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FC20_Cannes-Festival

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AUSGABE 20 13. Mai 2023 € 4,90 EUROPEAN MAGAZINE AWARD WINNER 2023 COVER /// INFOGRAPHIC<br />

<strong>Cannes</strong>back<br />

Die triumphale Rückkehr<br />

des Filmfestivals<br />

Politik am Limit<br />

Die sechs Probleme nach<br />

dem Flüchtlingsgipfel<br />

Gute Rendite mit<br />

gutem Gewissen<br />

Der Wachstumsplan für Ihre<br />

grüne Geldanlage<br />

10<br />

Top -Fonds<br />

und ETFs<br />

im Check


KULTUR<br />

CANNES<br />

Es werde Licht!<br />

Der rote Teppich ausgerollt und alle Scheinwerfer strahlen:<br />

Das Filmfestival von <strong>Cannes</strong> präsentiert sich unter<br />

der neuen deutschen Leitung mit einem Großaufgebot an<br />

Hollywood-Blockbustern und europäischen<br />

Altmeistern so glamourös wie lange nicht.<br />

Wir stellen die Highlights vor<br />

TEXT VON HARALD PAULI<br />

Spielstätte<br />

Defilee der Stars vor dem<br />

<strong>Festival</strong>-Palast an der<br />

Croisette 2022. Die<br />

diesjährigen Filmfestspiele<br />

finden vom 16. bis zum<br />

27. Mai statt<br />

Fo t o : M a t h i l d e P e t i t - B o h / F D C<br />

74 FOCUS 20/2023 FOCUS 20/2023<br />

75


KULTUR<br />

CANNES<br />

Skandalspiele<br />

Johnny Depp als Louis XV.<br />

Machtspiele<br />

Lily-Rose Depp & The Weeknd<br />

Paukenschlag zu Beginn:<br />

Maïwenn präsentiert im<br />

Eröffnungsfilm „Jeanne du<br />

Barry“ erstmals wieder<br />

Johnny Depp, der nach dem<br />

Eklat um sein Eheleben in<br />

Hollywood zur Persona non<br />

grata wurde, in einer Hauptrolle<br />

– und zwar als König<br />

Louis XV. Die Regisseurin<br />

selbst spielt in dem Historiendrama<br />

zugleich die Titelfigur,<br />

die aus einfachen Verhältnissen<br />

zur Mätresse des Herrschers<br />

aufstieg. Ein zweiter<br />

potenzieller Skandalfilm ist<br />

„Le Retour“ von Catherine<br />

Corsini, der mit Vorwürfen<br />

von sexueller Belästigung<br />

während des Drehs zu kämpfen<br />

hat. „They’ve Lost All<br />

Common Sense“, den neuen<br />

Film von Woody Allen zu<br />

zeigen, das traut sich das<br />

<strong>Festival</strong> allerdings nicht.<br />

Noch eine vermeintliche<br />

Skandal-Produktion, die<br />

„außer Konkurrenz“ läuft: Die<br />

HBO-Serie „The Idol“, vage<br />

angelehnt an die Karriere von<br />

Britney Spears, zeigt Lily-Rose<br />

Depp in der Rolle eines Popstars,<br />

der einem manipulativen<br />

Clubbesitzer verfällt<br />

(The Weeknd). Regisseur Sam<br />

Levinson, Sohn des großen<br />

Barry („Rain Man“), der bereits<br />

mit „Euphoria“ Amerika mit<br />

Nacktheit, Sex und jugendlicher<br />

Drogenkultur schockte,<br />

hat als Showrunner gemeinsam<br />

mit The Weeknd die<br />

ursprüngliche Regisseurin<br />

Amy Seimetz vergrault, der die<br />

Perspektive zu stark auf<br />

männlichem „Torture Porn“<br />

lag. Daneben die große Frage:<br />

Wird es in <strong>Cannes</strong> einen gemeinsamen<br />

Auftritt von Lily-<br />

Rose und Papa Johnny geben?<br />

Spielleiterin<br />

Die neue Präsidentin Iris Knobloch<br />

Spielroutine<br />

De Niro trifft DiCaprio<br />

Doppelspiel<br />

Wim Wenders zeigt japanische Poesie und deutsche Mythen<br />

Zum zehnten Mal schafft es der deutsche<br />

Regiemeister Wim Wenders in den<br />

Wettbewerb. Sein Spielfilm „Perfect<br />

Days“ (Foto) folgt einem alternden Toilettenreiniger,<br />

der sich in seinem simplen<br />

Leben eingerichtet hat und neben<br />

seiner Liebe zu Musik und Literatur vor<br />

allem Bäume bewundert, die er auch<br />

fotografiert. Das Projekt entstand aus<br />

dem Angebot, eine Doku über die von<br />

Stararchitekten entworfenen Toiletten<br />

im Tokioer Viertel Shibuya zu drehen.<br />

Für die Hauptrolle dieser poetischen<br />

Reflexion konnte Wenders Kōji Yakusho<br />

gewinnen, der mit Filmen wie „Shall<br />

We Dance?“, „Unagi – der Aal“ oder<br />

„Babel“ bekannt wurde. Zudem ist<br />

Wenders noch mit einem zweiten<br />

Werk vertreten, dem Dokumentarfilm<br />

„Anselm“, in dem er in 3D durch die<br />

deutsch-französische Mythenwelt des<br />

Großkünstlers Anselm Kiefer reist.<br />

Sie ist in München geboren, hat dort Jura<br />

studiert und in der angloamerikanischen Filmindustrie<br />

Karriere gemacht, bevor sie ab 2006<br />

von Paris aus das Europageschäft des Hollywood-Studios<br />

Warner Bros. übernahm. Als<br />

<strong>Festival</strong>-Präsidentin ist Knobloch vor allem<br />

für Organisation und Marketing zuständig, die<br />

Programmauswahl besorgt weiterhin der<br />

künstlerische Leiter Thierry Frémaux.<br />

Fo t o s : Why Not Productions, action press, The Match Factory<br />

Fo t o s : HBO, Melinda Sue Gordon/Courtesy of Apple<br />

Bis heute liegt <strong>Cannes</strong> im<br />

Clinch mit Netflix, weil der<br />

Streamer seine Prestige-<br />

Produktionen zwar ins Kino<br />

bringt, aber die üblichen Verwertungsfristen<br />

nicht einhält.<br />

<strong>Cannes</strong> akzeptiert das<br />

nicht, im Gegensatz etwa zu<br />

Venedig. Jetzt landete Programm-Chef<br />

Frémaux einen<br />

Deal mit Apple TV+: Der<br />

Streamingdienst zeigt „Killers<br />

of the Flower Moon“, das<br />

oscar-reife Großwerk von<br />

Martin Scorsese, auch entsprechend<br />

lang im Kino. Der<br />

Thriller um eine Mordserie<br />

in einem Indianerreservat<br />

und die FBI-Ermittlungen<br />

dazu, kommt auf den stolzen<br />

Preis von einer Million Dollar<br />

Produktionskosten pro Filmminute.<br />

De Niro spielt zum<br />

elften Mal bei Scorsese,<br />

DiCaprio zum siebten Mal.<br />

76 FOCUS 20/2023 FOCUS 20/2023<br />

77


KULTUR<br />

Spielhölle<br />

Sandra Hüllers düstere Auftritte<br />

Das zweite deutsche Gesicht im Wettbewerb,<br />

<strong>Cannes</strong>-Liebling Hüller („Toni Erdmann“),<br />

ist wie Wenders gleich zweimal<br />

vertreten: In Jonathan Glazers „The Zone of<br />

Interest“ spielt sie neben Christian Friedel<br />

die Frau des Auschwitz-Kommandanten.<br />

Und in Justine Triets Krimidrama „Anatomie<br />

d’une chute“ eine Autorin, die in den Verdacht<br />

gerät, mit dem Tod ihres Mannes<br />

etwas zu tun zu haben.<br />

Himmelsspiel<br />

Jason Schwartzman & Tom Hanks in Wes Andersons Star-Aufgebot<br />

Er lebt seit Langem in Paris, ist quasi Dauergast<br />

bei den großen Filmpreisen und <strong>Festival</strong>s<br />

der Welt: Seine neue versponnene Nostalgie-Fantasie<br />

„Asteroid City“ präsentiert<br />

der kauzige US-Kinokünstler Wes Anderson<br />

wieder an der Croisette. Vor zwei Jahren<br />

war er zuletzt mit „The French Dispatch“ in<br />

<strong>Cannes</strong> vertreten. Die romantische Sci-Fi-<br />

Groteske dreht sich um einen Kongress von<br />

verschrobenen Hobby-Astronomen und<br />

den sonderlichen Dingen, die dabei vor und<br />

hinter den Kulissen passieren. Monument<br />

Valley und amerikanische Wüste wurden in<br />

Spanien gedoubelt (respektive gemalt),<br />

und wie immer versammelt Anderson die<br />

Crème der Hollywood-Akteure vor der Kamera,<br />

von Scarlett Johansson, Tom Hanks,<br />

Jason Schwartzman und Tilda Swinton<br />

über Bryan Cranston, Edward Norton, Adrien<br />

Brody, Liev Schreiber und Steve Carell bis<br />

zu Matt Dillon, Willem Dafoe, Margot Robbie<br />

und Jeff Goldblum – nur um die bekanntesten<br />

zu nennen. Allein Dauer-Stammspieler<br />

Bill Murray ist nicht dabei – nicht wegen seines<br />

angeblichen Fehlverhaltens auf einem<br />

anderen Set, er fiel schlicht wegen Covid aus.<br />

Eine Star-Parade, natürlich wie geschaffen<br />

für den roten Teppich des <strong>Festival</strong>s.<br />

Rollenspiel<br />

Harrison Fords „Indy“-Comeback<br />

2022 war es „Top Gun“, mit dem<br />

<strong>Cannes</strong> die Film-Rückkehr ins<br />

Kino und Hollywoods Überwältigungskunst<br />

feierte, nun zelebriert<br />

dieses Fun-Event „Indiana Jones<br />

und das Rad des Schicksals“.<br />

Nach der Ur-Trilogie des Abenteuer-Spektakels<br />

(1981-89)<br />

kehrte Harrison Ford zuletzt 2008<br />

als „Indy“ auf die Leinwand zurück,<br />

jetzt darf er noch mal als<br />

80-Jähriger die Peitsche schwingen<br />

und unterm Filzhut schwitzen.<br />

Vor dem Hintergrund des<br />

Wettrennens zum Mond kämpft<br />

er gegen Regierung und NASA,<br />

die – um den Sowjets zuvorzukommen<br />

– alte Nazis beschäftigen.<br />

Als ein solcher darf auch<br />

Thomas Kretschmann in der<br />

knapp 300-Mio-Dollar-Produktion<br />

böse mitagieren.<br />

Fo t o s : Courtesy of Pop. 87 Productions/Focus Features, Thomas & Thomas, Jonathan Olley/Lucasfilm Ltd.<br />

78 FOCUS 20/2023

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