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meinpferd_10_20230905

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MAGENPROBLEME: So wichtig ist eine schnelle Behandlung<br />

Mein<br />

<strong>10</strong> • Oktober 2023 • www.mein-pferd.de<br />

Nach der Saison<br />

ist vor der Saison<br />

Thema<br />

des Monats<br />

Der<br />

Reiterrücken<br />

● Eigene Grenzen erkennen<br />

● Richtig mobilisieren und kräftigen<br />

● Besseres Sitzgefühl erlernen<br />

+<strong>10</strong><br />

Rückenübungen mit<br />

und ohne Pferd<br />

Aufgaben reiten<br />

leicht gemacht<br />

Richtig Treiben<br />

Wie Sie die Hilfen<br />

richtig einsetzen<br />

Wertvolle<br />

Mineralstoffe<br />

Die Multitalente<br />

optimal füttern<br />

Die<br />

Ethik der<br />

Pferde<br />

Wenn Pferde eine Stimme hätten, was<br />

würden sie uns sagen? Welche Rechte<br />

das Pferd in unserer Gesellschaft hat<br />

Deutschland 5,50 €<br />

Österreich 6,<strong>10</strong> €<br />

Schweiz 8,90 sfr<br />

Italien 7,20 € Belgien 6,50 €<br />

Luxemburg 6,50 €


EDITORIAL OKTOBER<br />

Anzeige<br />

Pferde selektieren beim<br />

Fressen auf der Weide,<br />

ob etwas fressbar oder<br />

giftig ist<br />

Pferdegerechte<br />

Kommunikation<br />

— Verständigung zwischen<br />

Mensch und Pferd<br />

Grüne Brise<br />

Cover: Linda Rohde, Fotos: Holger Schupp (1), AdobeStock (1)<br />

Ich strecke die Nase in<br />

den Wind und nehme<br />

einen tiefen Atemzug<br />

der warmen Sommerluft,<br />

während ich den<br />

Schotterweg in Richtung<br />

unserer „Einzelwiesen“<br />

gehe. Rechts von mir ist<br />

der Wald, dessen Bäume<br />

nicht nur wunderschön<br />

grün und kräftig aussehen,<br />

sondern auch<br />

herrlich vertraut und<br />

beruhigend riechen. Die<br />

ätherischen Öle, die der<br />

Wald an seine Umgebung<br />

abgibt, tun mir gut.<br />

Mitverantwortlich für diesen so gewohnten<br />

Geruch sind die Terpene, die ätherischen<br />

Öle der Pflanzen. Doch zwischen diese<br />

Botenstoffe, über die die Bäume miteinander<br />

kommunizieren, mischt sich ein anderer<br />

wohlbekannter guter Geruch, der mir hier<br />

am Stall jedoch fremd ist. Kurz runzle ich<br />

die Stirn, bis ich verdutzt nach links auf die<br />

Wiesen schauend bemerke, was es ist. Die<br />

grünen Weiden sind alle gemäht und auf<br />

ihnen liegen Häufchen mit dem gemähtem<br />

Gras. Fein säuberlich hat das fahrbare<br />

Arbeitsgefährt das geschnittene Unheil<br />

auf jeder Wiese zurückgelassen. Mal wieder<br />

zweifle ich am Verstand desjenigen, der es<br />

wohl gut gemeint, aber ohne Pferdewissen<br />

gehandelt hat.<br />

Was eigentlich jeder, der mit Pferden zu<br />

tun hat, wissen müsste, ist, dass gemähtes<br />

Gras äußerst gefährlich ist. Im Gegensatz<br />

zum Weidegang, wo Pferde sehr selektiv<br />

fressen und die Aufnahme<br />

von Giftpflanzen in der<br />

Regel instinktiv meiden,<br />

werden die Giftpflanzen<br />

in geschnittenem Gras<br />

von Stallpferden oft<br />

einfach mitgefressen.<br />

Außerdem kann sich<br />

Rasenschnitt, der beim<br />

Rasenmähen anfällt, im<br />

Verdauungsapparat des<br />

Pferdes „zusammenballen“<br />

und schwere Koliken<br />

verursachen. Und neben<br />

diesen beiden Gefahren<br />

kommt es auch noch<br />

sehr schnell zu derartigen<br />

Oxidationsprozessen, die neben der<br />

ohnehin gesundheitsschädlichen Wirkung<br />

auf den Pferdekörper, auch schwere Koliken<br />

auslösen können. Aiaiaia… Das Zeug muss<br />

also schnell weg von den Wiesen. Mit vereinten<br />

Kräften können wir die Wiesen dann<br />

schnell von dem gefährlichen, wenn auch<br />

gut riechenden, Grün befreien.<br />

Diesen Geruch möchte ich dann doch lieber<br />

für andere Orte positiv abspeichern und<br />

freue mich beim Gang mit den Hunden in<br />

meiner Nachbarschaft auch weiterhin über<br />

ihn. Aber bitte nicht mehr am Stall.<br />

Ich wünsche Ihnen einen schönen<br />

Restsommer!<br />

Lara Wassermann<br />

Chefredakteurin Mein Pferd<br />

200 Seiten, €/D 30,–<br />

ISBN 978-3-440-17347-3<br />

• Körper, Sprache und Wahrnehmung<br />

Begegnung bewusst gestalten<br />

• Körper im Ausnahmezustand<br />

Grenzen erkennen<br />

• Wachsame Körper<br />

Achtsamkeitspraxis und Schulung<br />

von Körpergefühl<br />

• Zwischen Freiheit & Verantwortung<br />

Freiarbeit: Philosophie und Praxis<br />

Folgen Sie uns:<br />

@kosmos.pferd<br />

Jetzt bestellen auf kosmos-pferd.de


Inhalt<br />

OKTOBER 2023<br />

▷ kennzeichnet die Coverthemen.<br />

Titelthema<br />

▷ Ethik der Pferde 12<br />

Welche Rechte hat das Pferd in unserer<br />

Gesellschaft, und was würde es sagen,<br />

wenn es eine Stimme hätte?<br />

Besser reiten<br />

▷ Nach der Saison ist vor der Saison 22<br />

Dressurlektionen reichten leicht gemacht<br />

▷ Richtig treiben 28<br />

Hilfen richtig einsetzen und fühlen,<br />

wie sie sich positiv auswirken<br />

Mythen der Reitlehre 36<br />

Irrtümer und Mythen geistern seit<br />

Jahrzehnten durch die Reithallen<br />

Wissenstest 42<br />

Wie gut kennen Sie sich aus mit Allergien?<br />

Haltung & Gesundheit<br />

▷ Magenprobleme 58<br />

Deswegen ist eine schnelle Behandlung<br />

so wichtig<br />

▷ Wertvolle Mineralstoffe 64<br />

So setzen Sie die Multitalente richtig ein<br />

20 Fakten 76<br />

... über die Wiener Fiaker<br />

Abenteuer & Reportage<br />

Gentle Giants 78<br />

Die Shire Horses sind sanft, groß und auch<br />

vielseitig einsetzbar<br />

12<br />

Pferde haben ebenfalls<br />

Rechte – aber welche?<br />

22<br />

Jetzt im Training voll<br />

durchstarten und richtig üben<br />

58<br />

Wieso der Magen<br />

so wichtig ist<br />

4 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


Anzeige<br />

Rubriken<br />

Editorial3<br />

Galerie6<br />

News8<br />

Sportnews<strong>10</strong><br />

Was wurde aus ... 11<br />

Medinews21<br />

Impressum38<br />

Frage des Monats 56<br />

Leserfoto-Voting70<br />

Recht72<br />

Marktplatz74<br />

Vorschau November 82<br />

Der direkte Draht<br />

REDAKTION:<br />

Tel.: 040/38906-475<br />

redaktion@mein-pferd.de<br />

ANZEIGENLEITUNG:<br />

Janina Jacobsen<br />

Tel.: 040/38906-260, Fax: 040/38908-6260<br />

janina.jacobsen@mein-pferd.de<br />

ABONNEMENT:<br />

Tel.: 040/38906-880, Fax: 040/38906-885<br />

abo@mein-pferd.de<br />

EINZELHEFT BESTELLUNGEN:<br />

Fax: 040/38906-595<br />

heftnachbestellung@jahr-tsv.de<br />

ONLINE:<br />

www.mein-pferd.de<br />

www.facebook.de/<strong>meinpferd</strong><br />

www.instagram.com/<strong>meinpferd</strong>.magazin<br />

Dynamische Stabilität 44<br />

Stabil und mobil zugleich muss der<br />

Rücken sein, damit sich der Reiter<br />

korrekt auf dem sich bewegenden<br />

Pferd ausbalancieren kann<br />

Thema des Monats<br />

Der Reiterrücken<br />

Eigene Grenzen erkennen 50<br />

Schmerzhafte Verspannungen<br />

des Rückens können durch das<br />

Sitzen auf dem Pferderücken gelöst<br />

werden. Dabei sollte der Reiter<br />

jedoch besonders bewusst und<br />

rücksichtsvoll mit dem eigenen<br />

Körper umgehen<br />

PRO<br />

Fitnessübungen 52<br />

Übungen für mehr Kraft und<br />

Beweglichkeit können dem<br />

Reiter dabei helfen, sich im Sattel<br />

mühelos auszubalancieren<br />

www.barefoot-saddle.de


6 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023<br />

FOTO DES MONATS


Sanfte Multitalente<br />

Araber zeichnen sich durch ihre Sanftmut, Sensibilität, Robustheit und gute<br />

Gesundheit aus, sind vielseitig einsetzbar und werden seit Jahrhunderten von den<br />

Menschen verehrt. Ob im Springsport, im Dressursport, als ausdauernde Distanzläufer<br />

oder als Freizeit- und Familienpferd – die edlen Pferde haben viele Talente. Untereinander<br />

und dem Menschen gegenüber sind sie sehr freundlich und binden sich gerne<br />

an eine Person oder an ein Herdenmitglied. Freundschaften, bei denen viel Fellpflege<br />

betrieben wird, sind hier also keine Seltenheit. Haben Sie einmal einen Araber auf Ihrer<br />

Seite, haben Sie in ihm einen Freund fürs Leben gefunden!<br />

Foto: slawik.com<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

www.mein-pferd.de<br />

7


BEIM AMTSGERICHT<br />

Fall Manfred von<br />

Allwörden geht weiter<br />

Der Großzüchter Manfred von Allwörden war im<br />

November in den Schlagzeilen, weil bekannt wurde,<br />

dass Pferde unter seiner Obhut aufgrund unzureichender<br />

Betreuung gestorben sind. Das zuständige Veterinäramt,<br />

das dem Pferdezüchter Auflagen zur Verbesserung<br />

seiner Haltung gemacht hatte, erklärte nun, die Auflagen<br />

aus der Vergangenheit seien „größtenteils“ umgesetzt<br />

worden, „einige allerdings noch nicht“. Nun wird aber<br />

auch wegen einer neuen Ordnungsverfügung gegen den<br />

Züchter aus Schleswig-Holstein gerichtlich ermittelt.<br />

Am 2. Juli hat die Staatsanwaltschaft Lübeck Anklage<br />

gegen von Allwörden erhoben. Wörtlich heißt es: „Dem<br />

Angeschuldigten wird vorgeworfen, in sechs rechtlich<br />

selbstständigen Fällen im Zeitraum von Juni 2021 bis<br />

Oktober 2022 jeweils durch Unterlassen Wirbeltieren<br />

länger anhaltende oder sich wieder holende erhebliche<br />

Schmerzen oder Leiden zugefügt zu haben.“<br />

▶ www.st-georg.de<br />

UMFRAGE<br />

Nachhaltigkeit im Betrieb<br />

8 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023<br />

NEWS SZENE<br />

Nachhaltigkeit ist nicht<br />

nur im privaten Leben wichtig,<br />

sondern auch im Sport<br />

Verantwortungsbewusster Umgang mit den endlichen Ressourcen der<br />

Erde wird immer mehr gefördert und gefordert. Auch im Sport soll das<br />

Leben nachhaltiger werden. Eine Umfrage soll jetzt herausfinden, wie<br />

nachhaltig der Pferdesport aktuell ist und was Pferde für Umwelt, Klima<br />

und Artenschutz leisten können. Wirtschaftliche, ökologische und soziale<br />

Aspekte des Betriebs- und Vereinsalltags und -lebens können in pferdehaltenden<br />

Anlagen Anklang finden. Die Umfrage ist eine Zusammenarbeit<br />

zwischen der FH Südwestfalen und der Deutschen Reiterlichen<br />

Vereinigung (FN). Die Beantwortung der Fragen dauert rund 30 Minuten.<br />

▶ www.pferd-aktuell.de<br />

Manfred von Allwörden<br />

wird nun von der Staatsanwaltschaft<br />

angeklagt<br />

Kalender<br />

▷ PM-Webinar: Pferdemuskeln<br />

managen und sie verstehen<br />

Kosten: <strong>10</strong> Euro (PM), 20 Euro (Nicht-PM)<br />

Datum: 12. September 2023<br />

Ort: online/virtueller Seminarraum<br />

▷ PM-Exkursion: Koniks hautnah<br />

erleben: Fahrt durch die<br />

Oranienbaumer Heide<br />

Kosten: 15 Euro (PM), 25 Euro (Nicht-PM)<br />

Datum: 17. September 2023<br />

Ort: 06785 Oranienbaum<br />

▷ PM-Seminar: Bodenarbeit mit<br />

dem Pferd – pferdegerecht<br />

kommunizieren<br />

Kosten: 20 Euro (PM), 30 Euro (Nicht-PM)<br />

Datum: 26. September 2023<br />

Ort: 66459 Kirkel-Altstadt<br />

▶ www.pferd-aktuell.de<br />

THEMENWAHL<br />

Welche Themen hätten Sie gerne in<br />

der nächsten Ausgabe? Nehmen Sie<br />

an der Umfrage auf unserer Homepage<br />

(www.mein-pferd.de) teil!<br />

THEMEN-<br />

WAHL<br />

Machen Sie mit!


HOCH HINAUS ...<br />

Rund um den Reitstall<br />

Bergmühle<br />

in Leibnitz gab es<br />

eine gefährliche<br />

Hochwassersituation<br />

Anfang August.<br />

Eine Haflingerstute<br />

namens Valente<br />

drohte zu ertrinken,<br />

rettete sich aber aus eigener Kraft aus den<br />

Fluten und somit auch ihr Leben. Die bereits<br />

eingetroffene Feuerwehr hätte ihr auch nicht<br />

helfen können. Was für ein starkes Pferd!<br />

▶ www.propferd.at<br />

K u rz notiert<br />

Ganzheitliche Reitpädagogik<br />

Schüler der Höheren Lehranstalt<br />

für wirtschaftliche Berufe Oberwart<br />

haben die Möglichkeit, während ihrer<br />

schulischen Ausbildung den Zertifikatslehrgang<br />

„Ganzheitliche Reitpädagogik“<br />

zu absol vieren. Damit eröffnet die HLW<br />

den Schülern neue Chancen und fördert<br />

zeitgleich den Kontakt zu Pferden.<br />

▶ www.propferd.at<br />

Ganzheitliche<br />

Reitpädagogik<br />

in der Schule<br />

Anzeige<br />

Eleganz bis ins letzte Detail.<br />

DRESSAGE<br />

ANDALUZ<br />

... TIEFER FALL<br />

Fotos: IMAGO/Galoppfoto (1), /Holsteinoffice (1), slawik.com (4)<br />

Beim Sommerfest<br />

in der Stadt<br />

Grafenau kam es zu<br />

einem tragischen<br />

Zwischenfall. Ein<br />

Pferd wurde von<br />

einem Gespann<br />

eines Planwagens<br />

erfasst und<br />

so schwer verletzt, dass es eingeschläfert<br />

werden musste. Das Ausmaß des Unfalls<br />

wurden erst nach dem Sommerfest deutlich.<br />

▶ www.grafenau.de<br />

HKM BUNDESCHAMPIONATE<br />

Hobby Horsing<br />

Im Reitsport gibt es ständig neue Wege, um Jung<br />

und Alt gleichermaßen für den Sport zu gewinnen.<br />

So hat sich der Trend „Hobby Horsing“ in den letzten<br />

Jahren vor allem bei Kindern und Jugendlichen<br />

etabliert. Am 2. September wurden bei den HKM<br />

Bundeschampionate Warendorf gleich vier Hobby-<br />

Horsing-Wettbewerbe ausgetragen. Nicht nur eine<br />

sportliche Erfahrung, sondern auch eine unterhaltsame<br />

Art, das Thema Pferd näherzubringen.<br />

▶ www.pferd-aktuell.de<br />

Vor allem<br />

bei Kindern<br />

ist „Hobby<br />

Horsing“<br />

sehr beliebt<br />

Gestüt Peterhof zu verkaufen<br />

Arlette Jasper-Kohl und ihr Mann Prof.<br />

Edwin Kohl hatten 2011 das Gestüt<br />

Peterhof im Saarland gebaut. Hier fanden<br />

40 Pferde ihren Platz, und internationalen<br />

Turnieren wurde eine Bühne geboten.<br />

Aushängeschilder waren der vierbeinige<br />

Star Sezuan und seine Reiterin Dorothee<br />

Schneider. Als diese den Beritt abgab,<br />

wurde es sowohl um Sezuan als auch<br />

um das Gestüt ruhig. Das Auktionshaus<br />

Christie’s wurde mit dem Verkauf betreut.<br />

▶ www.st-georg.de<br />

Buchtipp<br />

Welchen Anforderungen ist der Rücken<br />

beim Reiten ausgesetzt?<br />

Dieser<br />

Frage gehen<br />

die Autorinnen<br />

Susanne von<br />

Dietze und<br />

Isabell von<br />

Neumann-Cosel<br />

in ihrem Buch<br />

„Rücksicht auf<br />

den Reiterrücken“<br />

auf den Grund. Auf 184 Seiten<br />

erklären sie das Zusammenspiel zwischen<br />

Pferde- und Reiterrücken und bieten praktische<br />

Hinweise und Übungen. Erhältlich<br />

ist das Werkt beim FN-Verlag für 20 Euro.<br />

▶ www.fn-verlag.de<br />

Als Option mit<br />

Kristallverzierung,<br />

Glitzerapplikation & Muster<br />

als Sonderanfertigung<br />

möglich!<br />

www.iberosattel.de<br />

Tel: 09179 964 117


EM VIELSEITIGKEIT<br />

Deutsche Reiter erfolgreich<br />

Erfolgreich war die deutsche Vielseitigkeits-Equipe im französischen Le Pin-au-Haras bei<br />

den Europameisterschaften Vielseitigkeit. Das Team um Sandra Auffarth und Viamant du Matz,<br />

Christoph Wahler und seinen Holsteiner Schimmel Carjatan S, Michael Jung auf fischerChipmunk<br />

FRH und Malin Hansen-Hotopp miz Calitos Quidditch K konnten sich die Silbermedaille von<br />

Frankreich sichern. Zudem konnte sich Sandra Auffarth über die Bronzemedaille im Einzel freuen,<br />

Christoph Wahler wurde<br />

Vierter. Jérôme Robiné, der<br />

in Frankreich seine erste<br />

Senioren-EM bestritt, war<br />

ebenfalls sehr erfolgreich.<br />

Mit dem Pferd Black Ice<br />

konnte er sich auf Platz<br />

sieben durchsetzen. Prof.<br />

Dr. Jens Adolphsen sagte<br />

über den Ritt des jungen<br />

Sportsoldaten: „Das war<br />

gigantisch. Er kann nicht<br />

nur gut reiten, er hat auch<br />

noch gute Nerven. Das ist<br />

schon eine tolle Leistung,<br />

Siebter in so einem Feld zu<br />

werden. Das lässt auch für<br />

die Zukunft hoffen.“<br />

▶ www.pferd-aktuell.de<br />

SPORT NEWS<br />

Die deutschen Vielseitigkeitsreiter konnten sich bei der EM<br />

über die Silbermedaille freuen<br />

K u rz notiert<br />

Sieg in Finalqualifikation<br />

Für Leonie Richter und Lord Europe<br />

war das Wochenende in Görlitz mehr<br />

als erfolgreich. Nachdem sie die Einlaufprüfung<br />

auf Platz zwei beendet<br />

hatten, konnten sie im Finale den Spieß<br />

umdrehen und sich mit fast 78 Prozent<br />

an die Spitze setzen. Das bedeutet: Sie<br />

dürfen nach Frankfurt zum Finale des<br />

Nürnberger Burg-Pokals fahren. Trainerin<br />

Eva Möller berichtete auf Instagram:<br />

„Zu sehen, wie sich der erst siebenjährige<br />

Hengst in den letzten Wochen entwickelt<br />

hat, ist beeindruckend und auch<br />

FAHREN<br />

Neuer Deutscher Meister<br />

Max Berlage ist neuer Deutscher Meister der<br />

Zweispännerfahrer. In Sachsen-Anhalt konnte<br />

er sowohl die Geländefahrt als auch die<br />

Dressur für sich entscheiden und sich damit<br />

den Titel sichern. Das Kegelfahren belegte er<br />

mit Platz zwei. In der Kombinierten Prüfung<br />

bedeutete das den Sieg mit 129,08 Punkten.<br />

Bundestrainer Karl-Heinz Geiger lobte nicht<br />

nur den Sieger, sondern auch dessen Frau<br />

SPRINGEN<br />

Erster 5*-Start<br />

Der US-Amerikanerin Jessica Springsteen<br />

gelang es erstmals, einen Großen Preis auf<br />

Fünf-Sterne-Niveau zu gewinnen. Im Global-<br />

Champions-Tour-Grand-Prix in London überzeugte<br />

sie mit Don Juan van de Donkhoeve und ließ die<br />

Konkurrenz hinter sich. „„Ich bin so glücklich heute.<br />

Ich bin einige Risiken eingegangen, aber es hat sich<br />

ausgezahlt. Ich bin so aufgeregt, ich bin ehrlich gesagt überwältigt,<br />

das ist mein erster Fünf- Sterne-Grand-Prix-Sieg mit Don, und ich<br />

bin so dankbar. Es bedeutet mir so viel, hier zu gewinnen!“<br />

▶ www.st-georg.de<br />

Katja: „Besonders im Gelände ist sie Max eine<br />

ganz große Unterstützung. Der Marathon war<br />

ansprechend, dabei aber sehr anspruchsvoll.<br />

Katja versteht es, im richtigen Moment die<br />

richtigen Hinweise zu geben, die beiden sind<br />

ein starkes Team!“ Die Silbermedaille gewann<br />

Marco Freud, über Platz drei durfte sich<br />

Jacqueline Walter freuen.<br />

▶ www.pferd-aktuell.de<br />

Der erste Fünf-Sterne-<br />

Sieg ist Jessica<br />

Springsteen geglückt<br />

mit Sicherheit das Ergebnis von Leonies<br />

geduldiger Arbeit und der zunehmenden<br />

Kraft dieses tollen Pferdes.“ Helen<br />

Langehanenberg, die die Einlaufprüfung<br />

auf DSP Danny Cool gewann, belegte im<br />

Finale dann Platz zwei. Auch sie dürfen<br />

zum Finale nach Frankfurt fahren. Platz<br />

drei ging an Juliane Brunkhorst mit<br />

Diamante Negro und 75,463 Prozent.<br />

Damit sind sie leider nicht beim Finale<br />

des Nürnberger Burg-Pokals dabei.<br />

▶ www.st-georg.de<br />

Triple-Sieg für Avici Ass<br />

Bei der Bundeshengstschau Haflinger<br />

und Edelbluthaflinger der Deutschen<br />

Reiterlichen Vereinigung in Münster<br />

ging der Edelbluthaflinger Avici Ass als<br />

Triple-Sieger hervor. Der neunjährige<br />

Hengst bekam drei schwarz-rot-goldene<br />

Schärpen: als Schausieger bei den<br />

Edelbluthaflingern sowie als dressur-<br />

und fahrbetonter Bundessieger.<br />

Der Hengst aus der Zucht von Franz<br />

Achmüller aus Türkenfeld, der im Besitz<br />

von Anna- Lena Taube ist, konnte sich<br />

bereits 2021 als Deutscher Fahrponychampion<br />

der sechs- und siebenjährigen<br />

Fahrponys auszeichnen. Bundeschampion<br />

bei den Haflingern wurde<br />

der elfjährige Nachtstolz.<br />

▶ www.pferd-aktuell.de<br />

Fotos: IMAGO/Stefan Lafrentz (2), /ZUMA Wire (1)


WAS WURDE AUS<br />

… dem Dressurpferd<br />

Donnerhall?<br />

Unter Karin Rehbein gewann der Dunkelfuchs über 65 Grand-Prix-<br />

Turniere. Seine Zuchtbilanz ist nicht minder eindrucksvoll: Unter seinen<br />

zahlreichen Nachkommen sind Stars wie Desperados und Damon Hill<br />

Donnerhalls Züchter war 1981 zunächst nur mäßig begeistert,<br />

als seine Rapp-Stute Ninette vom Rapp-Hengst Donnerwetter<br />

ein Dunkelfuchs-Fohlen bekam. Gärtner bevorzugte Rappen –<br />

lernte aber bald, dass das Hengstfohlen offenbar andere Qualitäten<br />

besaß. Otto Schulte-Frolinde, in der Branche damals bekannt für<br />

seinen untrüglichen Pferde-Instinkt, sah ihn, fackelte nicht lange und<br />

schlug zu. Auf seinem Anwesen Grönwohldhof – lange Zeit das Mekka<br />

der Dressurzucht – wuchs das Fohlen von nun an auf und wurde auf<br />

den Namen Donnerhall getauft.<br />

Schnell wurde klar, dass diesem Pferd eine steile Karriere bevorstand:<br />

1984 erzielte er in der Hengstleistungsprüfung 131,92 Punkte<br />

und wurde Reservesieger. Zu diesem Zeitpunkt sprachen alle bereits<br />

von seiner ungewöhnlichen Rittigkeit. Auch Herbert und Karin Rehbein,<br />

die beide auf dem Grönwohldhof arbeiteten, fielen seine Begabung,<br />

seine Leistungsbereitschaft und die tadellosen Grundgangarten<br />

auf. In der Tat entpuppte sich Donnerhall als braver Musterschüler, der<br />

bereits 1985 sein erstes Turnier ging.<br />

Es war klar: Das ist ein Siegerpferd. Schnell wuchs er mit Karin<br />

Rehbein – unter der Regie ihres Ehemannes, der die beiden trainierte<br />

– zu einem Dreamteam zusammen. In den nächsten Jahren<br />

heimsten sie einen Titel nach dem anderen ein, wie 1986 deutscher<br />

DLG-Champion in Hannover, und 1994 gewannen sie Mannschaftsgold<br />

und Einzelbronze bei den Weltreiterspielen in Den Haag. Bei<br />

den Deutschen Meisterschaften 1994 in Mannheim wurden 40 Grad<br />

im Schatten gemessen, aber das fleißige Pferd hielt durch und<br />

wurde Deutscher Meister. 1997 erlitt Karin Rehbein einen schweren<br />

Oben rechts: Unter Katrin Rehbein lief der Oldenburger-<br />

Hengst zu Höchstformen auf<br />

Unten: Das Paar konnte in seiner gemeinsamen Karriere<br />

über 65 Grand-Prix-Siege erreichen und war damit eines<br />

der erfolgreichsten Paare seiner Zeit<br />

Schicksalsschlag, als ihr<br />

Mann Herbert nach einer<br />

Krebserkrankung starb.<br />

Sie sagte den CHIO ab,<br />

kehrte aber einige Monate<br />

später ins Viereck zurück.<br />

1998 beschloss sie, ihren<br />

„Donni“ aus dem Sport<br />

zu verabschieden. Bei der<br />

Zeremonie im Rahmen<br />

der Oldenburger-<br />

Körung passagierte<br />

Donnerhall ein letztes<br />

Mal durch eine Gasse,<br />

welche 80 Kinder mit<br />

Laternen mit dem<br />

Oldenburger-Brandzeichen<br />

bilden. Sein<br />

Ruhestand war aber<br />

nur von kurzer Dauer:<br />

Nur vier Jahre später<br />

starb der Hengst an<br />

einer akuten Darmentzündung.<br />

Name Donnerhall<br />

Geburts-/Todesjahr *1981 †2002<br />

Geschlecht Hengst<br />

Farbe Dunkelfuchs<br />

Rasse Oldenburger<br />

Abstammung Donnerwetter x Markus<br />

Das, was man sich Jahre später von seinem Dressurkollegen Totilas<br />

erhoffte, gelang ihm lässig nebenbei: die erfolgreiche Symbiose aus<br />

Erfolg im Sport und in der Zucht. Der Oldenburger-Hengst Donnerhall<br />

hat bis heute einen Ruf als Vererber<br />

der Extraklasse. Mindestens<br />

120 gekörte Söhne, 235 Staatsprämienstuten<br />

und mehr als<br />

1.326 im Sport registrierte Nachkommen<br />

gehen auf ihn zurück.<br />

Auf jedem großen Dressurturnier<br />

tummeln sich seine Enkel im Viereck.<br />

Sowohl Kristina Bröring- Sprehes<br />

Desperados als auch Beatriz Ferrer-<br />

Salats Delgado haben den Donnerhall-Sohn<br />

De Niro zum Vater, laut<br />

Ranking des Weltzuchtver bandes<br />

WBFSH einer der erfolgreichsten<br />

noch lebenden Dressurvererber überhaupt.<br />

Insgesamt gehen bis heute<br />

13 Pferde im Grand Prix in der väterlichen<br />

Linie auf Donnerhall zurück.<br />

Text: Nora Dickmann<br />

Links: Nach seiner Karriere im<br />

Dressurviereck wurde Donnerhall sehr<br />

erfolgreich in der Zucht eingesetzt<br />

Fotos: IMAGO/ Jaspersen (1), Rust (1), WEREK (1)<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

www.mein-pferd.de<br />

11


TITELSTORY<br />

Wir müssen den Dialog suchen, um langfristig<br />

etwas zu verändern und uns für das Wohl der<br />

Pferde einzusetzen. Schuldzuweisungen alleine<br />

helfen hier nicht weiter<br />

12 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


DIE ETHIK DER PFERDE Wenn Pferde eine Stimme hätten,<br />

was würden sie uns sagen? Die Verhaltensbiologin Marlitt<br />

Wendt setzt sich für das Pferdewohl und ethische Grundsätze<br />

ein. Für sie ist klar: Nur gemeinsam können wir etwas verändern<br />

Text: Aline Müller<br />

TIPPS TO GO<br />

Unsere Tipps können<br />

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<strong>10</strong>/2023<br />

www.mein-pferd.de<br />

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TITELSTORY<br />

Schon vor der Geburt bestimmen wir<br />

als Mensch den zukünftigen Lebensweg<br />

eines Fohlens mit<br />

Seit vielen Jahren häufen sich die<br />

Skandale in der Reiterei, und das<br />

Pferdewohl wird zu Recht immer<br />

wieder hinterfragt. Wenn Pferde regelrecht<br />

zu Sportgeräten werden<br />

und nur der sportliche Erfolg beziehungsweise<br />

der Profit gesehen werden, leiden sie nicht<br />

nur körperlich, sondern auch mental. Ein besonders<br />

berühmtes und trauriges Schicksal:<br />

Wer sich mit der Pferdeethik beschäftigt,<br />

muss das gesamte Pferdeleben betrachten<br />

Totilas. Einst als Ausnahmepferd gefeiert, endete<br />

sein Leben alles andere als glamourös.<br />

Auf der anderen Seite stehen auch Freizeitreiter<br />

immer wieder in der Kritik. Sie würden<br />

ihre Pferde aus Unwissenheit regelrecht kaputtfüttern<br />

und pflegen und ihnen durch Reiten<br />

am langen Zügel im Gelände auch nichts<br />

Gutes tun. Das ist überspitzt dargestellt, denn<br />

natürlich ist nicht jeder Sportreiter nur auf Erfolg<br />

oder Profit aus, und nicht jedes Freizeitpferd<br />

ist zu dick und läuft mit weggedrücktem<br />

Rücken durch die Gegend.<br />

Dennoch gibt es auch Tierschutzorganisationen,<br />

welche die gesamte Reiterei und sogar<br />

die Haltung von Pferden infrage stellen<br />

und Verbote fordern. „Das Dilemma dabei<br />

ist, dass jede Fraktion in irgendeinem Punkt<br />

gute Gründe für diese Meinung und jene Ansicht<br />

hat“, betont die Verhaltensbiologin und<br />

Pferdefachbuchautorin Marlitt Wendt. Oft<br />

würden diese allerdings als unumstößliche<br />

Tatsache vorgetragen, ohne konstruktiv aufeinander<br />

zuzugehen, die einzelnen Themenfelder<br />

und Aspekte sachlich zu analysieren oder<br />

Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen.<br />

Einen ehrlichen Dialog führen<br />

„Veränderungen entstehen nicht durch Schuldzuweisungen<br />

oder dadurch, dass sich unüberwindbare<br />

Fronten bilden“, gibt unsere<br />

Expertin zu bedenken. Viel wichtiger sei der<br />

ehrliche Dialog. Genau hier möchte die Autorin<br />

mit ihrem neuen Buch „Die Rechte der<br />

Pferde – ein Plädoyer für Tierwohl und Ethik“<br />

ansetzen. Für sie kann ein Dialog nur gelingen,<br />

wenn als Basis auch Fakten von Wünschen<br />

und Idealen getrennt werden. Als Verhaltensbiologin<br />

sieht Marlitt Wendt ihre<br />

Arbeit als eine Botschaft zwischen Forschung<br />

und Praxis, zwischen wissenschaftlichen Daten<br />

und der möglichen Interpretation. Ohne<br />

menschliche Vermittler haben Pferde keine<br />

Stimme. Sie ertragen, leiden stumm oder<br />

wehren sich und werden dafür häufig wiederum<br />

in irgendeiner Form bestraft. Ohne uns<br />

Menschen, die sich mit dem Thema Ethik<br />

auseinandersetzen, sich Gedanken machen,<br />

den Austausch suchen und kritisch hinterfragen,<br />

aber nicht zu voreilig oder generalisiert<br />

urteilen, würde die ganze Maschinerie rund<br />

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um den Reitsport so weiterlaufen. Bereits vor<br />

der Geburt des Fohlens steuern wir das Pferdeleben.<br />

Wir wählen die Tiere zur Zucht aus,<br />

wählen die Haltungsform, die Fütterung, entscheiden<br />

über die Anzahl und Art der sozialen<br />

Kontakte, über die Reize, denen die Vierbeiner<br />

ausgesetzt sind.<br />

Wenden wir nun den Blick jetzt noch einmal<br />

auf das große Ganze: Nicht selten lebt die<br />

Pferdebranche von Entscheidungen Einzelner.<br />

„Wenn bestimmte Veranstaltungen nicht<br />

mehr besucht werden, überholtes Equipment<br />

nicht mehr nachgefragt wird und das Wohlbefinden<br />

des Pferdes im Vordergrund steht,<br />

dann wird sich nach und nach auch im Großen<br />

etwas verändern. Wir haben es alle in der<br />

Hand, etwas zu bewegen“, sagt Marlitt Wendt.<br />

Selbstexperiment<br />

Sie brauchen nur einen Zettel und einen Stift und können direkt loslegen.<br />

Schreiben Sie jeweils fünf bis zehn Stichworte oder kurze Sätze auf<br />

● Was bedeutet Glück für Sie?<br />

● Welche Bedürfnisse müssen erfüllt<br />

sein, damit Sie glücklich sind? Schreiben<br />

Sie auf, was Ihnen einfällt. Hier<br />

kann es um Grundbedürfnisse wie Nahrung<br />

oder Sicherheit gehen, aber auch<br />

um weitere individuelle Bedürfnisse.<br />

● Wann fühlen Sie sich unglücklich?<br />

Gluck<br />

● Wann, glauben Sie, ist Ihr Pferd<br />

glücklich?<br />

● Welche Bedürfnisse Ihres Pferdes<br />

müssen erfüllt sein, damit es<br />

glücklich ist?<br />

● Was tun Sie, damit Ihr Pferd<br />

glücklich ist?<br />

● Wann fühlt sich Ihr Pferd unglücklich?<br />

Den Deckmantel wegnehmen<br />

Aktuell existieren viele Missstände. Das ist<br />

nicht von der Hand zu weisen. Darauf muss<br />

aufmerksam gemacht werden, und zugleich<br />

ist es wichtig, weiteren Missbrauch am Pferd<br />

zu verhindern. „Wir alle müssen dazu beitragen,<br />

dass es keinen Platz für Tierquälerei<br />

unter dem Deckmantel des Pferdesports<br />

gibt“, hebt unsere Expertin hervor. Dazu gehöre<br />

es, alle möglichen Personen zu involvieren<br />

– nicht nur Pferdebesitzer, sondern auch<br />

Kinder, die Reiten lernen, oder eben auch Berufsreiter<br />

und Ausbilder. Grundlage dafür<br />

ist, dass allen bekannt und bewusst ist, wann<br />

Pferde leiden oder Schmerzen haben, was<br />

sich negativ auf Körper und Psyche auswirkt<br />

und welche natürlichen Bedürfnisse Pferde<br />

haben. Nicht immer sind es große Stellschrauben,<br />

an denen gedreht werden muss.<br />

Manchmal sind es eben auch einfach die<br />

Details, die Nuancen, die zwischen einem gut<br />

gedachten und einem gut gemachten Haltungs-<br />

oder Trainingskonzept liegen. Diese<br />

Machen Sie den Glücks-Selbsttest<br />

vermeintlichen Kleinigkeiten können jedoch<br />

enorme Auswirkungen haben. Die heutige<br />

Pferdehaltung ist beschränkt. Sie bietet dem<br />

Pferd nicht das Leben eines Wildpferdes.<br />

„Wir können dem Pferd nicht dasselbe bieten,<br />

was die Natur ihm zur Verfügung stellt“,<br />

sagt Marlitt Wendt. „Wobei sich aber auch die<br />

Frage stellt, ob ein ‚Zurück zur Natur‘ wünschenswert<br />

wäre, denn auch das ursprüngliche<br />

Pferdeleben in der Natur ist mitnichten<br />

permanent rosarot und frei von Stress.“<br />

Die Glücksforschung<br />

Ja, der Themenbereich Glück ist nicht nur<br />

in der Humanmedizin Gegenstand der Forschung.<br />

Auch in Bezug auf Pferde fragen sich<br />

Wissenschaftler, was denn Glück wohl ausmacht.<br />

Wohlbefinden kann viele Gesichter<br />

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TITELSTORY<br />

Dass Missstände im Reitsport existieren,<br />

ist nicht von der Hand zu weisen.<br />

Darauf muss aufmerksam gemacht werden<br />

haben: Kopf an Kopf mit dem besten Kumpel<br />

zu grasen oder inmitten der Herde über die<br />

Wiese zu streifen. Aber auch ein genüssliches<br />

Sandbad ist Wellness für die Vierbeiner.<br />

„Einig sind sich die Forscher des neuen Zweiges<br />

der wissenschaftlichen Glücksforschung<br />

darin, dass Glück ein Gefühl von Zufriedenheit<br />

ist und ein Erleben eines gelungenen<br />

Moments mit eindeutigen physiologischen<br />

Reaktionen korreliert und dies auch bei unseren<br />

Pferden zu beobachten ist“, schreibt<br />

Marlitt Wendt. Dabei würden Glücksgefühle<br />

alle positiven Empfindungen von stillen Momenten<br />

der Ruhe bis zu euphorischen Zuständen<br />

umfassen. Bei uns Menschen entstünden<br />

Glücksgefühle aus der Freude an der<br />

eigenen Aktivität, aus dem Wohlbefinden<br />

des eigenen Zustands oder aus einer erfüllenden<br />

Beziehung heraus. „Analog dazu können<br />

wir auch das Glück der Pferde auf vielen<br />

unterschiedlichen Ebenen betrachten: Auf<br />

der Ebene der Tierart Pferd ist es interessant,<br />

sich zu vergegenwärtigen, wie das Pferd in<br />

der Natur lebt und wie es dort den Zustand<br />

der Zufriedenheit erreicht“, so die Verhaltensbiologin.<br />

Zudem ist da aber auch noch die Ebene<br />

des Individuums. Auf dieser ist es unter anderem<br />

entscheidend, sich immer wieder zu<br />

fragen, welche Bedürfnisbefriedigung für das<br />

jeweilige Pferd wichtig ist. Schließlich kommen<br />

wir nicht drumherum, ebenso unsere<br />

eigene zentrale Rolle und Verantwortung in<br />

den Fokus zu rücken und zu betrachten, wie<br />

wir selbst das Glück unserer Pferde auf der<br />

Beziehungsebene beeinflussen.<br />

Mit offenen Augen hinterfragen<br />

In Beziehungen werden wir automatisch mit<br />

gewissen (alten) Ängsten, Hoffnungen oder<br />

Mustern, die zum Vorschein kommen, konfrontiert.<br />

Das gilt auch für die Pferd-Mensch-<br />

Beziehung. Nicht selten projizieren wir unsere<br />

Wünsche aber eben auch Ängste und Co.<br />

auf unsere Vierbeiner. Wir haben gewisse Erwartungen<br />

an uns selbst und an das Pferd.<br />

Das kann zu einem enormen Druck und dem<br />

Streben nach Perfektion oder zu einer Überfürsorge<br />

führen. Letztere sorgt schon bei<br />

Kindern für Probleme und tut auch unseren<br />

Pferden nicht gut. Wir alle haben gewisse<br />

moralische Werte, jedoch fällt es uns oft<br />

schon schwer, diese im eigenen Leben zu erfüllen.<br />

Denken Sie an folgendes Beispiel: Wie<br />

lange sitzen Sie am Tag? Obwohl der Mensch<br />

nicht zum Sitzen gemacht ist, ist ein großer<br />

Teil der Gesellschaft darauf ausgerichtet, dass<br />

wir es trotzdem tun. Vom Arbeiten am PC bis<br />

hin zum Sitzen im Zug. Es wurde ein Kompromiss<br />

gefunden, um die anstehende Arbeit<br />

mehr oder weniger bequem zu erledigen. Es<br />

stellt sich allerdings die ethische Frage, ob<br />

das in Hinsicht auf die Natur des Menschen<br />

wirklich zuträglich ist.<br />

Wenden wir dieses Beispiel nun auf Pferde<br />

an. Auch sie sind nicht zum Tragen von Lasten<br />

gemacht. „Wenn wir sie dennoch reiten<br />

wollen, ist es unsere moralische Verpflichtung<br />

zu entscheiden, wie wir die Ausbildung<br />

fair gestalten, ihre Muskulatur durch Training<br />

kräftigen oder passendes Equipment<br />

auswählen“, gibt Marlitt Wendt zu bedenken.<br />

Im Gegensatz zu uns Menschen, die eine<br />

Stimme haben, können sich Pferde allerdings<br />

nicht verbal zu unseren Entscheidungen äußern.<br />

Daher sollten wir immer auch bemüht<br />

sein, die Sprache der Pferde verstehen zu lernen<br />

und eine gute Kommunikationsbasis zu<br />

schaffen, die auf Vertrauen, Sicherheit sowie<br />

fairen und klaren Regeln gründet.<br />

Gesetzliche Grundlagen<br />

Wer ein Pferd hungern lässt oder ihm eine nötige<br />

tierärztliche Behandlung verwehrt, verstößt<br />

gegen das Gesetz. Denn für manche der<br />

ethischen Fragen gibt es bereits gesetzliche<br />

Grundlagen und Bestimmungen, auf denen<br />

Fotos: IMAGO/Pond 5 Images (1), /Wavebreak Media LTD (1), /Westend61 (1), KOSMOS Verlag (1), Cornelia Ranz (1), slawik.com (8)<br />

16 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


Suchen Sie sich einen Trainer, der selbst pro Pferd<br />

ist und eine gute Moralvorstellung hat<br />

Ethik<br />

Gut zu wissen<br />

Die Ethik stellt sich als Teilgebiet der<br />

Philosophie sämtlichen moralischen<br />

Themen der Bewertung menschlichen<br />

Handelns, der Begründbarkeit seines<br />

Schaffens sowie der Selbstreflexion.<br />

Das Leben bleibt jedoch immer wieder<br />

ein Kompromiss, und es gelingt oft<br />

nicht einmal im eigenen Leben, alle<br />

moralischen Werte und ethischen<br />

Grundsätze gleichzeitig zu erfüllen.<br />

Wie soll das dann im Hinblick auf<br />

unsere Verantwortung gegenüber dem<br />

Partner Pferd gelingen?<br />

die menschlichen Handlungen begründet<br />

sein müssen. „Aber in vielen anderen Situationen<br />

und in unserem kompletten Alltag<br />

reicht es nicht aus, sich mit den gesetzlichen<br />

Richtlinien zu beschäftigen, sondern man<br />

benötigt eigene ethische Grundsätze“, gibt<br />

Marlitt Wendt zu bedenken. „Wir müssen für<br />

uns persönlich entscheiden, ob wir als Person<br />

reiten wollen, da das Reiten an und für<br />

sich bedeutet, dass wir auf dem Rücken<br />

UNSER EXPERTE<br />

Marlitt Wendt<br />

ist Verhaltensbiologin<br />

sowie<br />

Fachbuchautorin<br />

und<br />

beschäftigte<br />

sich eingehend<br />

mit dem<br />

Thema Ethik<br />

der Pferde. Sie<br />

gibt Online-<br />

Coachings, Seminare und Kurse und<br />

gibt ihr Wissen auch auf ihrer Website<br />

in verschiedenen Beiträgen weiter.<br />

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TITELSTORY<br />

Selbstreflexion ist wichtig,<br />

damit wir eigene Muster<br />

erkennen und eine faire<br />

Beziehung mit unserem Pferd<br />

aufbauen können<br />

Wie Moral entsteht<br />

Verantwortung ubernehmen<br />

Bei Diskussionen um das Thema Ethik taucht auch immer wieder der Begriff „Moral“ auf.<br />

Doch was bedeutet Moral, und wie entsteht sie?<br />

● Moral entsteht aus allen Normen,<br />

nach denen ein Mensch handelt.<br />

Normen sind dabei gesellschaftliche<br />

beziehungsweise ethische Vorgaben<br />

und sozusagen die Grundbausteine für<br />

den Aufbau von Moral innerhalb einer<br />

Gemeinschaft.<br />

● Somit sind Moralvorstellungen also<br />

genau jene Normen, welche man<br />

sich bei anderen Menschen für deren<br />

Handeln wünscht.<br />

● Mit dem Wort „Gemeinschaft“ kann<br />

nicht nur die Bevölkerung eines ganzen<br />

Landes oder einer bestimmten Gruppe<br />

gemeint sein, sondern beispielsweise<br />

auch die Mitglieder einer Familie oder<br />

sogar einfach eine Partnerschaft.<br />

● Das ist wichtig zu verstehen, denn<br />

Moral gilt eben nicht für alle Menschen<br />

gleichermaßen, sondern wird jeweils<br />

innerhalb einer Gemeinschaft definiert.<br />

Hier spielen unter anderem auch<br />

Faktoren wie Bildung eine Rolle.<br />

● In der Regel machen wir im Alter von<br />

vier bis fünf Jahren die ersten Begegnungen<br />

mit Normen und Moralvorstellungen.<br />

Vorher wird die Moral dem Kind<br />

von außen in Form von Regeln herangetragen,<br />

denn sie entwickelt sich noch<br />

nicht in ihm selbst.<br />

Erste richtige Begegnungen mit Normen<br />

und Moralvorstellungen machen Kinder in<br />

der Regel im Alter von vier bis fünf Jahren<br />

18 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


eines anderen Lebewesens Platz nehmen, es<br />

lenken oder das Tempo bestimmen wollen.“<br />

Ebenso liegt es an uns zu entscheiden, ob ein<br />

Pferd zu wenig trainiert, zu jung oder zu alt<br />

ist, um es zu reiten, oder ob ein Reiter zu viel<br />

Gewicht mitbringt. Wir suchen die Ausrüstungsgegenstände<br />

aus, die wir nutzen. Wir<br />

bestimmen, wie fest die Trense verschnallt<br />

wird. Wir treffen die Entscheidung für oder<br />

gegen eine bestimmte Trainingsmethode<br />

und bei wem wir trainieren möchten. Es gibt<br />

viele solcher Argumente und viele verschiedene<br />

Lösungen. Ein Thema, mit dem wir uns<br />

nicht gern beschäftigen, aber das nicht wenige<br />

Pferdebesitzer betrifft, ist die Frage nach<br />

dem Zeitpunkt, an dem ein Pferd besser eingeschläfert<br />

werden sollte.<br />

Meist steht als erstes das Leid des Pferdes<br />

im Vordergrund. Es soll nicht leiden, und<br />

das Einschläfern soll es erlösen. „Der Gedanke<br />

dahinter wäre überspitzt formuliert: Ein<br />

totes Pferd leidet nicht. Es lebt allerdings<br />

auch nicht mehr, und der Tod ist ein einmaliges<br />

Ereignis und kann nicht rückgängig gemacht<br />

werden“, so unsere Expertin. Wir können<br />

nicht jegliches Leid von unserem Pferd<br />

abwenden. So bringt das Leben ein gewisses<br />

Maß an Krankheit, aber auch Leid und Trauer<br />

mit sich. Wir können jedoch Verantwortung<br />

dafür übernehmen, dass unsere Vierbeiner<br />

kein Leid durch uns erfahren, und ihnen die<br />

bestmögliche Unterstützung bieten.<br />

Die Grundfragen des Miteinanders<br />

Wer sich näher mit der Pferdeethik beschäftigt,<br />

muss sich auch den eher unangenehmen<br />

Fragen des Lebens mit den Vierbeinern<br />

stellen. So können Sie das Bestmögliche aus<br />

allen Situationen machen, die Ihnen das Leben<br />

beschert. „Es bedeutet, uns selbst ehrlich<br />

und klar zu sehen, mit unseren Hoff-<br />

Falle Social Media?<br />

Die Reiterszene diskutiert in den sozialen Netzwerken aktuell intensiver als je zuvor.<br />

Dabei findet der Austausch nicht immer in einem fairen Ton statt. So manche Reiter<br />

oder Influencer sind regelrechtem Hass ausgesetzt. Gleichzeitig steigt der Druck,<br />

bei Social Media ein perfektes Bild abzuliefern<br />

Social Media kann sehr viel<br />

Druck bedeuten und dazu<br />

führen, dass Reiter unter<br />

Perfektionsdruck stehen,<br />

was sich auch auf die<br />

Pferde auswirkt<br />

Achtung<br />

Angefangen hat alles mit ein<br />

paar ganz normalen Reitvideos.<br />

Sarah (Name von der<br />

Redaktion geändert) postet<br />

Trainingsimpressionen von<br />

ihrer Stute – sowohl beim<br />

Springen als auch in der Dressur.<br />

Mit der Zeit steigt die Anzahl<br />

der Follower, und damit<br />

häufen sich auch immer mehr<br />

kritische Kommentare. Sarah<br />

hat sich selbst immer für eine<br />

faire Reiterin gehalten, die<br />

zwar ab und zu auf Turniere<br />

geht, aber keine großen sportlichen Ambitionen hat. Mehr und mehr versucht sie, perfekte<br />

Situationen mit der Kamera einzufangen, um nur noch genau diese zu posten und<br />

keinen Hass mehr abzubekommen. „Die Leute finden aber immer etwas, was sie stört“,<br />

sagt die junge Frau. „Das ging sogar so weit, dass angeblich unsere Weiden zu klein seien<br />

oder mein Pferd nur in der Box stehen würde, weil ich mal Videos aus dem Stall gepostet<br />

habe.“ Sarah hinterfragt die Reiterszene und auch ihr eigenes Verhalten.<br />

Dabei gerät sie jedoch psychisch nach und nach in eine Abwärtsspirale. „Das lag vor<br />

allem an den vielen Angriffen in Kommentaren und Nachrichten. Ich hatte das Gefühl,<br />

alles falsch zu machen und keinen Ausweg zu finden.“ Vor Kurzem stieß Sarah auf ein<br />

Profil einer Frau, die der Turnierszene ganz den Rücken gekehrt hat und nun viele<br />

Videos aus der Freiheitsdressur postet. Auch sie wird über Social Media angegriffen,<br />

und obwohl ihr Pferd ohne Trense, Hilfszügel oder Einwirkung mit der Hand in einer<br />

korrekten Haltung geht, gibt es noch Leute, die sich empören. „Ich finde es gut, dass<br />

immer mehr über das Thema Pferdewohl und Tierschutz diskutiert wird, und auch der<br />

Profisport muss meiner Meinung nach mehr unter die Lupe genommen werden. Aber<br />

ich frage mich, wo die Grenze ist, wenn man gefühlt nichts mehr richtig machen kann“,<br />

betont Sarah und fügt hinzu: „Kein Training ist perfekt, aber der Druck steigt, immer<br />

fehlerfrei sein zu müssen. Das kann zu einem Teufelskreis werden.“<br />

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Leitlinien der FN<br />

Gut zu wissen<br />

TITELSTORY<br />

Die FN hat Leitlinien zum Thema Ethik und Pferdehaltung herausgegeben,<br />

die kostenlos als PDF heruntergeladen werden können. Dabei kann diskutiert<br />

werden, inwieweit die aufgestellten Leitlinien beispielsweise auf Turnieren, aber<br />

auch in Ausbildungsställen und Co. wirklich eingehalten werden. Nur weil dies nicht<br />

immer geschieht, sollten jedoch nicht einfach die Leitlinien unter den Teppich<br />

gekehrt werden, sondern ganz im Gegenteil sollten sie mehr Beachtung finden<br />

„Die ethischen Grundsätze des Pferdefreundes“ der FN<br />

1. Wer auch immer sich mit dem<br />

Pferd beschäftigt, übernimmt die<br />

Verantwortung für das ihm anvertraute<br />

Lebewesen.<br />

2. Die Haltung des Pferdes muss seinen<br />

natürlichen Bedürfnissen angepasst<br />

sein. Tierliebe allein reicht für die<br />

Betreuung eines Pferdes nicht aus.<br />

3. Der physischen und psychischen<br />

Gesundheit des Pferdes ist, unabhängig<br />

von seiner Nutzung, oberste<br />

Priorität einzuräumen.<br />

4. Der Mensch hat jedes Pferd gleich zu<br />

achten, unabhängig von dessen Rasse,<br />

Alter und Geschlecht sowie Einsatz in<br />

Zucht, Freizeit oder Sport.<br />

5. Das Wissen um die Geschichte des<br />

Pferdes und um seine Bedürfnisse<br />

sowie die Kenntnisse im Umgang mit<br />

dem Pferd sind kulturgeschichtliche<br />

Güter. Diese gilt es zu wahren und<br />

zu vermitteln und nachfolgenden<br />

Generationen zu überliefern.<br />

6. Der Umgang mit dem Pferd hat eine<br />

persönlichkeitsprägende Bedeutung<br />

gerade für junge Menschen. Diese<br />

Bedeutung ist stets zu beachten<br />

und zu fördern.<br />

7. Der Mensch, der gemeinsam mit dem<br />

Pferd Sport betreibt, hat sich und das<br />

ihm anvertraute Pferd einer Ausbildung<br />

zu unterziehen. Ziel jeder Ausbildung<br />

ist die größtmögliche Harmonie<br />

zwischen Mensch und Pferd.<br />

8. Die Nutzung des Pferdes im Leistungssport<br />

sowie im allgemeinen Reit-,<br />

Fahr- und Voltigiersport muss sich an<br />

seiner Veranlagung, seinem Leistungsvermögen<br />

und seiner Leistungsbereitschaft<br />

orientieren. Die Beeinflussung<br />

des Leistungsvermögens durch medikamentöse<br />

sowie nicht pferdegerechte<br />

Einwirkung des Menschen ist abzulehnen<br />

und muss geahndet werden.<br />

9. Die Verantwortung des Menschen für<br />

das ihm anvertraute Pferd erstreckt<br />

sich auch auf das Lebensende des<br />

Pferdes. Dieser Verantwortung muss<br />

der Mensch stets im Sinne des Pferdes<br />

gerecht werden.<br />

Tierliebe allein reicht für die Betreuung<br />

eines Pferdes nicht aus. Die Haltung<br />

muss an seine natürlichen Bedürfnisse<br />

angepasst sein<br />

nungen und Wünschen, mit unserem Wissen<br />

und Können, aber auch mit unserer Verzweiflung,<br />

dem Ehrgeiz und der Trauer und all jenen<br />

Gefühlslagen, die wir bei uns selbst häufig<br />

nicht ganz so gern ansehen wollen“, sagt<br />

Marlitt Wendt. „Das Leben besteht aus allen<br />

Facetten des Gefühlsspektrums, und<br />

die ethische Grundhaltung gegenüber dem<br />

Pferd ermöglicht es, sich immer wieder diesen<br />

Grundfragen des Miteinanders und des<br />

puren Daseins auf dieser Welt zu stellen.“ Machen<br />

Sie sich bewusst, dass Pferdeethik auch<br />

bedeutet, das Ausmaß der Folgen des eigenen<br />

Handelns für das Pferd zu sehen. Im Vordergrund<br />

steht unter anderem, die physische<br />

und psychische Belastbarkeit eines Pferdes<br />

zu beurteilen, eine Überforderung zu verhindern<br />

und sich ehrlich mit der jeweiligen Nutzung<br />

des Pferdes auseinanderzusetzen.<br />

Das sollte jeder zum einen für sich machen,<br />

aber auch den offenen und fairen Dialog<br />

mit anderen suchen und sich zudem fachlich<br />

mit dem Thema Pferdeethik beschäftigen.<br />

Nur wenn jeder Pferdemensch Verantwortung<br />

übernimmt, hinterfragt und sich auch traut,<br />

etwas zu verändern, machen wir uns gemeinsam<br />

für das Wohl der Pferde stark.<br />

Buchtipp<br />

Nie wurde das Thema Ethik im Pferdesport<br />

so stark diskutiert wie aktuell.<br />

Doch was bedeuten eine artgerechte<br />

Haltung und Pferdewohl eigentlich?<br />

„Die Rechte der Pferde“ von Marlitt<br />

Wendt widmet sich den Fragen nach<br />

Indivi dualitäts- und Persönlichkeitsrechten<br />

von Tieren und gibt Anregungen für<br />

eine artgerechte Haltung, bei der das<br />

Wohl des Pferdes im Mittelpunkt steht.<br />

Ein besonderer Blick wird dabei auch<br />

auf die Regeln des Reitsports geworfen.<br />

▶ Kosmos, 22 Euro,<br />

EAN: 9783440159613<br />

20 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


MEDIZIN NEWS<br />

K u rz notiert<br />

DRUSE-ERREGER<br />

Plastik, Leder oder Polyester?<br />

Der hochansteckende<br />

Druse-<br />

Erreger ist über<br />

kontaminierte<br />

Gegenstände<br />

übertragbar<br />

Studie Druse ist der Albtraum für jeden Pferdebesitzer. Hochgradig ansteckend und gefährlich<br />

für das Tier, kann diese Erkrankung über kontaminierte Gegenstände und Materialien übertragen<br />

werden. Schwedische Forscherinnen haben nun untersucht, inwiefern die Bakterien<br />

durch Hygiene- bzw. Reinigungsmaßnahmen bekämpft werden können. Das Ergebnis: Alle<br />

Proben, unter anderem Beton, Holz, Kunststoff und Leder, waren nach gründlicher Reinigung mit<br />

handels üblichen Reinigungsmitteln und lauwarmem Wasser kulturnegativ. Einzige Aus nahme:<br />

das Polyesterhalfter. Vor allem interessant für die Forscherinnen war, dass Leder selbst ohne<br />

Reinigung den Druse-Bakterien kaum Überlebensbedingungen bot. Eine mögliche Erklärung<br />

dafür sei, dass die beim Gerben verwendeten Chemikalien einen Einfluss auf die Verringerung<br />

des Überlebens von Bakterien haben könnten, so die Autorinnen.<br />

▶ www.propferd.at<br />

LYMPHDRAINAGE<br />

Ödemtherapie<br />

Forschung Während beim Menschen die Ödemtherapie hauptsächlich<br />

aus der manuellen Lymphdrainage, der Kompression<br />

und der Bewegung unter Kompression besteht, ist die Ödemtherapie<br />

bei Pferden bisher deutlich weniger weit entwickelt.<br />

Tierärzte aus Nordamerika untersuchten nun einen technischen<br />

Ansatz, der die manuelle Lymphdrainage ersetzen könnte: ein<br />

pneumatisches Kompressionsgerät, welches durch zahlreiche<br />

hintereinandergeschaltete Luftkammern einen gerichteten<br />

Druck zu erzeugen vermag. Das Ergebnis ist vielversprechend.<br />

▶ www.vetline.de<br />

Wissen<br />

In der Tiermedizin ist die Ödemtherapie<br />

noch nicht so ausgereift<br />

Heilkräuter A bis Z | Wildes Stiefmütterchen<br />

Wilde Stiefmütterchen wirken entzündungshemmend,<br />

schmerzlindernd, reizlindernd und stoffwechselfördernd.<br />

Sie werden bei Stoffwechselstörungen, im Fellwechsel,<br />

bei Hautproblemen und Ekzemen angewendet. Das wilde<br />

Stiefmütterchen kann innerlich und äußerlich angewendet<br />

werden. Bei einer Fütterung werden 20 Gramm<br />

täglich verabreicht. Für die äußerliche Anwendung sind<br />

zehn Gramm auf 300 Milliliter Wasser zu geben.<br />

Negativer Einfluss<br />

Ein brasilianisches Forscherteam hat<br />

drei unterschiedliche Varianten der<br />

Heufütterung für Pferde getestet:<br />

„Ad libitum“ („Nach Belieben“), „Slow<br />

Feeder“ (Heunetze und ähnliche<br />

Systeme) sowie den Einsatz von Futterautomaten.<br />

Diese können so eingestellt<br />

werden, dass sie sich zu verschiedenen<br />

Tageszeiten öffnen und schließen<br />

und das Pferd somit nur einen zeitlich<br />

begrenz ten Zugang zu Heu oder<br />

anderen Futtermitteln hat.<br />

Die brasilianischen Forscher wollten die<br />

Auswirkungen der Fütterung von Heu<br />

nach freier Wahl mit der Verwendung<br />

von langsamen Futter- und Futterautomaten<br />

auf das Verhalten und den Zeithaushalt<br />

von Pferden in Sandpaddocks<br />

vergleichen. 15 Pferde wurden dazu<br />

untersucht. „Wir haben erwartungsgemäß<br />

herausgefunden, dass die Gruppen<br />

mit freier Heuwahl im Vergleich zu den<br />

Gruppen mit langsamer und automatischer<br />

Fütterung immer mehr Heu<br />

verbrauchten und verschwendeten“, so<br />

die Leiterin des Teams gegenüber dem<br />

Portal TheHorse.com. „Die Gruppen mit<br />

automatischer und langsamer Fütterung<br />

hatten eine ähnliche Heuaufnahme,<br />

verschwendeten hingegen nur<br />

wenig Heu.“ Ein anderes Ergebnis sorgte<br />

jedoch für Besorgnis: Der Futterautomat<br />

wirkte sich negativ auf das Verhalten<br />

der Pferde aus. So zeigten die Pferde<br />

öfter unerwünschte Verhaltensweisen<br />

wie Treten oder Beißen. Die Forscher<br />

vermuten, dass sie dies taten, weil sie<br />

mit den Herdenmitgliedern um eine<br />

begrenzte Ressource konkurrierten.<br />

Auch fraßen diese Pferde ihren eigenen<br />

Kot – ebenfalls ein abnormales Verhalten.<br />

Die Forscher resümierten, dass man<br />

mit Verallgemeinerungen vorsichtig sein<br />

müsse. Dennoch waren die Futterautomaten<br />

die Variante, mit der die Pferde<br />

am schlechtesten zurechtkamen.<br />

▶ www.propferd.at<br />

Fotos: IMAGO/Shotshop (1), slawik.com (3)<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

www.mein-pferd.de<br />

21


BESSER REITEN<br />

Die drei wichtigen<br />

WINTERTRAINING FÜR DIE NÄCHSTE SAISON:<br />

Aufgaben reiten leicht gemacht! Wenn die Basics nicht<br />

stimmen, wird jede Dressuraufgabe schnell zum Chaosritt.<br />

Mit den Tipps unserer Expertin Britta Schöffmann legen Sie<br />

den Grundstein für einen gelungenen Ritt<br />

Text: Aline Müller<br />

22 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


Das Antraben ist eine Übung, die einfach<br />

aussieht, aber dennoch gutes Reiten erfordert.<br />

Das Pferd soll von der Stelle weg antraben.<br />

Dazu gibt der Reiter feine Hilfen<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

www.mein-pferd.de<br />

23


BESSER REITEN<br />

In vielen Dressuraufgaben<br />

kommt das<br />

Antraben aus dem<br />

Halten vor. Während<br />

des Haltens kann<br />

der Reiter sich noch<br />

einmal auf die<br />

folgende Lektion<br />

konzentrieren<br />

Über feine Paraden am<br />

äußeren Zügel kann<br />

der Reiter das Pferd<br />

aufmerksam machen<br />

Antraben<br />

Das Antraben aus dem Halten oder<br />

dem Schritt kommt in vielen Dressuraufgaben<br />

vor. Ein einfacher Übergang,<br />

der es in sich haben kann. Er verrät viel<br />

darüber, wie gut das Pferd auf die Hilfen des<br />

Reiters reagiert und wie losgelassen es ist.<br />

So sieht es richtig geritten aus:<br />

Allgemein soll das Anreiten, und somit auch<br />

das Antraben, flüssig vom Fleck weg geschehen.<br />

Das bedeutet, dass beim Antraben aus<br />

dem Halten der erste Tritt bereits ein Trabtritt<br />

ist. Das Pferd reagiert dabei auf feinste<br />

Hilfen des Reiters. Aus dem Schritt in den<br />

Trab muss das Pferd aus einem klaren Viertakt<br />

in einen Zweitakt wechseln. „Je ausba-<br />

lancierter und in sich gerade gerichteter ein<br />

Pferd ist, desto sicherer wird auch das Antraben<br />

gelingen“, erklärt die Dressurausbilderin<br />

Britta Schöffmann, die ein ganzes Buch zum<br />

Thema „Lektionen reiten“ geschrieben hat.<br />

Darin erklärt sie Schritt für Schritt, wie das<br />

Aufgabenreiten gelingt. Von einfachen Lektionen<br />

bis hin zur Zick-Zack-Traversale und anderen<br />

schweren Aufgaben.<br />

Das sind die Ziele:<br />

Klar, durch das Antraben wechselt das Pferd<br />

in eine andere Gangart, nämlich den Trab.<br />

Diese Grundlagenübung schult Koordination<br />

und in nicht geringem Maße auch Kraft,<br />

denn zum Antraben muss der Impuls aus der<br />

Hinterhandmuskulatur viel stärker sein als<br />

beim bloßen Anreiten aus dem Schritt. „Die<br />

damit verbundene größere Kraftübertragung<br />

über den Rücken zum Pferdemaul hin<br />

bedingt eine bessere Dehnung an die Reiterhand<br />

heran“, sagt unsere Expertin. Daher seien<br />

Übergänge vom Halten in den Trab auch<br />

eine gute Lektion zur Verbesserung der Anlehnung,<br />

zur Stärkung der Hinterhandmuskulatur,<br />

zur Förderung der Schubkraft sowie<br />

später zum Aufbau der Tragkraft.<br />

Das geht oft schief:<br />

● Das Pferd trabt aus dem Halten<br />

nicht vom Fleck weg an.<br />

● Das Pferd wechselt über den Schritt in<br />

den Trab („zackelt“ an).<br />

● Der Reiter wirkt zu stark mit dem<br />

Schenkel oder den Zügeln ein.<br />

● Das Pferd geht gegen die Hand.<br />

● Das Pferd wird unruhig.<br />

So vermeiden Sie Fehler:<br />

Nach der ersten Grußaufstellung folgt häufig<br />

schon das Antraben. Und obwohl diese Lektion<br />

einfach aussieht, kann sie zu einer kleinen<br />

Herausforderung werden. Wenn es heißt, „im<br />

Arbeitstempo“ oder „im versammelten Tempo“<br />

antraben, gibt der Reiter den Richtern<br />

seine persönliche Visitenkarte ab, denn in<br />

diesem Moment ruhen alle Augen auf dem<br />

Reiter-Pferd-Paar. Zeigen sich hier schon erste<br />

Probleme, kann das einen Schatten über<br />

den gesamten Rest der Aufgabe legen. Wird<br />

die Lektion hingegen korrekt geritten, dann<br />

hat der Reiter bereits einen Stein im Brett<br />

24 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


UNSERE EXPERTIN<br />

Dr. Britta Schöffmann<br />

Takt und Tempo bleiben<br />

nach dem Angaloppieren<br />

erhalten<br />

Schöffmann ist Dressurreiterin bis<br />

Grand Prix, Ausbilderin sowie Autorin<br />

diverser Lehrbücher und Lehrfilme. Sie<br />

war lange Jahre selbst aktive Richterin.<br />

▶ www.britta-schoeffmann.com<br />

der Richter. Wichtig ist, das Pferd zwar aufmerksam<br />

zu machen, aber keine Unruhe aufkommen<br />

zu lassen. „Dazu spannt der Reiter<br />

sein Kreuz etwas an, richtet sich also ein<br />

wenig mehr auf, setzt mit beiden Schenkeln<br />

einen gleichmäßigen, leichten Vorwärtsimpuls<br />

und lässt im selben Moment beide Zügel<br />

ein wenig vor“, erklärt unsere Expertin.<br />

Das bedeute aber nicht, den Zügel wegzuschmeißen.<br />

Sonst ginge die Anlehnung verloren.<br />

„Das Nachgeben soll gerade so viel ausmachen,<br />

dass sich das Pferd etwas nach vorn<br />

an die Hand herandehnen kann, während es<br />

den Vorwärtsimpuls aus den Hinterbeinen<br />

in Bewegung umsetzt“, so Britta Schöffmann<br />

weiter. Meist kann der treibende Impuls am<br />

Schenkel vom Schritt in den Trab etwas geringer<br />

ausfallen als vom Halten in den Trab.<br />

Die Lektion wird allerdings vorhandlastig,<br />

wenn das Pferd beim Antraben zu sehr auf<br />

den Zügel drückt und der Reiter nicht genug<br />

nachtreibt. Neigt das Pferd sowieso dazu,<br />

hinter den Zügel zu kommen und nicht vor<br />

dem Schenkel zu sein, dann darf der Hals<br />

nicht weiter mit der Hand beziehungsweise<br />

den Zügeln eingeengt werden, sondern die<br />

Zügelhilfen müssen bei treibender Hilfe zum<br />

Antraben leichter werden.<br />

Was die Lektion fördert:<br />

Takt:<br />

Losgelassenheit:<br />

Anlehnung:<br />

Schwung:<br />

Geraderichtung:<br />

Versammlung:<br />

Nicht nur der Wechsel vom Halten oder<br />

Schritt in den Trab, sondern auch das<br />

Angaloppieren ist ein wichtiger Teil<br />

und Grundstein von Dressurprüfungen. Das<br />

Angaloppieren kann sowohl aus dem Schritt<br />

oder Trab als auch aus dem Halten oder dem<br />

Rückwärtsrichten gefordert werden.<br />

So sieht es richtig geritten aus:<br />

Auch hier ist eine umgehende Reaktion des<br />

Pferdes auf die Hilfen des Reiter gewünscht.<br />

Die Anlehnung bleibt dabei ruhig, und das<br />

Pferd galoppiert sofort in einem klaren Dreitakt<br />

auf der geforderten Hand an. „Dabei soll<br />

das Pferd auf der Linie, auf der es sich befindet,<br />

in sich gerade gerichtet bleiben“, betont<br />

Britta Schöffmann. Dazu geschieht das<br />

Angaloppieren an der kurzen oder der langen<br />

Seite des Vierecks bei leichter Innenstellung<br />

ohne Längsbiegung. Innen ist dort, wohin<br />

das Pferd gestellt ist, beim Angaloppieren<br />

also zu der Hand, zu der das Pferd anspringen<br />

soll. Auf einer gebogenen Linie geht das<br />

Pferd entsprechend der Kreislinie in Längsbiegung.<br />

„Geraderichtung heißt ja nicht, dass<br />

das Pferd gerade wie eine Bahnschwelle ist,<br />

sondern dass es seine Hinterhufe gerade in<br />

oder über die Spuren seiner Vorderhufe setzt<br />

und nicht seitlich ausweicht“, erklärt unsere<br />

Expertin. Also sollte es auch beim Angaloppieren<br />

direkt und gerade fußend unter seinen<br />

Schwerpunkt springen.<br />

Das sind die Ziele:<br />

Angaloppieren<br />

Auch durch das Angaloppieren wechselt das<br />

Pferd in eine andere Gangart. In Kombination<br />

mit anderen Übergängen in den Schritt<br />

oder Trab und zurück kann das Angaloppieren<br />

als wichtige Grundlagenübung helfen,<br />

die Losgelassenheit, die Anlehnung sowie die<br />

Koordination zu verbessern.<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

www.mein-pferd.de<br />

25


BESSER REITEN<br />

Das geht oft schief:<br />

● Das Pferd galoppiert nicht sofort auf die<br />

Hilfe an, sondern erst nach mehr facher<br />

Aufforderung und einer verstärkten<br />

Hilfen gebung.<br />

● Das Pferd springt im falschen Galopp an,<br />

also anstatt im Rechts- im Linksgalopp<br />

oder im Kreuzgalopp.<br />

● Das Pferd wird schief.<br />

● Das Pferd wird zu eng im Hals oder<br />

geht gegen die Hand.<br />

● Der Reiter wirkt zu stark ein.<br />

● Das Pferd wehrt sich sichtbar gegen die<br />

Einwirkung des Reiters (zum Beispiel<br />

gegen den Sporneinsatz).<br />

● Der Reiter verliert das Gleichgewicht<br />

und fällt nach vorne, oder er lehnt sich<br />

zu stark zurück.<br />

● Der Reiter macht eine schiebende<br />

Bewegung mit dem Oberkörper beziehungsweise<br />

holt sichtbar Schwung.<br />

● Der Reiter drückt mit dem äußeren<br />

Schenkel, und das Pferd geht seitwärts<br />

oder nimmt die Kruppe herein.<br />

● Der Reiter hält sich am Zügel fest und/<br />

oder blockiert das Anspringen.<br />

● Das Pferd ist verspannt und/oder<br />

springt mit hoher Kruppe an.<br />

So vermeiden Sie Fehler:<br />

Egal ob Sie aus dem Rückwärtsrichten, dem<br />

Schritt oder dem Trab in den Galopp wechseln:<br />

Die Hilfen zum Angaloppieren sind<br />

grundsätzlich gleich. Allerdings ist der<br />

Schwierigkeitsgrad je nach Aufgabe natürlich<br />

unterschiedlich hoch. Ein Angaloppieren aus<br />

dem Schritt erfordert bereits einen gewissen<br />

Versammlungsgrad sowie ein höheres<br />

Maß an Geraderichtung: „Hier wird aus einer<br />

schwunglosen Bewegung in eine schwungvolle<br />

Gangart gewechselt“, erklärt Britta<br />

Schöffmann. „Dies erfordert mehr Kraft aus<br />

der Hinterhand und bereits erhöhte Koordination<br />

bei Pferd und Reiter.“ Zum Angaloppieren<br />

stellen Sie Ihr Pferd leicht zu der Seite,<br />

zu der Sie angaloppieren wollen. Machen Sie<br />

es dann mit einer halben Parade am äußeren<br />

Zügel aufmerksam und legen Sie gleichzeitig<br />

Ihr äußeres Bein verwahrend hinter den<br />

Gurt. Nun geben Sie mit der inneren Wade<br />

bei gleichzeitigem Vorschieben der inneren<br />

Hüfte eine treibende Schenkelhilfe. In dem<br />

Moment, in dem Ihr Pferd reagiert und anspringen<br />

möchte, geben Sie mit der inneren<br />

Hand ein wenig vor. So kann es den Galopp,<br />

mit dem inneren Hinterbein vorschwingend,<br />

beginnen, während sich das äußere Hinterbein<br />

vom Boden abdrückt. „Das ist Voraussetzung<br />

für den Wechsel von einem Takt in den<br />

anderen“, sagt die Dressurausbilderin, weist<br />

jedoch darauf hin: „Blockiert hier der Reiter<br />

Das Abwenden hat<br />

durchaus eine<br />

gymnastizierende Wirkung<br />

mit einer zu festen inneren Hand, kann das<br />

Pferd kaum korrekt angaloppieren.“ Manche<br />

Pferde nehmen sich die nötige Zügelfreiheit<br />

dann, indem sie hinter die Senkrechte kommen.<br />

Das darf allerdings nicht sein. Um das<br />

zu vermeiden, ist ein korrektes Zusammenspiel<br />

aller Hilfen notwendig. Drückt der Reiter<br />

zu sehr mit dem äußeren Schenkel, gehen<br />

manche Pferde seitwärts, beziehungsweise<br />

die Kruppe kommt herein. Der verwahrende<br />

äußere Schenkel darf nicht seitwärts treibend<br />

eingesetzt werden, sondern er muss<br />

locker am Pferd liegen und gegebenenfalls<br />

einen Impulse geben können.<br />

Galoppiert das Pferd im falschen Galopp<br />

an, kann das unterschiedliche Gründe haben.<br />

So mancher Vierbeiner ist in einer Dressuraufgabe<br />

auch einfach aufgeregt und kann<br />

sich nicht richtig konzentrieren. Oder die<br />

Hilfen sind nicht korrekt aufeinander abgestimmt.<br />

Manchmal mangelt es auch einfach<br />

noch an Gleichgewicht oder Geraderichtung.<br />

Ein falscher Gedanke ist, dass der<br />

Reiter durch ein Schwingen seines Körpers<br />

den Galopp des Pferdes positiv beeinflussen<br />

oder es sogar in die dritte Gangart schieben<br />

kann. Dadurch blockiert der Reiter aber eher<br />

den Bewegungsfluss des Pferdes. Generell ist<br />

es wichtig, dass die Hilfen zum Angaloppieren<br />

eindeutig gegeben werden und das Pferd<br />

nicht erst rätseln muss, was die Person im<br />

Sattel denn eigentlich möchte.<br />

Was die Lektion fördert:<br />

Takt:<br />

Losgelassenheit:<br />

Anlehnung:<br />

Schwung:<br />

Geraderichtung:<br />

Versammlung:<br />

Abwenden<br />

26 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


Was für die einen nur wie ein nebensächliches<br />

Detail wirkt, ist in Wirklichkeit<br />

von großer Bedeutung für<br />

das Reiten von Lektionen und Dressuraufgaben:<br />

das Einleiten der Wendung. Das Pferd<br />

sollte dabei gleichmäßig gestellt und gebogen<br />

sein und ein gleich bleibendes Tempo<br />

ohne Schwanken oder Tempounterschiede<br />

halten können.<br />

So sieht es richtig geritten aus:<br />

Das Pferd mit einem korrekten Abbiegen gesund<br />

halten? Ja, genau das ist möglich. Damit<br />

ein Abwenden schön und korrekt klappt,<br />

muss das Pferd in gleichmäßigen Schritten,<br />

Tritten oder Sprüngen auf dem Kreisbogen<br />

gehen. Sowohl der Takt als auch das Tempo<br />

und die Anlehnung bleiben gleich. Der Reiter<br />

gibt nahezu unsichtbare Hilfen. „Dabei soll<br />

sich das Pferd für die Dauer der Wendung in<br />

Längsbiegung um den inneren Reiterschenkel<br />

biegen und vermehrt Last mit seinem<br />

inneren Hinterbein aufnehmen“, erläutert<br />

Britta Schöffmann. Auf diese Weise entlaste<br />

es sein inneres Vorderbein, ein Vorgang, der<br />

nicht nur den sauberen Takt beim Abwenden<br />

erhalte, sondern auch – vor allem im Trab<br />

und Galopp – Gelenkverschleiß vorbeuge und<br />

damit der Gesunderhaltung diene. Übrigens<br />

gilt das nicht nur für das Dressurviereck, sondern<br />

auch für den Parcours oder andere Situationen,<br />

in denen das Abwenden gefordert ist.<br />

Das sind die Ziele:<br />

Hier ist Konzentration gefragt! Wird das Abwenden<br />

korrekt geritten, hat es den positiven<br />

Effekt, dass sich das Pferd einen Moment lang<br />

um den inneren Schenkel des Reiters biegt<br />

und vermehrt mit dem inneren Hinterbein<br />

unter den Schwerpunkt tritt. Dabei nimmt<br />

es nicht nur Last auf, sondern die innere Körperseite<br />

wird auch für einen Moment lang<br />

verkürzt bei gleichzeitiger Dehnung der Körperaußenseite.<br />

Abwenden ist also tatsächlich<br />

eine gymnastizierende Grundlagenübung<br />

zur Schulung der seitlichen (lateralen)<br />

Beweg lichkeit.<br />

Buchtipp<br />

Die Bewertungen<br />

der<br />

Übungen<br />

anhand<br />

der Ausbildungsskala<br />

sowie<br />

weitere<br />

Tipps stammen<br />

aus<br />

dem Buch<br />

„Lektionen<br />

richtig reiten“ von Dressurausbilderin<br />

Britta Schöffmann.<br />

▶ Kosmos, 216 Seiten, 32 Euro,<br />

ISBN: 978-3-440-14427-5<br />

So vermeiden Sie Fehler:<br />

Wie bei allen Lektionen ist auch hier das Zusammenspiel<br />

aller Hilfen die Grundlage für<br />

ein Gelingen des korrekten Abwendens. „Ein<br />

korrekt gerittenes Pferd wendet letztlich am<br />

äußeren Zügel, der innere gibt nur die Stellung“,<br />

erklärt Britta Schöffmann. „Hilfreich<br />

bei jeder Wendung kann es sein, sich vorzustellen,<br />

die äußere Schulter des Pferdes wenden<br />

zu wollen.“<br />

Dazu machen Sie Ihr Pferd wieder über<br />

eine halbe Parade aufmerksam und fassen<br />

gleichzeitig den inneren Zügel etwas nach.<br />

Stellen Sie Ihr Pferd leicht nach innen. Ihr innerer<br />

Schenkel treibt am Gurt, und Ihr Pferd<br />

biegt sich um die Längsachse seines Körpers.<br />

Hingegen liegt Ihr äußerer Schenkel leicht<br />

verwahrend am Pferd. Er kontrolliert die Hinterhand<br />

und bringt Ihr Pferd dazu, sich um<br />

den inneren Schenkel zu biegen. „Im Moment<br />

der Wendung wird die innere Zügelhilfe<br />

ein wenig verstärkt, der äußere Zügel gibt<br />

ein klein wenig nach“, sagt unsere Expertin.<br />

„Doch Vorsicht: den äußeren Zügel nicht ‚wegschmeißen‘,<br />

denn dann läuft das Pferd über<br />

die äußere Schulter weg. Und auch nicht am<br />

inneren Zügel ziehen, denn damit blockiert<br />

man das Pferd.“ Das bedeutet, Ihr äußerer Zügel<br />

bleibt gerade so viel dran, dass er für die<br />

Pferdeschulter eine äußere Begrenzung darstellt.<br />

Er erlaubt aber die Dehnung der äußeren<br />

Halsmuskulatur und verhindert so ein<br />

Verwerfen. Wenn Sie in der Mitte der Bahn<br />

und nicht vom Hufschlag aus abwenden, stellen<br />

Sie sich vor, dass Ihr äußerer<br />

Schenkel sowie Ihr äußerer<br />

Zügel die Funktion der<br />

Bande übernehmen. Sollte<br />

Ihr Pferd dennoch ausweichen,<br />

könne Sie vorübergehend<br />

in Konterstellung reiten, um zu korrigieren.<br />

Üben Sie das Abwenden, sodass Sie und<br />

Ihr Pferd lernen, sich zu konzentrieren, und es<br />

als Lektion ansehen. Je korrekter Sie abwenden,<br />

desto punktgenauer können Sie reiten.<br />

Was die Lektion fördert:<br />

Takt:<br />

Losgelassenheit:<br />

Anlehnung:<br />

Schwung:<br />

Geraderichtung:<br />

Versammlung:<br />

Das geht oft schief:<br />

● Der Reiter reißt das Pferd regelrecht<br />

herum, es reagiert nicht auf feine Hilfen,<br />

oder der Reiter gibt die falschen Hilfen.<br />

● Der Reiter wendet zu früh oder zu spät ab.<br />

● Das Pferd weicht über die äußere Schulter<br />

aus oder driftet seitlich weg.<br />

● Das Pferd fällt auf die innere Schulter.<br />

● Das Pferd stützt sich auf die Vorhand.<br />

● Das Pferd verwirft sich im Genick.<br />

● Das Pferd kommt aus dem Gleichgewicht<br />

und Takt beziehungsweise Tempo<br />

ändern sich.<br />

Verwirft sich das<br />

Pferd im Genick, ist<br />

das Abwenden nicht<br />

korrekt geritten<br />

Fotos: KOSMOS (1), Privat (1), slawik.com (6)<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

www.mein-pferd.de<br />

27


BESSER REITEN<br />

Die schrägen Bauchmuskeln,<br />

die von<br />

unten auf den Rippenbogen<br />

hinauflaufen,<br />

kontrahieren beim<br />

Treiben und beeinflussen<br />

die Bewegung<br />

der Hinterbeine<br />

28 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


Wer treibt,<br />

der bleibt<br />

„Tausend Mal berührt, tausend Mal ist nichts<br />

passiert …“ Das TREIBEN stellt so manchen Reiter<br />

vor ungeahnte Herausforderungen. Finden Sie<br />

heraus, warum Treiben mehr als nur<br />

„vorwärts“ bedeutet und wie es gelingt,<br />

dem Pferd so richtig Beine zu machen<br />

Text: Kerstin Niemann<br />

UNSERE EXPERTEN<br />

Susanne Miesner<br />

Die Pferdewirtschaftsmeisterin<br />

betreibt in Milte bei Warendorf<br />

den Wietelshof. Sie hat Filme<br />

und Bücher zu pferdegerechter<br />

Ausbildung veröffentlicht und<br />

gibt ihr in mehr als 30 Jahren<br />

erworbenes Wissen u. a. in<br />

Lehrgängen weiter.<br />

▶ www.wietelshof.de<br />

Helena Volmer<br />

Die 29-jährige Pferdewirtschaftsmeisterin<br />

Klassische<br />

Reitausbildung und EM-<br />

Bewegungstrainerin ist selbst<br />

bis Grand Prix erfolgreich und<br />

trainiert viele Reiter aus dem<br />

In- und Ausland.<br />

▶ www.sportpferde-volmer.de<br />

Georg-Christoph<br />

Bödicker<br />

Mehr als<br />

40 Jahre<br />

war Georg-<br />

Christoph<br />

Bödicker<br />

national<br />

und international<br />

als Parcourschef unterwegs,<br />

hat Bücher geschrieben<br />

und Filme zum Springreiten<br />

gedreht. Er war über 15 Jahre<br />

Landestrainer der hessischen<br />

Springreiter und hat sein<br />

Wissen in zahlreichen Lehrgängen<br />

weitergegeben.<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

www.mein-pferd.de<br />

29


BESSER REITEN<br />

Es klingt so leicht: „Alle Schenkelhilfen<br />

wirken grundsätzlich treibend.<br />

Sie werden aus einem ruhig anliegenden<br />

Schenkel gegeben (…) Ohne<br />

dass der Reiter aktiv treibt, holt sich<br />

das Pferd bei jedem Schritt, Tritt oder Sprung<br />

eine Einwirkung des Schenkels gewissermaßen<br />

selbst ab“, heißt es in den Richtlinien für<br />

Reiten und Fahren. Fast scheint es, als müsse<br />

der Reiter nichts machen, außer ruhig abzuwarten<br />

und die Dinge auf sich zukommen<br />

zu lassen. Und wenn das nicht reicht, sollte<br />

doch ein leichter Schenkeldruck genügen,<br />

damit das Pferd versteht, was der Reiter will.<br />

Oder etwa nicht?<br />

Was im Pferdekörper abläuft<br />

Um zu verstehen, wie Treiben abläuft, hilft<br />

ein Blick auf die Anatomie des Pferdes. Immer<br />

wenn sich das Pferd bewegt, geht es nicht<br />

nur vorwärts, sondern sein Rumpf schwingt<br />

je nach Gangart auch nach rechts und links,<br />

und der Rücken hebt und senkt sich auch<br />

noch. Das heißt, der Reiter wird dreidimensionalen<br />

Kräften ausgesetzt, denen er geschmeidig<br />

folgen muss. Das Schwingen des<br />

Rumpfes ist dabei ein zentraler Punkt. „Der<br />

Rumpf schwingt im Idealfall auf das locker<br />

herunterhängende Reiterbein zu. Seitlich am<br />

Kommentar<br />

Fachsprache nutzen!<br />

In den letzten Jahren hat sich eine<br />

Unsitte bezüglich der Anweisung zum<br />

Treiben breit gemacht. Früher war dies<br />

eher auf Springplätzen zu hören, aber<br />

mittlerweile ist es auch vielerorts gang<br />

und gäbe in der Dressurausbildung und<br />

dies nicht nur bei Ausbildern, sondern<br />

auch bei Richtern. Ich erlebe öfters an<br />

Abreiteplätzen und auf Lehrgängen,<br />

wie dem Reiter zugerufen wird, er solle<br />

„mehr Bein geben“ oder „das Bein rannehmen“<br />

– damit entsteht beim Reiter<br />

ein total verzerrtes Bild, wie Treiben<br />

funktioniert. Wir verfügen über eine<br />

klare Fachsprache! Getrieben wird mit<br />

dem Schenkel, genauer mit dem Unterschenkel,<br />

manche benutzen auch das<br />

Wort Wade. Aber nicht mit dem ganzen<br />

Bein, denn dies ist die Gliedmaße beim<br />

Menschen, die von der Hüfte zum Fußgelenk<br />

reicht. Ein Treiben mit dem Bein<br />

würde das Mitschwingen in der Mittelpositur<br />

vollkommen blockieren.<br />

Susanne Miesner<br />

30 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023<br />

Rumpf des Pferdes liegt der äußere schiefe<br />

Bauchmuskel, und den wollen wir als Reiter<br />

anregen“, erklärt Pferdewirtschaftsmeisterin<br />

und EM-Bewegungstrainerin Helena Volmer.<br />

Die Impulse, die vom treibenden Schenkel<br />

ausgehen, lösen eine Kontraktion dieses<br />

Muskelstranges aus, und dies überträgt<br />

sich vom Rumpf über die Hinterhand und<br />

den Rücken bis hin zum Pferdemaul – eine<br />

Art Kettenreaktion, die in der Theorie auch<br />

als Zahnradmodell beschrieben wird. „In der<br />

Reiter sprache sagen wir, dass wir eine treibende<br />

Hilfe von hinten nach vorn durch den<br />

Körper fließen lassen wollen“, ergänzt Pferdewirtschaftsmeisterin<br />

und Grand-Prix-Ausbilderin<br />

Susanne Miesner.<br />

Zu viel Gas<br />

Damit „alles im Fluss“ ist, muss das Pferd erst<br />

einmal lernen, was es mit der treibenden Hilfe<br />

auf sich hat. Erst vor Kurzem hat Susanne<br />

Miesner ein Buch zur Jungpferdeausbildung<br />

veröffentlicht. Darin beschreibt sie, wie aufwändig<br />

eine solide Jungpferdeausbildung<br />

ablaufen sollte – und an wie vielen Stellen<br />

Dauernder Sporeneinsatz<br />

ist auch in höheren Klassen auf<br />

Turnieren zu oft zu sehen<br />

Damit ein Pferd von hinten über<br />

den Rücken nach vorne in die<br />

Hand hineingaloppiert, muss<br />

der treibende Impuls des Reiters<br />

so stark wie nötig und doch so<br />

gering wie möglich ausfallen<br />

Probleme durch falsche reiterliche Einwirkung<br />

entstehen, die häufig nur über mehr<br />

oder weniger aufwendige Korrekturarbeit gelöst<br />

werden können.<br />

„Zunächst machen wir uns zunutze, dass<br />

das Pferd als Fluchttier von Natur aus vorwärts<br />

will. Vorwärtsgehen sollte mit Schenkeldruck,<br />

vermehrter Kontakt zum Pferdemaul<br />

mit Abfangen der Bewegung verknüpft<br />

werden. Es ist wichtig, in den ersten Monaten<br />

der Ausbildung dem Pferd das Zusam-


Wissen<br />

Welche treibenden Hilfen gibt es?<br />

Treiben wird oft einzig und allein mit<br />

Schenkelhilfen gleichgesetzt. Treibende<br />

Hilfen stehen aber immer im Kontext<br />

miteinander: Nicht nur der Schenkel<br />

treibt, sondern auch die Gewichtshilfe<br />

ist beteiligt. Und nicht umsonst wird oft<br />

vom Konzert der Hilfen gesprochen – das<br />

heißt, zu effektivem Treiben gehören<br />

immer die drei wesentlichen Elemente<br />

Gewicht, Schenkel und auch der Zügel.<br />

Wo der Unterschenkel des Reiters bei<br />

welcher Gangart und Lektion liegt und ob<br />

und wie viel Einfluss das Treiben auf den<br />

Bewegungsablauf des Hinterbeins hat,<br />

hängt davon ab, was der Reiter für Ziele<br />

verfolgt. Man unterscheidet drei Arten<br />

von Schenkelhilfen.<br />

▷ Vorwärtstreibend:<br />

Hierbei liegt der Schenkel am Gurt. Durch<br />

die seitlichen Rumpfbewegungen des Pferdes<br />

entsteht schon ein feiner Impuls, aber<br />

in der Praxis muss der Reiter doch meist<br />

durch ein kurzes Anspannen der Wadenmuskulatur<br />

einen kurzen stärkeren Impuls<br />

auslösen. Wichtig ist erstens der Wechsel<br />

zwischen Anspannen und Entspannen der<br />

Muskulatur, zweitens, dass der Reiter stets<br />

versucht, nach dem Prinzip „so viel wie nötig,<br />

so wenig wie möglich“ zu treiben, und<br />

drittens, dass jede treibende Schenkelhilfe<br />

eine Reaktion beim Pferd auslösen muss!<br />

▷ Vorwärts-seitwärts treibend:<br />

Nur der innere Schenkel kann vorwärtsseitwärts<br />

treiben! Der Unterschenkel liegt<br />

dabei maximal eine Handbreit hinter dem<br />

Gurt und hat beim Treiben vor allem die<br />

Funktion, dass das Pferd wie beispielsweise<br />

beim Schenkelweichen vorwärtsseitwärts<br />

tritt. Er kann aber gleichzeitig<br />

daran beteiligt sein, die Längsbiegung des<br />

Pferdes zu fördern. Wenn ein Schenkel<br />

vorwärts-seitwärts treibt, muss der<br />

Schenkel auf der anderen Seite zwingend<br />

verwahrend einwirken. Damit das funktioniert,<br />

gelten hier genauso die drei oben<br />

beschriebenen Prinzipien!<br />

Der vorwärtstreibende Schenkel sollte am Gurt<br />

liegen. Je nach Anatomie des Reiters kann dies<br />

etwas weiter vorn oder hinten sein<br />

▷ Verwahrend:<br />

Es bedarf besonderer Konzentration, den<br />

verwahrenden Schenkel nicht nur als Begrenzung,<br />

sondern weiterhin auch als treibenden<br />

Schenkel zu benutzen. Der verwahrende<br />

Schenkel ist immer der äußere und<br />

soll durch eine leicht zurückgelegte Position<br />

Einfluss auf Längsbiegung und das äußere<br />

Hinterbein des Pferdes haben, damit es z. B.<br />

in Wendungen nicht nach außen ausweicht,<br />

sondern unter den Schwerpunkt fußt.<br />

Wer vorwärts-seitwärts oder verwahrend<br />

einwirken möchte, legt seinen Unterschenkel<br />

etwas weiter zurück<br />

menspiel der treibenden und verhaltenden<br />

Hilfen verständlich zu machen.“ Miesner<br />

hat oftmals den Eindruck, dass in der Jungpferdeausbildung<br />

zu schnell zu viel aufs Gaspedal<br />

gedrückt wird und die jungen Pferde<br />

ihr Gleichgewicht nicht halten können und<br />

unsicher werden. Dadurch verspannen sie<br />

sich, und es kann keine Losgelassenheit entstehen<br />

– die aber für das Durchlassen der<br />

Reiter hilfen nötig ist.<br />

Falsches Verständnis fürs Treiben<br />

Nicht nur die zu schnelle Ausbildung vieler<br />

Pferde führt dazu, dass das Treiben im Reiteralltag<br />

häufig alles andere als ein „Selbstgänger“<br />

ist – auch in der Ausbildung der Reiter<br />

geht nach Meinung von Helena Volmer vieles<br />

schief. „Es wird oft übersehen, dass wirkungsvolles<br />

Treiben erst möglich ist, wenn<br />

der Reiter diverse andere Voraussetzungen<br />

erfüllt“, sagt die Bewegungstrainerin.<br />

Nicht umsonst gibt es nicht nur eine Skala<br />

der Ausbildung des Pferdes, sondern auch<br />

eine für den Reiter mit den wesentlichen<br />

fünf Punkten:<br />

● Vertrauen und Angstfreiheit<br />

● Emotionale und körperliche<br />

Losgelassenheit<br />

● Gleichgewicht und Rhythmus<br />

● Bewegungsgefühl<br />

● Einwirkung/Hilfengebung<br />

(hier kommt das Treiben ins Spiel!)<br />

Aus Volmers Sicht wird in der reiterlichen<br />

Ausbildung zu schnell vom Reiter verlangt,<br />

dass er die komplexen Vorgänge der Hilfengebung<br />

beherrschen muss. „Ich stelle oft<br />

fest, dass das Fundament aus Gleichgewicht,<br />

Rhythmus und Bewegungs gefühl nicht genügend<br />

im Vor de rgrund steht. Wie soll ein Reiter,<br />

der sich noch mit den Händen oder Beinen<br />

am Pferd festhält, der vielleicht sogar klemmt,<br />

gezielt treiben können – und womöglich noch<br />

fühlen, welchen Effekt seine treibende Hilfe<br />

auf eines der Hinterbeine hat?“<br />

In Helena Volmers Betrieb stehen neben<br />

diversen Einstellern mit sportlichen Ambitionen<br />

auch 22 Schulpferde, auf denen die<br />

Reiter das Zusammenspiel der Hilfen erlernen<br />

bzw. verbessern können. Volmers<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

www.mein-pferd.de<br />

31


BESSER REITEN<br />

Credo: „Erst mal sind bei uns Aufwärmübungen<br />

Pflicht. Die Übungen zielen darauf<br />

ab, dass der Reiter sozusagen seine Rhythmus-<br />

und Gleichgewichtsfähigkeit zum Leben<br />

erweckt, bevor er aufsitzt. Beim Schrittreiten<br />

müssen die Reiter ebenfalls einige<br />

Übungen machen.“ Ziel dieser Übungen<br />

(Beispiele finden Sie auf S. 33) ist unter anderem,<br />

dass der Reiter sich zu Beginn des Trainings<br />

zunächst auf die Bewegungen des Pferdes<br />

ein lässt und auf dieser Grundlage lernt,<br />

Hilfen fein und impulsartig zu geben.<br />

Ein Impuls muss genügen<br />

„Es geht nicht allein darum, dass ein Anfänger<br />

mit der komplexen Aufgabe des Treibens<br />

körperlich überfordert ist“, erklärt Miesner.<br />

„Auch Reiter, die schon bis zur Klasse M oder<br />

höher Erfolg haben, müssen häufig ihre Herangehensweise<br />

an das Treiben überdenken.“<br />

Die Ausbilderin berichtet von einem Schüler,<br />

der „bis zu den Zähnen bewaffnet“, also mit<br />

langen Sporen und Gerte, zu ihr kam und sich<br />

darüber beklagte, dass sein Pferd zwar alle<br />

Lektionen könne, aber die Dinge so mühsam<br />

seien, da das Pferd ständig zu faul sei. „Natürlich<br />

gibt es faule und fleißige Pferde. Aber der<br />

angeblichen Faulheit mit Sporen und Gerte<br />

beizukommen ist der falsche Weg!<br />

Man muss sich klarmachen, dass jeder<br />

treibende Impuls eine Reaktion beim Pferd<br />

auslösen muss – ohne Ausnahme! Viele Reiter<br />

legen ihre Schenkel richtigerweise hinter<br />

dem Gurt an, aber sie drücken, schieben,<br />

pressen oder quetschen – ohne dass sich etwas<br />

beim Pferd verändert. Dadurch stumpft<br />

das Pferd ab, denn es lernt, dass es quasi egal<br />

ist, was der Reiter tut.“ Ihr weit ausgebildeter<br />

Je weiter die Ausbildung des Pferdes<br />

voranschreitet, desto feiner ab gestimmt sollten<br />

auch die treibenden Hilfen erfolgen<br />

Schüler musste einige Wochen auf alle Hilfsmittel<br />

verzichten, und die Effektivität seiner<br />

Hilfen, sein Timing und die Intensität des<br />

Treibens standen im Vordergrund bei der<br />

Auswahl der Übungen und Lektionen (Tipps<br />

zum Ausprobieren: S. 34). „Jeder Impuls muss<br />

beim Pferd ankommen. Als Reiter habe ich<br />

die Aufgabe zu fordern, nicht zu fragen. Ein<br />

treibender Impuls darf auch mal herzhaft<br />

sein, um die gewünschte Reaktion zu erhalten.<br />

Niemals aber darf er ins Leere laufen.“<br />

Alles im Fluss<br />

Die treibende Hilfe soll beim Pferd vom Rumpf<br />

über Hinterhand und Rücken nach vorne in<br />

die weich führende Reiterhand fließen – sie<br />

geht also durch den gesamten Pferdekörper.<br />

Beim Reiter ist das ähnlich: Wirkungs volles<br />

und feines Treiben betrifft mehr als nur den<br />

sich an den Rumpf des Pferdes heranbewegenden<br />

Unterschenkel. „Treiben steht immer<br />

in einem Kontext mit Gewichts- und Zügelhilfen“,<br />

stellt Susanne Miesner fest. „Und damit<br />

dem Reiter das Zusammenspiel seiner Hilfen<br />

gelingt, muss er im gesamten Körper flexibel<br />

bleiben und die Bewegungen, die vom Pferderücken<br />

ausgelöst werden, nach oben bis zum<br />

Kopf und nach unten bis zum Fuß durchlassen.<br />

Ist ein Reiter in der Hüfte fest, kann er den<br />

Schwung nicht über den federnden Absatz<br />

herauslassen. Klemmt er im Oberschenkel,<br />

stockt der Bewegungsfluss genauso.“ Wie ihre<br />

Berufskollegin Helena Volmer macht auch<br />

Susanne Miesner nicht nur die Reiterausbildung,<br />

sondern auch die Ausrüstung teilverantwortlich<br />

für zu steifes und damit ineffektives<br />

Treiben. „Bis hin zu den höchsten Klassen<br />

sehen wir Reiter, die in Sätteln mit viel zu dicken<br />

Pauschen sitzen. Mit dem Oberschenkel<br />

drücken sie gegen die Pausche, als Folge werden<br />

Hüfte und Unterschenkel fest und kön-<br />

Info<br />

Treiben im Springsattel<br />

Georg-Christoph Bödicker kennt das Problem der falschen Vorstellungen vom<br />

Treiben. „Viele Reiter denken: Viel drücken heißt viel vorwärts“, sagt er. „Ich versuche,<br />

zunächst ein Verständnis dafür zu wecken, dass Treiben nicht nur etwas<br />

mit den Unterschenkeln zu tun hat. Treiben ist Körpersprache und ein komplexes<br />

Zusammenwirken verschiedener Faktoren. Als Dressurreiter sitze ich mit länger<br />

herabhängendem Bein auf dem Pferd, als Springreiter mit stärker angewinkeltem<br />

Bein. Das Treiben folgt aber immer denselben Prinzipien: Auf eine Aktion des<br />

Reiters muss eine Reaktion des Pferdes folgen. Im Springsitz ist die Übertragung<br />

der Gewichtshilfen durch die fehlende konstante Verbindung mit dem Gesäß eine<br />

andere. Oberkörperposition, Intensität und Schnelligkeit der Schenkelhilfen haben<br />

dann entscheidenden Einfluss auf den Erfolg des Treibens.“ In seinen Lehrgängen<br />

hat Bödicker oft beobachtet, dass gerade klemmige Pferde fleißiger werden, wenn<br />

der Reiter zwischen Einsitzen und Springsitz wechselt. „Die großen Gelenke des<br />

Reiters werden im leichten Sitz schneller locker, damit wird das Treiben für den<br />

Reiter müheloser und kommt oft auch schneller beim Pferd an.“<br />

Der leichte oder<br />

der Springsitz<br />

können den<br />

Reiter lockerer<br />

machen<br />

32 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


Tipp<br />

Aufwärmen für besseres Treiben<br />

Einen Spagat macht man nicht, ohne sich vorher zu dehnen,<br />

und gezielte Hilfen gebung klappt auch besser, wenn man sich<br />

schon am Boden und beim Schrittreiten darauf vorbereitet.<br />

Hier ein paar Anregungen:<br />

● Vor dem Aufsitzen ein paar Runden führen und dabei gezielt<br />

einige Lockerungsübungen machen, z. B. auf Zehenspitzen<br />

gehen, auf den Innen- und Außenkanten der Füße, auf den<br />

Absätzen. Auch gut: Knie beim Gehen etwas anheben und den<br />

gegenüberliegenden Ellbogen in Richtung Knie führen (das<br />

schult die sogenannte Cross-Koordination, sodass man den<br />

Bewegungen des Pferdes in Wendungen leichter folgen kann).<br />

● Beim Schrittreiten „Fahrrad fahren“ – jeweils erst das eine, dann<br />

das andere Bein aus der Hüfte heraus anheben und wieder<br />

locker am Sattel anlegen.<br />

● Augen schließen und die Rechts-links-Bewegung des Rumpfes<br />

auf sich wirken lassen.<br />

● Für lockere Gelenke: Bügel kürzer, ein paar Runden im leichten<br />

Sitz traben (nicht leichttraben!) und galoppieren.<br />

Um das Rhythmusgefühl des<br />

Reiters zu schulen, helfen<br />

Übungen im Leichttraben.<br />

● Rhythmusübung im Sattel: Beim Leichttraben einmal aufstehen,<br />

zweimal aussitzen, wieder aufstehen, wieder zweimal<br />

einsitzen usw. Variation: einmal aufstehen, dreimal ein sitzen.<br />

Beim Galoppieren: einen Galoppsprung einsitzen, einen<br />

Galoppsprung aufstehen – immer im Wechsel.<br />

nen nicht mehr mitschwingen. Mit dem Ergebnis,<br />

dass ihre treibenden Hilfen nur einen<br />

Bruchteil dessen bewirken, was sie könnten“,<br />

berichtet Miesner.<br />

Treiben heißt nicht nur „vorwärts“<br />

Zwar dient das Treiben zuerst dazu, das Pferd<br />

vorwärts zu reiten, aber mit zunehmender<br />

Ausbildung bestimmt der Reiter durch seine<br />

treibenden Hilfen weit mehr: nämlich Tempo,<br />

Gangart, Gangmaß (z. B. versammelter<br />

oder starker Trab) und Richtung (nicht nur<br />

Zirkel, sondern auch z. B. Lektionen wie Traversalen).<br />

„Schaut man genauer hin, kann<br />

man sagen, dass das Treiben einen wesentlichen<br />

Einfluss auf alle sechs Punkte der Skala<br />

der Ausbildung hat“, fasst Helena Volmer<br />

zusammen. „Natürlich ist es am Ende das Zusammenspiel<br />

von treibenden und verhaltenden<br />

Hilfen, über das wir sprechen. Aber das<br />

Treiben ist einer der Hauptbestandteile!“<br />

Um den maximalen Effekt zu erreichen,<br />

rät Volmer ihren Schülern, stets mit einer<br />

leichten Hilfe, einer leichten Berührung, zu<br />

beginnen und zu prüfen, ob diese feine Hilfe<br />

beim Pferd ankommt. Gelingt das nicht, wird<br />

die Hilfe verstärkt – zügig und mit einem<br />

schnellen, kräftigeren Impuls der Wade, bis<br />

das Pferd die gewünschte Reaktion zeigt.<br />

„Damit Pferde nicht unter Dauer beschuss<br />

der treibenden Hilfe geraten, muss der Reiter<br />

lernen, dass er nach dem ausgeübten Druck<br />

wieder alles loslässt. Und beim nächsten Impuls<br />

wieder klärt, wie intensiv er sein muss.<br />

Timing und Intensität müssen immer wieder<br />

neu justiert werden!“<br />

Folgen für das Pferd<br />

Der Druck, den ein dauernd klopfender oder<br />

klemmender Schenkel auf den Rumpf des<br />

Pferdes auslöst, kann fatale Folgen haben:<br />

„Ich habe schon Pferde erlebt, die regelrecht<br />

die Luft anhalten, wenn der Reiter treibt –<br />

weil es Druck ohne Unterlass ist oder sogar<br />

noch bei jedem Schritt, Tritt und Sprung der<br />

Sporen in den Bauch sticht. Die Losgelassenheit<br />

ist dahin, das Pferd wird immer klemmiger.<br />

Manche Pferde äppeln beim Reiten<br />

gar nicht mehr, weil der Bauchraum so angespannt<br />

ist!“<br />

Sporen und Gerte?<br />

Klassische Hilfsmittel, die beim Treiben<br />

unterstützen können, sind Sporen und<br />

Gerte. Unsere Experten sind sich aber einig,<br />

dass der Gebrauch dieser Hilfsmittel<br />

fast immer übertrieben wird. „Ein Anfänger<br />

sollte lernen, aus dem Körper heraus<br />

zu treiben und nicht mit Sporen und Gerte“,<br />

betont Helena Volmer. „Es macht Sinn,<br />

dass in internationalen Dressurprüfungen<br />

ohne Gerte geritten wird“, ergänzt Susanne<br />

Miesner, die selbst bis Grand Prix erfolgreich<br />

war. Beide Expertinnen stellen klar,<br />

dass Sporen und Gerte kurzfristig zur Korrektur<br />

klemmiger oder abgestumpfter Pferde<br />

als Unterstützung zwar benutzt werden<br />

können, dass das Ziel aber sein muss,<br />

sein Pferd so fein auf die Hilfen gebung abzustimmen,<br />

dass diese Hilfsmittel unnötig<br />

sind. „Wer sein Pferd ohne Sporen und Gerte<br />

nicht vorwärts bekommt, muss sein Treiben<br />

verändern und nicht seine Bewaffnung“,<br />

bringt es Helena Volmer auf den Punkt.<br />

Galopp im leichten Sitz löst Reiter<br />

und Pferd gleichermaßen<br />

Fotos: Lafrentz (3), www.toffi-images.de (3), von Hardenberg (1), Slawik (1), Caremans (1), Kube, privat (2), Zeichnung: Alphabeta<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

www.mein-pferd.de<br />

33


für wirkungsvolles Treiben<br />

BESSER REITEN<br />

Ubungen und Lektionsfolgen<br />

▷ Schritt-Trab-Übergänge<br />

auf dem Zirkel<br />

Legen Sie einen Zirkel an. Beginnen Sie, an<br />

zwei der vier Zirkelpunkte prompte Übergänge<br />

zu fordern, zum Beispiel Antraben<br />

bei A, Durchparieren kurz vor X, nach einer<br />

bis zwei Pferdelängen wieder Antraben.<br />

Achten Sie konsequent darauf, dass das<br />

Pferd auf Ihre treibende Hilfe prompt,<br />

sofort, unverzüglich antrabt. Falls nicht:<br />

Verstärken Sie die Hilfe impulsartig und<br />

schnell. Gelingt dies, verringern Sie die<br />

Hilfe wieder!<br />

Variation: Erhöhen Sie die Anzahl der<br />

Übergänge, indem Sie an jedem Zirkelpunkt<br />

kurz durchparieren und wieder<br />

antraben.<br />

▷ Gangmaß verändern<br />

Wenn man Übergänge innerhalb einer<br />

Gangart reitet, verändert man das Gangmaß,<br />

zum Beispiel vom Arbeitsgalopp<br />

zum Mittelgalopp und wieder zurück zum<br />

Arbeitsgalopp. Auch hier ist der Zirkel<br />

zunächst die Bahnfigur der Wahl. Legen<br />

Sie auf der offenen Zirkelseite zu, kehren<br />

Sie ab der geschlossenen Zirkelseite zurück<br />

zum Arbeitsgalopp. Achten Sie darauf,<br />

beim Zulegen mit der Hand etwas nachzugeben,<br />

sodass das Treiben seine volle<br />

Wirkung entfalten kann und das Pferd<br />

nicht nur deutlicher vorwärts geht, sondern<br />

sich auch im Rahmen erweitern kann,<br />

das heißt, den Hals und die Stirn-Nasen­<br />

Linie etwas mehr nach vorne bringt.<br />

Mit vielen Übergängen gelingt auf Dauer<br />

die feine Hilfengebung immer besser<br />

Variation: Reiten Sie ganze Bahn, nutzen<br />

Sie die lange Seite für Arbeitsgalopp und<br />

legen Sie an der kurzen Seite zu. Viele<br />

Pferde kommen auf kürzeren Linien wie<br />

der kurzen Seite eher zurück. Um die<br />

Sensi bilität auf die treibenden Hilfen zu<br />

ver bessern, ist es daher hilfreich, eher<br />

auf der kurzen Linie zuzulegen und auf<br />

der längeren Linie verhaltener zu reiten.<br />

Hinweis: Diese Übung kann man natürlich<br />

auch im Trab reiten.<br />

▷ Kombination aus Seitengängen<br />

und Verstärkungen<br />

Wechseln Sie im Training zwischen<br />

Schenkel weichen – oder bei weiter ausgebildeten<br />

Pferden Schultervor/Schulterherein<br />

– und einer Trabverstärkung. Wenden<br />

Sie zum Beispiel an der kurzen Seite<br />

auf die zweite Viertel linie ab und reiten<br />

Sie bis zum Hufschlag Schenkelweichen.<br />

Danach folgt eine Trabverstärkung auf dem<br />

Hufschlag bis zum Ende der langen Seite<br />

(siehe Zeichnung). Vor der Ecke kehren Sie<br />

zurück zum Arbeitstempo.<br />

Variation für weiter ausgebildete Pferde:<br />

Reiten Sie zu Beginn der langen Seite einige<br />

Pferdelängen Schultervor oder Schulterherein.<br />

In der Mitte der langen Seite kann<br />

eine Volte folgen, daraus verlängern Sie die<br />

Trabtritte bis zum Ende der langen Seite.<br />

Tempo wieder einfangen und im Arbeitstempo<br />

weiterreiten.<br />

▷ Gehfreude wecken<br />

Besonders abgestumpfte Pferde, die<br />

kaum noch auf treibende Hilfen reagieren,<br />

müssen erst wieder ihre Gehfreude<br />

entdecken. Hier sind der Kreativität des<br />

Reiters keine Grenzen gesetzt: Gehen Sie<br />

zum Beispiel ins Gelände und lassen Sie<br />

das Pferd zunächst am längeren Zügel<br />

schnell galoppieren. Nutzen Sie die Vorteile<br />

eines Führpferdes. Longieren Sie das Pferd<br />

zwei oder drei Tage hintereinander und<br />

fordern Sie frisches Tempo in den Gangarten.<br />

Achten Sie immer darauf, positives<br />

Feedback zu geben, wenn die Reaktion auf<br />

Ihre treibenden Hilfen besser wird!<br />

Diese Übungen sind leicht in das<br />

tägliche Training einzubauen.<br />

Der häufige Wechsel von Gangart<br />

und Gangmaß hilft, faule Pferde<br />

fleißiger zu machen<br />

F<br />

B<br />

M<br />

Trabverstärkung<br />

ÜBUNG 3<br />

A<br />

ÜBUNG 1<br />

ÜBUNG 2<br />

C<br />

Ein schneller<br />

Galopp im<br />

Gelände weckt die<br />

Gehfreude<br />

Trab<br />

Schritt<br />

Schenkelweichen<br />

Arbeitsgalopp<br />

Mittelgalopp<br />

K<br />

E<br />

H<br />

34 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


BESSER REITEN<br />

Links: Knotenhalfter sind deutlich<br />

schärfer, als viele denken<br />

So?<br />

Oder doch ganz anders?<br />

1<br />

Nach FN und<br />

englisch zu reiten<br />

ist nicht pferdefreundlich<br />

Was heutzutage als Englisch Reiten oder FN-<br />

Reiten bezeichnet wird, entspricht meist<br />

einer schlechten Umsetzung der klassischen<br />

deutschen Reitlehre. Letztere basiert<br />

auf den Lehren und Erfahrungen der klassischen<br />

Reitmeister. Anfang des 20. Jahrhunderts<br />

wurde sie in der Heeresdienstvorschrift<br />

12 (H.Dv.12) und durch die Ausbilder<br />

der Kavallerieschule Hannover an modernere<br />

Verhältnisse angepasst. Heutzutage ist<br />

sie festgehalten in den „Richtlinien für Reiten<br />

und Fahren“ der FN, und sie ist nach wie<br />

vor die Grundlage der Reiterei weltweit und<br />

die meistverwendete Lehre überhaupt. Sie<br />

ist pferdefreundlich sowie praxisorientiert<br />

und führt, richtig angewandt, zu zufriedenen<br />

Pferden, die in Leichtigkeit geritten werden<br />

können und langfristig gesund bleiben.<br />

Leider versäumen viele, die angeblich nach<br />

dieser Lehre reiten und ausbilden, sie selbst<br />

gründlich zu erlernen und die entsprechenden<br />

Lehrwerke zu lesen und anzuwenden.<br />

Dies führt dann zu unzufriedenen Pferden<br />

und Reitschülern, die sich verständlicherweise<br />

nach Alternativen umsehen. Auch wird<br />

immer wieder nach Abkürzungen und vermeintlichen<br />

Verbesserungen und Vereinfachungen<br />

der Reitlehre gesucht. „Vorne ziehen<br />

und hinten stechen“ sowie die „Rollkur“ und/<br />

oder „Low, Deep, Round (LDR)“ sowie diverse<br />

Hilfszügelverschnallungen haben nichts,<br />

aber auch gar nichts mit dem Reiten nach<br />

der klassischen Lehre zu tun. Ebenso wenig<br />

ein falsch verstandenes Vorwärts, ein Zentrifugieren<br />

der Pferde in hoher Geschwindigkeit<br />

und eng verschnallt an der Longe oder in<br />

eine starre Sitzform gepresste Reiter.<br />

MYTHEN RUND UMS PFERD Jeder kennt sie: die Irrtümer und Mythen,<br />

die seit Jahrzehnten durch die Reithallen geistern. Die Autorin Dagmar<br />

Ciolek hat in ihrem Buch „135 Mythen der Reitlehre“ viele von ihnen<br />

zusammengestellt. Und, kennen Sie schon die folgenden fünf?<br />

Text: Redaktion<br />

2<br />

Reiten lernt man<br />

nur durch Reiten!<br />

An diesem Grundsatz ist nur ein Wörtchen<br />

falsch, nämlich das „nur“. Einfach „nur“ aufs<br />

Pferd setzen und losreiten, davon lernt man<br />

das Reiten leider auch nicht. Sonst wäre Reitenlernen<br />

ja einfach. Selbst ein ausbalancierter,<br />

losgelassener Sitz entwickelt sich nicht<br />

36 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


nur durch das Reiten. Oft ist auch eine Schulung<br />

am Boden sinnvoll und notwendig, besonders<br />

in der heutigen Zeit, in der es wenig<br />

Raum für Ausgleichssport gibt und viele<br />

Menschen überwiegend an Schreibtischen<br />

arbeiten. Man kann als Reiter und gerade<br />

wenn man noch jung oder nicht so erfahren<br />

ist auch unendlich viel durch Zuschauen lernen.<br />

Damit belastet man kein Pferd, schult<br />

aber den eigenen Blick, vor allem für die Zufriedenheit<br />

des Pferdes und die Harmonie<br />

zwischen Reiter und Pferd. Auch wenn nicht<br />

auf hohem oder gutem Niveau geritten wird,<br />

kann man daraus etwas lernen. Man kann<br />

sich überlegen, wie Lösungsmöglichkeiten<br />

aussehen könnten, was man vielleicht besser<br />

machen könnte. Was man nicht kultivieren<br />

sollte, ist „Fehlerguckerei“ an der Bande mit<br />

dem Winkelmesser und das ungefragte Erteilen<br />

von schlauen Ratschlägen; das entspricht<br />

nicht dem Reitertakt. Aber man kann sich auf<br />

die Suche nach Positivem machen. Und wenn<br />

man etwas nicht versteht, was man sieht,<br />

dann kann man den Reiter freundlich fragen,<br />

was er da genau macht. Auch das kann sehr<br />

aufschlussreich sein, genau wie das Schauen<br />

von Lehrvideos. Zum Reiten gehören im<br />

Ideal fall (der nie erreicht wird) Gefühl, Einfühlungsvermögen<br />

in ein anderes Wesen, Talent,<br />

Wissen, Körperbeherrschung, Balance,<br />

Geduld, Musikalität und Taktgefühl, Selbstdisziplin<br />

und Durchhaltevermögen, aber auch<br />

Nachsicht, Umsicht, Humor und Behutsamkeit<br />

sowie Konsequenz und Gelassenheit des<br />

Körpers und des Geistes.<br />

3<br />

Das Pferd muss an<br />

die Hand ziehen!<br />

Das ist ein in Mode gekommener Ausdruck<br />

dafür, dass das Pferd die Anlehnung suchen<br />

sollte. Es geht beim Reiten aber ums Dehnen<br />

und nicht ums Ziehen! Als Fachausdruck gibt<br />

es das Ziehen aus gutem Grund nur in folgenden<br />

Zusammenhängen: Das Pferd zieht zum<br />

Sprung, es zieht den Sprung an oder es zeigt<br />

einen deutlichen Zug nach vorwärts. Das bedeutet,<br />

dass es gern springt und von sich aus<br />

beschleunigt, wenn in Richtung eines Hindernisses<br />

geritten wird, bzw. dass es gut vor<br />

und an den vorwärtstreibenden Hilfen steht.<br />

Wenn ein Pferd „nicht zieht“, dann schwingt<br />

es nicht im gesicherten Vorwärts durch den<br />

Körper. Wieso sollte das Pferd „an die Hand<br />

ziehen“? Wenn es zieht, dann zieht es den<br />

Zügel und die Reiterhand nach vorn und<br />

spannt noch dazu die Halsmuskulatur in unerwünschter<br />

Weise an. Wir sehen das bei Pferden,<br />

die sich auf die Hand legen, was ja im<br />

Prinzip ein zu starkes An-die-Hand-Ziehen<br />

bedeutet. Diese Pferde bilden einen deutlich<br />

erkennbaren, ausgeprägten Unterhals aus.<br />

Wollen wir das wirklich? Wollen wir nicht<br />

eher ein Pferd, welches sich aufgrund der fließenden<br />

Vorwärtsbewegung, der aktiven Hinterhand-<br />

und Rückenmuskulatur an die Hand<br />

herandehnt? Das ist bewegungstechnisch etwas<br />

ganz anderes als Ziehen: Beim Herandehnen<br />

längt das Pferd seine Oberlinie, beim Ziehen<br />

drückt es gegen das Gebiss und schiebt<br />

aktiv das Maul vor. Es ist zwar nachvollziehbar,<br />

was die Ausbilder meinen, wenn sie diesen<br />

Ausdruck verwenden, aber er ist ausgesprochen<br />

unglücklich gewählt!<br />

4<br />

Zur sanften Pferdeausbildung<br />

ist ein<br />

Knotenhalfter gut geeignet<br />

Ein Knotenhalfter wirkt direkt auf die ungeschützten<br />

und ungepolsterten Knochen und<br />

Nervenpunkte des Gesichts sowie auf das<br />

Genick des Pferdes. Es ist ein sehr scharfes<br />

Ausbildungsinstrument, fast zu vergleichen<br />

Links: Bei guten Reitern kann man durch<br />

Beobachtung ebenfalls viel lernen<br />

Oben: Ein unerfahrenes Pferd in<br />

Kombina tion mit einem schwachen Reiter<br />

ist keine gute Kombination<br />

mit einer Kandare! Gern wird es als Ausbildungsgegenstand<br />

für junge oder schwer<br />

händelbare Pferde angepriesen, doch gerade<br />

bei diesen kann das Knotenhalfter Schäden<br />

verursachen oder ihnen zumindest Schmerzen<br />

zufügen. Es ist wenig sinnvoll, ansonsten<br />

immer alles möglichst pferdefreundlich<br />

abzupolstern und dann im Gegenzug ein<br />

Knotenhalfter, gern verniedlichend „Knoti“<br />

genannt, zu verwenden. Mit einem Knotenhalfter<br />

sollte man, wenn überhaupt, sehr<br />

vorsichtig umgehen und es allenfalls impulsartig<br />

einsetzen. Auf gar keinen Fall dürfen<br />

Pferde mit einem Knotenhalfter angebunden<br />

oder longiert werden!<br />

5<br />

Mein Pferd und ich<br />

lernen von Beginn an<br />

alles zusammen<br />

Ausschließlich zusammen mit dem eigenen<br />

Pferd zu lernen ist schwierig. Das ist vergleichbar<br />

mit zwei Fahranfängern, die sich gegenseitig<br />

das Autofahren beibringen möchten, obwohl<br />

keiner von beiden je gelernt hat, wie es<br />

wirklich geht. Ohne einen Fahrlehrer wird das<br />

schwierig bis lebensgefährlich. Auf Pferd und<br />

Reiter übertragen, stellt sich die Frage: Wie<br />

will ich dem Pferd eine Hilfe oder eine Lektion<br />

beibringen oder erklären, wenn ich sie selbst<br />

weder geritten noch gefühlt habe?<br />

Fotos: IMAGO/Imagebroker (2), /Rau (1)<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

www.mein-pferd.de<br />

37


Stalltechnik / Pferdehaltung<br />

Mein Pferd erscheint monatlich in der<br />

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ANZEIGENSCHLUSS<br />

für November 2023<br />

ist am 11.09.2023 und<br />

erscheint am <strong>10</strong>.<strong>10</strong>.2023<br />

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IMPRESSUM<br />

Geschäftsführung<br />

Alexandra Jahr<br />

Chefredakteurin<br />

Lara Wassermann<br />

Redaktion<br />

Nora Dickmann, Aline Müller, Inga<br />

Dora Schwarzer, Anna Castronovo,<br />

Alexandra Koch<br />

Autoren und Mitarbeiter<br />

dieser Ausgabe<br />

Andreas Ackenheil, Dominique<br />

Wehrmann<br />

Bildredaktion<br />

Daniel Elke<br />

Director Content<br />

Michael Werner<br />

Art-Director<br />

Heico Forster<br />

Grafik<br />

Dirk Bartos (CvD-Grafik),<br />

Andrea Schmidt<br />

Lithographie<br />

Henrik Teudt (Ltg.),<br />

Katja Mucke-Koopmann<br />

Internet<br />

www.mein-pferd.de<br />

Produktionsmanagement:<br />

Ilja Badekow, Sybille Hagen,<br />

Andreas Meyer<br />

Lithographie:<br />

Henrik Teudt (Ltg.),<br />

Katja Mucke-Koopmann<br />

Bestellung von Einzelheften:<br />

Aktuelle und ältere Ausgaben sind<br />

versandkostenfrei für den aktuellen<br />

Heftpreis von 5,50 € zu bestellen<br />

unter www.mein-pferd.de/einzelhefte<br />

(Preise für A und CH sind aufgeführt,<br />

weitere auf Anfrage) oder<br />

per E-Mail: abo@mein-pferd.de<br />

Director Sales<br />

Lasse Drews, Tel: 040 38906-274<br />

E-Mail: lasse.drews@jahr-media.de<br />

Rainer Propp, Tel: 040 38906-285<br />

E-Mail: rainer.propp@jahr-media.de<br />

Head of Sales<br />

Janina Jacobsen,<br />

Tel: 040 38906-260<br />

E-Mail:<br />

janina.jacobsen@mein-pferd.de<br />

Head of Online Sales<br />

Nadine Probst,<br />

Tel: 040 38906-280<br />

E-Mail:<br />

nadine.probst@jahr-media.de<br />

Media Sales<br />

Melanie Burchard,<br />

Tel: 040 38906-474<br />

E-Mail:<br />

melanie.burchard@mein-pferd.de<br />

Senior Key Account Manager<br />

Thomas Quast,<br />

Tel: 040/ 389 06-473<br />

E-Mail:<br />

thomas.quast@jahr-media.de<br />

Anzeigenpreisliste<br />

Nr. 18 vom 1. Januar 2023<br />

aktuell<br />

Hamsterweg 17<br />

54550 Daun<br />

Vertrieb<br />

Einzelverkauf<br />

DMV Der Medienvertrieb GmbH &<br />

Co. KG, Meßberg 1, 20086 Hamburg,<br />

www.dermedienvertrieb.de<br />

Abonnement<br />

DPV Deutscher Pressevertrieb<br />

GmbH, Postfach 57 04 02,<br />

22773 Hamburg<br />

www.dpv.de<br />

Abonnentenpreis 12 Hefte,<br />

Inland: 66,00 € inkl. Versandgebühr,<br />

Österreich: 73,20 €, Schweiz: <strong>10</strong>6,80<br />

SFr, übriges europäisches Ausland:<br />

91,20 €, außereuropäisches Ausland:<br />

158,40 €. Für persönliche Mitglieder<br />

der Deutschen Reiterlichen<br />

Vereinigung (FN) gilt der ermäßigte<br />

Bezugspreis von 52,50 €.<br />

ISSN 1861-4205<br />

Director Marketing<br />

Lasse Abraham<br />

marketing@jahr-media.de<br />

Druck Walstead Central Europe,<br />

ul. Obr. Modlina 11, 30-733 Kraków<br />

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Rechte<br />

© Mein Pferd, soweit nicht anders<br />

angegeben. Keine Haftung für unverlangt<br />

eingesandte Manuskripte,<br />

Bilder, Dateien und Datenträger.<br />

Kürzung und Bearbeitung von<br />

Beiträgen und Leserbriefen bleiben<br />

vorbehalten. Zuschriften und Bilder<br />

können ohne ausdrücklichen<br />

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Leserservice: 040 - 389 06-880<br />

23.01<br />

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Redaktion Mein Pferd<br />

Jürgen-Töpfer-Straße 48<br />

22763 Hamburg<br />

Tel: 040 38906-475<br />

E-Mail:<br />

redaktion@mein-pferd.de<br />

www.jahr-media.de<br />

38 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


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Ersatzlieferung vorbehalten. Der Prämienversand erfolgt nach Zahlungseingang. Zahlungsziel: 14 Tage nach Rechnungserhalt. Es besteht ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Anbieter des Abonnements ist JAHR<br />

MEDIA GmbH & Co. KG. Belieferung, Betreuung und Abrechnung erfolgen durch DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH als leistenden Unternehmer.


HALTUNG & GESUNDHEIT<br />

Allergien können durch alles<br />

Mögliche ausgelöst werden,<br />

wie beispielsweise Pollen<br />

Wie gut kennen Sie sich aus mit<br />

Allergien bei<br />

Pferden?<br />

WISSEN Allergien beim Pferd haben viele Gesichter,<br />

Auslöser und Folgen. Doch woher kommen sie überhaupt,<br />

und wie gut kennen Sie sich damit aus?<br />

Text: Nora Dickmann<br />

5. Welche Art von Allergie gibt<br />

es nicht?<br />

a) Kontaktallergie<br />

b) Kornallergie<br />

c) Sommerekzem<br />

d) Schimmelsporenallergie<br />

1. Was bedeutet „Allergie“, aus dem<br />

Altgriechischen übersetzt?<br />

a) Fremdreaktion<br />

b) Allergie der Haut<br />

c) Allergie der Atemwege<br />

d) Reaktion auf äußere Einflüsse<br />

2. Was ist kein typisches Allergiesymptom<br />

bei Pferden?<br />

a) Husten<br />

b) Hautreaktionen<br />

c) Fesselträgerschaden<br />

d) Atemgeräusche<br />

3. Wie macht sich eine Pollenallergie<br />

bei Pferden nicht bemerkbar?<br />

a) Tränende Augen<br />

b) Nasenausfluss<br />

c) Husten<br />

d) Nasenbluten<br />

4. Was löst das Sommerekzem aus?<br />

a) Kriebelmücke<br />

b) Zecke<br />

c) Biene<br />

d) Bremse<br />

6. Wie lassen sich Allergien<br />

langfristig verbessern?<br />

a) Das Pferd darf nur noch draußen<br />

leben<br />

b) Das Pferd muss Antibiotika<br />

bekommen<br />

c) Eine Optimierung von Haltungsund<br />

Fütterungsbedingungen sollte<br />

stattfinden<br />

d) Allergien kann man nicht lindern<br />

42 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


7. Leidet das Pferd unter einer<br />

Allergie der Haut, dann hilft es<br />

nicht, wenn …<br />

a) … antibakterielle Shampoos<br />

verwendet werden<br />

b) … die betroffenen Hautpartien mit<br />

Silberspray eingesprüht werden<br />

c) … Leinöl, das über das Futter gegeben<br />

wird, verwendet wird<br />

d) … bestimmte Medikamente, wie<br />

Kortison, verschrieben werden<br />

Pusteln, Ekzem oder Nasenfluss – die<br />

Symptome von Allergien sind vielfältig<br />

8. Wie wird festgestellt, ob das Pferd<br />

unter Allergien leidet?<br />

a) Mithilfe eines Bluttests<br />

b) Mithilfe eines Abstriches im<br />

Nasenraum<br />

c) Mithilfe einer Urinprobe<br />

d) Mithilfe von Hautproben<br />

9. Welche der Therapien, die sich<br />

in der Humanmedizin bewährt<br />

haben, wird nicht bei Pferden<br />

angewendet?<br />

a) Hyposensibilisierung<br />

b) Eigenbluttherapie<br />

c) Operation<br />

d) Gegensensibilisierung<br />

Mittels Bluttest kann der Tierarzt den<br />

Auslöser der Allergie bestimmen<br />

11. Welche Maßnahme, um<br />

Pollenallergikern das Leben zu<br />

erleichtern, hilft nicht?<br />

a) Pferde können gar nicht an einer<br />

Pollenallergie wie wir Menschen –<br />

etwa unter Heuschnupfen – leiden<br />

b) Pollen verfangen sich in Haut und<br />

Haar. Darum kann es hilfreich sein,<br />

das Pferd mit einem nassen Tuch<br />

abzuwischen oder es abzuspritzen<br />

c) Das Heu sollte vor dem Fressen<br />

gewaschen und/oder angefeuchtet<br />

werden<br />

d) Eine Aufstallung während besonders<br />

schlimmer Tage kann ratsam sein,<br />

damit das Pferd den Pollen nicht<br />

noch mehr ausgesetzt ist<br />

12. Wie viel Prozent aller<br />

Behandlungen führen zu einer<br />

Besserung?<br />

a) Circa 40 Prozent<br />

b) Circa 50 Prozent<br />

c) Circa 80 Prozent<br />

d) Circa 90 Prozent<br />

13. Was produzieren Pferde, ähnlich<br />

wie Menschen, bei einer Allergie?<br />

a) Testosteron<br />

b) Immunglobuline<br />

c) Vitamin D3<br />

d) CAST<br />

<strong>10</strong>. Die Anreicherung von Giftstoffen<br />

und Schwermetallen im Pferdekörper<br />

kann ebenfalls zu Allergien<br />

führen. Wodurch kann dieses Zuviel<br />

an Toxinen nicht entstehen?<br />

a) Wurmkuren<br />

b) Impfungen<br />

c) Luftverschmutzung<br />

d) Leckerli<br />

Wussten Sie, dass<br />

das Sommerekzem<br />

auch eine Allergie ist?<br />

Auswertung<br />

<strong>10</strong>–13 Punkte:<br />

Sie sind ein richtiger Experte. Ihnen<br />

macht niemand etwas vor.<br />

5–9 Punkte:<br />

Sie kennen sich schon recht gut aus,<br />

müssen aber noch etwas lernen.<br />

0–4 Punkte:<br />

Ihr Pferd ist sicher gut versorgt – trotzdem<br />

gibt es noch Nachholbedarf!<br />

Lösungen: 1a), 2c), 3d), 4a), 5b), 6c), 7b), 8a), 9c), <strong>10</strong>d), 11a), 12c), 13b)<br />

Fotos: Adobe Stock/ImageSine (1), IMAGO/Rau (1), slawik.com (2)<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

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THEMA DES MONATS<br />

Gesunder<br />

Reiterrücken<br />

DYNAMISCHE STABILITÄT Stabil und mobil zugleich<br />

muss der Rücken sein, damit sich der Reiter korrekt<br />

auf dem sich bewegenden Pferd ausbalancieren kann.<br />

Das Problem? Die meisten Bewegungen im Rücken<br />

sind vom Kopf gar nicht oder nur bedingt beeinflussbar.<br />

Deshalb muss der Reiter so viele Informationen über<br />

seinen Körper sammeln wie möglich<br />

Text: Inga Dora Schwarzer<br />

Der Rücken des Reiters wird im Sattel stark belastet – gut, wenn<br />

man weiß, wie rückenschonendes Reiten gelingen kann<br />

44 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


TIPPS TO GO<br />

Unsere Tipps können<br />

Sie gratis auf Ihr Handy<br />

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<strong>10</strong>/2023<br />

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45


THEMA DES MONATS<br />

Eles cus, id ut lique quiae. Otate ipsunt as mossi<br />

dion exped magnitibeat eius, que litibus est et<br />

eum essin con nost, solum eum qui cus<br />

Der Rücken ist ein kleines Wunderwerk<br />

der Natur. „Man kann ihn<br />

beugen und strecken, zu beiden<br />

Seiten neigen und drehen, also in<br />

alle drei Dimensionen bewegen.<br />

Gleichzeitig koordiniert der Rumpf mithilfe<br />

des Rückens die Bewegungen der Arme und<br />

Beine und stabilisiert das ganze Bewegungssystem.<br />

Ohne Stabilität im Rücken ist kein<br />

UNSERE EXPERTIN<br />

Susanne von Dietze<br />

ist Krankengymnastin,<br />

Dressurreiterin,<br />

Ausbilderin<br />

und<br />

Richterin.<br />

Ihr Wissen<br />

ermöglicht<br />

ihr ein<br />

sensibles<br />

Verständnis für das komplexe Bewegungssystem<br />

von Reiter und Pferd, das<br />

sie in ihrem Reitunterricht sowie auf<br />

Lehrgängen im In- und Ausland weitergibt.<br />

Neu ist „Gyrokinesis für Reiter“, ein<br />

spezifisches Aufwärmprogramm, das<br />

sie vor Ort oder online anbietet.<br />

Gleichgewicht möglich“, schreibt die Ausbilderin<br />

und Physiotherapeutin Susanne von<br />

Dietze aus Israel in „Rücksicht auf den Reiterrücken“.<br />

Gerade die Beweglichkeit in alle<br />

Richtungen mache ihn stabil. „In der Physiotherapie<br />

wird dieser nur scheinbare Gegensatz<br />

als dynamische Stabilität des Rückens<br />

bezeichnet“, erläutert die Expertin. Diese<br />

Funktion erkläre auch seine Hauptaufgabe,<br />

nämlich die Balance immer wieder neu herzustellen<br />

und zu halten.<br />

Aufbau der Wirbelsäule<br />

Diesen Kontrast spiegelt die Wirbelsäule, die<br />

wie ein Turm aus einzelnen aufeinandergesetzten<br />

Wirbeln aufgebaut ist, ebenfalls wider.<br />

„Das Wort Wirbel steht für Bewegung<br />

in alle Richtungen, das Wort Säule für Stabilität<br />

und Stärke“, erklärt die Ausbilderin. Zugleich<br />

ähnelt sie einer Kettenkonstruktion<br />

mit vielen einzelnen Gliedern, die Stöße und<br />

Schwingungen viel besser abfangen kann<br />

als beispielsweise ein fester Stab. Durch ihre<br />

charakteristische Doppel-S-Form kann Bewegungsenergie<br />

besonders gut weitergeleitet<br />

werden. „Dieser typische, individuell mal<br />

mehr, mal weniger ausgeprägte Aufbau gibt<br />

ihr die Möglichkeit, ideal auf Zug- und Druckbelastungen<br />

reagieren zu können“, erklärt<br />

Susanne von Dietze.<br />

Aber nicht jeder Abschnitt weist die gleiche<br />

Beweglichkeit auf. Der beweglichste Teil<br />

Kann der Reiter seinen Rücken nicht gut wahrnehmen<br />

und kontrollieren, zeigen sich verschiedene<br />

Fehlhaltungen im Oberkörper. Diese wiederum<br />

führen zu Folgefehlern: falsche Beckenstellung, zu<br />

hoch, zu tief oder ungleich hoch getragene Hände,<br />

durchgedrückte oder hochgezogene Absätze sowie<br />

klemmende Oberschenkel<br />

ist die Halswirbelsäule. „Dort kann man sich<br />

in alle Richtungen bewegen. In der Brustwirbelsäule<br />

ist die Beweglichkeit schon durch<br />

die Rippen und den Brustkorb deutlich eingeschränkt.<br />

Hier kann man sehr schlecht<br />

beugen oder strecken, sich nur bedingt zur<br />

Seite neigen, dafür aber umso besser drehen,<br />

In der Lendenwirbelsäule ist die Drehung<br />

fast nicht möglich, Seitneigung nur begrenzt,<br />

dafür kann man gut beugen und strecken“,<br />

sagt von Dietze. Die Ursache dafür ist im<br />

Aufbau der einzelnen Wirbel zu finden.<br />

46 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


Leichttra be n<br />

Aufstehen neu gedacht<br />

Das Leichttraben werde häufig auf eine Pflichtübung während<br />

der Lösungsphase reduziert, bemängelt Susanne von Dietze.<br />

Dabei bietet es nicht nur eine Fülle rückenfreundlicher Lösungen,<br />

sondern lässt sich auch von Fortgeschrittenen nutzen<br />

▷ Fußwechsel im Stehen:<br />

„Das gängige Leichttraben verlangt bei jedem Handwechsel auch<br />

einen Fußwechsel: Der Reiter sitzt für einen Tritt aus, um in den<br />

neuen Rhythmus zu wechseln. Dieses Umsitzen lässt sich auch<br />

über ein zweimaliges „Aufstehen“ – also einen Übergang in den<br />

leichten Sitz für einen Trabtritt – durchführen“, so die Expertin.<br />

Dieses „Umstehen“ stellt eine größere Herausforderung an die<br />

Balance des Reiters dar. Probieren Sie es mal als Alternative aus!<br />

▷ Mit dem Rhythmus spielen:<br />

Wer den Fußwechsel über das Aufstehen beherrscht, kann<br />

beginnen, mit dem Rhythmus des Leichttrabens zu spielen und z.B.<br />

zweimal sitzen und zweimal stehen zu bleiben (Sitz-Sitz-Auf-Auf),<br />

rät die Ausbilderin. Weitere Abfolgen seien besonders anspruchsvoll.<br />

Sitz-Sitz-Auf würde sich besonders zur Beruhigung eiliger<br />

Pferde oder zum Gewöhnen junger Pferde an die Aussitz bewegung<br />

eignen, Sitz-Auf-Auf zum Lösen verspannter, empfindlicher,<br />

festgehaltener Pferderücken.<br />

Links: Viele Pferde werden bei Trab-Galopp-Trab-Übergängen<br />

gestört. Sie verspannen im Rücken. Durch das Leichttraben<br />

kann ihnen Vertrauen zurückgegeben werden<br />

Rechts: Erfahrene Reiter können das Leichttraben in neuen<br />

Varianten gezielt einsetzen, um ihre Balance zu schulen.<br />

Mit Rhythmuswechseln lassen sich aber auch Probleme<br />

wie etwa Eiligkeit lösen<br />

▷ Trabtritte kontrollieren:<br />

Wie gut können Sie Ihr Becken kontrollieren? „Zur Übung kann man<br />

einige Trabtritte lang etwas übertrieben hoch aufstehen, um danach<br />

das Aufstehen so klein wie nur irgend möglich werden zu lassen.<br />

Die minimalste Form des Leichttrabens ist ein verstecktes Aussitzen:<br />

Das Gesäß bleibt am Sattel, nur der Druck der Gesäßknochen<br />

verändert sich“, so die Physiotherapeutin. Diese kleinere Bewegung<br />

ist wesentlich anspruchsvoller. Um das Pferd nicht zu stören, muss<br />

sich der Reiter für den größeren Weg beim Aufstehen schneller,<br />

für den geringeren Weg beim minimierten Aufstehen langsamer<br />

bewegen. „Häufig nehmen Pferde ihr Tempo zurück, wenn man<br />

weniger aufsteht. So lassen sich Übergänge im Trab sowie Verkürzen<br />

und Verlängern der Tritte bereits im Leichttraben über das eigene<br />

Gewicht initiieren und kontrollieren“, erklärt von Dietze.<br />

▷ Übergänge anders gestalten:<br />

Übergänge zwischen Trab und Galopp sind für viele Reiter<br />

besonders schwierig zu reiten. „Die Kombination dieser Übergänge<br />

mit dem Leichttraben bietet hier eine gute Möglichkeit, eine<br />

bekannte Lektion rückenfreundlich zu gestalten“, sagt die Expertin.<br />

Das rücken freundliche Angaloppieren aus dem Leichttraben<br />

gelingt über eine Art Fußwechsel, bei dem das zweite Sitzen den<br />

passenden Augenblick für die Gewichtsverlagerung zur Einleitung<br />

der Galopphilfen bietet. „Pferde, die häufig vor oder nach einem<br />

Übergang im Rücken gestört wurden, bereiten sich instinktiv auf<br />

diese Störung vor, indem sie sich präventiv im Rücken festhalten“,<br />

weiß die Ausbilderin. Durch die Kombination könne ihnen wieder<br />

Vertrauen in die eigene Balance gegeben werden.<br />

Auch ein Galopp-Trab-Übergang kann mit dem Leichttraben<br />

verbunden werden. Der Vorteil: Der Reiter bereitet sich nach dem<br />

Galopp auf das Aufstehen im Trab vor und baut so keine negative<br />

Vorspannung gegen unbequemes Aussitzen auf. Er wird sich auch<br />

nicht zu schwer in den Pferderücken hineinsetzen. „Gelingt dies<br />

flüssig, ist der Reiter auch automatisch auf dem richtigen Fuß“,<br />

erklärt Susanne von Dietze.<br />

Fotos: FN Buch (1), slawik.com (13)


THEMA DES MONATS<br />

Ob der leichte Sitz für den Reiterrücken<br />

eine vermehrte Belastung oder eine<br />

Entlastung darstellt, wird kontrovers<br />

diskutiert. Die Frage lässt sich nicht so<br />

einfach beantworten, hängt sie doch von<br />

verschiedenen Parametern ab<br />

„Durch die Vorneigung des Rückens wird<br />

der Oberkörper zu einem langen Hebel, der<br />

zu seiner Stabilisierung mehr Arbeit der<br />

Rückenmuskeln benötigt als in der senkrechten<br />

Haltung“, erläutert die Expertin.<br />

Ein Fakt, der weder gut noch schlecht<br />

ist. Der leichte Sitz könne durchaus als<br />

Training für die tiefe Rückenmuskulatur<br />

genutzt werden, aber vor Übertreibung<br />

müsse gewarnt werden, so die Ausbilderin.<br />

Problematisch wird es, wenn die Rückenmuskeln<br />

zu schwach oder in ihrer Reaktion<br />

verkürzt sind oder aber beim Vorneigen<br />

des Oberkörpers<br />

nicht die natürliche<br />

aufrechte Stellung<br />

der Wirbelsäule<br />

beibehalten wird.<br />

In diesen Fällen<br />

könne die Stabilisierung<br />

oft nur<br />

mithilfe von Bändern<br />

und Sehnen<br />

geleistet werden,<br />

sagt die Physiotherapeutin.<br />

Auch<br />

müssten Reiter,<br />

die zum Hohlkreuz<br />

neigen, mit dieser<br />

Sitzform vorsichtig<br />

umgehen.<br />

Leichter Sitz<br />

Rückenfreundlich oder nicht?<br />

Aufs Pferd kommt es an<br />

Im Aussitzen wiederum könne der<br />

Oberkörper zwar leichter stabilisiert<br />

werden, aber durch den Kontakt der<br />

Gesäß knochen mit dem Sattel werden<br />

die Gelenke und Bandscheiben stärker<br />

belastet, weiß von Dietze. Vor allem die<br />

Pferdebewegung mache einen großen<br />

Unterschied aus. Hat ein Pferd einen<br />

steifen, nicht schwingenden Rücken, läuft<br />

es unausbalanciert oder schief, bedeutet<br />

dies immer eine deutliche negative<br />

Belastung – egal in welcher Sitzform.<br />

Die senkrechte Haltung benötigt auf<br />

dem Pferderücken weniger Kraft als die<br />

Vorneigung des Rückens im leichten Sitz<br />

„Jeder Wirbel besitzt Gelenke, mit denen er<br />

nach oben und unten mit dem benachbarten<br />

Wirbeln verbunden ist. Die Form dieser<br />

Facettengelenke bestimmt die mögliche Bewegungsrichtung.<br />

Zwischen den einzelnen<br />

Wirbelkörpern liegen die Bandscheiben, die<br />

wie ein Puffer oder Schwamm Bewegungen<br />

abfedern“, so die Expertin weiter.<br />

Der Rücken ist ferner von einem komplex<br />

verlaufenden Muskelsystem durchzogen.<br />

„Der diagonale Aufbau der Muskulatur gibt<br />

dem Rumpf eine deutlich verbesserte Stabilität,<br />

ohne die Beweglichkeit einzuschränken“,<br />

weiß sie. Hinzu kommt ein Aufbau in<br />

Schichten. „Die tiefste Schicht ist die kürzeste,<br />

sie kann die feinsten Bewegungen quasi<br />

unsichtbar im Untergrund durchführen. Die<br />

sichtbaren Bewegungen werden in der Regel<br />

von den oberflächlichen und längeren Muskeln<br />

ausgeführt.“ Das ausgeklügelte Körperteil<br />

ist genial, doch stellt es uns Menschen<br />

vor eine Herausforderung: Wir können den<br />

Rücken nicht so gut kontrollieren wie andere<br />

Körperbereiche, weil er unserer Wahrnehmung<br />

kaum zugänglich ist. „In der Konstruktion<br />

des Gehirns ist gar nicht vorgesehen,<br />

dass die Bewegungen des Rückens in unserem<br />

Bewusstsein viel Raum einnehmen. Die<br />

meisten dieser Bewegungen im Rücken werden<br />

über Reflexe gesteuert, von denen einige<br />

sogar nur über das Rückenmark laufen. Sie<br />

sind vom Kopf gar nicht oder nur bedingt zu<br />

beeinflussen“, betont von Dietze. Unsere Rückenmuskeln<br />

verrichten also tagtäglich ihre<br />

Arbeit, ohne dass wir ihnen dafür bewusst<br />

Befehle geben. „Das ist von der Natur geschickt<br />

eingerichtet worden. Stellen Sie sich<br />

vor, Sie müssten beim Gehen darüber nachdenken,<br />

welche Muskeln Sie wann und wie<br />

stark einsetzen müssten“, so die Ausbilderin.<br />

Dann kämen wir wohl kaum von der Stelle.<br />

Eigenen Körper kennenlernen<br />

Es ist also schwierig, den Rücken im Gegensatz<br />

zu Händen, Armen, Beinen oder Füßen<br />

wahrzunehmen und zu kontrollieren. Was<br />

kann der Reiter tun? Sammeln Sie so viele Informationen<br />

über Ihren Körper wie möglich,<br />

ist der Rat der Expertin. „Wir müssen erfahren,<br />

welche Hebel, welche Längen oder Kürzen<br />

die Konstruktion des eigenen Körpers<br />

vorgibt, wie die Beweglichkeit in den einzelnen<br />

Abschnitten möglich ist, zu welcher Seite<br />

man sich besser drehen kann usw.“ Insbesondere<br />

die individuellen Körperproportionen<br />

bilden spezielle Herausforderungen für die<br />

Balance. Das wird oft schon im Stand sichtbar,<br />

wenn man Reiter bittet, mit gebeugten<br />

Knien eine „Reithaltung“ einzunehmen.<br />

Ein Mensch mit langen Beinen und langen<br />

Unterarmen bildet große Hebel, die er<br />

meist durch eine leichte Rücklage ausbalanciert.<br />

Ein langes Becken, gepaart mit langen<br />

Oberarmen, führt zu einer vermehrten Belastung<br />

der Fersen, wobei Schulter und Hals<br />

für den Ausgleich der Balance stärker gefordert<br />

sind. Um das Gleichgewicht bei besonders<br />

langen Unterschenkeln zu halten, wird<br />

das Gewicht vermehrt auf die Vorfüße verlagert.<br />

Wie sehen Ihre Proportionen aus? Welche<br />

Hebelwirkungen weisen Ihre Körperabschnitte<br />

auf? Wie balancieren Sie sich in der<br />

„Reithaltung“ im Stand aus? „Den eigenen<br />

Körper auf diese Weise zu analysieren kann<br />

höchst aufschlussreich für ein besseres Verständnis<br />

der konstitutionell geprägten Anforderungen<br />

an den eigenen Rücken sein“, so<br />

die Expertin. Häufig bedarf es für eine bessere<br />

Wahrnehmung einer zusätzlichen Unterstützung<br />

von außen durch Foto- und Videoaufnahmen,<br />

durch einen Trainer oder den<br />

Blick in den Spiegel. „Je mehr Puzzleteile der<br />

Wahrnehmung wir sammeln, desto besser<br />

können wir das Gesamtbild erkennen“, erklärt<br />

Susanne von Dietze.<br />

Dazu zählt auch das Wahrnehmen des<br />

Körpers in der Bewegung. „Je besser das Bewegungsgefühl<br />

eines Reiters ausgeprägt<br />

ist, desto eher wird er die Pferdebewegung<br />

als Hilfestellung für die eigene Balance nutzen<br />

können“, meint von Dietze. In der Fol-<br />

48 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


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ge bewegt sich der Reiter automatisch rückenbewusst<br />

auf dem Pferderücken. Er reitet ökonomisch<br />

und setzt nur so viel Kraft ein, wie die jeweilige Aufgabe<br />

erfordert. „Eine solche Bewegung sieht leicht,<br />

spielerisch und flüssig aus“, sagt die Ausbilderin.<br />

Ist das Bewegungsgefühl aber nicht so gut ausgebildet<br />

oder wird vom Reiter eine Haltung verlangt, die<br />

der Rücken noch nicht sicher von alleine stabilisieren<br />

kann, kommt es zu Problemen. Dann habe der<br />

Mensch im Sattel beispielsweise im ausgesessenen<br />

Trab gar keine andere Wahl, als unkontrollierte Wackel-<br />

oder Kompensationsbewegungen (Rücken lage)<br />

auszuführen, seinen Rücken steif zu halten, sich in<br />

der Muskulatur zu verspannen oder fehlende Einwirkung<br />

über Kraft zu kompensieren.<br />

Das Gefühl kann täuschen<br />

Hinzu kommt eine weitere Komponente, welche die<br />

Rückenkontrolle erschwert: Unsere Wahrnehmung<br />

täuscht uns manchmal. So stimmt unser Gefühl<br />

für die Mitte, die aufrechte Haltung oder die Position<br />

des Oberkörpers nicht immer mit der wirklichen<br />

Lage überein. „Wir denken zum Beispiel, dass<br />

wir gerade sitzen, tatsächlich aber sind wir im Stuhlsitz<br />

(der sich für den Reiter höchst bequem anfühlen<br />

kann). Korrigiert der Reitlehrer den Oberkörper<br />

nach vorne, so empfindet der Reiter den korrekten<br />

Sitz als extreme Vorlage“, weiß die Expertin aus ihrer<br />

langjährigen Praxis zu berichten.<br />

Noch schwieriger wird es, wenn es um die Korrektur<br />

von seitlichen Asymmetrien im Oberkörper<br />

geht. Nach einer Korrektur würden viele sagen: „Ach<br />

so, wenn es sich für mich anfühlt, als ob ich zu weit<br />

nach rechts oder links sitze, dann bin ich in der Mitte.“<br />

Das aber, meint Susanne von Dietze, sollte nicht<br />

die Intention des Reitlehrers sein. Anweisungen<br />

zum „falschen Fühlen“ würden auf Dauer zur Überkorrektur<br />

führen und das wichtigste Ziel verpassen:<br />

das sichere Gefühl des Reiters für die korrekte Mitte<br />

zu schulen, betont sie. Ihre Empfehlung: „Die korrigierte<br />

Stellung wird schneller zur Norm, wenn man<br />

sich bewegt und nicht starr an einer Korrektur festhalten<br />

will.“ Dafür muss der Reiter den Bewegungsspielraum<br />

seines Körpers voll ausschöpfen und sich<br />

gleichmäßig in alle Richtungen bewegen. Nur dann<br />

kann ihm seine Körperwahrnehmung eine korrekte<br />

Rückmeldung geben.<br />

Ein Beispiel: „Wenn jemand von eins bis zehn zählen<br />

kann und man ihn nach der Mitte fragt, wird er<br />

„fünf“ antworten. Fragt man aber jemanden, der nur<br />

bis sechs zählen kann, so lautet die überzeugte Antwort<br />

auf die Frage nach der Mitte: Drei. Wir müssen<br />

folglich unsere Gelenke und Muskeln stets so bewegen,<br />

dass sie auch bis zehn zählen können“, veranschaulicht<br />

die Ausbilderin. Wer diesen Rat beherzigt,<br />

kann seinen Rücken im Sattel besser wahrnehmen<br />

und kontrollieren. Dadurch verbessern sich automatisch<br />

der Sitz und die reiterliche Hilfengebung.<br />

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THEMA DES MONATS<br />

Eigene<br />

Grenzen erkennen<br />

TRAINING OHNE ÜBERLASTUNG Schmerzhafte Verspannungen<br />

des Rückens können durch das Sitzen auf dem Pferderücken gelöst<br />

werden. Dabei sollte der Reiter jedoch besonders bewusst und<br />

rücksichtsvoll mit dem eigenen Körper umgehen<br />

Text: Inga Dora Schwarzer<br />

Rückenschmerzen haben sich Platz<br />

eins auf der Liste der häufigsten<br />

Zivilisationskrankheiten erobert.<br />

Verschiedene Studien belegen, dass<br />

etwa 80 Prozent der Deutschen<br />

schon einmal darunter gelitten haben. Am<br />

häufigsten ist der untere Rücken betroffen.<br />

Auch Reiter sind davon nicht ausgenommen.<br />

„Die statistische Wahrscheinlichkeit spricht<br />

dafür, dass jeder Reiter im Verlauf seiner<br />

sportlichen Karriere mehrfach mit Rückenschmerzen<br />

zu kämpfen hat“, notiert Susanne<br />

von Dietze in ihrem Buch „Rücksicht auf<br />

den Reiterrücken“. Man sollte sie immer als<br />

Warnung respektieren – der Versuch, sie zu<br />

ignorieren oder zu überspielen, habe kaum<br />

Aussicht auf Erfolg. Besser ist es, auf Ursachensuche<br />

zu gehen. Insbesondere einseitige<br />

Belastungen, Überbelastungen, Fehlhaltungen,<br />

Übergewicht, Bewegungsmangel und<br />

wenig sportliche Betätigung können Schäden<br />

und daraus resultierende Schmerzen im<br />

Bereich der Wirbelsäule auslösen. Wer über<br />

Rückenprobleme klagt, bringt diese meist<br />

aus seinem Alltag mit auf den Pferderücken –<br />

mit Folgen auch für das Reiten.<br />

Eingeschränkte Beweglichkeit<br />

Unter Verspannungen leidet die Beweglichkeit<br />

des Sitzes. Die Schwingungen des Pferderückens<br />

können nicht mehr so gut abgefedert<br />

werden. Sitzt der Reiter schief im Sattel, kann<br />

er die Schiefe des Pferdes verstärken. Oft wird<br />

auch versucht, durch eine veränderte Körperhaltung<br />

dem Schmerz auszuweichen. Dann<br />

kommt es, ebenso wie bei einer zu wenig ausgebildeten<br />

Rückenmuskulatur, schnell zu<br />

Kompensationsmustern. Der Reiter nimmt<br />

z. B. einen Stuhl- oder Spaltsitz ein, zieht die<br />

Schultern hoch, macht einen Rundrücken,<br />

klemmt mit den Oberschenkeln, schiebt die<br />

Unterschenkel weit nach vorne oder zieht die<br />

Absätze hoch. „Diese Kompensationsmuster<br />

kosten in der Regel unnötig Kraft und können<br />

den Rücken negativ belasten“, so die Expertin.<br />

Reiter wenden sie auch dann noch an, wenn<br />

ihre Schmerzen gar nicht mehr vorhanden<br />

sind. „Strategien zur Schmerzvermeidung<br />

50 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


schmerzfreien Rücken darstellt. Die kurzen<br />

Muskeln müssen dabei die eigentliche Haltearbeit<br />

im Körper wieder übernehmen, mit<br />

der die langen äußeren Muskeln schmerzhaft<br />

überfordert sind“, erklärt von Dietze. Reiten<br />

hat damit sogar muskelkräftigende Effekte.<br />

Wer mit einem verspannten oder schmerzenden<br />

Rücken in den Sattel steigt, sollte seine<br />

Trainingseinheit aber anders gestalten als<br />

üblich. „Freilich erfordert das Reiten in dieser<br />

Situation volle Rücksicht auf den eigenen<br />

Körper – leistungs- und fertigkeitsorientierte<br />

Ziele müssen in solchen Reitstunden<br />

außen vor bleiben. Situationen, die den Rücken<br />

besonders belasten oder durch unvorhergesehene<br />

Bewegungsabläufe gefährden,<br />

muss man vermeiden“, sagt sie. Dazu zählt<br />

jede Art von Konfrontation mit dem Vierbeiner,<br />

ebenso das Springen und Reiten von<br />

Korrekturpferden. „Gefragt sind Rundum-<br />

Bedingungen, die es erlauben, sich zunächst<br />

vorrangig auf den eigenen Körper zu konzentrieren“,<br />

ergänzt von Dietze.<br />

Eine gemeinsame Lösungsphase für Pferd<br />

und Reiter gehöre zu den wichtigsten Anforderungen<br />

für einen bewussten Umgang<br />

mit dem geplagten Rücken. Versuchen Sie<br />

über die Stellung des Beckens, die Sitzform<br />

und die Steigbügellänge, eine schmerzfreie<br />

Ausgangsposition im Sattel zu finden. Reiten<br />

Sie lange Schritt, lassen Sie sich „durchbewegen“,<br />

aktivieren und dehnen Sie verschiedene<br />

Muskelpartien rund um den<br />

Rumpf. Entlasten Sie Ihren Rücken durch das<br />

Leichttraben und das Einnehmen eines Entlastungssitzes.<br />

Auch hier ist ein weiteres Mobilisieren<br />

hilfreich. Zudem kann ein Wechsel<br />

zwischen Anspannen und Loslassen der<br />

Rückenmuskulatur im Rhythmus der Pferdebewegung<br />

(zum Beispiel durch eine häufige<br />

Positionsänderung wie Aussitzen, Leichttraben<br />

oder leichter Sitz) den Rücken lockern.<br />

schreiben sich nachhaltig ins Körpergedächtnis.<br />

Wenn bestimmte Bewegungsabläufe über<br />

längere Zeit mit Schmerzen verbunden waren,<br />

muss man diese Bewegungen tatsächlich<br />

neu einüben, wenn die Schmerzen verschwunden<br />

sind“, merkt die Expertin an.<br />

Das gelingt über viele Wiederholungen und<br />

Übungen. „Man muss die neue Bewegung zunächst<br />

einfacher und langsamer, dann auch<br />

feiner und schneller immer und immer wieder<br />

ausführen“, sagt Susanne von Dietze.<br />

Die Entscheidung, ob man trotz akuter Rückenschmerzen<br />

überhaupt aufs Pferd steigt<br />

oder nicht, liegt bei jedem Einzelnen und<br />

sollte im Zweifelsfall einem Arzt, besser noch<br />

einem reitenden Mediziner überlassen werden.<br />

Bei heftigen starken Schmerz zuständen<br />

oder bei akuten entzündlichen bzw. degenerativen<br />

Erkrankungen sollte jedoch nicht<br />

geritten werden. „Genau zu unterscheiden,<br />

wann ein Schmerz schützt oder schadet, ist<br />

eine nicht immer leichte Aufgabe. Erfahrene<br />

Therapeuten, eine gute Wahrnehmung des<br />

eigenen Körpers und Eigenverantwortlichkeit<br />

gehören zu einer erfolgreichen Schmerztherapie<br />

dazu“, meint die Physiotherapeutin.<br />

Schmerzkreislauf durchbrechen<br />

Das Reiten kann in vielen Fällen sogar förderlich<br />

sein, wenn der Rücken Probleme macht,<br />

denn der Pferderücken bewegt das Becken<br />

des Reiters rhythmisch in allen drei Bewegungsdimensionen.<br />

Damit ähnelt das Sitzen<br />

im Sattel der menschlichen Gehbewegung<br />

und hat das Potenzial, einen Schmerzkreislauf<br />

zu durchbrechen. Mehr noch: „Die dynamische<br />

Stabilisierung des Oberkörpers, die<br />

beim Reiten nötig ist, fordert und fördert die<br />

tiefe Rückenmuskulatur, deren ungestörte<br />

rhythmische Arbeit Voraussetzung für einen<br />

Nach anstrengenden<br />

Aufgaben braucht<br />

auch der Reiterrücken<br />

eine Pause<br />

Präventiv handeln<br />

Wichtig sei stets, einer Überanstrengung vorzubeugen.<br />

Verringert sich Ihre Koordination,<br />

verlieren Sie an Losgelassenheit im Sitz<br />

oder stellen sich kleinere Verkrampfungen<br />

ein, steckt vielleicht eine Ermüdung der tiefen<br />

Rückenmuskulatur dahinter. „Eine Pause<br />

oder Veränderung der Aufgabe ist dringend<br />

notwendig, um eine Schädigung des Rückens<br />

zu vermeiden. Im Training sollte die Ermüdungsgrenze<br />

nicht überschritten werden.<br />

Man kann entweder eine einfachere Aufgabe<br />

über längere Zeit absolvieren oder eine<br />

schwerere Aufgabe in kürzeren Trainingseinheiten“,<br />

erläutert Susanne von Dietze. Das<br />

heißt aber nicht, dass Sie nach den ersten Ermüdungserscheinungen<br />

das Reiten abbrechen<br />

müssen. Im Sattel lässt sich eine ermüdete<br />

Muskulatur auch wieder „entmüden“.<br />

Rhythmisches Bewegen, leichtes Dehnen,<br />

Schrittreiten, kurzes Leichttraben oder Zügel-aus-der-Hand-kauen-Lassen<br />

können als<br />

Entspannungsmomente dienen. So gelingt<br />

rückenschonendes Reiten.<br />

Risiken<br />

Wissen<br />

● Balanceprobleme<br />

● Untaktmäßiges Gehen<br />

● Auf der Hand liegen<br />

● Festgehaltener Rücken<br />

● Schiefes Pferd<br />

● Unvorhergesehene Ereignisse<br />

Fotos: Adobe Stock/Mandisa Tozo (1), slwaik.com (3)<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

www.mein-pferd.de<br />

51


THEMA DES MONATS<br />

Fitness-<br />

Übungen<br />

MOBILISIEREN UND KRÄFTIGEN<br />

Der Reiterrücken muss stabil und mobil zugleich<br />

sein. Nur dann gelingt es, den Oberkörper im<br />

Sattel mühelos auszubalancieren, optimal<br />

aufzurichten und zu drehen. Übungen für<br />

mehr Kraft und Beweglichkeit können<br />

dem Reiter dabei helfen<br />

Text: Inga Dora Schwarzer<br />

52 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


Finden Sie Ihre Balance!<br />

Fällt es Ihnen schwer, sich beim Reiten aufzurichten, den Oberkörper<br />

in Balance zu halten oder eine positive Grundanspannung<br />

aufzubauen? Dann sollten Sie die Bewegungsspielräume Ihres<br />

Körpers ausloten<br />

▷ Übung 1: Sitze ich mittig?<br />

„Die Stellung des Beckens und die Aufrichtung des Oberkörpers stehen<br />

in einem funktionalen Zusammenhang. Nur mit einer mittleren<br />

Beckenstellung kann sich der Reiter entlang einer gedachten Senkrechten<br />

ausbalancieren“, erklärt Susanne von Dietze in „Rücksicht<br />

auf den Reiterrücken“. So gelingt auch eine symmetrische Gewichtsverteilung<br />

auf beide Gesäßknochen. „Je gerader der Reiter sitzt, desto<br />

einfacher ist es für ihn, den eigenen Schwerpunkt zu kontrollieren<br />

und beständig über dem Schwerpunkt des Pferdes auszubalancieren“,<br />

sagt die Expertin. Die Beckenstellung und die Position des Oberkörpers<br />

wiederum beeinflussen die Beinhaltung aus den Hüftgelenken<br />

heraus. Diesen Zusammenhang können Sie selbst erfühlen, indem<br />

Sie Ihren Oberkörper beim Schrittreiten mehrmals langsam nach<br />

vorne und nach hinten beugen. Am Ende der Pendelbewegung sollten<br />

Sie eine mittige Position eingenommen haben.<br />

Eine falsche Rückenposition<br />

behindert die<br />

Einwirkung des Reiters<br />

▷ Übung 2: Ausbalancierter leichttraben<br />

Das Gefühl für Ihre Mitte können Sie im Trab weiter sensibilisieren.<br />

Die folgende Bewegungsaufgabe, die sich am Bild einer Uhr orientiert,<br />

hilft zudem, das Becken in alle Bewegungsrichtungen zu mobilisieren<br />

und die Hüftmuskulatur zu lockern. „Dafür stellt man sich unter<br />

den Gesäßknochen flach auf dem Sattel das Ziffernblatt einer Uhr<br />

vor mit der Zwölf vorne am Sattelzwiesel. Bei jedem Hinsetzen kann<br />

man versuchen, eine andere Uhrzeit zu erreichen“, erläutert die Physiotherapeutin.<br />

Vielen Reitern würde die Seitbewegung (abwechselnd<br />

hinsetzen in Richtung drei Uhr und neun Uhr) am leichtesten fallen.<br />

Andere wiederum würden sich besser in die Bewegungsrichtung einfühlen,<br />

wenn sie ihr Becken jeweils von der Mitte aus ein- oder mehrmals<br />

hintereinander erst zur einen, dann zur anderen Seite bewegen.<br />

Probieren Sie aus, welche Abfolge Ihnen mehr zusagt.<br />

Noch anspruchsvoller für die Balance sei der Wechsel zwischen zwölf<br />

und sechs Uhr. Später könne man auch diagonal gegenüberliegende<br />

Uhrzeiten bzw. Kreisbewegungen (z.B. alle zwei Stunden mit oder gegen<br />

den Uhrzeigersinn) einbeziehen, ergänzt Susanne von Dietze.<br />

▷ Übung 3: Aufrichtung verbessern<br />

„Beim Beugen nach hinten rutschen die Unterschenkel automatisch<br />

nach vorne, und die Knie gleiten nach oben. Beim Vorbeugen<br />

verlieren die Gesäßknochen den Kontakt mit dem Sattel; man sitzt<br />

vermehrt auf der Oberschenkelmuskulatur, und die Unterschenkel<br />

rutschen zu weit nach hinten“, erklärt die Expertin. Die Muskeln<br />

reagieren jeweils reflektorisch auf die sich verändernde Gleichgewichtssituation.<br />

„Das tun sie aber nur, wenn die Wirbelsäule dabei<br />

gerade gehalten wird und das Beugen in der Hüfte stattfindet“, ergänzt<br />

die Physiotherapeutin. Sitzt der Reiter nicht mittig, wird dadurch<br />

seine Einwirkung behindert.<br />

Der Reiter soll sich vom Pferd bewegen lassen. Das bedeutet konkret:<br />

„Während die Hüftgelenke die Bewegung des Pferderückens in allen<br />

drei Bewegungsdimensionen zulassen, braucht der Oberkörper eine<br />

gute Grundspannung, um aufrecht zu bleiben. Keinesfalls darf er dabei<br />

in naheliegenden Gegenbewegungen ausweichen und gegen die<br />

Pferdebewegung arbeiten“, erklärt die Physiotherapeutin.<br />

Damit dies nicht geschieht, empfiehlt die Ausbilderin folgende<br />

Übung zur Verbesserung der Aufrichtung: Lassen Sie sich so passiv<br />

wie möglich auf dem Pferd im Schritt durchschaukeln und den<br />

Rücken (ausnahmsweise) ein wenig rund werden. Dann beginnen<br />

Sie, die Arme ein Stück vor dem Körper nach außen zu drehen. „Als<br />

Folge werden die Schultern nach hinten und die Schulterblätter etwas<br />

dichter am Rücken zusammengeschoben. In der weiterführenden<br />

Bewegung werden die Arme mit den Handflächen nach oben<br />

vor dem Körper getragen“, so von Dietze. Diese vermehrte Grundspannung<br />

dürfe aber das Gefühl der Losgelassenheit des unteren Rückens<br />

und der Hüften nicht verändern. „Führt man die Hände dann<br />

in die Position der Zügelfäuste zurück, kann man fühlen, dass man<br />

die Fäuste regelrecht tragen muss – und zwar mithilfe der Bauchmuskulatur,<br />

die den Brustkorb von unten stützt.“<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

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53


THEMA DES MONATS<br />

Rotieren Sie leichter!<br />

Durch die Bewegung von Kopf, Hals und Schultergürtel wird eine<br />

Drehbewegung im Körper ausgelöst, die u.a. in Wendungen und<br />

Seitengängen wichtig ist. Verbessert sich die Rotation des Rumpfes,<br />

gelingt eine feinere Hilfengebung<br />

▷ Übung 4: Diagonales Loben<br />

Optimieren Sie Ihre Drehrichtung, indem Sie sich mit einer Hand<br />

vorne am Sattel festhalten, um Ausweich- und Kompensationsbewegungen<br />

zu verhindern, und mit der anderen Hand mehrfach entlang<br />

der Kruppe in Richtung Schweifansatz streichen. Dann wechseln Sie<br />

die Seite. Aber Vorsicht, diese Berührung kommt für das Pferd unverhofft,<br />

gibt von Dietze zu bedenken. Stellen Sie daher sicher, dass Ihr<br />

Pferd den Kontakt mit der Hand an dieser ungewohnten Stelle duldet.<br />

Falls nicht, können Sie die Bewegung nur in der Luft andeuten.<br />

▷ Übung 6: Schulter gegen Becken<br />

Wie wird das Pferd in der klassischen Reitlehre gelobt? Die Zügel werden<br />

in eine Hand genommen, und der Vierbeiner wird mit der anderen<br />

Hand auf der gegenüberliegenden Halsseite gelobt. Warum<br />

eigent lich? „Diese Forderung entspringt dem Wissen um die Stabilität<br />

der Wirbelsäule in der Rotation“, weiß von Dietze. Bei dieser Form<br />

des Lobens würde der Reiter viel ausbalancierter und damit sicherer<br />

sitzen als beim Loben mit einer Hand auf der gleichen Halsseite.<br />

Sie empfiehlt, dieses Loben als funktionale Bewegung für die<br />

Brustwirbelsäule auszuführen. Starten Sie die Bewegung vom Kopf<br />

aus in Richtung der eigenen Achselhöhle und nehmen Sie Ihr Kinn<br />

mit in die Richtung, bevor der Rumpf folgt. Verkürzungen in der<br />

Rumpfmuskulatur, die zur Einseitigkeit in der Rotation führen,<br />

münden oder beginnen nämlich schon bei der Kopfdrehung, sagt<br />

die Expertin. Diese Rotation lässt sich steigern, wenn Sie Druck und<br />

Richtung der lobenden Handbewegung variieren (z.B. weiter vorne<br />

am Pferdehals). Verfeinern können Sie die Übung ferner, indem Sie<br />

im Leichttraben eine Hand auf den Pferdehals legen und sie beim<br />

Hinsetzen leicht nach unten schieben.<br />

Jede Bewegung beginnt mit der Kopfhaltung. Deshalb dominiert der<br />

Kopf in Verbindung mit dem Hals und dem Schultergürtel die gesamte<br />

Bewegungsrichtung des Körpers, sagt von Dietze. Besteht hier<br />

eine körperliche Einschränkung, hat das negative Folgen. „Einseitig<br />

verspannte Schultern führen zu einer verminderten Durchblutung<br />

und damit zu einer verminderten Funktion. Andere Abschnitte des<br />

Rückens müssen ersatzweise herhalten und werden schnell überfordert“,<br />

warnt die Ausbilderin.<br />

Achten Sie deshalb auf eine gute Beweglichkeit in diesem Bereich,<br />

die durch folgende Übungen erreicht werden kann: Drehen Sie den<br />

Kopf erst zur einen, dann zur anderen Seite, während der Körper geradeaus<br />

gehalten wird, drehen Sie Kopf und Schultergürtel gemeinsam<br />

in eine Richtung oder drehen Sie den Brustkorb und versuchen Sie –<br />

so weit möglich – geradeaus zu schauen. „Wer es schafft, mit Becken<br />

und Beinen gleichmäßig mit der Pferdebewegung mitzugehen und<br />

dabei mit den Bewegungen von Kopf und Schultergürtel zu spielen,<br />

beherrscht die Voraussetzungen dafür, Reiterhilfen souverän auszuführen“,<br />

meint die Physiotherapeutin.<br />

Die Kopfh altung<br />

beeinflusst<br />

maßgeblich die<br />

Bewegungsrichtung<br />

des Körpers<br />

▷ Übung 5: Drehbewegung im Sattel<br />

Stellen Sie sich vor, jemand bittet Sie, sich in Richtung des Pferderückens<br />

nach hinten zu drehen. Welche Drehrichtung würden Sie<br />

wählen? „Mit Sicherheit ist es die Drehung zur gleichen Seite, die<br />

man auch im Alltag bevorzugt, wenn man unverhofft von hinten<br />

angesprochen wird. Das Körpergedächtnis arbeitet zuverlässig,<br />

ohne dass wir uns dessen bewusst sind“, so die Expertin. Habe der<br />

Körper die Wahl zwischen zwei spiegelverkehrten Bewegungsrichtungen,<br />

würde er sich für die Seite entscheiden, zu der sich die Bewegung<br />

einfacher, schneller, flüssiger und leichter ausführen lasse.<br />

Beim Reiten sollten aber beide Drehbewegungen annähernd gleich<br />

ausgeführt werden können.<br />

54 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


Werden Sie stabiler!<br />

Wenn der Rücken ermüdet, sinken Koordination und Losgelassenheit<br />

des Reiters. Eine starke und stabile Rumpfmuskulatur hingegen<br />

hält den Herausforderungen im Sattel länger stand und beugt<br />

Verspannungen vor<br />

▷ Übung 7: Stabiler Rücken<br />

Eine gerade Körperhaltung, das Aufrichten des Oberkörpers sowie<br />

die Neigung und Drehung der Wirbelsäule werden u.a. von der Beweglichkeit<br />

und Stabilität des Rückenstreckers beeinflusst. Um ihn<br />

zu kräftigen, empfiehlt sich folgende Fitnessübung, die Sie zu Hause<br />

durchführen können. Legen Sie sich auf den Rücken und legen Sie<br />

die Arme neben<br />

dem Oberkörper<br />

auf dem<br />

Boden ab. Die<br />

Beine winkeln<br />

Sie ein wenig<br />

geringer als 90<br />

Grad an. Die<br />

Füße stellen Sie<br />

auf den Boden.<br />

Nur durch die<br />

Kraft der Beine<br />

und des Gesäßes<br />

heben Sie das Becken an, damit Oberschenkel und Oberkörper<br />

eine gerade Linie bilden. In dieser Position strecken Sie ein Bein<br />

so aus, dass es die Linie verlängert und parallel zum anderen Oberschenkel<br />

verläuft. Die Fußspitze wird angezogen. Diese Position halten<br />

Sie einige Sekunden, bis das Bein wieder auf dem Boden abgesetzt<br />

wird. Danach erfolgt ein Beinwechsel.<br />

▷ Übung 8: Kräftigende Koordination<br />

Eine weitere Übung für mehr Kraft im Rücken beinhaltet gleichzeitig<br />

eine Bewegungsaufgabe: Gehen Sie in den Vierfüßlerstand, bei<br />

dem Sie sich auf den Händen und den Knien am Boden abstützen.<br />

Halten Sie den Kopf in Verlängerung der Wirbelsäule mit Blick auf<br />

den Boden gerade. Dann strecken Sie einen Arm nach vorne und<br />

das diagonale Bein gerade nach hinten aus. Der Ellenbogen und das<br />

entgegengesetzte Knie werden jetzt unter dem Körper, genauer gesagt<br />

unter dem Bauch, mit einer Berührung zusammengeführt und<br />

dann wieder gestreckt. Der Arm und das Bein werden wieder abgesetzt,<br />

um den anderen Arm und das entgegengesetzte Bein zu bewegen.<br />

Alternativ können auch erst einige Wiederholungen ausgeführt<br />

werden, bis die Seiten gewechselt werden. Mit dieser Übung<br />

werden nicht nur die Gesäßmuskeln gekräftigt und die Rumpfmuskeln<br />

gestärkt sowie zur Stabilisierung angehalten, sie schult gleichzeitig<br />

auch die Koordinationsfähigkeit.<br />

Dehnen Sie sich gesund!<br />

Der untere Rücken ist besonders häufig von Verspannungen und<br />

Verkürzungen betroffen. Entlasten Sie ihn und erhalten Sie gleichzeitig<br />

seine Beweglichkeit, indem Sie ihn dehnen. So können Sie<br />

den Pferdebewegungen im Sattel leichter folgen<br />

▷ Übung 9: Liebhaben<br />

„Behutsame Dehnübungen für diesen Bereich lassen sich gut im<br />

Schritt auf dem Pferd ausführen“, weiß von Dietze und empfiehlt<br />

eine Übung, die vergleichbar mit einer Umarmung des Pferdehalses<br />

ist. „Man beugt sich – beginnend mit dem Kopf – langsam, so weit es<br />

geht, vorneüber. Der Kopf muss dabei zur Seite neben den Pferdehals<br />

genommen werden.“ Bei einer Wiederholung der Übung wechseln<br />

Sie die Seite. Der Reiterrücken wird dabei vom Pferderücken regelrecht<br />

durchbewegt. Beim Wiederaufrichten sollten Sie sich leicht mit<br />

den Händen am Pferdehals abstützen und den Rücken vom Becken<br />

aus nach oben Wirbel für Wirbel aufrichten. Kopf und Hals stellen<br />

die letzten Glieder dieser Bewegungskette dar. „Bereiche, in denen<br />

man Verspannungen im Rücken spürt, kann man gezielt durch zentimeterweises<br />

Auf- und Abbewegen bearbeiten“, ergänzt sie. Als Gegenbewegung<br />

könnten<br />

Sie sich hinten am Sattelkranz<br />

abstützen, sich<br />

in die Bügel stellen und<br />

das Becken nach vorne<br />

schieben, während Sie<br />

sich so weit wie möglich<br />

im Oberkörper strecken,<br />

empfiehlt von Dietze.<br />

▷ Übung <strong>10</strong>: Rücken entspannen<br />

Ihren unteren Rücken können Sie auch gezielt zu Hause dehnen.<br />

Gehen Sie in Rückenlage und winkeln Sie Ihre Beine an. Ziehen Sie<br />

dann die Knie, so weit es geht, zur Brust. Die Oberschenkel sollten<br />

jetzt den Bauch berühren. Nun umfassen Sie die Beine mit den Händen<br />

etwas unterhalb der Knie und ziehen Sie diese noch etwas weiter<br />

an Ihren Brustkorb heran, bis Sie eine Dehnung spüren. Bewegen<br />

Sie nun den Oberkörper leicht von einer Seite zur anderen. Strecken<br />

Sie sich und wiederholen Sie den Vorgang.<br />

Fotos: Adobe Stock/ degreez (1), /kegfire (1), slawik.com (6)<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

www.mein-pferd.de<br />

55


Das häufigste Anzeichen einer allergischen<br />

Reaktion sind Pusteln. Diese können am ganzen<br />

Körper auftreten, verschwinden meist aber<br />

wieder von selbst<br />

TIPPS TO GO<br />

Unsere Tipps können<br />

Sie gratis auf Ihr Handy<br />

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56 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


FRAGE DES MONATS<br />

Nesselfieber<br />

Eine der am häufigsten auftretenden Hautkrankheiten ist<br />

Nesselfieber (Urtikaria). Es erkranken daran sogar mehr Pferde als am Sommerekzem.<br />

Meist verläuft diese Erkrankung harmlos<br />

Text: Nora Dickmann<br />

12/22<br />

COPD<br />

01/23<br />

Tasthaare<br />

02/23<br />

Body Condition Score<br />

Fotos: IMAGO/Frank Sorge (1)<br />

Wie macht sich Nesselfieber bemerkbar?<br />

Plötzlich treten einzelne oder mehrere unterschiedlich große,<br />

mit Flüssigkeit gefüllte Quaddeln auf der Pferdehaut auf.<br />

Meist sind Hals, Brust und Schulter von diesem Hautausschlag<br />

betroffen. Die Quaddeln haben meist die Größe eines Zweieurostückes,<br />

können aber auch ihre Größe ändern und/oder zusammenfließen.<br />

Selten jucken oder schmerzen diese Schwellungen.<br />

Die meisten Pferde stört diese Reaktion nicht, bei einigen<br />

kann es aber dazu führen, dass sich der Allgemeinzustand etwas<br />

verschlechtert oder die Tiere matt wirken. In der Regel verschwinden<br />

die Quaddeln innerhalb einiger Stunden, spätestens<br />

aber nach einigen Tagen wieder. Die Quaddeln öffnen sich nach<br />

außen und sondern eine Flüssigkeit ab, was zu Krusten auf der<br />

Haut führt. Die Pferde können erst wieder geritten werden, wenn<br />

diese kleinen Hautwunden verheilt sind.<br />

Welche Ursachen hat diese Hautkrankheit?<br />

Nesselfieber ist eine allergische Reaktion. Meist ist dabei das Abwehrsystem<br />

des Körpers aus den Fugen geraten und reagiert (unnötig)<br />

stark auf Substanzen, die sogenannten Allergene. Blutgefäßwände<br />

werden durchlässiger, und Flüssigkeit tritt ins Gewebe<br />

über. Diese Reaktion wird durch die Aufnahme der Allergene,<br />

als auch durch den Kontakt mit diesen, ausgelöst. Diese können<br />

beim Fressen oder durch die Atemluft aufgenommen werden.<br />

Medikamente, Futterbestandteile, Schimmelpilze, Pflanzengifte,<br />

Staub, Milben und Blütenpollen sind einige Beispiele dafür.<br />

Medikamente und Insektenstiche lösen die allergische Reaktion<br />

durch die Haut aus, aber auch Holzschutzpräparate oder Düngeund<br />

Insektenvernichtungsmittel können Auslöser sein. Ein plötzlicher<br />

Futterwechsel, etwa durch anderes Rau- oder Kraftfutter,<br />

kann Nesselfieber ebenso auslösen. Andere Allergene hingegen<br />

werden durch den direkten Kontakt ausgelöst, die sogenannten<br />

Kontaktstoffe. Dazu zählen Pflegeprodukte, Salben, Cremes, Einstreu<br />

oder Waschmittel. Tritt Nesselfieber häufiger auf, sollte der<br />

Ursache dringend auf den Grund gegangen werden.<br />

Wie wird Nesselfieber behandelt?<br />

Bei einem anaphylaktischen Schock muss der Tierarzt sofort<br />

eine Infusion anhängen, den Kreislauf stabilisieren und Kortison<br />

spritzen, um die übermäßige Reaktion des Immunsystems<br />

zu mildern. Wenn das Pferd öfter unter Nesselfieber leidet, kann<br />

der Tierarzt mittels Blutprobe herausfinden, worauf das Tier so<br />

stark reagiert. Der Hautausschlag selbst muss nicht behandelt<br />

werden. Normalerweise verschwinden die Pusteln am Körper<br />

aber wieder von selbst.<br />

Wie kann der Tierhalter vorbeugen und unterstützen?<br />

Normalerweise verschwindet das Nesselfieber wieder von alleine.<br />

Bleibt das Allergen allerdings erhalten, kann auch das Nesselfieber<br />

nicht vollständig abheilen. Das ist der Fall bei einer Futtermittel-<br />

und Blütenpollenallergie. Eine Futtermittelallergie<br />

kann ausgeschlossen werden, indem der Tierhalter radikal sämtliches<br />

Futter streicht und beispielsweise mit einem einzelnen<br />

Futtermittel, wie Heu, neu beginnt. Tritt keine Allergie auf, kann<br />

schrittweise immer mehr Futter hinzugenommen werden, bis<br />

das allergieauslösende Futter gefunden wird.<br />

Bricht Nesselfieber aus, sollte das Pferd nicht in der prallen<br />

Sonne stehen, und die Quaddeln sollten gekühlt werden. Hierzu<br />

eignet sich kalter Schwarzer Tee oder Wasser, in welches ein<br />

Schuss Obstessig und circa sechs Tropfen Crab Apple pro Liter<br />

gegeben werden. Tunken Sie ein Tuch hinein und legen Sie dieses<br />

dem Pferd um den Hals. Achtung bei Kühlgels, diese können<br />

ebenfalls Allergene enthalten. Ein Umschlag aus essigsaurer<br />

Tonerde kann ebenfalls wohltuend für das Pferd wirken.<br />

Gehen die Wasseransammlungen jedoch auf den Kopf über,<br />

sollte schnellstens ein Tierarzt gerufen werden! Denn die Gefahr,<br />

dass die Luftröhre abgedrückt wird und das Tier nicht mehr atmen<br />

kann, steigt. Wie immer gilt: Verschlechtert sich der Allgemeinzustand<br />

des Tieres, sollte vorsorglich ein Tierarzt gerufen<br />

werden, der sich das Pferd anschaut.<br />

03/23<br />

Kehlkopfpfeifen<br />

04/23<br />

Trachtenzwang<br />

05/23<br />

Luftsack<br />

06/23<br />

Anaplasmose<br />

07/23<br />

ERU<br />

08/23<br />

Asthma<br />

09/23<br />

EGUS<br />

<strong>10</strong>/23<br />

Nesselfieber<br />

Haben auch Sie eine Frage, die Ihnen unter den Nägeln brennt?<br />

Dann schicken Sie uns einen Brief oder eine E-Mail mit Ihrer Frage an:<br />

Redaktion Mein Pferd, Jürgen-Töpfer-Straße 48, 22763 Hamburg<br />

E-Mail: redaktion@mein-pferd.de. Mehr Infos: www.mein-pferd.de<br />

Alle bisherigen und künftigen Fragen finden Sie in der Leiste auf der rechten Seite.<br />

Außerdem können Sie die bisherigen Artikel auf unserer Homepage (www.mein-pferd.de) nachlesen.<br />

11/23<br />

EIA<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

www.mein-pferd.de<br />

57


HALTUNG & GESUNDHEIT<br />

Auf den<br />

Magen geschlagen<br />

GENAUER HINHÖREN 60 Prozent aller Turnierpferde leiden an<br />

Magengeschwüren. Das ist eine erschreckende Zahl. Die Hauptursachen sind<br />

eine falsche Fütterung und Stress. Am wenigsten leiden Pferde darunter, die viel<br />

Weidegang haben. Das können Sie tun, um Magenprobleme zu vermeiden<br />

Text: Redaktion<br />

58 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


Wissen<br />

So entstehen Magengeschwüre<br />

Der Pferdemagen besteht aus zwei Teilen, und nur der untere Teil ist gegen die aggressive<br />

Magensäure geschützt. Sie macht Bakterien unschädlich und hilft bei der Verdauung<br />

des Futters. Was viele nicht wissen: Sie hat einen so hohen Säuregehalt, dass man eine<br />

Verbrennung dritten Grades erleiden würde, wenn man seine Hand hineinhalten würde.<br />

Wenn man sich das klarmacht, ist es leicht zu verstehen, wie schnell Verletzungen<br />

der empfindlichen Magenschleimhaut entstehen können, sobald der Säurehaushalt des<br />

Pferdemagens aus dem Gleichgewicht gerät. Dann funktioniert nämlich der natürliche<br />

Schutzfilm der Magenschleimhaut nicht mehr ausreichend. Es kann zu Reizungen,<br />

Magenschleimhautentzündung (Gastritis) und schließlich zu Geschwüren kommen,<br />

die ausgesprochen schmerzhaft sind. Und das geht sehr schnell! Bereits innerhalb<br />

weniger Tage können sich schmerzhafte Magengeschwüre bilden. Werden diese nicht<br />

behandelt, können sie chronisch werden oder in die Magenwand hineinwachsen und<br />

dort Blut gefäße verletzen. Unter Umständen kann dies zu schweren Blutungen und im<br />

schlimmsten Fall sogar zum Magendurchbruch führen.<br />

Koppende Pferde sollten<br />

auf Magenprobleme hin<br />

untersucht werden<br />

Magengeschwüre gelten mittlerweile<br />

als Volkskrankheit. „Rund<br />

90 Prozent der Galopprennpferde<br />

im Training leiden darunter,<br />

und auch bei Turnierpferden<br />

wird die Zahl der betroffenen Tiere<br />

auf rund 60 Prozent geschätzt“, weiß Sandra<br />

Löckener. Doch weit gefehlt, wer denkt, dass<br />

nur Sportpferde Magengeschwüre haben.<br />

Die Wissenschaftlerin, die zum Thema Pferdegesundheit<br />

forscht und ihr Wissen auf der<br />

Homepage www.vomkrankenzumgesundenpferd.de<br />

zur Verfügung stellt, sagt: „Magengeschwüre<br />

kommen bei allen Rassen vor, in<br />

allen Disziplinen und Altersgruppen. Am wenigsten<br />

leiden Pferde darunter, die viel Weidegang<br />

haben“, so die Biologin.<br />

Überall nur Stress<br />

Die beiden Hauptauslöser für Magengeschwüre<br />

sind eine falsche Fütterung und<br />

Stress. Und der kann überall auftreten. Denn<br />

stressig sind für Pferde nicht nur Transporte,<br />

ungewohnte Umgebungen und Turniereinsätze,<br />

sondern auch krankheitsbedingte<br />

Stehzeiten, Bewegungsmangel oder Änderungen<br />

in ihrer sozialen Struktur. „Pferde bilden<br />

starke emotionale Bindungen zu ihren<br />

Stallgefährten. Wenn sie getrennt werden,<br />

kann das sehr schlimm für sie sein“, erklärt<br />

Sandra Löckener. So ist zum Beispiel auch<br />

das Absetzen für Fohlen extrem belastend.<br />

Durch den Stress des Absetzens leiden schon<br />

Fohlen unter Magenproblemen, ohne dass<br />

sie klinische Symptome zeigen. So bleibt das<br />

Problem oft unerkannt und unbehandelt.<br />

Durch einen neuartigen Blutzuckertest kann<br />

bei Absetzern tatsächlich erkannt werden, ob<br />

ein Magenproblem vorliegt.<br />

Allerdings lässt sich so nur das Vorhandensein<br />

eines Problems feststellen, nicht<br />

aber, ob es sich lediglich um eine leichte Verletzung<br />

der Magenschleimhaut oder um ein<br />

schwerwiegendes Magengeschwür handelt.<br />

Dieser neue Test soll nun endlich die Möglichkeit<br />

bieten, schnell, einfach und schonend<br />

zu überprüfen, ob ein Magenproblem<br />

vorliegt und eine Gastroskopie zur weiteren<br />

Analyse benötigt wird. Im Zuge dieser<br />

Untersuchung fanden die Wissenschaftler<br />

auch heraus, dass insgesamt etwa 98 Prozent<br />

aller Absetzer ein Magenproblem aufweisen.<br />

Ihre Schlussfolgerung: Die Häufigkeit<br />

von Magengeschwüren hängt mit dem<br />

Stress des Absetzens zusammen. Ein plötzliches<br />

Absetzen löst am meisten Stress aus.<br />

Besser ist es, das Fohlen langsam zu trennen<br />

und es zunächst in seiner gewohnten Herde<br />

zu belassen. Um den Stress zu mindern, eignet<br />

sich außerdem die Fütterung von Heu<br />

(ganztägig) und Weidegras.<br />

„Ein oft unterschätzter Faktor ist auch<br />

mangelnde Ruhe“, weiß die Wissenschaftlerin.<br />

„Wenn Pferde in der Herde ständig Druck<br />

durch andere Tiere erfahren oder wenn sie<br />

nicht genug schlafen können, setzt sie das<br />

unter Dauerstress. Aber auch wenn der Nachbar<br />

ständig mit seinem Spielzeug klappert<br />

oder beim Fressen herübergiftet, kann das<br />

für dauernde Unruhe sorgen.“ Auch Schmerzen<br />

können auf den Magen schlagen. „Eine<br />

Studie hat Freizeitpferde mit Magengeschwüren<br />

untersucht, welche den ganzen Tag über<br />

Heu zur Verfügung hatten – also eigentlich<br />

ideale Bedingungen für den Magen“, erzählt<br />

Löckener. „Auffällig war, dass rund 80 Prozent<br />

Barhufer waren. Daher wird davon ausgegangen,<br />

dass andauernde Fühligkeit oder<br />

sogar Schmerzen beim Laufen zu den Magengeschwüren<br />

führten.“<br />

Aber was löst Stress im Magen eigentlich<br />

aus? „Bei Stress werden die Zellen in<br />

der Magenwand nicht mehr ausreichend<br />

durchblutet und bilden weniger schützenden<br />

Schleim“, erklärt die Biologin. „Dann ist<br />

die Magenschleimhaut der Magensäure ausgesetzt.“<br />

Auch Medikamente, die das Pferd<br />

über einen längeren Zeitraum benötigt, können<br />

die Magenschleimhaut reizen – besonders<br />

nicht-steroidale Entzündungshemmer<br />

(NSAID). „Vor allem ein Magengeschwür im<br />

drüsenhaltigen Teil hat seine Ursache oft in<br />

der Gabe von Medikamenten“, sagt Löckener.<br />

„Ein Befall mit Magendasseln oder verunreinigtes<br />

Futter können ebenfalls für Magenprobleme<br />

verantwortlich sein.“<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

www.mein-pferd.de<br />

59


HALTUNG & GESUNDHEIT<br />

Info<br />

Die häufigsten<br />

Auslöser für<br />

Magengeschwüre<br />

● Fütterungsfehler,<br />

Fütterungsumstellungen<br />

● Verladen, Transporte, Kurzreisen<br />

● Umzug, Änderung der<br />

Umgebung<br />

● Rangstreitigkeiten, Veränderungen<br />

der Herdenstruktur<br />

● dauernde Schmerzen<br />

● zu wenig Ruhe, zu wenig<br />

Schlafmöglichkeiten<br />

● eingeschränkter Koppelgang<br />

● Fehlender Herdenverband<br />

● krankheits- oder verletzungsbedingte<br />

Boxenruhe<br />

● Über- oder Unterforderung im<br />

Training<br />

Oben: Ob der Absetzer<br />

ein Magenproblem hat,<br />

ist meist nicht auf<br />

Anhieb zu erkennen<br />

Links: Falls Luzerne<br />

gefüttert wird, dann immer<br />

pelletiert und nie gehäckselt<br />

Extreme Schmerzen<br />

Magengeschwüre sind<br />

extrem schmerzhaft,<br />

die rechtzeitige Erkennung<br />

ist deshalb wichtig.<br />

Doch die Symptome sind<br />

nicht leicht zu erkennen.<br />

„Es sind oft nur kleine Veränderungen<br />

im alltäglichen Verhalten,<br />

die Hinweise auf ein beginnendes körperliches<br />

Problem geben. Daher ist es wichtig,<br />

dass Pferdebesitzer ganz genau wissen, welches<br />

Verhalten für ihr Pferd normal ist und<br />

welches nicht“, sagt Löckener. Denn: „Es gibt<br />

Pferde, die laufen ihr Leben lang mit mehr<br />

oder weniger schlimmen Magenproblemen<br />

herum, ohne dass es bemerkt wird.“ Das<br />

liegt daran, dass Pferde Schmerz extrem unterschiedlich<br />

ausdrücken. „Die einen leiden<br />

stumm, andere flippen regelrecht aus“, erklärt<br />

die Wissenschaftlerin. „Deshalb gibt es<br />

keine sicheren Schmerzanzeichen, sondern<br />

der Pferdebesitzer muss das Verhalten seines<br />

Tieres individuell interpretieren.“<br />

Besteht das Problem länger, stellen sich<br />

aber meistens nach und nach auch deutliche<br />

Symptome ein, die auf ein Magengeschwür<br />

hinweisen können. Dazu gehören<br />

Unmutsäußerungen beim Gurten,<br />

häufiges Leerkauen, Gähnen oder Flehmen,<br />

Fressunlust oder wechselnder Appetit, Gewichtsabnahme,<br />

negative Wesensveränderungen,<br />

Durchfall, wiederkehrende Koliken<br />

sowie ein allgemeiner Leistungsabfall, oft<br />

verbunden mit Widersetzlichkeiten, die sich<br />

im Training regelmäßig bemerkbar machen.<br />

„Ein sehr deutliches Indiz ist auch Aufstoßen“,<br />

sagt Sandra Löckener. „Dabei macht das<br />

Pferd Rülpslaute.“ Da die Anzeichen so unterschiedlich<br />

sein können, sollte man schon<br />

beim geringsten Verdacht einen Tierarzt hinzuziehen.<br />

Mittels Gastroskopie kann dieser<br />

eine genaue Diagnose stellen. Zur Therapie<br />

werden Medikamente eingesetzt, welche die<br />

Produktion der Magensäure reduzieren. Der<br />

am häufigsten verwendete Wirkstoff ist Omeprazol<br />

(Gastro Gard). „Dieses Medikament ist<br />

als Notfallmaßnahme sehr gut. Es hemmt die<br />

60 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


Interview<br />

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▷ Warum sind Magenprobleme beim<br />

Pferd so verbreitet?<br />

Der Pferdemagen produziert rund um die Uhr Magensäure.<br />

Um die Magensäure abzupuffern, müssen<br />

Pferde ausreichend kauen und Speichel produzieren.<br />

Viele kleine Portionen Raufutter über den Tag verteilt<br />

oder Ad-libitum-Fütterung sind für den Magen<br />

daher bekömmlicher als wenige große Mahlzeiten.<br />

Fresspausen von fünf Stunden oder mehr erhöhen das Risiko für Magenreizungen und sollten<br />

vermieden werden. Der Faktor Stress spielt ebenfalls eine Rolle. Ausreichend Ruhe beim Fressen<br />

und eine entspannte Umgebung sind enorm wichtig für einen gesunden Magen.<br />

▷ Welche Kräuter können den Magen-Darm-Trakt unterstützen?<br />

Heilpflanzen haben vielseitige Wirkungen auf den Verdauungstrakt. Klassische, krampflösende<br />

und entblähende Pflanzen sind Anis, Fenchel und Kümmel. Schleimstoffdrogen, z.B. Bockshornkleesamen,<br />

sind reizmildernd und schützen die Schleimhäute. Bei Entzündungen können Süßholzwurzel,<br />

Schafgarbe und Pfefferminze zum Einsatz kommen.<br />

▷ Wie wende ich Leinsamen bei einem Pferd mit Magen-<br />

Darm-Problemen richtig an?<br />

Der Lein ist eine wertvolle Heilpflanze mit reizmildernden und schleimhautschützenden Eigenschaften.<br />

Zubereitet werden die Samen, indem man ein Teil Leinsamen (ganz) mit 15 Teilen<br />

kaltem Wasser anrührt und über einige Stunden quellen lässt, gerne über Nacht. Ein Abkochen<br />

ist nicht nötig. Der Leinsamenbrei eignet sich auch wunderbar zum Untermischen von Kräutern<br />

oder Ergänzungsfuttermitteln.<br />

Säureproduktion und bringt dem Pferd sofortige<br />

Erleichterung“, erklärt Sandra Löckener.<br />

Was hilft wirklich?<br />

Mit der Verabreichung von Medikamenten und<br />

Zusatzfuttermitteln allein ist es aber noch lange<br />

nicht getan. „Das Wichtigste ist es, die Ursache<br />

für das Magengeschwür abzustellen“, so Löckener.<br />

Das zeigte auch eine Studie dänischer, spanischer<br />

und schottischer Forscher. Die Wissenschaftler<br />

untersuchten dabei, welchen Einfluss<br />

die Fütterung in Kombination mit einer medikamentösen<br />

Behandlung mit Omeprazol auf den<br />

Therapieerfolg nimmt.<br />

Für den Versuch wurden 32 Pferde herangezogen,<br />

bei denen im Vorfeld Magengeschwüre<br />

Helena<br />

Hollenhorst,<br />

Futterexpertin und<br />

Tierwissenschaftlerin<br />

erheblichen Ausmaßes festgestellt worden waren.<br />

Alle Pferde befanden sich in schwerer Arbeit.<br />

Für einen besseren Vergleich wurden die<br />

Tiere nach der Schwere der Erkrankung, den Arbeitsanforderungen,<br />

der Haltung und der ursprünglichen<br />

Fütterung paarweise zusammengefasst.<br />

Je Paar wurde ein Pferd auf eine Diät,<br />

bestehend aus stärkearmem und rohfaserreichem<br />

Raufutter bei gleichzeitiger Gabe eines<br />

stärkearmen, aber energie- und rohfaserreichen<br />

Kraftfutters sowie eines luzernebasierten<br />

Futters mit niedrigem Stärkegehalt und hohem<br />

Ölanteil, gesetzt. Beim jeweils anderen Pferd<br />

wurde dessen ursprüngliche Fütterung beibehalten.<br />

Alle Pferde wurden vor und unmittelbar<br />

nach der medikamentösen Behandlung<br />

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HALTUNG & GESUNDHEIT<br />

Wissenschaft<br />

Verhaltensprobleme durch Magenund<br />

Darmbeschwerden<br />

Ein hyperaktives oder aggressives Pferd, kann genau wie eines, das Verhaltensauffälligkeiten<br />

wie Weben oder Koppen zeigt, mit Magenproblemen zu kämpfen haben.<br />

Australische Wissenschaftler der Universität von Adelaide haben elf Forschungsartikel<br />

durchgearbeitet, die sich mit dem Darmmikrobiom (umgangssprachlich Darmflora) und<br />

dem Verhalten von Pferden beschäftigten. Dabei fiel auf, dass schlechte Fütterung der<br />

wichtigste Faktor bei der Entwicklung von Verhaltensproblemen wie Nervosität, Aggression<br />

oder auch Stereotypien (Koppen, Weben) ist. Als „schlechte Fütterung“ bezeichnen<br />

die Forscher dabei vor allem große, stärkereiche Rationen zu bestimmten Fütterungszeiten.<br />

Große Mengen Stärke können Probleme bereiten, wenn sie nicht vollständig im<br />

Dünndarm verarbeitet werden. Im Dickdarm übernehmen Bakterien die Zersetzung von<br />

Zellulose, sie können mit Stärke aber nur wenig anfangen: Es kommt zu Fehlgärungen,<br />

und das Darmmikrobiom gerät aus dem Gleichgewicht.<br />

Kraftfutter muss immer erst eine gewisse Zeit<br />

nach der Heufütterung gegeben werden<br />

To do<br />

Neben Medikamenten vom Tierarzt<br />

kann man vorbeugend und zur Nachbehandlung<br />

Zusatzfuttermittel geben, die<br />

den Magen vor Übersäuerung schützen<br />

und die Magenschleimhaut stabilisieren.<br />

„Zum Beispiel bildet ein Mash aus<br />

<strong>10</strong>0 Gramm Leinsamen und <strong>10</strong>0 Gramm<br />

Haferflocken eine schützende Schleimschicht“,<br />

sagt Löckener. „Wenn das<br />

Pferd schon an Substanz verloren hat,<br />

kann man auch 70 Gramm Weizenkleie<br />

und <strong>10</strong>0 Gramm vorher eingeweichte<br />

Rübenschnitzel zugeben.“<br />

mit Omeprazol untersucht sowie sechs Wochen<br />

nach Therapieende. Sämtliche Pferde,<br />

bei denen an der Fütterung nichts verändert<br />

worden war, zeigten unter der Omeprazol-Therapie<br />

eine signifikante Verbesserung<br />

des Krankheitsbildes. Sobald diese jedoch<br />

beendet wurde, verschlechterte sich ihr Zustand<br />

zusehends wieder, sodass gegen Ende<br />

des Versuchs kaum noch ein Therapieerfolg<br />

festzustellen war. Anders reagierten die<br />

Pferde der Diätgruppe: Hier hielten die mithilfe<br />

der medikamentösen Behandlung erzielten<br />

Verbesserungen auch nach Beendigung<br />

der Therapie an.<br />

„Das zeigt, dass eine angepasste Fütterung<br />

die medikamentöse Behandlung von Magengeschwüren<br />

nicht nur unterstützen kann,<br />

sondern dass sie vor allem auch nach Ende<br />

der Therapie wichtig für die langfristige Erhaltung<br />

der Magengesundheit ist“, resümiert<br />

Sandra Löckener.<br />

Luzerne in der Diskussion<br />

Oft wird empfohlen, Pferden mit Magengeschwüren<br />

wie in oben genannter Studie<br />

Luzerne zu füttern. „Es gibt mehrere Untersuchungen,<br />

die den Rückgang von Magenproblemen<br />

bei Luzernefütterung gezeigt<br />

haben“, sagt Sandra Löckener. „Es wird<br />

aktuell aber auch diskutiert, ob die enthaltenen<br />

Salizylate die Magenschleimhaut vielleicht<br />

reizen – dazu gibt es unterschiedliche<br />

Ergebnisse.“ Ein unbestrittener Vorteil von<br />

Luzerne ist auf jeden Fall, dass sie viel Kalzium<br />

enthält. „Das ist wichtig, da sich durch<br />

den Wirkstoff Omeprazol die Kalziumverdaulichkeit<br />

verändert – das kann mit Luzerne<br />

auf jeden Fall ausgeglichen werden“, so<br />

die Wissenschaftlerin. Wichtig ist auch, dass<br />

die Luzerne pelletiert und nicht gehäckselt<br />

ist. Denn: „Auch die Beschaffenheit des Futters<br />

kann die Magenschleimhaut mechanisch<br />

reizen.“<br />

Zu Pektin und Lecithin, welche die<br />

Schleimhaut schützen sollen, gibt es unterschiedliche<br />

Ergebnisse. „Zwei Studien weisen<br />

auf eine verbesserte Heilung hin, zwei<br />

andere Studien bescheinigen: kein Effekt“,<br />

so die Wissenschaftlerin. Ferment-Kräuter<br />

und Antazida, die ebenfalls häufig bei Magenproblemen<br />

empfohlen werden, haben<br />

erwiesenermaßen keinen signifikanten Einfluss.<br />

„Sie heben den pH-Wert zwar an, doch<br />

dieser Effekt hält nur kurz“, erklärt die Wissenschaftlerin.<br />

Und noch ein letzter Hinweis<br />

zum Thema Zusatzfuttermittel: „Bei einem<br />

Verdacht auf Magenprobleme sollten keine<br />

Schwefelverbindungen gefüttert werden –<br />

diese sind zum Beispiel in MSM-Pulver enthalten,<br />

das oft bei Gelenks- und Sehnenproblemen<br />

empfohlen wird.“<br />

Für einen gesunden Magen sollten Pferde<br />

dauerhaft Heu zur Verfügung haben<br />

62 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


Keine Fresspausen<br />

Viel entscheidender ist jedoch die alltägliche<br />

Grundfütterung. „Der Magen des Pferdes<br />

ist relativ klein, er fasst nur 18 Liter. Das<br />

bedeutet, dass das Futter ihn schnell wieder<br />

verlässt“, erklärt Sandra Löckener. „Ist der Magen<br />

aber leer, greift die Säure an – vor allem<br />

bei schwerer körperlicher Belastung. Deshalb<br />

sollte man auch nicht auf leeren Magen<br />

trainieren, sondern vorher immer ein wenig<br />

Heu geben.“ Denn: Der beste Säurepuffer ist<br />

Raufutter. Aus diesem Grund sollte das Pferd<br />

stets so viel Heu oder Stroh zur Verfügung haben,<br />

dass die Fresspausen nicht zu lange dauern.<br />

„Die aktuelle Forschung geht davon aus,<br />

dass es ideal ist, wenn das Pferd insgesamt<br />

zwölf Stunden lang Raufutter oder Gras frisst,<br />

über 24 Stunden verteilt.“<br />

Durch das Kauen bildet sich außerdem<br />

Speichel, der die Magensäure neutralisiert.<br />

„Für den idealen Einspeichelprozess ist es<br />

wichtig, dass das Pferd mit gesenktem Kopf<br />

frisst“, erklärt Sandra Löckener. „Denn dann<br />

läuft der Speichel nicht wieder zurück in<br />

die Speiseröhre, sondern er bleibt während<br />

des Kauens im Maul.“ Ihr Tipp: Engmaschige<br />

Heunetze oder andere sogenannte Slow-<br />

Feeder verlängern die Fresszeit.<br />

Zucker und Stärke wirken dagegen säurebildend.<br />

Das Problem: Die meisten Kraftfuttermischungen<br />

enthalten diese beiden Bestandteile.<br />

Achten Sie deshalb auf einen niedrigen<br />

Stärke- und Zuckergehalt in Ihrem Futter.<br />

„Der Stärkegehalt sollte nicht höher als zwei<br />

Gramm pro Kilo Körpermasse pro Mahlzeit<br />

sein“, so Löckener. Auch wichtig: Damit sich<br />

ausreichend Speichel bilden kann, sollte unbedingt<br />

Heu vor dem Kraftfutter gegeben<br />

werden. Denn die Pferde fressen die Körner<br />

etwa vier- bis fünfmal so schnell wie Heu und<br />

kauen sie weniger gründlich, wodurch auch<br />

weniger Speichel als Säurepuffer zur Verfügung<br />

steht. Das kann man verhindern, indem<br />

man das Raufutter mindestens 15 Minuten<br />

vor dem Kraftfutter reicht. So ist der<br />

Magen bereits gut mit Speichel gefüllt, wenn<br />

Körner in die Krippe kommen.<br />

Wie können Sie Magenproblemen also<br />

am besten vorbeugen? Klar ist: Zu einem<br />

möglichst stressfreien Pferde leben gehört<br />

es vor allen Dingen, Haltung und Fütterung<br />

so artgerecht wie möglich zu gestalten. Bieten<br />

Sie Ihrem Pferd deshalb eine stabile<br />

Herdenstruktur, eine ruhige Fresssituation,<br />

genug Raufutter und genug Bewegung. Das<br />

ist schon die halbe Miete.<br />

Tipp<br />

Richtig füttern<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

Rau- VOR dem Kraftfutter füttern<br />

1,5 bis zwei Prozent der Körpermasse<br />

Heu pro Tag. Bei einem<br />

600 Kilogramm schweren Pferd<br />

wären das neun Kilogramm Heu<br />

am Tag. Pferde, die zu Stoffwechselproblemen<br />

neigen oder<br />

abnehmen müssen, sollten weniger<br />

Heu beispielsweise im Netz oder<br />

Slowfeeder erhalten, etwa 1,2 bis<br />

1,5 Prozent, eventuell mit etwas<br />

Stroh gestreckt<br />

Kraftfutter am besten auf drei<br />

Mahlzeiten pro Tag verteilen<br />

Maximal ein Gramm Stärke pro<br />

Kilogramm Körpergewicht<br />

Maximal drei bis vier Stunden<br />

Fresspause<br />

Zwei Stunden Pause zwischen<br />

dem Füttern von Kraftfutter<br />

und dem Training<br />

Eine artgerechte Haltung mit<br />

täglicher Herde ist für die Magengesundheit<br />

des Pferdes wichtig<br />

Fotos: IMAGO/Frank Sorge (1), slawik.com (5)<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

www.mein-pferd.de<br />

63


HALTUNG & GESUNDHEIT<br />

Früher waren die Wiesen so<br />

nährstoffreich, dass eine<br />

Zufütterung von Mineralstoffen<br />

nicht nötig war. Heute sieht<br />

es meist anders aus<br />

64 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


MINERALSTOFFE Sie sind Bausteine für Zähne<br />

und Knochen, steuern die Enzymsysteme und<br />

beeinflussen als Elektrolyte den Druck<br />

der Zellflüssigkeit. Mineralstoffe sind<br />

auch für die Erregung der Nerven- bzw.<br />

Muskelzellen verantwortlich – also<br />

wahre Multitalente!<br />

Text: Nora Dickmann<br />

Wahre<br />

Multitalente<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

www.mein-pferd.de<br />

65


HALTUNG & GESUNDHEIT<br />

Über Salzlecksteine können Pferde<br />

Mineralstoffe aufnehmen. Allerdings<br />

kann der Halter nicht kontrollieren,<br />

wie viele es sind<br />

Aminosäuren<br />

Info<br />

Essenzielle Aminosäuren kann der Körper ebenfalls nicht selbst herstellen, auch diese<br />

müssen über die Nahrung aufgenommen werden. Dazu zählen Lysin, Tryptophan, Leucin,<br />

Methionin, Isoleucin, Valin, Histidin, Threonin und Phenylalanin. Während Lysin besonders<br />

wichtig für Zuchtpferde ist (wichtig für die Entwicklung der Jungpferde und für die<br />

säugende Stute), ist Methionin relevant für die Bildung vieler Stoffe, wie beispielsweise<br />

Kreatin. Dieses ist für das<br />

Hufhorn wichtig. Threonin<br />

trägt u. a. zur Bildung von<br />

Enzymen und Hormonen<br />

bei. Durch natürliche Einzelfuttermittel<br />

wie Luzerne,<br />

Leinschrot, Bierhefe oder<br />

Soja kann der Bedarf an<br />

essenziellen Aminosäuren<br />

bei Pferden gut gedeckt<br />

werden. Reine Aminosäuren<br />

können ebenfalls gefüttert<br />

werden. Der Vorteil hierbei:<br />

Sie können zu <strong>10</strong>0 Prozent<br />

vom Pferd aufgenommen<br />

und genutzt werden.<br />

Auch Aminosäuren<br />

werden<br />

über das Futter<br />

aufgenommen<br />

Mensch und Tier benötigen<br />

eine ausgewogene Ernährung,<br />

um gesund und leistungsbereit<br />

zu bleiben.<br />

Wir Menschen müssen<br />

dazu möglichst abwechslungsreich essen<br />

und dabei auf die Zufuhr von ausreichend<br />

Vitaminen achten. Während wir uns einer<br />

Menge verschiedener Lebensmittel bedienen<br />

können, ist die Ernährung bei Pferden<br />

oft recht einseitig: Gras, Heu und Hafer sind<br />

die Standardmahlzeiten des Tieres. Normalerweise<br />

sind in einer guten Wiese alle wichtigen<br />

Inhaltsstoffe enthalten, sodass die Pferde<br />

keine Zusatzmittel benötigen, um ihren<br />

täglichen Bedarf an Mineralien und Vitaminen<br />

zu decken. Inzwischen ist es aber leider<br />

meistens so, dass unsere Weiden nicht mehr<br />

so artenreich sind, wie sie es einst waren.<br />

Weidelgras dominiert die Koppeln, die Kräuter<br />

gehen immer weiter zurück. Der nährstoffarme<br />

Boden lässt auch nur noch einseitige<br />

Pflanzen zu.<br />

Während Pferde früher ihren Bedarf an<br />

Spurenelementen, Mineralstoffen und Vitaminen<br />

durch selektives Fressen von Kräutern<br />

aufgenommen haben, leiden die meis-<br />

66 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


ten Tiere heute aufgrund des nicht mehr zu<br />

deckenden Bedarfs an einer Unterversorgung an<br />

Mineralstoffen. Durch zusätzliches Mineralfutter<br />

lässt sich diese Unterversorgung aber recht<br />

gut ausgleichen. Die meisten Mineralfutter enthalten<br />

zusätzlich Vitamine, die zur Vitaminversorgung<br />

beitragen. Während beispielsweise Vitamin<br />

C vom Körper selbst hergestellt<br />

werden kann, müssen Mineralstoffe<br />

über die Nahrung aufgenommen<br />

werden: Calcium (Ca), Kalium<br />

(K), Chlor (CL), Magnesium<br />

(Mg), Schwefel (S), Natrium<br />

(Na) und Phosphor (P) werden<br />

benötigt. Je nachdem,<br />

wie viel ein Pferd arbeitet,<br />

ist auf die richtige Verteilung<br />

dieser Mengenelemente<br />

zu achten. Ist das Pferd<br />

gesund und arbeitet es nicht<br />

besonders viel, ist diese Versorgung<br />

normalerweise gewährleistet.<br />

Schwitzt das Pferd viel, kann es schnell zu<br />

einem Natrium-, Chlor- und Kaliummangel kommen,<br />

der ausgeglichen werden muss. Ein Salzleckstein<br />

kann hier helfen. Bei Renn-, Distanzoder<br />

Vielseitigkeitspferden reicht dies allerdings<br />

nicht aus. Hier sollte mit einer Zusatzfütterung<br />

von Mineralstoffen nachgeholfen werden.<br />

Bedarfsgerecht füttern<br />

Für die Prozesse im Körper sind Mineralstoffe<br />

sehr wichtig. Ein Mangel kann unterschiedliche<br />

Folgen und Symptome mit sich bringen,<br />

wie beispielsweise schlechte Knochen oder Zähne,<br />

wenn das Pferd unter Calciummangel leidet.<br />

Ein Pferd im Wachstum benötigt eine größere<br />

Menge verschiedener Mineralstoffe als ein<br />

ausgewachsenes Pferd. Sportpferde, die Höchstleistungen<br />

erbringen, brauchen ebenfalls mehr<br />

Mineralstoffe als ein Freizeitpferd. Daher muss<br />

unbedingt darauf geachtet werden, jedes Pferd<br />

bedarfsgerecht und individuell zu füttern. In<br />

den herkömmlichen Mineralfuttern sind meist<br />

die mineralischen Komponenten Phosphor und<br />

Calcium enthalten. Ein Phosphorüberschuss<br />

kann zu Harnsteinen führen und die Knochensubstanz<br />

brüchig werden lassen.<br />

Frisst ein Pferd viel Stroh, sollte ebenfalls Mineralfutter<br />

zugefüttert werden, da Stroh nur<br />

sehr wenig Vitamine und Mineralstoffe enthält.<br />

Bei Heu hingegen kann man dies nicht so pauschal<br />

sagen, da jeder Schnitt anders ist. Je nach<br />

Schnitt sind mal mehr, mal weniger Vitamine<br />

und Mineralstoffe darin enthalten.<br />

Richtig bestimmen<br />

Früher fand man<br />

deutlich mehr Kräuter<br />

auf den Weiden<br />

Lebt das Pferd im Offenstall oder in Weidehaltung,<br />

kann ein Mineralleckstein Mangelerscheinungen<br />

vorbeugen. Diesen können die Tiere<br />

nach Belieben nutzen. Das Problem an diesen<br />

Lecksteinen: Man kann nicht genau feststellen,<br />

wie viele oder wie wenige Spurenelemente und<br />

Mineralstoffe die Pferde jeweils aufgenommen<br />

haben. Kontrollierter läuft dies mittels einer direkten<br />

Dosis im täglichen Futter ab. Mineralstoffe<br />

sind überlebensnotwendig, können aber bei<br />

einer Überdosis auch zum Tod führen.<br />

Deswegen ist es umso wichtiger, die<br />

richtige Menge des Mineralfutters<br />

zu bestimmen. Dies kann durch<br />

Analysen gestaltet werden:<br />

Blut- und/oder Urinproben,<br />

Haaranalysen oder eine<br />

Rationsberechnung können<br />

helfen. Dabei wird<br />

das Futter, das das Tier<br />

normalerweise bekommt,<br />

auf Inhaltsstoffe untersucht.<br />

Diese werden dann<br />

mit dem Bedarf des Pferdes<br />

verglichen und angepasst, und<br />

das entsprechende Mineralfutter<br />

kann beigefüttert werden.<br />

Woran erkennt man gutes Mineralfutter?<br />

Bei der Wahl des Mineralfutters sollte darauf geachtet<br />

werden, dass in diesem keine Aroma- bzw.<br />

Süßstoffe zur Geschmacksverbesserung hinzugefügt<br />

werden. Dies kann sich nämlich langfristig<br />

auf den Stoffwechsel auswirken – und zwar<br />

negativ! Weizen, Soja oder Traubenzucker sollten<br />

– wenn möglich – ebenfalls vermieden werden.<br />

Das kann bei empfindlichen Pferden zu<br />

Allergien führen. Die enthaltenen Mineralstoffe,<br />

insbesondere Spurenelemente, sollten idealerweise<br />

in natürlicher Form (nicht synthetisch<br />

hergestellt) enthalten sein, damit die entsprechende<br />

Bioverfügbarkeit (Verwertbarkeit) sichergestellt<br />

wird.<br />

Frühzeitig handeln<br />

Ein Pferd mit glänzendem Fell und gesunden<br />

Hufen ist der Traum eines jeden Pferdebesitzers.<br />

Häufig macht man sich erst Gedanken darüber,<br />

wenn bereits etwas im Argen ist und das Pferd<br />

stumpfes Fell hat oder müde wirkt. Denn was<br />

viele Menschen nicht wissen: Spurenelemente<br />

und Mineralstoffe haben verschiedene Wechselwirkungen<br />

untereinander. Somit kann sich<br />

eine Fehlversorgung in den unterschiedlichsten<br />

Ausmaßen und mit vielen Symptomen bemerkbar<br />

machen. Am häufigsten tritt eine Zink- und<br />

Selen unterversorgung auf.<br />

Bei einigen Nährstoffen haben Pferde eine<br />

hohe Toleranz gegenüber einer Überversorgung<br />

– dabei bildet Selen eine Ausnahme und<br />

kann gravierende Gesundheitsschäden verursachen.<br />

Ein Überblick über die Gesamtration des<br />

Futters ist deswegen essenziell wichtig. Dazu<br />

zählen Heu, Gras, Stroh, Kraftfutter wie Hafer<br />

und Müsli sowie jegliche Zusatzmittel.<br />

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HALTUNG & GESUNDHEIT<br />

Sind Pferde ausreichend<br />

mit Mineralstoffen versorgt,<br />

sind sie lebendig und<br />

bewegungsfreudig<br />

Mineralstoffmangel kann<br />

sich in vielen Symptomen<br />

äußern<br />

Haare, Hufe und<br />

das Immunsystem<br />

Pferde, die öfter an Infekten<br />

leiden oder Huf- und<br />

Fellprobleme haben, können<br />

unter Zinkmangel leiden. Dieser<br />

kann mittels Blutbild schlecht<br />

nachgewiesen werden, lässt sich jedoch<br />

in Kombination aus dem Allgemeinzustand<br />

und dem Blick auf die Ration des Pferdes<br />

gut diagnostizieren. Symptome wie stumpfes<br />

Fell, spröde Hufe, wiederkehrende Hautkrankheiten<br />

wie Pilz oder Mauke oder auffällige<br />

Schuppenbildung können ebenso<br />

Anzeichen für einen Zinkmangel sein. Das<br />

Spurenelement Zink ist elementar wichtig<br />

für den gesamten Stoffwechsel des Pferdes,<br />

daher könnte auch eine Neigung zu Ekzem<br />

oder Allergie mit einer Zinkfehlversorgung in<br />

Verbindung gebracht werden. Die Bedeutung<br />

von Zink zeigt sich auch in seinem Einsatz bei<br />

Hautsalben und Sprays zur Wundheilung. Besonders<br />

ältere Pferde haben einen höheren<br />

Bedarf an Zink, aber auch Tiere in Stresssituationen<br />

oder während des Fellwechsels.<br />

Nerven und Muskulatur<br />

Neigen Sie zu Krämpfen, oder treiben Sie<br />

viel Sport? Dann wird Ihnen die Einnahme<br />

von Magnesium sicherlich nicht fremd<br />

sein. Bei Pferden kommt es hier nur sehr selten<br />

zu Mangelzuständen. Leidet das Pferd allerdings<br />

unter einem solchen, zeigt sich das<br />

in Nervosität und starker Erregbarkeit sowie<br />

Muskelzittern bis hin zu Muskelkrämpfen.<br />

Deswegen wird bei nervösen Pferden<br />

auch oftmals zu einer Magnesiumzusatzfütterung<br />

geraten. Besonders in Stresssituationen<br />

steigt der Magnesiumbedarf. Eine Überversorgung<br />

wird meistens vom Organismus<br />

toleriert, kann jedoch in Kombination mit<br />

einer Phosphorüberversorgung zu Harnsteinen<br />

oder Harngries führen.<br />

Ein schmaler Grat<br />

Hafer und Heu<br />

reichen heute<br />

meist nicht mehr<br />

aus, um den Mineralstoffbedarf<br />

des<br />

Tieres zu decken<br />

Selen ist ein Spurenelement mit Tücken. Der<br />

Grat zwischen therapeutischem Nutzen und<br />

Vergiftung ist schmal. Sowohl eine Unterversorgung<br />

als auch eine Überversorgung können<br />

aber gut in einem Blutbild dargestellt werden.<br />

Symptome der Unterversorgung sind meistens<br />

eine hohe Infektanfälligkeit, Fellprobleme<br />

oder Schwierigkeiten in der Regeneration<br />

der Muskulatur. Bei einer sehr seltenen Überversorgung<br />

an Selen reagiert das Pferd mit Koliksymptomen.<br />

Findet eine chronische, langfristige<br />

Überversorgung statt, geht dies mit<br />

dem Verlust des Langhaares einher. Außerdem<br />

kann es zu Lahmheiten und Hufrehesymptomen<br />

kommen. Eine Überdosierung kann eine<br />

tödliche Vergiftung hervorrufen. Deswegen ist<br />

bei Selen höchste Vorsicht geboten.<br />

Kupferbrille und Co.<br />

Auch wenn das erst einmal niedlich klingt,<br />

ist eine Kupferbrille eigentlich ein Symptom<br />

einer Unterversorgung mit Kupfer. Nicht<br />

zu verwechseln mit der Brille eines Fohlens<br />

im Fellwechsel. Ein Kupfermangel zeigt sich<br />

hauptsächlich in einem Pigmentverlust, Infektanfälligkeit<br />

und Blutarmut.<br />

Ebenfalls selten ist ein Calciummangel, der<br />

sich über längere Zeit und in Kombination<br />

mit einer Phosphorüberversorgung in einer<br />

Demineralisierung des Skeletts äußern kann.<br />

Hierbei wird das Calcium aus den Knochen gelöst.<br />

Umfangvermehrungen an den Knochen<br />

werden sichtbar, da diese durch instabileres<br />

Bindegewebe ersetzt werden. In den USA wird<br />

dies als „Big Head Disease“ betitelt.<br />

Mit Vorsicht genießen!<br />

Ein hochwertiges Mineralfutter sollte also<br />

in keiner ausgewogenen Fütterung des Pferdes<br />

fehlen. Die kleinen Helferlein – egal ob<br />

in Form von Mineralien, Spurenelementen<br />

oder Vitaminen – sind elementar für die Gesundheit<br />

des Pferdes und bilden ein komplexes<br />

Zusammenspiel.<br />

Ein Mangel, aber auch ein Überschuss<br />

können schwere gesundheitliche Folgen haben<br />

und das Tier langfristig beeinträchtigen.<br />

Eine ausgewogene Zusammensetzung des<br />

Futters im richtigen Verhältnis sowie die Einhaltung<br />

der Dosierempfehlung des Herstellers<br />

sind essenziell. Bei Bedarf kann auch ein<br />

Futterberater helfen und sich das Pferd und<br />

seine Nahrung im Ganzen anschauen.<br />

68 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


Wissen<br />

Welches Mineral hat welche Aufgabe?<br />

Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine zählen zu der Gruppe der Mikronährstoffe. Diese liefern zwar keine Energie,<br />

sind aber trotzdem lebensnotwendig für den Organismus und müssen täglich mit der Nahrung aufgenommen werden.<br />

Jedem Mineral wird eine andere Aufgabe zugeschrieben.<br />

Mineralstoff/Spurenelement Eignung Symptome eines Mangels<br />

Natrium (Salz)<br />

Leitet Nervenimpulse weiter; ist wichtig<br />

für die Muskelarbeit; reguliert den<br />

Wasserhaushalt und den Säure-Basen-<br />

Haushalt im Körper<br />

Kolik, Kreislaufprobleme, Leistungsschwäche, trockene<br />

Haut, Appetitlosigkeit<br />

Kalium<br />

Regelt den Flüssigkeitshaushalt in den<br />

Zellen; unterstützt Nerven- und Muskelfunktionen;<br />

essenziell für Stoffwechselvorgänge<br />

und Enzymaktivitäten<br />

Geringe Fresslust, Muskelschwäche, in der Praxis<br />

allerdings sehr selten<br />

Phosphor<br />

Essenziell im Enzymsystem; hilft bei der<br />

Energiegewinnung; wichtige Puffersubstanz<br />

im Blut<br />

Brüchige Knochen; Osteoporose; Rachitis; Wachstumsund<br />

Fruchtbarkeitsstörung<br />

Calcium<br />

Knochenwachstum und Knochenerhalt;<br />

Zahngesundheit; essenziell für Stoffwechselvorgänge<br />

Kreuzverschlag; Zahnprobleme; Wachstumshemmung;<br />

Entkalkung und Knochenweiche<br />

Magnesium<br />

Essenziell für Knochen und Stoffwechsel;<br />

gewährleistet Reizüberflutung<br />

von Nerven auf Muskeln<br />

Verspannungen; erhöhte Erregbarkeit; Leistungsabfall;<br />

Muskelkrämpfe oder Muskelzittern<br />

Kupfer<br />

Wirkt blutbildend; wichtig für Bindegewebs-,<br />

Knochen- und Knorpelbildung;<br />

immunstärkend<br />

Geschwächtes Immunsystem; Chipbildung bei J ungpferden;<br />

bei Fohlen Anämie und Skelettveränderungen;<br />

bei älteren Pferden Neigung zu Gefäßrupturen und<br />

Pigmentverlusten<br />

Eisen<br />

Wichtig für Sauerstofftransport im Blut;<br />

reguliert Stoffwechselvorgänge<br />

Leistungsschwäche; Infektanfälligkeit; Anämie,<br />

Leistungsschwäche<br />

Selen<br />

Wichtig für Immunsystem; Zellschutz;<br />

Schutz von Vitamin E; Bestandteil<br />

wichtiger Enzyme<br />

Steifer Gang; degenerative Skelett- und Herzmuskelveränderungen;<br />

Schmerzhaftigkeit der Muskulatur;<br />

Haarverlust des Langhaares<br />

Zink<br />

Jod<br />

Mangan<br />

Enzyme im Kohlenhydrat- und Eiweißstoffwechsel;<br />

Immunsystem und Zellerneuerung;<br />

Haut- und Schleimhautentwicklung<br />

Baustein der Schilddrüsenhormone;<br />

Steuerung des Stoffumsatzes im<br />

Organismus<br />

Knochen- und Fettstoffwechsel; Aufbau<br />

des Bindegewebes; Cofaktor von<br />

zahlreichen Enzymen; essenziell für die<br />

Funktion der Eierstöcke<br />

Brüchige Hufe; mangelnde Hornqualität; Haarausfall;<br />

Haut- und Fellprobleme; Verdickung der Haut<br />

Allgemeine Körperschwäche; Erschöpfung;<br />

Ödem-/Kropfbildung<br />

Bisher sind keine akuten Mangelzustände bekannt<br />

Fotos: IMAGO/Design Pics (1), slawik.com (8), AdobeStock (1)<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

www.mein-pferd.de<br />

69


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Lea Siems Vierbeiner genießen den Sommertag<br />

gemeinsam auf der saftiggrünen Wiese<br />

2<br />

Herzlichen Glückwunsch an die<br />

Siegerin Martina Otto! Ihr Pferd 1<br />

Rubina und ihr Hund Joey gaben<br />

beim privaten Fotoshooting ihr Bestes und<br />

waren hochmotiviert bei der Sache<br />

4<br />

Das erste selbst gezogene Fohlen<br />

Tennessee ist der ganze Stolz von<br />

Beate L. und ihrer Familie<br />

3<br />

Anni Lehmers 29-jährige Stute Antalya<br />

hält sich mit Pferde-Yoga fit<br />

70 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


5<br />

Julia Beiter: „Liebe – die Basis aller Dinge!“<br />

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Stefan Heydes Harry<br />

wartet ungeduldig und<br />

voller Vorfreude auf<br />

sein Frühstück<br />

7<br />

Dajana Langes Blondie genießt ihren<br />

Sommer in vollen Zügen, und Dajana<br />

freut sich über diesen Anblick<br />

6<br />

9<br />

Saskia Aden:<br />

„Traber Feivel<br />

lacht mich gerne<br />

aus, sobald er etwas<br />

tun soll“<br />

Fotos: Hersteller (1), Privat (<strong>10</strong>)<br />

8<br />

Elisabeth Hinkers zitiert Pippi Langstrumpf:<br />

„Warte nicht darauf, dass die Menschen dich<br />

anlächeln ... Zeige ihnen, wie es geht!“<br />

<strong>10</strong><br />

Monika Herzogs<br />

Rocky wurde vom<br />

Gras an der Nase<br />

gekitzelt<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

www.mein-pferd.de<br />

71


RECHT<br />

Was ist, wenn ...<br />

... ich mein Pferd in Beritt geben will –<br />

was sollte in einen Berittvertrag?<br />

DER SPEZIALIST FÜR<br />

PFERDERECHT, Rechtsanwalt<br />

Andreas Ackenheil, gibt<br />

auch in dieser Ausgabe die<br />

besten recht lichen Tipps<br />

rund ums Thema Pferd<br />

Text: Andreas Ackenheil, Rechtsanwalt<br />

Auch für Beritt empfiehlt es sich,<br />

einen Vertrag aufzusetzen<br />

Jeder Pferdehalter wünscht sich,<br />

dass sich sein Pferd möglichst einfach<br />

reiten lässt und auch im Umgang<br />

gehorsam ist. Gerade bei der<br />

Ausbildung von Jungpferden ist es<br />

daher wichtig, in den ersten Jahren Grundsteine<br />

für die weitere Ausbildung zu setzen,<br />

um eine gute Grundausbildung für die sportliche<br />

Entwicklung zu schaffen und das Pferd<br />

gesund zu erhalten.<br />

Je besser das Pferd ausgebildet ist, desto<br />

mehr steigt es im Wert und desto erfolgreicher<br />

ist es auf Turnieren bzw. kann gewinnsteigernd<br />

weiterverkauft werden. Nicht jeder<br />

Reiter verfügt jedoch über das nötige Knowhow,<br />

um sein Pferd entsprechend auszubilden<br />

und zu fördern. Zudem erfreuen sich<br />

auch viele Pferdeeigentümer daran, ihr Pferd<br />

auf Turnieren unter einem anderen Reiter zu<br />

sehen, und lassen es daher von einem Profi<br />

bereiten. Dennoch ist jeder Reiter auf einen<br />

Trainer angewiesen, der regelmäßigen Unterricht<br />

gibt oder das Pferd bereitet, um sich<br />

einschleichende Fehler zu korrigieren und<br />

den Reiter zu unterstützen<br />

Viele Reiter benötigen bei schwierigen<br />

Pferden oder für bestimmte Ausbildungssprünge<br />

besondere Hilfe und geben ihr Pferd<br />

dann in Beritt. Dabei wird das Pferd an den<br />

Stall des Trainers gebracht, damit dieser das<br />

Pferd täglich reiten und fördern kann. Es besteht<br />

auch die Möglichkeit, an bestimmten<br />

Tagen das Pferd selbst unter der Anleitung<br />

des Ausbilders „nachzureiten“, damit der<br />

Eigen tümer in die Ausbildung des Pferdes<br />

eingebunden wird und nachfühlen kann, wie<br />

das Pferd korrekt geritten wird.<br />

Es gibt aber auch Eigentümer, die ihr Pferd<br />

in die Obhut eines Ausbildungsstalles geben,<br />

um das Pferd weiter zu fördern und entsprechend<br />

auf einem Turnier von einem Profi<br />

vorstellen zu lassen. Selbst reiten tun diese<br />

Eigentümer nicht. Dennoch führt eine solche<br />

Zusammenarbeit häufig zu rechtlichen<br />

Streitigkeiten. Das ist der Fall, wenn das Pferd<br />

nicht nach den Vorstellungen des Eigentümers<br />

gefördert wird, der Reiter das Pferd<br />

nicht nachreiten kann oder sich der Trainer<br />

nicht an die Abmachung hält und das Pferd<br />

seinen Auszubildenden überlässt. Aus diesem<br />

Grund ist es sehr wichtig, den Berittvertrag<br />

schriftlich abzuschließen, um Vertragsverstöße<br />

nachreiten zu können.<br />

Welchem Vertragstyp entspricht<br />

der Berittvertrag?<br />

Der Berittvertrag stellt aus rechtlicher Sicht einen<br />

typengemischten Vertrag dar. Zum einen<br />

wird mit dem Pensionsstallbetreiber ein Vertrag<br />

abgeschlossen, dass das Pferd eine Box<br />

erhält und entsprechend versorgt wird. Zum<br />

anderen schließt der Pferdehalter mit dem<br />

Ausbilder einen Vertrag, dass das Pferd die<br />

72 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


Anlagen benutzt, geritten und trainiert wird.<br />

Folglich handelt es sich um einen Vertrag mit<br />

Bestandteilen eines Miet- und Dienstleistungsvertrages.<br />

Daher ist die Überlassung der<br />

Box ein Mietvertrag und die Ausbildung ein<br />

Dienstvertrag, da der Trainer in der Regel keine<br />

Garantie für das Erreichen eines Ausbildungsziels<br />

übernimmt. Das kann nur der Fall<br />

sein, wenn Eigentümer und Trainer konkret<br />

vereinbaren, dass das Pferd beispielsweise die<br />

fliegenden Wechsel oder die Piaffe erlernen<br />

oder auf ein bestimmtes Niveau (z.B. M-fertig,<br />

Grand-Prix-fertig) gebracht werden soll.<br />

Andernfalls schuldet der Bereiter nur, dass er<br />

sich „bemüht“, das Vertragsziel zu erreichen.<br />

Folglich genügt es, dass sich der Bereiter bemüht,<br />

seinen Verpflichtungen aus dem Vertrag<br />

nachzukommen, ohne einen konkreten<br />

Erfolg zu schulden. Der Eigentümer und der<br />

Bereiter vereinbaren, wie es bei einem Dienstvertrag<br />

üblich ist, ein Entgelt.<br />

Beim Dienstvertrag stellen das Training<br />

und die Förderung des Pferdes die primäre<br />

Hauptleistungspflicht und die Versorgung<br />

und Pflege des Pferdes sowie des Zubehörs<br />

eine Nebenpflicht dar. Grundsätzlich muss<br />

der Trainer diese Leistung auch höchstpersönlich<br />

erbringen. Dies ist in einem Ausbildungsstall<br />

meist jedoch nicht möglich, da die<br />

Bereiter Pfleger und Auszubildende haben,<br />

die die Pferde satteln und warmführen oder<br />

gegebenenfalls abreiten. Auch der Koppelund<br />

Weideservice wird meist von Pflegern<br />

übernommen. Aus diesem Grund sollte im<br />

Berittvertrag schriftlich vereinbart werden,<br />

dass auch Angestellte des Ausbildungsstalles<br />

zur Unterstützung des Bereiters mit dem<br />

Pferd umgehen dürfen. Möchte der Eigentümer,<br />

dass das Pferd ausschließlich vom<br />

Bereiter geritten wird, sollte auch schriftlich<br />

festgehalten werden, dass das Pferd ausschließlich<br />

vom Bereiter geritten werden<br />

darf. Eine Berittleistung durch eine andere<br />

Person führt dann zu einem Vertragsverstoß.<br />

Worauf sollte man beim<br />

Berittvertrag noch achten?<br />

Der Eigentümer sollte auf viele Einzelheiten<br />

in Bezug auf das Training und die Versorgung<br />

achten. Je komplexer der Vertrag ist, desto<br />

mehr Eventualitäten werden abgedeckt,<br />

und der Pferdeeigentümer kann entsprechende<br />

Verstöße ahnden sowie Haftungsrisiken<br />

ausschließen. Daher ist es wichtig zu<br />

vereinbaren, wie oft das Pferd trainiert werden<br />

soll, welche Trainingsmethoden zulässig<br />

sind, welcher Hilfen sich der Bereiter bedienen<br />

darf, wie oft das Pferd Turnier gehen<br />

soll und wer mit dem Pferd umgehen darf. Es<br />

sollte darauf geachtet werden, dass auch vereinbart<br />

wird, wem die Geld- und Ehrenpreise<br />

zustehen und wer für die Transport- und<br />

Nennkosten aufkommt. Zu Beginn des Vertrages<br />

sollte aufgeführt werden, auf welchem<br />

Ausbildungsstand sich das Pferd bereits befindet<br />

und welche Besonderheiten das Pferd<br />

mitbringt. Zudem sollte festgelegt werden,<br />

welches Zubehör verwendet werden soll und<br />

wie das Pferd auf der Koppel gehalten wird.<br />

Auch die Fütterung sowie die medizinische<br />

und physiotherapeutische Betreuung muss<br />

schriftlich festgelegt werden.<br />

Wird dies nicht ausdrücklich vereinbart,<br />

obliegt die Art und Weise der Vertragsdurchführung<br />

dem Bereiter. Dennoch ist von Seiten<br />

des Bereiters und seines Teams stets der<br />

sorgfältige Umgang mit dem anvertrauten<br />

Tier geschuldet. Insbesondere das mangelhafte<br />

Aufwärmen des Tieres vor dem Training<br />

führt zu einer Haftung des Bereiters,<br />

da es sich um eine unsachgemäße Behandlung<br />

des Pferdes handelt. Auch außerhalb des<br />

Trainings müssen der Bereiter und das Team<br />

darauf achten, dass das Pferd gepflegt und<br />

entsprechend seiner Bedürfnisse versorgt<br />

wird. Auf etwaige Verletzungen und Auffälligkeiten<br />

ist einzugehen, und der Eigentümer<br />

muss informiert werden, um eine Entscheidung<br />

über die Behandlung zu treffen.<br />

Es kann aber hilfreich sein, dass auch der<br />

Bereiter mit dem Tierarzt in Kontakt treten<br />

darf, da er meist schneller vor Ort ist und<br />

die Situation besser einschätzen kann. Auch<br />

die vorzeitige Beendigung oder der Austritt<br />

aus dem Vertrag muss vereinbart werden.<br />

Es kann immer wieder vorkommen, dass der<br />

Eigen tümer die Ausbildung des Pferdes nicht<br />

mehr durch diesen Reiter durchführen lassen<br />

will oder das Pferd krankheitsbedingt<br />

ausfällt. Für derartige Fälle muss besprochen<br />

werden, wie hoch das Entgelt ausfällt, wenn<br />

das Pferd dennoch in der Obhut des Ausbildungsstalles<br />

verbleibt. Ferner trägt der Eigentümer<br />

weiterhin die Kosten für Hufschmied<br />

und Tierarzt, es sei denn die notwendige<br />

Tierarztbehandlung ist nachweislich auf ein<br />

Verschulden des Bereiters oder seiner Erfüllungsgehilfen<br />

zurückzuführen.<br />

Wie sieht es mit der Versicherung<br />

und Haftung beim Berittvertrag aus?<br />

UNSER EXPERTE<br />

Andreas Ackenheil<br />

verö fentlicht als Spezialist<br />

für Pferderecht<br />

regelmäßig in zahlreichen<br />

Fachzeitschriften<br />

und Online-Portalen<br />

juristische Fachbeiträge<br />

sowie Kommentare zu neuen Rechtsentscheidungen<br />

und hält Vorträge und<br />

Seminare. Zudem veröfentlichte der<br />

Rechtsanwalt einen großen Ratgeber<br />

für Tierrecht mit einem umfangreichen<br />

Kapitel über Pferderecht.<br />

▶ www.tierrecht-anwalt.de<br />

Der Pferdehalter muss eine Reitpferdehaftpflichtversicherung<br />

abschließen und darauf<br />

achten, dass auch Fremdreiter vom Versicherungsschutz<br />

gedeckt sind. In der Regel wird<br />

der Bereiter von etwaigen Haftpflichtansprüchen<br />

Dritter aus der Tierhalterhaftung freigestellt.<br />

Der Bereiter muss über eine Betriebshaftpflichtversicherung<br />

verfügen. Handelt<br />

es sich um einen Bereiter ohne eigenen Betrieb,<br />

muss er selbst über eine Berufs- bzw.<br />

Haftpflichtversicherung verfügen. Im Vertrag<br />

sollte zudem vereinbart werden, was<br />

von der Versicherung gedeckt ist. Zum Beispiel<br />

erlischt bei manchen Versicherungen<br />

der Schutz, wenn der Reiter ohne Helm reitet.<br />

Außerdem ist darauf zu achten, dass auch<br />

auf die Erfüllungsgehilfen des Bereiters eingegangen<br />

wird. Die Haftung des Bereiters<br />

bei Nebenleistungspflichten sowie bei Verletzungen<br />

des Lebens, des Körpers oder der<br />

Gesundheit beschränkt sich in der Regel auf<br />

Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Bei Hauptleistungspflichten<br />

haftet der Bereiter meist<br />

bereits bei leichter Fahrlässigkeit für vorhersehbare<br />

typischerweise eintretende Schäden.<br />

Der Experte für Pfederecht Anwalt Andreas<br />

Ackenheil: Wie bei allen rechtlichen Streitigkeiten<br />

kommt es auch bei einem Berittvertrag<br />

auf die Umstände des Einzelfalles an und was<br />

im Vertrag vereinbart wurde. Kommt es zu<br />

einer gerichtlichen Auseinandersetzung, ist<br />

zu beachten, auf welcher Seite die Beweislast<br />

liegt, und entsprechende Beweise sind aufzunehmen.<br />

Es empfiehlt sich daher, den Berittvertrag<br />

von einem Rechtsanwalt prüfen zu<br />

lassen und bei Streitigkeiten zu Rate zu ziehen,<br />

um sich über die Erfolgsaussichten des<br />

gerichtlichen Verfahrens zu informieren.<br />

Haben Sie Fragen zum Pferderecht?<br />

Rechtsanwalt Ackenheil hilft Ihnen weiter:<br />

Tel.: 06136/762833<br />

Autor, Anwalt für Pferderecht<br />

Ackenheil Anwaltskanzlei<br />

Tierrecht und Pferderecht – bundesweit<br />

www.tierrecht-anwalt.de<br />

Über 400 Urteile im Pferderecht-Blog:<br />

www.pferdeanwalt-pferderecht.de<br />

Foto: Privat (1), slawik.com (1), privat (1)<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

www.mein-pferd.de<br />

73


EQUIPMENT<br />

Marktplatz<br />

Während die Tage wieder kürzer werden, der Fellwechsel ansteht und wir zu frieren<br />

beginnen, benötigen unsere Vierbeiner Unterstützung für außen und innen in der<br />

kommenden kalten Jahreszeit. Wir haben tolle Produkte für Sie gefunden<br />

Text: Nora Dickmann<br />

Bei sensiblem Magen<br />

Das „Josera Help GastroRelax“ unterstützt<br />

den sensiblen Magen des Pferdes. Das<br />

Produkt ist dabei nicht nur wohltuend, sondern<br />

auch besonders lecker. Die Rezeptur<br />

ist getreide-, melasse- und luzernefrei und<br />

somit insbesondere für stoffwechselsensible<br />

Pferde geeignet. Die ausgewählte Kombination<br />

von verschiedenen Pflanzenerzeugnissen<br />

aus Äpfeln und Trauben („Josera<br />

EquiFlavin“) enthält zahlreiche sekundäre<br />

Inhaltsstoffe, darunter auch Flavonoide.<br />

Diese sind unter anderem für ihre antientzündlichen<br />

und antioxidativen Eigenschaften<br />

bekannt und können so bei entzündlichen<br />

Prozessen im Magen unterstützen.<br />

Das kann Zellstress vorbeugen und sich<br />

positiv auf Reizungen der Magenschleimhaut<br />

auswirken. Beruhigende Magenkräuter<br />

und säureregulierendes Magnesiumoxid<br />

können wohltuend und entspannend auf<br />

den Magen wirken. Magnesiumoxid wirkt als<br />

zusätzlicher Säurepuffer. So wird mit „Josera<br />

Help GastroRelax“ die Magenschleimhaut<br />

des Pferdes optimal unterstützt.<br />

UVP: 46,99 Euro, www.josera.de<br />

Tägliche Hufpflege<br />

Das „Huflab Huf Fett Lorbeer – Eukalyptus“ von leovet kommt<br />

jetzt in einer ansprechenden neuen Dose aus <strong>10</strong>0 Prozent<br />

recyceltem Altplastik. Das „Huflab Huf Fett Lorbeer – Eukalyptus“<br />

ist die perfekte tägliche Hufpflege zum Freundschaftspreis.<br />

Sie pflegt, nährt und stärkt den Huf. Regeneriert sprödes<br />

und brüchiges Horn. Lorbeeröl und Eukalyptusöl stärken<br />

nachhaltig die Widerstandsfähigkeit des Hufhorns und sorgen<br />

für natürliches Wachstum und Elastizität. Das Huffett zieht<br />

schnell ein und bindet die Feuchtigkeit im Huf. Es enthält keine Vaseline, Mineral öle oder<br />

Parabene und ist zusätzlich frei von Mikroplastik und Silikon und natürlich vegan.<br />

UVP: 11,65 Euro, www.leovet.de<br />

Bevor es matschig wird<br />

Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, sich die unbefestigten<br />

Außenbereiche einmal genauer<br />

anzusehen. Laufwege, Außenpaddocks, und<br />

andere stark frequentierte Flächen sollten jetzt<br />

repariert werden – noch bevor die Pferde im<br />

Matsch versinken und das Futter im Dreck liegt.<br />

Eine ideale Lösung dafür ist die „Belmondo Flix<br />

Lochmatte“. Sie wurde speziell für matschige<br />

Böden entwickelt und passt sich ideal dem Untergrund<br />

an. Die Verlegung erfolgt ohne Unterbau.<br />

Die Matten werden nur mit Kabelbindern<br />

aneinander fixiert und können so auch schnell<br />

wieder entfernt und neu verlegt werden.<br />

Weitere Informationen finden Sie unter<br />

www.kraiburg-belmondo.de<br />

Für glänzendes<br />

Haar<br />

Das „Equinatura Shampoo“ aus dem<br />

Pflegewerk von Equinatura sorgt für<br />

glänzendes und natürlich gepflegtes<br />

Haar und ist silikonfrei. Geraniumöl<br />

pflegt Haut und Haar intensiv bei<br />

jeder Wäsche. Die sanfte Reinigung<br />

durch das „Equinatura Shampoo“<br />

verleiht dem Haar Volumen und<br />

Fülle. Das „Equinatura Shampoo“<br />

enthält keine Vaseline, Mineralöle<br />

oder Parabene und ist zusätzlich frei<br />

von Mikroplastik<br />

und Silikon und<br />

natürlich vegan.<br />

Das Shampoo und<br />

auch alle anderen<br />

Produkte des<br />

Pflegewerks von<br />

Equinatura sind<br />

im Reitsportfachhandel<br />

erhältlich.<br />

UVP: 5,99 Euro,<br />

www.equinaturaonline.de<br />

74 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


Neue Lederkollektion<br />

Trust Equestrian, der Hersteller der bekannten Gebisse, ist stolz,<br />

die Einführung der brandneuen „Trust Leather Collection“ bekanntzugeben.<br />

Die Kollektion besteht aus feinstem europäischem pflanzlich<br />

gegerbtem Leder. Dank der erstklassigen Lederverarbeitung<br />

haben die Trensen eine lange Lebensdauer. Bei der Gestaltung<br />

jedes Artikels in der Kollektion wurde Rücksicht auf die Anatomie<br />

des modernen Pferdes genommen, sodass optimaler Komfort und<br />

größte Bewegungsfreiheit garantiert sind. Die Produkte lassen sich<br />

zudem einfach reinigen und pflegen. Die „Trust Leather Collection“<br />

ist ab sofort bei ausgewählten Händlern erhältlich. Bei einem Kauf<br />

erhält der Käufer ebenfalls zwei Trust Handtücher, mit denen die<br />

Reinigung noch einfacher von der Hand geht. Weitere Informationen<br />

zu den Produkten finden Sie unter<br />

www.trust-equestrian.com<br />

Für die Gelenke<br />

Entdecken Sie das Gelenkpulver „Bewegungsfreude“<br />

von Annimally für Ihr Pferd!<br />

Es fördert die Gelenkfunktion, unterstützt<br />

Bänder und Sehnen, steigert die Bewegungsfreude<br />

und wurde gemeinsam mit<br />

Wissenschaftlern entwickelt. Effektiv mit<br />

Teufelskralle, MSM, Glucosamin, Chondroitin,<br />

Hyaluronsäure, Weihrauch und mehr – ohne<br />

Zuckerzusatz. Made in Germany.<br />

UVP: 29,85 Euro, www.annimally.de<br />

Natürlich unterstützen<br />

Das „Regulatpro Vet Vital“ von Dr. Niedermaier<br />

ist ein naturbasiertes Ergänzungsfuttermittel<br />

in Bio-Qualität mit Mikro ­<br />

n ährstoffen und wertvollem Löwenzahnkrautextrakt.<br />

Es fördert<br />

nachhaltig glänzendes<br />

Fell, gesunde Haut und<br />

Hufe, eine ausgeglichene<br />

Verdauung und eine<br />

gesunde Immunfunktion.<br />

Es eignet sich zur<br />

ergänzenden Fütterung<br />

vom jungen Fohlen<br />

bis hin zum betagten<br />

Seniorenpferd.<br />

UVP: 59,90 Euro,<br />

www.regulatprovet.de<br />

Mobile Miststätte<br />

Pferde machen viel Mist, doch wohin damit, wenn man keine technisch dichte Fläche<br />

mit geregeltem Abfluss zur Verfügung hat? Die Lösung kommt von Pöttinger Entsorgungstechnik<br />

und heißt „Bio Cube“. Der Mist von etwa 400 Großpferden (Strohmist)<br />

kann im Container geschlossen und regengeschützt gesammelt werden. Das automatische<br />

Entleersystem am „Bio Cube“ ermöglicht eine einfache Entleerung des Mistbehälters<br />

ohne körperliche Anstrengung. Ein Pressstempel komprimiert das Sammelgut,<br />

um die maximale Auslastung des Containers zu gewährleisten. Der „Bio Cube“ ist die<br />

einfache, komfortable und umweltgerechte Lösung für die Lagerung von Pferdemist.<br />

www.poettinger-oneworld.at<br />

Pferdisch ins neue Jahr<br />

Für starke Hufe<br />

Die „Stassek Equisolid Huflotion“ festigt Hufstrahl und<br />

Sohle schnell und dauerhaft, lässt weiche und übelriechende<br />

Bereiche verschwinden, unterstützt das Hufwachstum<br />

und sorgt für einen festen, elastischen Huf. So kann der Huf<br />

effektiv geschützt und erhalten werden. Das Produkt ist in<br />

der Tülle und als Sprüher im Handel erhältlich.<br />

UVP: ab <strong>10</strong>,98 Euro, www.stassek.com<br />

Der neue Pferdekalender 2024 von Kerstin Tschech<br />

beinhaltet gemalte Pferdemotive und Auftragsarbeiten,<br />

welche Sie durch das ganze Jahr begleiten.<br />

Die Künstlerin präsentiert diese mit ausdrucksstarker<br />

Note und ihrer unverkennbaren Handschrift. Um die<br />

Eleganz und den Ausdruck der Pferde zu unterstreichen,<br />

arbeitet sie bei den Gemälden mit plastischen<br />

Elementen, was auf den Kunstdrucken im Kalender<br />

sehr gut zu erkennen sind. So kann der Betrachter<br />

immer wieder neue Details entdecken. Der moderne<br />

Kalender ist mit Rückkarton und umweltfreundlicher<br />

Cellophanfolie versehen und auf hochwertigem<br />

300-Gramm-Chromoluxpapier gedruckt.<br />

UVP: 25,00 Euro, www.pferdekunst.com<br />

Fotos: Hersteller<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

www.mein-pferd.de<br />

75


HALTUNG & GESUNDHEIT<br />

SIE GEHÖREN ZU WIEN wie der Stephansdom und das Riesenrad.<br />

Mit dem Wiener Fiaker lässt sich Österreichs Hauptstadt bequem<br />

erkunden. Doch immer wieder werden Tierschützer laut, die für<br />

andere Haltungsbedingungen der Pferde kämpfen<br />

Text: Nora Dickmann<br />

20 Fakten<br />

über Wiener Fiaker<br />

Aus dem Wiener Fiaker können sowohl die<br />

Einwohner als auch Touristen die typischen<br />

Sehenswürdigkeiten der Stadt bestaunen<br />

76 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023<br />

1. Der Begriff „Fiaker“ stammt ursprünglich<br />

aus dem Französischen und bezieht<br />

sich auf den Lohnkutschen-Standplatz<br />

in der Pariser Rue Saint-Fiacre.<br />

2. Erst 1720 wurden die bis dahin<br />

„Janschky-Wagen“ genannten Kutschen<br />

in Fiaker umbenannt und nummeriert.<br />

3. 1693 wurde die erste Lizenz erteilt.<br />

4. Die Einführung der Kutschen mit<br />

gewerblicher Lizenz war die weltweite<br />

Geburtsstunde des Taxigewerbes.<br />

5. Zwischen 1860 und 1900 waren mehr<br />

als tausend Fiaker in den Straßen<br />

Wiens unterwegs, mit meist bekannten<br />

Kutschern, die teilweise auch als<br />

Sänger auftraten.<br />

6. Der berühmteste Fiakerfahrer war der<br />

Leibfiaker von Kronprinz Rudolf, der<br />

dessen Gespielin Mary Vetsera 1889<br />

nach Mayerling brachte. Dort fand das<br />

Leben des Paares ein tragisches Ende.<br />

7. Die meisten der bekannten Kutscher<br />

lebten auch damals im heutigen<br />

3. Bezirk im sogenannten Fiakerdörfl,<br />

heute als Fiakerplatz bekannt.


Links: Einige Fiakerkutscher waren so<br />

bekannt, dass sie es sogar als Stars in die<br />

Presse schafften<br />

Unten: Egal welche Farbe oder Rasse – als<br />

Fiakerpferd kann jedes Tier eingesetzt werden<br />

Die Fiaker sind in der<br />

ganzen Stadt zu finden<br />

8. Auch heute finden sich in ganz Wien<br />

noch Fiaker, mit denen Touristen<br />

Stadtführungen erleben können.<br />

9. Früher haben die Wiener die Fiaker<br />

vor allem genutzt, um die Stadt stilvoll<br />

zu genießen oder um Gäste und<br />

Lieb schaften zu beeindrucken.<br />

<strong>10</strong>. In Wien gibt es heute 19 individuelle<br />

Betriebe, die sich an die strengen<br />

Tierschutzgesetze und Vorgaben der<br />

Stadt halten müssen.<br />

11. Es gibt 324 registrierte Fiakerpferde,<br />

die an vier Tagen der Woche arbeiten<br />

können (laut Gesetz) und die restlichen<br />

drei Tage der Woche frei haben.<br />

12. Jährlich werden mehr als 2.500 tierärztliche<br />

Kontrollen bei den Pferden<br />

durchgeführt. Hierbei werden die<br />

körperliche und geistige Gesundheit<br />

der Pferde kontrolliert.<br />

13. Zu 90 Prozent sind die Fiaker im<br />

Schritttempo unterwegs.<br />

Eine Regel für Fiaker: der<br />

ordentliche Auftritt und das<br />

Tragen einer Melone<br />

14. Unangekündigte Kontrollen des<br />

Veterinär amtes überprüfen den Zustand<br />

der Kutsche, das Erscheinungsbild<br />

des Kutschers und natürlich die<br />

Gesundheit des Pferdes.<br />

15. Tierschützer kritisieren immer wieder<br />

die „Hitzefrei“-Grenze von 35 Grad.<br />

16. 1987 wurde die erste Frau – Sisi<br />

Ringl – Fiakerin in Wien – und<br />

durchbrach damit die bis dahin<br />

herrschende Männergesellschaft.<br />

17. Seit den 1990ern ist eine Ausbildung<br />

mit anschließender Prüfung Pflicht<br />

für die Wiener Fiaker. Sowohl ein theoretischer<br />

als auch ein praktischer Teil<br />

werden hierbei geprüft. Nach dem erfolgreichen<br />

Bestehen erhält man das<br />

„Bronzene Fahrabzeichen“, welches<br />

die Person zum Fahren mit einem Gespann<br />

im Straßenverkehr berechtigt.<br />

Im Anschluss muss noch eine zweite<br />

Prüfung für den Fiakerführerschein<br />

bei der WKO Wien absolviert werden.<br />

Dieser beinhaltet historische Komponenten,<br />

Rechtliches sowie Routen etc.<br />

18. Stallführungen oder innovative<br />

Konzepte, wie das Riding Dinner,<br />

etablieren sich seit 2017 in Wien.<br />

19. In der Betriebsordnung für Fiakerund<br />

Pferdemietwagenunternehmen<br />

ist festgelegt, dass im aktiven Dienst<br />

mit Passagieren die Melone als Kopfbedeckung<br />

Pflicht ist.<br />

20. Fiaker gibt es nicht nur in Wien, sondern<br />

auch in Prag, Budapest, Lemberg<br />

oder im tschechischen Karlsbad.<br />

Fotos: Adobe Stock/Ingo Bartussek (1), Michael (1), IMAGO/ Imagebroker (2), /INSADCO (1), H. Tschanz-Hofmann (1)<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

www.mein-pferd.de<br />

77


ABENTEUER & REPORTAGE<br />

Die Shire Horses werden nicht umsonst<br />

„Giganten mit Herz“ genannt . Sie gelten<br />

als sehr liebevoll und vorsichtig<br />

78 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


STARKE ALLESKÖNNER Sie sind groß, kräftig und haben<br />

viel Behang: Shire Horses erkennt man schnell. Früher vor<br />

allem in der Landwirtschaft genutzt, finden sie heute auch<br />

im Freizeitbereich immer mehr Freunde<br />

Text: Nora Dickmann<br />

Sie sind wahre Multitalente: Früher noch<br />

Armee- oder Arbeitspferd, heute ein toller<br />

Freizeitpartner<br />

Giganten<br />

Als eine der größten Rassen der<br />

Welt sticht das Shire Horse besonders<br />

hervor. Nicht selten erreichen<br />

die Riesen ein Stockmaß<br />

von bis zu 2<strong>10</strong> Zentimetern<br />

und wiegen dabei bis zu 1.200 Kilogramm.<br />

Diese Rasse stammt ursprünglich aus den<br />

englischen Grafschaften Leicestershire, Staffordshire<br />

und Derbyshire. Den sogenannten<br />

„Shires“, auf Deutsch „Grafschaften“, verdanken<br />

die Pferde auch ihren Namen. Hier wurden<br />

sie vor allem für die Ritter gezüchtet. Im<br />

Jahr <strong>10</strong>66 wird erstmalig von einem „ great<br />

Horse“ gesprochen, welches man in Britannien<br />

bei Feldzügen entdeckt. Diese waren damals<br />

aber noch recht klein, entwickelten sich<br />

aber bald zu den heutigen großen Pferden. Bereits<br />

im 11. Jahrhundert wurden die „Gentle Giants“<br />

als Kriegspferde eingesetzt. Im 19. Jahrhundert<br />

wurden Shire Horses vor allem von<br />

der britischen Armee genutzt, um Kanonen<br />

und andere schwere<br />

Ausrüstung zu<br />

transportieren. Sie<br />

waren auch als Reitpferde<br />

beliebt und<br />

wurden oft für Patrouillen<br />

und andere<br />

militärische Einsätze<br />

eingesetzt, da<br />

sie in der Lage waren,<br />

über Langstrecken<br />

hinweg schwemit<br />

großem Herzen<br />

In den 1930er-Jahren<br />

wurden die Riesen<br />

vermehrt auf Shows<br />

vorgestellt und für<br />

ihre Größe bewundert<br />

re Rüstungen und die ihrer Reiter zu tragen.<br />

Zum anderen flößte ihre Größe vielen Feinden<br />

bereits im Vorfeld Angst ein. Das große Pferd<br />

war auch besonders beliebt bei Brauereien<br />

und wurde oft für den Transport von Bierfässern<br />

genutzt. Später wurden die Pferde dann<br />

zu Arbeitspferden in der Forst- und Landwirtschaft.<br />

Die Rasse ist auch für ihre enorme Zugkraft<br />

bekannt. Sie können bis zu fünf Tonnen<br />

ziehen, was vor allem an der Stellung der<br />

Hinterhand liegt. Shire Horses haben eine Y-<br />

förmige Beinstellung („hocks together“). Dadurch<br />

entsteht eine optimale Hebelwirkung,<br />

die die enorme Zugkraft möglich macht.<br />

Strenge Zuchtregeln<br />

Erst im Jahr 1878 wurde die English Cart Horse<br />

Society, heute bekannt unter Shire Horse<br />

Society, gegründet. Sir Walter Gilbey konnte<br />

das englische Königshaus davon überzeugen,<br />

dass es notwendig sei, alle schweren<br />

Pferdeschläge in einem<br />

Stutbuch unterzubringen.<br />

Ihre<br />

Aufgabe war es, die<br />

Qualität der Zucht<br />

zu sichern und die<br />

Sicherung der Wagen-<br />

und Zugpferde<br />

zu gewährleisten.<br />

Damit begann die<br />

Zucht der Shires. Da<br />

die Landwirtschaft<br />

aber stark abnahm,<br />

wurden viele Shire<br />

Horses für die Clydesdale-Zucht<br />

nach<br />

Schottland verkauft.<br />

Heute ist es<br />

der Shire Horse<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

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79


ABENTEUER & REPORTAGE<br />

Steckbrief<br />

Shire Horse<br />

Größe:<br />

Gewicht:<br />

Farbe:<br />

Charakter:<br />

163–2<strong>10</strong> cm<br />

800–1.200 kg<br />

Rappen, Braune,<br />

Dunkelbraune und<br />

Schimmel,<br />

keine Füchse;<br />

Stichelhaare und<br />

große weiße<br />

Abzeichen sind<br />

unerwünscht<br />

Gutmütig, lernwillig,<br />

arbeitsfreudig,<br />

liebevoll, dem<br />

Menschen zugewandt<br />

Verwendung: Fahr- und Freizeitpferd,<br />

Kutschpferd,<br />

Landwirtschaft, früher<br />

auch Kriegspferd<br />

Shire-Horse-Fohlen sind schon bei<br />

der Geburt sehr groß, gelten aber trotzdem<br />

als Spätentwickler<br />

Society zu verdanken, dass der Bestand der<br />

Rasse stabilisiert werden konnte. Königin<br />

Elisabeth II. war die „Schutzpatronin“ der<br />

Rasse. Denn das Königshaus war schon immer<br />

in die Shire-Horse-Zucht involviert.<br />

Muskulös und groß<br />

Ein stabiler Körper mit einem kräftigen Rücken<br />

und einer muskulösen Hinter- und Vorhand<br />

kennzeichnen die Statur der starken<br />

Info<br />

Vierbeiner. Nicht nur die enorme Körpergröße-<br />

und Masse ist typisch für diese Rasse,<br />

sondern auch das dichte Langhaar fällt sofort<br />

ins Auge. Auffallend sind der üppige Kötenbehang<br />

sowie die wallende Mähne und der<br />

bodenlange Schweif. Weiße Abzeichen auf<br />

der Blesse und an den Beinen sind ebenfalls<br />

typisch für die großen Pferde. Ein schlanker<br />

Kopf, dunkle, treu blickende Augen und der<br />

leicht gebogene Hals lassen die Tiere anmutig<br />

und elegant wirken, trotz ihrer erstaunlichen<br />

Größe. In einigen Ländern ist es bis<br />

heute üblich, den Schweif von Kaltblütern<br />

wie den Shire Horses zu Showzwecken zu<br />

scheren oder zu kupieren. In Deutschland ist<br />

das Kupieren des Schweifes, der oftmals bis<br />

zum Boden reicht, jedoch verboten. Bei den<br />

Shire Horses kommen vor allem Braune und<br />

Rappen vor, Schimmel eher selten, und Füchse<br />

sind unerwünscht.<br />

Problem Kötenbehang<br />

So schön der weiße Kötenbehang auch anzusehen ist, so ist er gleichzeitig<br />

auch Nährboden für Mauke. Hierbei handelt es sich um eine<br />

schmerzhafte Hauterkrankung in der Fesselbeuge des Pferdes. Bei<br />

einer milden Form von Mauke ist nur die obere Hautschicht betroffen,<br />

bei schlimmeren Formen können auch tiefere Hautschichten betroffen<br />

sein. Eine eitrige Kruste und nässende Hautausschläge sind hier dann<br />

keine Seltenheit. Eine unzureichende Behandlung der Erkrankung<br />

kann zu einer chronischen Form, die warzenartige Wucherungen und<br />

Schwellungen mit sich bringt, führen.<br />

Neben der richtigen Ernährung sollte der Behang auch regelmäßig<br />

gepflegt werden. Eine tägliche Kontrolle und wenigstens gelegentliches,<br />

gründliches Waschen der Behänge mit Kernseife (hier bitte vollständig<br />

die Seifenlauge ausspülen) ist sehr empfehlenswert.<br />

80 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023


Trotz ihrer imposanten Größe sind<br />

diese Pferde tolle Freizeitpartner<br />

und finden immer mehr Anhänger<br />

Wissen<br />

Wussten Sie, dass …<br />

… das größte Pferd der Welt ein<br />

Shire Horse namens Sampson war?<br />

Der Wallach hatte ein Stockmaß von<br />

2,19 Metern und wog 1.524 Kilogramm.<br />

Später wurde er genau deswegen in<br />

Mammoth umbenannt.<br />

… zwischen einem Shire Horse<br />

und einem Shetlandpony durchaus<br />

ein Größenunterschied von bis zu<br />

125 Zentimetern bestehen kann?<br />

Sanfte Riesen<br />

In ihrer englischen Heimat werden die Pferde<br />

auch liebevoll „Gentle Giants“, also „sanfte<br />

Riesen“ genannt. Denn im Gegensatz zu ihrer<br />

imposanten Erscheinung sind sie sehr sanftmütig<br />

und dem Menschen zugeneigt. Meist<br />

zeichnen sie sich auch durch<br />

einen sehr ausgeglichenen<br />

Charakter, eine hohe Verlässlichkeit<br />

sowie eine enge<br />

Bindung zu ihrer Bezugsperson<br />

aus. Wie viele andere<br />

Kaltblutrassen sind auch<br />

die Shires schwer aus der<br />

Ruhe zu bringen und werden<br />

wegen ihrer gutmütigen<br />

und ruhigen Art sowohl<br />

unter dem Reiter als auch<br />

vor der Kutsche geschätzt.<br />

Allerdings sollte man sich<br />

von der etwas schwerfällig<br />

wirkenden Erscheinung<br />

nicht täuschen lassen. Denn im Gegensatz zu<br />

vielen anderen Kaltblütern haben Shire Horses<br />

ein lebhaftes Temperament. Auch sind<br />

die Tiere sehr lernwillig und arbeitsfreudig.<br />

Diese Eigenschaften ermöglichen einen vielseitigen<br />

Einsatzbereich der Pferde. Aufgrund<br />

ihrer Größe gehören die sanften Riesen zu<br />

den Spätentwicklern. Das hat zur Folge, dass<br />

sie später als andere Pferderassen ausgebildet<br />

werden sollten. Zwar wachsen die Pferde<br />

sehr schnell, dennoch brauchen Muskulatur,<br />

Sehnen und Gelenke viel Zeit, um sich vollständig<br />

zu entwickeln. Vor Vollendung des<br />

fünften Lebensjahres sollten sie daher nicht<br />

geritten werden.<br />

Artgerecht halten<br />

Aufgrund seiner Größe benötigt das Shire<br />

Horse natürlich mehr Platz als ein kleines<br />

Pony. Steht das Tier in der Box, sollte darauf<br />

geachtet werden, dass diese sehr groß ist und<br />

das Tier genügend Platz hat, sich frei zu bewegen.<br />

Bei der Boxenhaltung gilt als Faustformel<br />

für die Boxengröße: (Widerrist höhe x 2)².<br />

Der Untergrund sollte trocken und matsch-<br />

Oben: Der weiße Kötenbehang ist typisch<br />

für diese Rasse und darf in Deutschland<br />

nicht kupiert werden<br />

Links: Ursprünglich wurden die Shire<br />

Horses für die schwere Feldarbeit in der<br />

Landwirtschaft gezüchtet<br />

frei sein, gleiches gilt auch für das Paddock.<br />

Shire Horses sind nämlich sehr anfällig für<br />

Mauke und Strahlfäule, nicht zuletzt wegen<br />

des Kötenbehangs.<br />

Auch sind Kaltblutpferde wie die Shire<br />

Horses leichtfuttrig. Sie sind oft gute Futterverwerter<br />

und neigen dazu, schnell zuzunehmen.<br />

Bei der Fütterung sollte also bedacht<br />

werden, nicht zu viel Energie zuzuführen<br />

und Kraftfutter nur bei Bedarf zu füttern.<br />

Raufutter von guter Qualität sollte in ausreichender<br />

Menge zu Verfügung stehen.<br />

Fotos: IMAGO/TopFoto (1), United Archives International (2), slawik.com (7)<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

www.mein-pferd.de<br />

81


Freizeit im Sattel<br />

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kontro lieren<br />

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Ihres Pferdes und verbessern die Schub- und Tragkraft<br />

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Freizeit im Sattel<br />

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allerdings hat nicht jede Übung den gewünschten Effekt.<br />

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VORSCHAU NOVEMBER 2023<br />

TITELSTORY<br />

Losgelassenheit<br />

Bei Problemen im<br />

Training heißt es<br />

zurück zur Basis,<br />

wie Losgelassenheit,<br />

losgelassener<br />

Reitersitz<br />

und Psyche des<br />

Reiters. Was<br />

beeinflusst die<br />

Losgelassenheit<br />

positiv und was<br />

negativ? Ursachenermittlung<br />

und<br />

Losgelassenheit<br />

als Gesundheitsprophylaxe<br />

THEMA DES MONATS<br />

Immunbooster<br />

Wie funktioniert das Immunsystem<br />

des Pferdes, und wie<br />

kann man es von außen unterstützen?<br />

Vor allem in der Zeit<br />

des Fellwechsels benötigen<br />

die Tiere hier Hilfe. Tipps und<br />

Tricks für die kühle Jahreszeit<br />

Die nächste<br />

Ausgabe erscheint am<br />

<strong>10</strong>.<strong>10</strong>.2023<br />

Fotos: slawik.com (3)<br />

HALTUNG & GESUNDHEIT<br />

Wirklich gut eingestreut?<br />

Eine aktuelle Schweizer Studie befasst<br />

sich mit der Ökobilanz von unterschiedlicher<br />

Einstreu. Was schneidet wirklich<br />

am besten ab, und wie wird die Umwelt<br />

am besten geschont?<br />

Aus aktuellem Anlass können angekündigte Themen verschoben werden.<br />

Außerdem<br />

▷ Atemwege<br />

Husten, Nasenausfluss und Abgeschlagenheit – wieso diese<br />

Symptome im Herbst keine Seltenheit mehr sind<br />

▷ Schreckhaftigkeit<br />

Was tun, wenn das Pferd bei jeder Gelegenheit zur Seite<br />

springt und es gefährlich wird?<br />

▷ Mode<br />

Die Redaktion präsentiert den Mein Pferd-Lesern die coolste<br />

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Freizeit im Sattel<br />

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Alte Wunden<br />

Wie sich Narben auf<br />

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Tief durchatmen<br />

Husten und seine<br />

tückischen Langzeitfolgen.<br />

Wie wichtig die richtige<br />

Behandlung ist<br />

Thema des Monats<br />

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Sattelanpassung hat<br />

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wissen selbst Profis häufig nicht<br />

mehr, worauf es ankommt bei der<br />

Auswahl des Sattels. Gut, wenn Sie selbst<br />

die wichtigen Handgriffe beherrschen<br />

und so Scharlatane entlarven und Ihr<br />

Pferd schützen können<br />

Text: Dominique Wehrmann<br />

IMPRESSUM<br />

Eine Beilage von<br />

Jahr MEDIA GmbH & Co. KG<br />

Geschäftsführung<br />

Alexandra Jahr<br />

Gesamtredaktionsleitung<br />

Michael Werner<br />

Redaktion<br />

JAHR MEDIA GmbH & Co. KG<br />

Lara Wassermann (Ltg.)<br />

E-Mail: redaktion@mein-pferd.de<br />

E-Mail: redaktion@st-georg.de<br />

Grafik & Lithografie<br />

Heico Forster (Ltg.)<br />

Anzeigenverkaufsleitung<br />

Janina Jacobsen, Tel: 040 38906-260<br />

E-Mail: janina.jacobsen@jahr-media.de<br />

Produktionsmanagement<br />

Ilja Badekow, Sybille Hagen,<br />

Andreas Meyer<br />

Druck<br />

Walstead Central Europe,<br />

ul. Obr. Modlina 11, 30-733 Kraków<br />

Rechte<br />

© JAHR MEDIA, soweit nicht anders<br />

angegeben.<br />

JAHR MEDIA GMBH & CO. KG, Jürgen-Töpfer-Straße 48, 22763 Hamburg, www.jahr-media.de<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

3


SPEZIAL SATTEL<br />

Werden Sie Ihr eigener<br />

Sattler!<br />

Klar, kein Reiter kann auf die BERATUNG EINES<br />

SATTLERS verzichten. Aber es ist immer gut, wenn<br />

man mitreden kann – das schützt Sie und Ihr Pferd<br />

auch vor schwarzen (Branchen-)Schafen!<br />

Vor fast zwei Jahren wurde<br />

die Deutsche Reitpony-Stute<br />

Daylight auf der<br />

Weide getreten. Die Folge:<br />

eine Knochenhautentzündung,<br />

wegen der sie eineinhalb Jahre<br />

pausieren musste. Nun ist sie seit drei<br />

Monaten wieder regelmäßig in Arbeit.<br />

Das Problem: In der langen Zwangspause<br />

war Madame ein wenig rundlich ums<br />

Bäuchlein geworden. Der Sattel passte<br />

nicht mehr, und bald ging Daylight bei<br />

Berührung der Sattellage mit der Hand<br />

in die Knie, solche Schmerzen hatte sie.<br />

Gut, dass es Nancy Köpke gibt! Sie passte<br />

den Sattel an, empfahl Daylights Besitzerin<br />

eine Fellunterlage und gab ihr<br />

Hausaufgaben mit auf den Weg: Muskelaufbautraining<br />

fürs Pony. Nachdem<br />

Daylights Springsattel jetzt wieder wunderbar<br />

liegt, soll sie noch einen Dressursattel<br />

bekommen. Das ist nicht einfach<br />

bei Daylights Statur: breiter Rumpf, hoher<br />

Widerrist, tiefer Rücken, und dazu<br />

ist sie noch recht kurz. Worauf gilt es<br />

also zu achten beim neuen Sattel? Zunächst<br />

einmal darauf, dass die Stute sich<br />

mit dem Training körperlich verändern<br />

wird. Es heißt ja, eigentlich brauche man<br />

keine Extrapolster unter dem Sattel.<br />

Der Sattel selbst solle so gut liegen, dass<br />

eine einfache Satteldecke genügt. Das<br />

stimmt auch, bestätigt Nancy Köpke. Allerdings<br />

gilt: Wenn das Pferd in einem<br />

muskulär schwachen Zustand ist, weil es<br />

länger pausieren musste oder auch eine<br />

Weile mit einem schlecht sitzenden Sattel<br />

ging, sind einige Zwischenschritte<br />

notwendig. Dann macht es wenig Sinn,<br />

den Sattelbaum dem Ist-Zustand perfekt<br />

anzupassen, sondern die Ortweite<br />

(umgangssprachlich auch Kammerweite<br />

genannt) lieber eine Nummer größer<br />

zu nehmen. Solange der Sattel noch zu<br />

groß ist, stabilisiert man ihn mit Lammfellunterlagen,<br />

die mit Taschen ausgestattet<br />

sind, in die man Filzpads einschiebt.<br />

Nancy Köpke erklärt: „Auf diese<br />

Weise bringe ich den Sattel vom Pferd<br />

weg und kann die atrophierten Stellen<br />

(an denen die Muskulatur zurückgegangen<br />

ist, Anm. d. Red.) ausgleichen.“ Das<br />

Gute: Mit Unterlagen und Pads kann der<br />

Sattel stets nach Bedarf angepasst werden.<br />

Dafür braucht es auch nicht immer<br />

einen Termin mit dem Sattler, sondern<br />

der erfahrene Pferdemensch kann selbst<br />

ausprobieren, wie dem Pferd eine Ver-<br />

4 <strong>10</strong>/2023


änderung bekommt. Merke: Spätestens<br />

nach sechs Monaten sollte der Sattel<br />

dem Pferd wieder passen. Ist das nicht<br />

der Fall, muss der Sattler noch mal ran!<br />

Was das Material dieser Unterlagen<br />

angeht – Lammfell verteilt den Druck<br />

gut. Hat man ein besonders sensibles<br />

Pferd, ist Rentier(winter-)fell noch besser.<br />

In einer Studie von 20<strong>10</strong> haben Forscher<br />

an der Veterinärmedizinischen<br />

Universität Wien herausgefunden, dass<br />

beim Vergleich von Schaumgummi,<br />

Leder, Gel und Rentierfell als Unterlage<br />

unter einem passenden Sattel nur letzteres<br />

den Druck signifikant besser verteilte.<br />

Nancy Köpke erklärt: „Das liegt daran,<br />

dass Rentierfell – man sollte übrigens<br />

das Winterfell nehmen – eine Wuchsrichtung<br />

hat. Dadurch wird der Druck noch<br />

ein bisschen besser verteilt.“ Kunstfell<br />

ist aus ihrer Sicht hingegen nicht empfehlenswert.<br />

Wer aus ethischen Gründen<br />

auf Echtfell verzichten will, sollte eher zu<br />

sogenanntem Dis tanzgewebe greifen,<br />

Links oben: In der Gurt lage der Pferde<br />

gibt es einen Reflexpunkt, auf dem<br />

keinesfalls die Schnallen des Sattelgurts<br />

drücken dürfen<br />

Oben: Ob die Ortweite stimmt, prüft<br />

man, indem man die Schulterblattspitze<br />

anfasst, während ein Helfer das Bein<br />

nach vorne nimmt<br />

das zum Beispiel auch in der Humanmedizin<br />

zur Anwendung kommt, etwa<br />

wenn es darum geht, bei bettlägerigen<br />

Menschen einen Dekubitus, also Wundliegen,<br />

zu vermeiden.<br />

Der Widerrist …<br />

… muss unter allen Umständen frei bleiben.<br />

Vom Widerrist bis zu der Stelle, wo<br />

das Sattel kissen auf dem Pferd aufliegt,<br />

sollte seitlich eine Handbreit Platz nach<br />

unten sein. Dann tragen die Rippen das<br />

Gewicht des Sattels, und der Widerrist<br />

ist frei beweglich. Rund um den Widerrist<br />

müssen überall zwei Finger Platz<br />

sein zum Vorderzwiesel – und wenn Sie<br />

im Sattel sitzen, muss immer noch<br />

Mindestens zwei, besser drei Finger<br />

sollte Luft bleiben zwischen Widerrist<br />

und Vorderzwiesel des Sattels<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

5


SPEZIAL SATTEL<br />

Deutlich zu sehen:<br />

Dieser Sattel drückt<br />

nirgends auf die<br />

Wirbelsäule<br />

Zwei Finger Platz sollten links und<br />

rechts neben der Wirbelsäule bis zum<br />

Sattelkissen sein, wenn der Sattel<br />

normal angegurtet ist<br />

eine Hand flach unter den Sattel gelegt<br />

werden können! Ist der Widerrist druckempfindlich<br />

oder weist er gar Scheuerstellen<br />

auf, ist das ein deutlicher Hinweis,<br />

dass der Sattel drückt. Ein beliebter<br />

Fehler: Satteldecken und Schabracken<br />

über dem Widerrist schön glatt nach<br />

unten ziehen. Auch das kann die Bewegungsfreiheit<br />

im Widerrist einschränken.<br />

Also lieber die Satteldecke etwas<br />

anlupfen, „einkammern“, damit auch<br />

darunter noch Luft zum Pferd ist. Und<br />

bei sämtlichen Fellen, Pads etc. daran<br />

denken: Sie nehmen Platz weg! Wer sie<br />

benötigt, muss eine entsprechend weitere<br />

Kammer wählen!<br />

Hinter dem 18. Brustwirbel liegt ein<br />

Reflexpunkt. Wenn der Sattel hier aufliegt,<br />

fangen viele Pferde an zu bocken<br />

Sie finden den 18. Brustwirbel, indem sie<br />

die Wasserrinne nach oben verlängern<br />

(siehe Kreidestrich) oder sich an der letzten<br />

Rippe entlangtasten<br />

6 <strong>10</strong>/2023


Trapezmuskel<br />

18. Brustwirbel<br />

Schultergelenk<br />

Der Trapezmuskel, die Schulter<br />

und der 18. Brustwirbel sind<br />

die Knackpunkte bei der<br />

Sattel anpassung<br />

Die Schulter …<br />

… muss ebenfalls frei arbeiten können,<br />

sonst drohen unter Umständen irreparable<br />

Schäden und große Schmerzen<br />

beim Pferd. Das Schulterblatt arbeitet in<br />

der Bewegung wie ein Scheibenwischer.<br />

Bewegt das Vorderbein sich nach vorne,<br />

rutscht das Schulterblatt nach hinten<br />

oben, etwa eine Handbreit. Das muss der<br />

Sattel zulassen! Ebenso muss der Trapezmuskel<br />

frei arbeiten können, der vom<br />

Nackenband an Hals und Rücken ausgehend<br />

bis zur Mitte des Schulterblattes<br />

verläuft und so ein Dreieck bildet. Wird<br />

er blockiert, ist das Pferd in seiner Bewegungsfreiheit<br />

massiv eingeschränkt, und<br />

der Muskel bildet sich zurück, erkennbar<br />

an Kuhlen neben dem Widerrist.<br />

Entscheidend für die Bewegungsfreiheit<br />

der gesamten Schulter ist die Ortweite<br />

des Sattels. Sie muss so weit sein, dass<br />

das Schulterblatt frei unter ihr hindurchgleiten<br />

kann (aber auch nicht zu weit, sodass<br />

der Sattel auf der Wirbel säule aufliegt!).<br />

Das kann man ausprobieren.<br />

Stellen Sie sich neben das korrekt gesattelte<br />

und angegurtete Pferd und fassen<br />

Sie an die Spitze des Schulterblatts. Bitten<br />

Sie einen Helfer, das Vorderbein aufzuheben<br />

und nach vorne zu bewegen. Wenn<br />

Sie fühlen, dass die Schulterblattspitze<br />

unter Ihrer Hand unter dem Sattel verschwindet,<br />

ohne dass sich der Sattel nach<br />

hinten verschiebt oder das Schulterblatt<br />

auf einen Widerstand stößt, ist die Ortweite<br />

richtig gewählt.<br />

Nicht nur die Weite, auch die Winkelung<br />

des Kopfeisens bzw. der Ortspitzen<br />

Oben: Je gleichmäßiger das Pferd unter<br />

dem Sattel geschwitzt hat, desto besser<br />

Links: Der Staubabdruck zeigt, wo der<br />

Sattel aufliegt – hier an den richtigen Stellen<br />

ist zu beachten. Sie sollten parallel zur<br />

Schulter verlaufen und müssen so lang<br />

sein, dass sie einerseits helfen, den Sattel<br />

stabil zu halten, aber andererseits auch<br />

nicht so lang, dass sie in die Musku-<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

7


SPEZIAL SATTEL<br />

Widerrist<br />

Rücken<br />

Dornfortsätze<br />

Schulter<br />

Seitliche Rippenmuskulatur<br />

Gurtlage/<br />

Ellenbogen<br />

Wasserrinne<br />

Wo zwickt es?<br />

Sechs Punkte für einen optimal<br />

liegenden Sattel:<br />

1 Widerrist<br />

2 Rücken<br />

3 Gurtlage/Ellenbogen<br />

4 Schulter<br />

5 Dornfortsätze<br />

6 Rippenmuskulatur<br />

▷ Widerrist<br />

Zwei Finger sollten rund um den<br />

Widerrist zwischen Sattel und Pferd<br />

passen. Wichtige Faustregel: Das<br />

Gewicht des Sattels sollte erst vier<br />

Finger unterhalb des Widerrists zum<br />

Tragen kommen, dann drückt nichts,<br />

der Widerrist bleibt frei, und die Last<br />

wird auf den Rippen verteilt.<br />

Zeichen für zu wenig Widerrist freiheit:<br />

Druckempfindlichkeit und Scheuerstellen.<br />

Achtung: Sattel decke immer<br />

einkammern, und bei Fellunterlagen<br />

daran denken: Sie sind weich, aber sie<br />

nehmen Platz weg, entsprechend weiter<br />

muss die Kammer ausfallen.<br />

▷ Rücken<br />

Reiter und Sattel müssen im Schwerpunkt<br />

des Pferderückens liegen. Heißt<br />

konkret: Der Sattel sollte keinesfalls<br />

über die 18. Rippe hinausragen. Hinter<br />

ihr liegt der erste Querfortsatz, ein<br />

fester Wirbel. Liegt der Sattel hier auf,<br />

sind Schmerzen und ein weggedrückter<br />

Rücken programmiert.<br />

So überprüfen Sie, ob der Sattel<br />

richtig liegt: Die Wasserrinne (Foto)<br />

dient als Orientierungslinie – einfach<br />

in Richtung Rücken verlängern. Hier<br />

verläuft die 18. Rippe. In der Regel<br />

gilt: Passt der Sattel vorne nicht, dann<br />

drückt es auch hinten und umgekehrt.<br />

Ein hinten wippender Sattel muss<br />

ausgeglichen werden.<br />

▷ Gurtlage<br />

Der Ellenbogen sollte frei liegen und<br />

nicht am Gurt scheuern. Die alte Regel<br />

„eine Handbreit hinterm Ellenbogen<br />

schließt die vordere Gurtkante ab“ ist<br />

überholt. Der Gurt muss dort enden,<br />

wo der Leib des Pferdes sich zu<br />

verjüngen beginnt.<br />

Bei Kurzgurten gilt: je länger, umso<br />

besser! Auf Höhe des Ellenbogens liegt<br />

ein Reflexpunkt, Lunge und Atmung<br />

können beeinträchtigt werden.<br />

Brustbein: Hier sollte der Gurt breit<br />

aufliegen, optimale Druckverteilung an<br />

dieser Stelle ist das A und O! Probieren<br />

Sie, womit sich Ihr Pferd am besten<br />

anfühlt. Zeichen für falschen Sattelgurt:<br />

Gurtzwang!<br />

▷ Schulter<br />

Von vorne betrachtet, sollte die Silhouette<br />

des Sattels dem Pferdekörper<br />

folgen. So überprüfen Sie die korrekte<br />

Lage: Sattel ungegurtet auf das Pferd<br />

legen. Dann einen Stift am Ende mit<br />

zwei Fingern in die Hand nehmen und<br />

vom Widerrist entlang der Schulter<br />

unter dem Sattel durchgleiten lassen.<br />

Der Stift sollte auch an zwei Fingern<br />

nicht aus der Hand fallen. Gelingt dies<br />

nicht, ist der Sattel zu eng.<br />

Zeichen für zu wenig Schulterfreiheit:<br />

Muskulatur schiebt sich vor<br />

dem Sattel auf, Druckempfindlichkeit<br />

im Schulterbereich.<br />

▷ Dornfortsätze<br />

Um die Wirbelkanalbreite zu bestimmen,<br />

sollte der Sattel gegurtet und<br />

idealerweise mit Reitergewicht auf<br />

dem Pferd liegen. Dann sollten immer<br />

noch vier Finger nebeneinander im<br />

Sattelkanal Platz haben – zwei links<br />

von der Wirbelsäule und zwei rechts.<br />

Die Kissen dürfen nie auf den Dornfortsätzen<br />

liegen!<br />

Zeichen für die falsche Wirbelkanalbreite:<br />

Druckschmerz, blockierter<br />

Rücken.<br />

▷ Seitliche Rippenmuskulatur<br />

Zu breite Sattelkissen können die<br />

Rückenmuskulatur seitlich herunterdrücken.<br />

Anzeichen für zu breite Kissen:<br />

Deformierte Muskulatur statt stabilen<br />

gleichmäßigen Muskelsträngen. Links<br />

und rechts der Wirbelsäule hängt der<br />

Rücken in der Mitte durch.<br />

8 <strong>10</strong>/2023


latur drücken. Letzteres kann aber auch<br />

bei zu kurzen Ortspitzen passieren, weiß<br />

Nancy Köpke: „Zu kurze Ortspitzen drücken<br />

insbesondere bei der Landung<br />

nach einem Hindernis in die Schulter –<br />

sehr schmerzhaft! Wenn die Pferde direkt<br />

nach der Landung losbocken, ist das<br />

ein ziemlich sicheres Zeichen, dass ihnen<br />

etwas wehtut“, weiß die erfahrene<br />

Sattlerin. Viele Pferde wollen nach einer<br />

solchen Erfahrung gar nicht mehr abspringen,<br />

berichtet sie.<br />

Mit dem Kopfeisen wird bei vielen<br />

Herstellern experimentiert. Da wird zurückgeschnitten,<br />

verlängert, verkürzt usw.<br />

Aber Nancy Köpke betont: „Wichtig ist,<br />

dass die Ortschenkellänge zum Pferd<br />

passt, damit sie nicht in die Schulter piksen<br />

und der Sattel stabil bleibt.“ Fakt ist,<br />

ein Kontakt des Sattels mit der Schulter<br />

ist unvermeidlich. Aber wenn der Sattel<br />

an den richtigen Stellen aufliegt, ist das<br />

kein Problem. Dann kann das Pferd ungehindert<br />

Muskulatur aufbauen.<br />

Rücken und Dornfortsätze<br />

Der tiefste Punkt des Sattels, der Schwerpunkt,<br />

muss mit dem tiefsten Punkt des<br />

Pferderückens korrespondieren, denn<br />

hier kommt der Reiter zum Sitzen. Der<br />

Sattel darf nur so lang sein, dass der Bereich<br />

hinter dem 18. Brustwirbel unter<br />

allen Umständen frei bleibt. Hier<br />

beginnt die Lendenwirbelsäule. Liegt<br />

der Sattel hier auf, bereitet das dem<br />

Pferd Schmerzen. Resultat: fester Rücken,<br />

nachgesprungene fliegende Galoppwechsel<br />

oder auch Bocken, Steigen<br />

und andere vermeintliche „Unarten“,<br />

die de facto das Ergebnis von vermeidbaren<br />

Schmerzen sind. Man findet den<br />

18. Brustwirbel, indem man die Wasserrinne<br />

nach oben verlängert oder auch<br />

die letzte Rippe. Dort, wo sie auf die Wirbelsäule<br />

treffen, liegt der Wirbel.<br />

Auch wichtig: Der sogenannte Kissenkanal,<br />

die Lücke zwischen den Sattelkissen,<br />

die die Wirbelsäule und die Dornfortsätze<br />

freihalten soll. Als Faustregel<br />

gilt: Rechts und links der Dornfortsätze<br />

sollte angegurtet und mit Reitergewicht<br />

rund zwei Finger Platz bleiben, damit<br />

die Kissen nicht auf die knöchernen<br />

Strukturen der Wirbelsäule drücken.<br />

Zu breit darf der Kissenkanal aber auch<br />

nicht sein, damit der Sattel nicht auf der<br />

Wirbelsäule aufliegt und die Muskulatur<br />

nicht durch den Sattel auf den Rippenbogen<br />

gedrückt wird.<br />

Rückenmuskulatur<br />

Die Kissen des Sattels sollten sich an die<br />

Rücken muskulatur anschmiegen. So individuell<br />

wie die Anatomie des Pferderückens<br />

sind auch die Winkelung und<br />

die Passform der Kissen. Sie dürfen<br />

nicht zu lang sein, damit sie nicht auf<br />

den ersten Lendenwirbel drücken. Überhaupt<br />

ist Nancy Köpke der Ansicht, die<br />

Kissen könnten eigentlich nicht kurz genug<br />

sein, solange der Schwerpunkt des<br />

Sattels stimmt und der Reiter im Sattel<br />

gut sitzen kann.<br />

Ein wichtiger Punkt ist auch der Härtegrad<br />

der Füllung. Zu hart bedeutet<br />

Druck auf die Muskulatur, der auf Dauer<br />

massive Schmerzen verursacht. Zu<br />

weiche Kissen können die Form nicht<br />

halten, fallen zusammen und drücken<br />

dann ebenfalls.<br />

Die Gurtlage<br />

Früher kaum beachtet, ist die Gurtlage<br />

inzwischen immer stärker in den Fokus<br />

gerückt. Und mit ihr die Ellbogenfreiheit.<br />

Die alte Faustregel, dass der Gurt<br />

eine Handbreit hinter dem Ellenbogen<br />

liegen soll, gilt nicht mehr. Gegurtet<br />

wird dort, wo der Leib des Pferdes sich<br />

verjüngt. Trotzdem muss der Ellenbogen<br />

sich bewegen können, ohne dass<br />

das Pferd sich am Gurt scheuert oder<br />

an ihn stößt. Ganz wichtig bei Kurzgurten:<br />

Die Schnallen sollten nicht auf<br />

Höhe des Ellenbogens liegen, damit beides<br />

nicht miteinander kollidiert, wenn<br />

das Pferd sich bewegt. Als Faustregel<br />

gilt: die Kurzgurte so lang wie möglich<br />

wählen, damit die Schnallen möglichst<br />

dicht am Sattelblatt liegen. Wenn Pferde<br />

nicht frei aus der Schulter herauskommen<br />

oder nicht durchatmen während<br />

des Reitens, liegt das womöglich daran,<br />

dass die Schnallen auf dem Reflexpunkt<br />

aufliegen, der sich in der Sattellage<br />

befindet. Bei einem Großpferd ist der<br />

etwa eine Handbreit über dem Ellbogen<br />

angesiedelt, bei Ponys entsprechend<br />

weiter unten. Wo genau, ist jedoch von<br />

Pferd zu Pferd verschieden. Darum der<br />

Tipp: Sie finden den Reflexpunkt Ihres<br />

Pferdes, wenn Sie mit dem Fingernagel<br />

in der Gurtlage von oben nach unten<br />

und von vorne nach hinten streichen.<br />

Dort, wo das Pferd zusammenzuckt,<br />

liegt der Reflexpunkt. Bekommt dieser<br />

zu viel Druck, kann die Atmung beeinträchtigt<br />

werden. Genauso wichtig: Die<br />

Gurtstrupfen müssen unbedingt senkrecht<br />

nach unten hängen und angegurtet<br />

werden, damit sie die Lage des Sattels<br />

nicht verändern.<br />

Der ultimative Formcheck<br />

Hat man einen Sattel gefunden, der den<br />

Eindruck macht, dass er passt, gibt es<br />

zwei Möglichkeiten, das unter dem Reiter<br />

zu über prüfen: den Staub- und den<br />

Schweißabdruck. Ersteren nimmt man<br />

ohne Satteldecke. Das Pferd wird gesattelt<br />

und einige Minuten in allen Grundgangarten<br />

geradeaus und auf gebogenen<br />

Linien geritten. Danach wird der<br />

Sattel mit aller Vorsicht vom Pferd geho­<br />

ben, um das entstandene Staubmuster<br />

nicht zu verwischen. Denn dieses zeigt<br />

nun zweifelsfrei, ob der Sattel da liegt,<br />

wo er liegen soll, und nicht drückt.<br />

Den Schweißabdruck kann man nach<br />

jedem Training kontrollieren. Hat das<br />

Pferd geschwitzt, sollte die gesamte Sattellage<br />

nass sein. Das wäre optimal, ist<br />

aber eher selten der Fall. Wenn trockene<br />

Flächen kleiner als eine Handbreit<br />

sind, ist das ein Hinweis auf Druckspitzen<br />

– das darf nicht sein! Solche Druckspitzen<br />

findet man z. B. unter den Bügelschlössern,<br />

achten Sie mal darauf! Eine<br />

Studie von 20<strong>10</strong> hat einen direkten Zusammenhang<br />

zwischen trockenen Stellen<br />

auf einer eigentlich verschwitzten<br />

Sattellage und Druckschmerz des Pferdes<br />

nachweisen können. Nancy Köpke<br />

betont aber, dass es normal ist, dass<br />

dort, wo der Reiter sitzt, Flächen sind, in<br />

denen das Pferd unter dem Sattel nicht<br />

geschwitzt hat. Hauptsache, die Bereiche<br />

vor und hinter dem Reitersitz sind<br />

verschwitzt. Dann kann sich das Pferd<br />

frei bewegen. Doch Vorsicht: Abgebrochene<br />

oder stark verwirbelte Fellflächen<br />

können ein Hinweis darauf sein, dass<br />

der Sattel sich auf dem Pferde rücken zu<br />

stark bewegt und reibt.<br />

Der verflixte vierte Monat<br />

Rund vier Monate braucht es, bis die<br />

Muskulatur des Pferdes sich verändert.<br />

War der Sattel der Wahl der richtige, hat<br />

das Pferd aufgemuskelt und bewegt sich<br />

gerne und gut. Unter Umständen muss<br />

der Sattler jetzt noch einmal kommen,<br />

um den Sattel der veränderten Rückenform<br />

anzupassen. Möglicherweise hat<br />

sich in Sachen Muskelaufbau aber auch<br />

nichts getan, und das Gangbild verschlechtert<br />

sich wieder. Dann war der<br />

Sattel doch nicht der richtige und muss<br />

ausgetauscht werden. „Das ist blöd“, gibt<br />

Sattlerin Nancy Köpke zu. „Aber besser<br />

nach vier Monate merken, dass der<br />

Sattel doch nicht so gut geeignet ist,<br />

als nach zwei Jahren ein lahmes Pferd<br />

im Stall zu haben. Das ist nämlich ein<br />

schleichender Prozess.“<br />

Noch eines möchte Nancy Köpke allen<br />

Pferdebesitzern und Reitern mit auf<br />

den Weg geben: Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl!<br />

Wenn Sie den Eindruck haben,<br />

Ihr Pferd fühle sich nicht wohl unter<br />

dem Sattel, dann stimmt das meistens.<br />

Lassen Sie sich nicht bequatschen à la<br />

„Der muss da jetzt mal durch!“. Wenn<br />

das Pferd Ihrer Meinung nach anders<br />

geht als sonst, warten Sie noch ein paar<br />

Tage ab, ob es vielleicht an Rosse etc. lag.<br />

Verändert die Situation sich nicht, sollten<br />

Sie sich auf Ursachenforschung begeben!<br />

Es kann, muss aber nicht am Sattel<br />

liegen. Fest steht: „Pferde denken sich<br />

ihr Unwohlsein nicht aus!“<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

9


SPEZIAL SATTEL<br />

Ein klassischer Holz-Stahl-Federbaum.<br />

Er hält u. a. das Reitergewicht<br />

vom Pferderücken fern<br />

Sattelbaum und Kopf eisen – das Skelett<br />

Nimmt man einen Sattel auseinander, erkennt man, welche AUSGEKLÜGELTE<br />

TECHNIK eigentlich darin steckt. Und das seit Tausenden von Jahren ...<br />

Das Herz des Sattels, sozusagen<br />

das Skelett, ist der<br />

Sattelbaum. Es gibt inzwischen<br />

auch baumlose<br />

Sättel, aber viele Experten<br />

warnen davor, denn der Sattelbaum<br />

setzt den Reiter in den Schwerpunkt,<br />

also dorthin, wo das Pferd ihn tragen<br />

kann. Zudem sorgt der passende Sattelbaum<br />

dafür, dass das Gewicht von Reiter<br />

und Sattel auf eine möglichst große Fläche<br />

gleichmäßig verteilt wird. Damit er<br />

seine Aufgaben erfüllen kann, muss der<br />

Sattelbaum der Form, also dem Schwung<br />

der Wirbelsäule des Pferdes, angepasst<br />

sein. Der tiefste Punkt der Sattellage<br />

und des Sattelbaums müssen übereinstimmen.<br />

Dann setzt der Sattel den Reiter<br />

in den Schwerpunkt. Was die Größe<br />

Ob ein Sattel von der Stange oder eine<br />

Maßanfertigung, die Form des Sattelbaums<br />

muss der Oberlinie des Pferderückens<br />

entsprechen – so wie hier<br />

<strong>10</strong> <strong>10</strong>/2023


angeht, soll der Sattelbaum das Gewicht<br />

zwar auf eine möglichst große Fläche<br />

verteilen, aber zu groß darf er auch<br />

nicht sein, damit er nicht auf den 18.<br />

Lendenwirbel bzw. den dortigen Reflexpunkt<br />

drückt, der bezeichnenderweise<br />

auch als Bock-Reflexpunkt bekannt<br />

ist. Gleichzeitig muss die Sitzfläche für<br />

den Reiter ausreichend groß sein, damit<br />

der Schwerpunkt nicht zu weit hinten<br />

auf der Wirbelsäule des Pferdes liegt.<br />

Dann bekäme das Pferd Probleme, den<br />

Rücken aufzuwölben, und schließlich<br />

Schmerzen. Als Faustregel gilt, dass zwischen<br />

Reitergesäß und Sattelkranz mindestens<br />

eine Faust breit Platz sein soll.<br />

Was also tun, wenn der Reiterpo zu dick<br />

und der Pferderücken zu kurz ist? Dieses<br />

Problem kann kein Sattel der Welt lösen.<br />

Dann passen Reiter und Pferd nicht zusammen.<br />

Eine zu große Sitzfläche gibt es<br />

hingegen nicht. Der Reiter rutscht automatisch<br />

an die tiefste Stelle des Sattels.<br />

Einziges Problem: Er hat weniger Halt.<br />

Das Kopfeisen<br />

Das Kopfeisen bestimmt die Ort weite,<br />

also die Breite des Sattels, und sorgt dafür,<br />

dass der Sattelbaum stabil in der<br />

Form bleibt. Ohne Kopfeisen könnte es<br />

passieren, dass der Sattelbaum auseinanderdriftet,<br />

wenn das Material ermüdet.<br />

Das Problem: Wenn der Reiter dann<br />

aus dem Sattel geht, etwa beim Leichttraben<br />

oder beim Springen, springt der<br />

Sattelbaum auf und zu und kneift das<br />

Pferd. Das Kopfeisen sollte so angepasst<br />

sein, dass es schmal genug ist, um den<br />

Sattel stabil und vom Pferd wegzuhalten,<br />

aber breit genug, damit es die Bewegungen<br />

des Pferdes zulässt. Am Kopfeisen<br />

sind die Ortspitzen befestigt. Sie sollten<br />

parallel zur Pferdeschulter verlaufen<br />

und lang genug sein, damit sie dem<br />

Sattel Halt auf dem Pferderücken geben.<br />

Aber eben auch nicht zu lang, sonst können<br />

sie seitlich drücken. Das Kopfeisen<br />

spielt eine elementare Rolle bei der Anpassung<br />

des Sattels. Denn anders als die<br />

Form der Wirbelsäule des Pferdes ändert<br />

sich die Bemuskelung häufiger. Dann<br />

müsste das Kopfeisen theoretisch jedes<br />

Mal neu angepasst werden. Tatsächlich<br />

bieten einige Hersteller inzwischen<br />

verstellbare Kopfeisen an oder auch Sättel,<br />

bei denen man die Kopfeisen austauschen<br />

kann. Sowohl in der Breite als<br />

auch in der Winkelung können Sattelbäume<br />

variieren. Der Winkel muss immer<br />

dem Winkel der Schulter angepasst<br />

werden. Diese entscheidet, ob man eher<br />

ein V- oder eher ein U-förmiges Kopfeisen<br />

benötigt. Während man den Winkel<br />

verändern kann, ist die Breite des<br />

Sattelbaums kaum anzupassen. Bei den<br />

meisten Sattelbäumen ist maximal ein<br />

halber Zentimeter Spielraum in der<br />

Breite. Schon deshalb kann man Pferden<br />

nicht den Sattel jedes x-beliebigen<br />

Herstellers anpassen, weil der eine eher<br />

schmal , der andere eher breit baut. Eine<br />

Besonderheit sind hier Sättel für Ponys,<br />

weil diese häufig ein U-förmiges Kopfeisen<br />

brauchen mit steilem Winkel, aber<br />

breitem Baum.<br />

Je nachdem, ob man es mit einem<br />

Dressur- oder Springsattel zu tun hat,<br />

sieht das „Skelett“ des Sattels etwas anders<br />

aus. Beim Dressursattel verlaufen<br />

die Ortspitzen relativ gerade nach<br />

unten, beinahe senkrecht. Bei guten<br />

Springsätteln sind die Ortspitzen etwas<br />

nach hinten geneigt, damit die<br />

Schulter in der Landung, in der ja große<br />

Kräfte wirken, frei unter den flachen<br />

Ortspitzen nach hinten durchgleiten<br />

kann. Das ist auch der Grund, weshalb<br />

man nie mit einem Dressursattel springen<br />

sollte – zumindest nicht, wenn die<br />

Springstunde über eine Gymnastikreihe<br />

hinausgeht. Darüber hinaus sind<br />

Springsättel deutlich flacher als Dressursättel,<br />

damit der Druck in der Landephase<br />

besser verteilt wird. Als Faustregel<br />

gilt: je kürzer der Bügel beim Reiten<br />

(z.B. in der Vielseitigkeit), desto flacher<br />

der Sitz und desto weiter der Vorschnitt<br />

des Sattelblattes.<br />

Viele Dressursättel sind sehr tief.<br />

Hierzu Nancy Köpke: „Ich habe die Erfahrung<br />

gemacht, dass die guten Reiter<br />

mit ausbalanciertem Sitz wenig<br />

Pauschen bevorzugen und sich im Sattel<br />

freier bewegen wollen. Meist sind<br />

es eher die Anfänger, die den tiefen<br />

Sitz und viel Pausche bevorzugen. Fürs<br />

Pferd ist Ersteres grundsätzlich besser.<br />

Aber wenn dann ein noch nicht so<br />

Holz-Stahl-Federbäume sind seit Jahrhunderten bewährt (links und Mitte),<br />

doch Kunststoffbäume (rechts) sind im Kommen, ebenso wie Carbon<br />

Stahlfedern<br />

Bügelschloss<br />

Kopfeisen<br />

Ortweite<br />

Ortspitzen<br />

Ortspitzen<br />

<strong>10</strong>/2023<br />

11


SPEZIAL SATTEL<br />

Bei Springpferden ist es<br />

besonders wichtig, dass die<br />

Ortenden nicht zu kurz sind.<br />

Denn sonst piksen sie in der<br />

Landung in die Schulter<br />

versierter Reiter unruhig im Sattel hinund<br />

herrutscht, sind die tiefen Sättel<br />

wieder angenehmer fürs Pferd. Wichtig<br />

ist, dass der Reiter auf jeden Fall im<br />

Schwerpunkt sitzt!“<br />

Holz, Stahl und Co.<br />

Traditionell werden Sattelbäume aus<br />

einer Kombination aus Holz und Stahlfedern<br />

hergestellt, dann auch „Pritschenbaum“<br />

genannt. Der Vorteil von<br />

Holz: Es arbeitet auf dem Pferd, passt<br />

sich also den Bewegungen an. Nur kann<br />

es sich mit der Zeit verziehen, sodass<br />

der Sattel seine Form verliert. Um das<br />

zu verhindern, wird Holz mit Stahlfedern<br />

kombiniert. So bleibt der Sattelbaum<br />

stabil, ist aber trotzdem flexibel.<br />

Je schwerer der Reiter, desto härter muss<br />

der Sattelbaum gefedert sein. Doch zum<br />

herkömmlichen Holz-Stahl-Feder baum<br />

hat die Sattelindustrie inzwischen auch<br />

Alternativen entwickelt, z.B. Kunststoff,<br />

Kunststoff mit Eisen oder Kunststoff<br />

mit Holz. Hier wird sehr viel probiert<br />

und experimentiert. Kunststoff ist biegsam<br />

und sehr leicht. Zudem werden die<br />

Kunststoffbäume aus einem Stück gefertigt.<br />

Dadurch, dass sie so biegsam sind,<br />

schwingen sie stark mit – gut für erfahrene<br />

Reiter, weil sie dadurch die Pferde-<br />

Die Sattelkissen (hier „französische“)<br />

müssen den richtigen Härtegrad haben,<br />

frei von Unebenheiten sein und sich an<br />

die Muskulatur anschmiegen<br />

12 <strong>10</strong>/2023


Oben: Die Bügel schlösser sind direkt am<br />

Sattelbaum befestigt. Sie können punktuellen<br />

Druck auf die Sattellage ausüben<br />

bewegungen besonders intensiv spüren.<br />

Aber weniger gut für Unerfahrene<br />

im Sattel, die ohnehin noch nicht besonders<br />

stabil sitzen und durch den schwingenden<br />

Baum noch mehr Probleme bekommen,<br />

die letztlich auch beim Pferd<br />

ankommen. Dieses Dilemma gibt es bei<br />

den meisten Innovationen, die mit besonders<br />

hoher Anpassungsfähigkeit an<br />

die Pferdebewegungen aufwarten können.<br />

Flexibel ist gut, aber das lässt sich<br />

nicht pauschal auf alle Reiter und auch<br />

nicht auf alle Pferde übertragen. Auch<br />

hier gilt: ausprobieren!<br />

Im Kommen sind Sattelbäume aus<br />

Carbon. Carbon ist sehr langlebig und<br />

dabei formstabil, zugleich leicht und<br />

in sich flexibel. Durch die Stabilität von<br />

Carbon kommt man bei der Herstellung<br />

mit wenig Material aus. Mit dem<br />

Effekt, dass der Reiter näher am Pferd<br />

sitzt, der Sattel aber trotzdem seine<br />

Aufgabe erfüllen kann und den Rücken<br />

schützt. Der Nachteil: Carbon ist sehr<br />

teuer und der Bearbeitungsaufwand<br />

hoch. Ein Sattelbaum aus Carbon kann<br />

nicht ohne Weiteres angepasst werden,<br />

sondern muss umgeschliffen und eventuell<br />

eingeschmolzen und ganz neu angepasst<br />

werden.<br />

Die Kissen<br />

Sattelkissen müssen sich zwar der Muskulatur<br />

des Pferderückens anpassen,<br />

aber sie dürfen auch nicht zu weich sein,<br />

weil sie dann ihre Form verlieren, wenn<br />

der Reiter im Sattel sitzt. Dann fängt<br />

der Sattel an zu drücken. Sind die Kissen<br />

hingegen zu hart, quetschen sie die<br />

Muskulatur. Früher wurden Kissen mit<br />

Schafwolle gefüllt. Dagegen ist eigentlich<br />

nichts zu sagen. Trotzdem sind synthetische<br />

Fasern bei den Füllmaterialien<br />

immer stärker im Kommen. Es gibt mit<br />

Luft gefüllte Kissen, Kissen mit Gel, Latex,<br />

Schaumstoff, Tempur (ein Memo-<br />

Schaum, der auch bei Matratzen und orthopädischen<br />

Kissen für Menschen zum<br />

Einsatz kommt) usw.<br />

Egal, was für ein Material es sein<br />

soll, wichtig ist, dass die Auflagefläche<br />

der Kissen frei von Unebenheiten und<br />

Knötchen ist und vor allem symmetrisch.<br />

Außer dem sollte das Material das<br />

Anpassen der Kissen erlauben. Nancy<br />

Köpke empfiehlt Silikonhohlfasern als<br />

Polsterung oder eine spezielle Füllwatte,<br />

die es auch noch aus anderen Materialien<br />

gibt. Dann lassen die Kissen sich<br />

unkompliziert umpolstern. Es gibt verschiedene<br />

Arten und Formen von Kissen.<br />

Pferde mit normalem bis langem<br />

Rücken tragen meist Keilkissen, die hinter<br />

dem Sattelkranz hervorstehen. Pferde<br />

mit sehr kurzem Rücken und/oder<br />

tiefer Sattellage sind wiederum mit sogenannten<br />

Bananenkissen besser bedient,<br />

die kürzer als die Sitzfläche des<br />

Sattels und dem Schwung des Sattelbaums<br />

angepasst sind.<br />

Wer sich schon immer gefragt hat,<br />

was eigentlich „französische Kissen“<br />

sind, erhält folgende Antwort: Damit<br />

wird die Art der Befestigung am Sattel<br />

beschrieben. Französische Kissen –<br />

erkennbar an den Knöpfen links und<br />

rechts des Wirbel kanals – werden nur<br />

punktuell am Sattel befestigt und haben<br />

keine Nähte und keinen Keil. Das<br />

macht sie sehr flexibel, sodass sie sich<br />

dem Pferderücken sehr gut anpassen<br />

können. Französische Kissen eignen sich<br />

gut für Pferde mit hohem Widerrist, weil<br />

sie den Sattel weiter vom Pferd weg bringen.<br />

Und sie sind sehr kurz. Das Gegenstück<br />

sind Kissen, die am Sattel festgenäht<br />

sind. Es gibt auch Zwitter varianten,<br />

bei denen die Kissen vorne fest mit dem<br />

Sattel vernäht und hinten punktuell befestigt<br />

sind. Sie haben einen Keil, sind<br />

aber trotzdem etwas runder geformt.<br />

Foto: Toffi (1), slawik.com (2), St. GEORG (17)<br />

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SPEZIAL SATTEL<br />

Ganz wichtig: Der Sattler muss<br />

die Passform des Sattels immer<br />

auch mit Reiter überprüfen!<br />

Plädoyer für mehr Sachverstand<br />

Wenn ein Sattel auf den ersten Blick gut auf dem Pferd liegt,<br />

nirgends drückt, aber trotzdem Halt hat, heißt das noch lange<br />

nicht, dass er der richtige ist. Warum das so ist, erläutert die<br />

SATTELERGONOMIN Nancy Köpke<br />

Jetzt habe ich gerade den Sattel<br />

für teuer Geld aufpolstern<br />

lassen, aber Bubi klemmt<br />

schon wieder!“ Kennen Sie<br />

das? Das liegt möglicherweise<br />

daran, dass Ihr Sattler zwar etwas von<br />

seinem Handwerk versteht, aber leider<br />

nichts von der Biomechanik des Pferdes.<br />

Dass ein unpassender Sattel dem<br />

Pferd massive Probleme bereiten kann,<br />

von Schwellungen über lokale Entzündungen<br />

bis hin zu Muskelschwund und<br />

Nekrosen (abgestorbenes Gewebe), ist<br />

nichts Neues. Aber: Auch passend ist<br />

nicht gleich passend. Die Sache mit dem<br />

Sattelanpassen kann sich zu einem regelrechten<br />

Teufelskreis entwickeln, etwa<br />

nach einer Verletzung, wie der von Daylight.<br />

Der Sattel liegt nicht mehr wie früher.<br />

Der Sattler kommt und passt ihn<br />

an, indem er ihn aufpolstert. Im Stand<br />

sieht alles wunderbar aus. Auch in Bewegung<br />

an der Hand gibt es auf den ersten<br />

Blick nichts zu beanstanden. Aber<br />

wenn das Reitergewicht hinzukommt,<br />

drückt der entsprechend aufgepolsterte<br />

Sattel genau auf die Rückenregionen,<br />

wo das Pferd eigentlich Muskulatur<br />

aufbauen sollte. Mit der Folge, dass genau<br />

hier ein „Loch“ bleibt bzw. der Muskelschwund<br />

noch verschlimmert wird.<br />

Wieder kommt der Sattler und polstert<br />

den Sattel auf, denn der liegt ja schon<br />

wieder nicht. Das ist fatal! Nancy Köpke<br />

kennt solche Fälle: „Man kann den Sattel<br />

nicht unentwegt ins Pferd hineinpolstern.<br />

Dadurch wird das Pferd immer weniger!“<br />

Darum appelliert die Sattelergonomin,<br />

dass das Anpassen immer auch<br />

unter dem Reiter erfolgen muss.<br />

Wo liegt das Problem wirklich?<br />

Das hat auch noch einen anderen Vorteil,<br />

denn Nancy Köpkes Erfahrung nach<br />

kann fehlende Muskulatur am Rücken<br />

auch mit dem Reiten zusammenhängen.<br />

Das kann der erfahrene Sattler erkennen,<br />

wenn er Reiter und Pferd beim<br />

Training beobachtet: „Ich sehe immer<br />

häufiger, dass Reiter ihre Pferde nicht<br />

mehr richtig über den Rücken arbeiten.“<br />

Die Folge: Die Pferde wölben den Rücken<br />

nicht mehr richtig auf, die Musku-<br />

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So wird ein Fell richtig aufs Pferd gelegt:<br />

etwas angelupft, damit es nicht über<br />

Widerrist und Wirbelsäule spannt<br />

latur wird schwächer, bis das Pferd den<br />

Rücken gar nicht mehr hochbekommt.<br />

Kein Sattler der Welt kann dieses Problem<br />

lösen. Kein Wunder also, dass Nancy<br />

Köpke betont: „Damit ein System funktioniert,<br />

also der Sattel gut liegt und das<br />

Pferd darunter und der Reiter darin sich<br />

wohlfühlen, müssen mehrere Faktoren<br />

berücksichtigt werden: Exterieur und<br />

Ausbildungsstand des Pferdes, Können<br />

des Reiters und Anleitung durch den<br />

Trainer.“ Das alles muss der Sattler berücksichtigen,<br />

wenn er seine Kunden berät.<br />

Und sich dann womöglich auch mal<br />

unbeliebt machen, wenn er darauf hinweist,<br />

dass das Problem nicht der Sattel<br />

als solches ist und auch nicht die<br />

„schwierige Sattellage“ des Pferdes, sondern<br />

mangelndes Wissen und Können<br />

des Reiters. Hier ist Diplomatie gefragt –<br />

und (Selbst-)Kritikfähigkeit der Reiter.<br />

Wegen der Vielfalt der Aspekte, die<br />

eine Rolle spielen, gibt es nie eine Pauschallösung.<br />

Es ist deshalb empfehlenswert,<br />

immer einen Sattler zu wählen,<br />

der Sättel unterschiedlicher Hersteller<br />

anbietet. Firma X baut z.B. kurze Ortspitzen,<br />

Firma Y hingegen lange. Damit<br />

fühlt sich das eine Pferd wohl, während<br />

das andere massive Probleme hat.<br />

Nancy Köpke betont: „Wie Pferde auf unterschiedliche<br />

Sättel reagieren, hat nicht<br />

notwendigerweise nur etwas mit dem<br />

Exterieur, dem Bewegungsablauf und<br />

der Frage, ob der Sattel passt, zu tun. Es<br />

hängt auch mit den individuellen Vorlieben<br />

der Pferde zusammen. Manche<br />

fühlen sich wohler, wenn der Sattel etwas<br />

härter gepolstert ist, anderen kann<br />

es gar nicht weich genug sein. Das muss<br />

man ausprobieren!“<br />

Schon wegen dieser individuellen<br />

Vorlieben der Pferde genügt es nicht,<br />

einen Sattel im Stand in Augenschein<br />

zu nehmen und vielleicht noch in Bewegung<br />

an der Hand. Um zu testen, ob<br />

die Pferde sich unter dem neuen Sattel<br />

wohlfühlen, muss man sie damit reiten.<br />

Köpkes Tipp: An einem Tag alle Sättel<br />

ausprobieren, zehn Minuten pro Exemplar<br />

reichen aus. Nur so ist eine Vergleichbarkeit<br />

sichergestellt. „Meiner Erfahrung<br />

nach zeigen die Pferde sehr<br />

deutlich, ob sie sich mit einem Sattel<br />

wohlfühlen“, sagt die Sattelergonomin.<br />

„Wenn sie sofort locker losschwingen,<br />

ist man mit dem Sattel auf der richtigen<br />

Spur. Wenn sie nicht vorwärts gehen<br />

wollen, den Rücken wegdrücken und<br />

den Schweif einklemmen, ist das nicht<br />

der Sattel der Wahl.“ Hat man ein Modell<br />

gefunden, mit dem das Pferd gut geht<br />

und in dem der Reiter sich wohlfühlt,<br />

sollte man den Trainer hinzuholen. Er<br />

kennt das Reiter-Pferd-Paar, kann Veränderungen<br />

also am ehesten beobachten<br />

und bewerten. Und: Einmal Reiten<br />

ist gut, mehrfach ist besser! Auch Nancy<br />

Köpke bietet ihren Kunden an, einen infrage<br />

kommenden Sattel mehrere Tage<br />

hintereinander zu testen. Dieses Angebot<br />

sollte man in jedem Fall annehmen!<br />

Maßsattel = Nonplusultra?<br />

Aber ist es überhaupt möglich, einen<br />

Sattel „von der Stange“ zu kaufen, der<br />

nicht immer in irgendeiner Weise ein<br />

Kompromiss ist? Ja, sagt Nancy Köpke.<br />

Schließlich tragen wir Menschen ja auch<br />

nicht alle Maßschuhe und laufen trotzdem,<br />

ohne Blasen zu bekommen, wenn<br />

der Schuh wenigstens die richtige Größe<br />

hat. Mit dem Sattel ist es ähnlich. Natürlich<br />

ist es toll für Pferd und Reiter, wenn<br />

der Sattel für sie beide maßgeschneidert<br />

wird! Heutzutage wird häufig mit<br />

speziellen Gerätschaften gearbeitet, die<br />

die Oberlinie des Pferdes exakt vermessen.<br />

Mithilfe der dabei gewonnenen Daten<br />

kann man verschiedene Arten von<br />

Dummys so einstellen, dass sie den Rücken<br />

des Pferdes dreidimensional nachbilden.<br />

So entsteht eine Art Schablone,<br />

mit der ein passgenauer Sattelbaum<br />

angefertigt und ein bereits vorhandener<br />

angepasst werden kann. Für die Ortweite<br />

gibt es eine andere Messapparatur,<br />

die auch bei Standardsätteln zum<br />

Einsatz kommt. Mit all diesen Informationen<br />

sowie den Daten des Reiters kann<br />

also ein perfekter Sattel für den Reiter<br />

und fürs Pferd gebaut werden.<br />

Nur: Das ist zum einen sehr teuer,<br />

zum anderen ist auch ein Maßsattel<br />

keine Garantie für lebenslanges Glück.<br />

Denn das Pferd verändert sich ständig<br />

ein wenig. So kann es sein, dass der Status<br />

quo, in dem der Maßsattel angepasst<br />

wurde, einige Monate später schon ein<br />

anderer ist. Dann passt auch ein Maßsattel<br />

nicht mehr wie ange gossen. Und es<br />

ist durchaus möglich, den Traumsattel<br />

zu finden, ohne dass er extra für Pferd<br />

und Reiter angefertigt werden muss.<br />

Daylight ist das beste Beispiel.<br />

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Die unverzichtbaren<br />

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