigen lässt. Die Dreikammer-Luftfederung<br />
hat der 707 übrigens vom Basis-<br />
DBX übernommen.<br />
„Jetzt halt mal die Luft an und hör zu, denn<br />
so mit Zahlen herumwerfen kann ich auch:<br />
Die Zahl 707 mischt den Einfluss und die<br />
Energien der Zahlen 7 und 0. Der Einfluss<br />
der Zahl 7 wird verstärkt, weil sie zweimal
72 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> MOTION / ASTON MARTIN<br />
auftritt. Außerdem verstärkt die Zahl 0 den<br />
Einfluss anderer Zahlen, was die Stärke der<br />
Zahl 7 in der Gesamtsymbolik der Zahl 707<br />
erhöht. Die Zahl 7 symbolisiert innere Weisheit<br />
und Führung, Intuition, Spiritualität,<br />
spirituelle Entwicklung, spirituelles Erwachen<br />
und spirituelle Erleuchtung. In Kombination<br />
dieser Einflüsse symbolisiert die Zahl 707<br />
Schließungen und Neuanfänge, Ganzheitlichkeit,<br />
Einheit, Unendlichkeit und Ewigkeit<br />
zu erreichen, Wissen zu erlangen, zu lernen<br />
und zu studieren, andere zu lehren, Potenzial<br />
zu entfalten und viele neue Möglichkeiten.“ (*)<br />
Stopp! Darf ich für unsere Leser mal<br />
kurz übersetzen? „Führung“, „Reise“ und<br />
„Möglichkeiten“ bedeuten natürlich, dass<br />
der Super-SUV ein unglaublich agiles<br />
Auto ist, wenn auch 2,2 Tonnen schwer.<br />
Auf 100 Meilen (160 km/h) sprintet er in<br />
fabelhaften 7,4 Sekunden – was laut Aston<br />
Martin eine halbe Sekunde schneller ist<br />
als bei der Konkurrenz wie zum Beispiel<br />
Porsche Cayenne Turbo S, Lamborghini<br />
Urus oder Bentley Bentayga Speed.<br />
Moment, lieber Engel, ich bin noch nicht<br />
fertig: In der Praxis wird man in die nicht<br />
nur optisch sehr ansprechenden, sondern<br />
auch bestens geformten neuen Sitze<br />
gedrückt, dass man weit mehr als nur<br />
spirituell grinst. Manchmal haben wir uns<br />
allerdings gefragt, warum das Auto fünf<br />
diverse Fahrmodi anbietet: Wet, Offroad,<br />
GT, Sport und Sport+. Denn dieser Bolide<br />
gibt mit jeder Auspuffklappe zu verstehen,<br />
dass er sich in Sport+ am wohlsten fühlt.<br />
Sport+ schaltet alle automobilen Sinne<br />
scharf und lässt auch akustisch die Welt<br />
nicht im Unklaren, dass hier gearbeitet<br />
wird: Es blubbert und bollert aus dem<br />
Vierrohr-Edelstahlauspuff, dass es eine<br />
wahre Freude ist.<br />
„Egal – wenn ich Engel 707 komme, ist<br />
dies eine starke Botschaft der Ermutigung<br />
des Universums für die Arbeit, die Du zur<br />
Verbesserung der Spiritualität leistest. Die<br />
Hintergrund-Engel gratulieren Dir damit<br />
auch zu Deinen Lebensentscheidungen<br />
und dem aktuellen Weg, auf dem Du Dich<br />
befindest.“ (*)<br />
Dankeschön, das geht runter wie Wolke<br />
sieben. Mein aktueller Weg ist eine leere<br />
Straße auf Sardinien. Und die Lebensentscheidung,<br />
Boliden wie den DBX707<br />
auszuprobieren, habe ich auch noch nicht<br />
bereut. Dazu gehört es, die serienmäßigen<br />
Carbon-Keramikbremsen zum Glühen<br />
zu bringen. In den 22-Zoll-Vorderrädern<br />
stecken 420 Millimeter Bremsscheiben,<br />
hinten sind sie noch 390 Millimeter groß.<br />
Das Carbon-Keramik-System soll insgesamt<br />
40,5 Kilo ungefederte Massen einsparen.<br />
Das ganze Bremssystem ist natürlich<br />
neu abgestimmt, um dem Fahrer ein<br />
absolut präzises Gefühl im Fuß vermitteln<br />
zu können. Was es problemlos schafft.<br />
Dass die Bremsen nach scharfer Fahrt ein<br />
bisschen quietschen, interpretiere ich mal<br />
als Dein überirdisches Juchzen, 707. Okay?<br />
„Du bist albern.“ (*)<br />
Ich bessere mich! Dann sprechen wir über<br />
das Interieur: Da hat sich nicht viel geändert<br />
– bis auf die neu gestaltete Mittelkonsole.<br />
Hier befindet sich ein neuer Dreh-
MOTION / ASTON MARTIN<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 75<br />
schalter, mit dem man den gewünschten<br />
Fahrmodus wählt. Außerdem kann jener<br />
das Getriebe beeinflussen: Will man<br />
per Schaltpaddel händisch die Gänge<br />
bestimmen, sollte man den M-Knopf<br />
drücken – dann wechselt das System<br />
nicht wieder sofort in den Automatik-<br />
Modus, sondern hält den gewählten Gang<br />
fest. Auch das ESP hat eine eigene Taste,<br />
ebenso der Fahrspurassistent, und auch<br />
den Sound kann man beeinflussen: Dank<br />
eines Schalters muss man nicht im Sportoder<br />
Sport+-Modus sein, um dem Aston-<br />
Martin-Song zu lauschen.<br />
„Ich ermutige Dich, Deine Wünsche weiter<br />
zu erforschen. Schau tief in Dein Leben und<br />
Deine Entscheidungen hinein und versuche<br />
zu verstehen, ob Du etwas ändern musst<br />
oder ob Du mit Deinen Entscheidungen<br />
und dem aktuellen Stand der Dinge völlig<br />
zufrieden bist.“ (*)<br />
Hier hast Du mal wirklich recht, Engel 707.<br />
Ich muss was ändern – denn ich kann mir<br />
den Hyper-DBX nicht leisten. 238.500 Euro<br />
habe ich gerade nicht flüssig.<br />
„Übrigens: Ich bin auch oft eine Ankündigung<br />
großer Veränderungen in Deinem<br />
Liebesleben, die bald eintreten. Diese 707 gibt<br />
häufig das Ende einer aktuellen Beziehung<br />
an, da sie ihren Zweck erfüllt hat…“ (*)<br />
Stimmt, meine direkte Beziehung mit dem<br />
DBX707 endet leider nach 400 Kilometern.<br />
Aber nur, weil ich ihn wieder abgeben<br />
muss. Eine letzte Frage trotz des Scheidens<br />
muss erlaubt sein: Gelände? Soll der irdische<br />
DBX707 auch können dank Rampenwinkeln<br />
von bis zu 25,7 Grad vorne und<br />
27,1 Grad hinten, einem Böschungswinkel<br />
von 18,8 Grad, einer Wattiefe von<br />
500 Millimetern und einer maximalen<br />
Bodenfreiheit von 220 Millimetern. Kann<br />
ich aber nicht ausprobieren, den DBX707<br />
abenteuerlich in einem Schlammloch<br />
zu versenken. Wird aber wahrscheinlich<br />
auch kein Käufer ernsthaft überlegen.<br />
Auch wenn die himmlische Botschaft da<br />
anderer Meinung ist.<br />
„Menschen, die mit dieser Zahl in Resonanz<br />
stehen, sind Abenteurer und Wissenssuchende.<br />
Sie sind oft auf einer Reise, um<br />
ihre Spiritualität zu erweitern, mehr spirituelles<br />
Wissen und spirituelle Erleuchtung zu<br />
erlangen.“ (*)<br />
Mein lieber Engel: Ich bin nach der Fahrt<br />
sowas von erleuchtet, das glaubst Du<br />
nicht. Ich sollte meine Spiritualität dahin<br />
erweitern, dass ich nur noch Autos mit<br />
707 PS fahre ... Engel? Bist Du noch da?<br />
(*) Alle kursiv gestellten Textstellen stammen<br />
zumindest dem Sinn nach von der Website:<br />
www.axisastrology.com<br />
Übrigens: Wenn man die Bedeutung von<br />
„DBX“ recherchiert, ist das Ergebnis nicht<br />
halb so unterhaltsam wie bei „707“.<br />
WEITERE INFORMATIONEN:<br />
www.astonmartin.com
76 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
COOL STUFF / BEGEHRENSWERT<br />
EINE WELT<br />
VOLLER FARBEN<br />
ONE PLUS 10 PRO 5G<br />
DEVELOPED WITH HASSELBLAD<br />
AUTORIN: M. MAI<br />
Rund zwei Millionen Farben kann unser<br />
menschliches Auge wahrnehmen. Wenn<br />
man seine Erlebnisse aus dem Alltag<br />
allerdings mittels Smartphone auf seinen<br />
sozialen Kanälen teilen möchte, stößt<br />
man oft an digitale Grenzen: Die intensive<br />
Farben aus dem letzten Urlaub<br />
wirken in Instagram-Posts unnatürlich,<br />
Farbübergänge von Sonnenuntergängen<br />
sind verwaschen und alle Fotos, die mit<br />
dem Smartphone aufgenommen wurden,<br />
wirken vereinheitlicht, gleich und nicht<br />
mehr so, wie man sie in dem Momente<br />
erlebt hat.<br />
„Capture Every Horizon“ mit dem<br />
OnePlus 10 Pro und der Hasselblad<br />
Kamera für Smartphones: Durch die<br />
Partnerschaft mit Hasselblad werden ein<br />
größtmögliches Farbspektrum und viele<br />
Einstellungsmöglichkeiten endlich auch<br />
für die mobile Fotografie Realität. Die<br />
Hasselblad Kamera für Smartphones der<br />
zweiten Generation unterstützt die sogenannte<br />
OnePlus Billion Color Solution.<br />
Dadurch kann die natürliche Farbkalibrierung<br />
auf über eine Milliarde Farben<br />
angewendet werden. Farben werden<br />
somit endlich auch digital so natürlich<br />
wiedergegeben, wie sie in der Natur<br />
vorkommen: der Himmel so weit und<br />
azurblau und das Sonnenblumenfeld so<br />
intensiv gelb wie am Anfang der Blütezeit.<br />
Und das alles ohne künstliche Instagram-Filter,<br />
an denen man sich mittlerweile<br />
sattgesehen hat, sondern so, wie wir<br />
es in echt erleben. 64mal mehr Farben<br />
werden mit den drei leistungsstarken<br />
Kameralinsen auf der Rückseite des<br />
edel und hochwertig designten Smartphones<br />
verarbeitet und sorgen (beispielsweise<br />
auch mit einer der besten Ultraweitwinkel-Kameras<br />
der Branche) im<br />
OnePlus 10 Pro für unvergessliche Fotos,<br />
die Emotionen und Erlebnisse über<br />
Farben festhalten können.
COOL STUFF / BEGEHRENSWERT <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 77
COOL STUFF / BEGEHRENSWERT <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 79<br />
NEW<br />
SCANDINAVIAN<br />
DESIGN<br />
BEGEHRENSWERT<br />
AUTORIN: Z. KHAWARY<br />
Die neue Kollektion von Bolia lädt<br />
dazu ein, sich für etwas Besseres zu<br />
entscheiden. Im Hause Bolia ist man<br />
davon überzeugt, dass eine ästhetische<br />
und natürliche Einrichtung das menschliche<br />
Wohlbefinden und die individuelle<br />
Kreativität fördert. Dabei gilt es zu<br />
bedenken, dass unser Planet unter der<br />
Verschwendung seiner Ressourcen leidet,<br />
während sich der Mensch nach Veränderungen<br />
und Neuem sehnt.<br />
Bolia weiß, dass gutes Design nicht nur aus<br />
dem besteht, was das Auge sieht, sondern<br />
auch aus der Art und Weise seiner Fertigung<br />
und seinen haptischen Qualitäten.<br />
Die neue Kollektion wurde in bewährter<br />
Manier von einer brillanten Gemeinschaft<br />
von Designern aus der ganzen<br />
Welt entworfen, die eine gemeinsame<br />
Leidenschaft für nachhaltige Lösungen<br />
und das New Scandinavian Design eint.<br />
Von den ersten Skizzen bis zum fertigen<br />
Produkt ist jedes Design für die Ewigkeit<br />
bestimmt: Handgefertigt von einigen der<br />
besten Hersteller Europas und aus den<br />
feinsten und nachhaltigsten Materialien,<br />
die die Natur für uns bereithält.<br />
Das Bolia Design-Kollektiv besteht aus<br />
über 60 internationalen Designern, die<br />
ihre Leidenschaft für das New Scandinavian<br />
Design und nachhaltige Kreationen<br />
mit der Marke teilen. So entstehen<br />
in enger Zusammenarbeit jährlich zwei<br />
Kollektionen, die ihre Inspiration aus<br />
der sich ständig verändernden Natur<br />
Skandinaviens beziehen. Jedes einzelne<br />
Design ist individuell auf die spezifischen<br />
Wünsche und Bedürfnisse der<br />
Kunden abgestimmt. Bolia gibt es in 76<br />
eigenen Stores in Dänemark, Schweden,<br />
Norwegen, Deutschland, den Niederlanden,<br />
der Schweiz, Österreich, Frankreich<br />
und Luxemburg, sowie über Webshops<br />
in 30 europäischen Ländern.
82 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> IMPRINT<br />
IMPRINT<br />
VERLAGSANSCHRIFT<br />
UND REDAKTION<br />
VERLAG /<br />
POSTANSCHRIFT<br />
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EDITOR IN CHIEF<br />
AUTOREN /<br />
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H. G. Teiner<br />
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J. M. Brain, H. G. Teiner, N. Dexter, J. Fink,<br />
C. Paul, Z. Khawary, M. Mai, T. Adler,<br />
K. Specht, R. Löwisch, E. Briest, D. Schaper,<br />
C. Streng, P. Heidmann<br />
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Texte, Illustrationen und Bilder wird keine<br />
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Offizieller Kraftstoffverbrauch Aston Martin DBX707 in l/100 km: innerorts 18,5; außerorts 10,7; kombiniert 13,5; CO 2-Emissionen kombiniert in<br />
g/km: 309. Effizienzklasse G. Die angegebenen Verbrauchs- und Emissionswerte wurden nach dem gesetzlich vorgeschriebenen Messverfahren<br />
ermittelt. Aktuell erfolgt die Typengenehmigung für bestimmte Neuwagen auf Basis eines weltweit harmonisierten Prüfverfahrens für<br />
Personenwagen und leichte Nutzfahrzeuge („Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure“, WLTP), einem realistischeren Prüfverfahren<br />
zur Messung des Kraftstoffverbrauchs und der CO 2-Emissionen. Wegen der realistischeren Prüfbedingungen sind die nach dem WLTP gemessenen<br />
Kraftstoffverbrauchs- und CO 2-Emissionswerte in vielen Fällen höher als die nach dem alten NEFZ-Verfahren („Neuer Europäischer Fahrzyklus“)<br />
gemessenen. Allerdings sind aktuell noch die NEFZ-Werte verpflichtend zu kommunizieren. Soweit Angaben Neuwagen betreffen, die nach<br />
dem WLTP-Verfahren typgenehmigt sind, werden die angegebenen NEFZ-Werte daher von den WLTP-Werten abgeleitet. Die zusätzliche Angabe<br />
der WLTP-Werte erfolgt bis zu deren verpflichtender Verwendung freiwillig.