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MAGENPROBLEME: So wichtig ist eine schnelle Behandlung<br />
Mein<br />
<strong>10</strong> • Oktober 2023 • www.mein-pferd.de<br />
Nach der Saison<br />
ist vor der Saison<br />
Thema<br />
des Monats<br />
Der<br />
Reiterrücken<br />
● Eigene Grenzen erkennen<br />
● Richtig mobilisieren und kräftigen<br />
● Besseres Sitzgefühl erlernen<br />
+<strong>10</strong><br />
Rückenübungen mit<br />
und ohne Pferd<br />
Aufgaben reiten<br />
leicht gemacht<br />
Richtig Treiben<br />
Wie Sie die Hilfen<br />
richtig einsetzen<br />
Wertvolle<br />
Mineralstoffe<br />
Die Multitalente<br />
optimal füttern<br />
Die<br />
Ethik der<br />
Pferde<br />
Wenn Pferde eine Stimme hätten, was<br />
würden sie uns sagen? Welche Rechte<br />
das Pferd in unserer Gesellschaft hat<br />
Deutschland 5,50 €<br />
Österreich 6,<strong>10</strong> €<br />
Schweiz 8,90 sfr<br />
Italien 7,20 € Belgien 6,50 €<br />
Luxemburg 6,50 €
EDITORIAL OKTOBER<br />
Anzeige<br />
Pferde selektieren beim<br />
Fressen auf der Weide,<br />
ob etwas fressbar oder<br />
giftig ist<br />
Pferdegerechte<br />
Kommunikation<br />
— Verständigung zwischen<br />
Mensch und Pferd<br />
Grüne Brise<br />
Cover: Linda Rohde, Fotos: Holger Schupp (1), AdobeStock (1)<br />
Ich strecke die Nase in<br />
den Wind und nehme<br />
einen tiefen Atemzug<br />
der warmen Sommerluft,<br />
während ich den<br />
Schotterweg in Richtung<br />
unserer „Einzelwiesen“<br />
gehe. Rechts von mir ist<br />
der Wald, dessen Bäume<br />
nicht nur wunderschön<br />
grün und kräftig aussehen,<br />
sondern auch<br />
herrlich vertraut und<br />
beruhigend riechen. Die<br />
ätherischen Öle, die der<br />
Wald an seine Umgebung<br />
abgibt, tun mir gut.<br />
Mitverantwortlich für diesen so gewohnten<br />
Geruch sind die Terpene, die ätherischen<br />
Öle der Pflanzen. Doch zwischen diese<br />
Botenstoffe, über die die Bäume miteinander<br />
kommunizieren, mischt sich ein anderer<br />
wohlbekannter guter Geruch, der mir hier<br />
am Stall jedoch fremd ist. Kurz runzle ich<br />
die Stirn, bis ich verdutzt nach links auf die<br />
Wiesen schauend bemerke, was es ist. Die<br />
grünen Weiden sind alle gemäht und auf<br />
ihnen liegen Häufchen mit dem gemähtem<br />
Gras. Fein säuberlich hat das fahrbare<br />
Arbeitsgefährt das geschnittene Unheil<br />
auf jeder Wiese zurückgelassen. Mal wieder<br />
zweifle ich am Verstand desjenigen, der es<br />
wohl gut gemeint, aber ohne Pferdewissen<br />
gehandelt hat.<br />
Was eigentlich jeder, der mit Pferden zu<br />
tun hat, wissen müsste, ist, dass gemähtes<br />
Gras äußerst gefährlich ist. Im Gegensatz<br />
zum Weidegang, wo Pferde sehr selektiv<br />
fressen und die Aufnahme<br />
von Giftpflanzen in der<br />
Regel instinktiv meiden,<br />
werden die Giftpflanzen<br />
in geschnittenem Gras<br />
von Stallpferden oft<br />
einfach mitgefressen.<br />
Außerdem kann sich<br />
Rasenschnitt, der beim<br />
Rasenmähen anfällt, im<br />
Verdauungsapparat des<br />
Pferdes „zusammenballen“<br />
und schwere Koliken<br />
verursachen. Und neben<br />
diesen beiden Gefahren<br />
kommt es auch noch<br />
sehr schnell zu derartigen<br />
Oxidationsprozessen, die neben der<br />
ohnehin gesundheitsschädlichen Wirkung<br />
auf den Pferdekörper, auch schwere Koliken<br />
auslösen können. Aiaiaia… Das Zeug muss<br />
also schnell weg von den Wiesen. Mit vereinten<br />
Kräften können wir die Wiesen dann<br />
schnell von dem gefährlichen, wenn auch<br />
gut riechenden, Grün befreien.<br />
Diesen Geruch möchte ich dann doch lieber<br />
für andere Orte positiv abspeichern und<br />
freue mich beim Gang mit den Hunden in<br />
meiner Nachbarschaft auch weiterhin über<br />
ihn. Aber bitte nicht mehr am Stall.<br />
Ich wünsche Ihnen einen schönen<br />
Restsommer!<br />
Lara Wassermann<br />
Chefredakteurin Mein Pferd<br />
200 Seiten, €/D 30,–<br />
ISBN 978-3-440-17347-3<br />
• Körper, Sprache und Wahrnehmung<br />
Begegnung bewusst gestalten<br />
• Körper im Ausnahmezustand<br />
Grenzen erkennen<br />
• Wachsame Körper<br />
Achtsamkeitspraxis und Schulung<br />
von Körpergefühl<br />
• Zwischen Freiheit & Verantwortung<br />
Freiarbeit: Philosophie und Praxis<br />
Folgen Sie uns:<br />
@kosmos.pferd<br />
Jetzt bestellen auf kosmos-pferd.de
Inhalt<br />
OKTOBER 2023<br />
▷ kennzeichnet die Coverthemen.<br />
Titelthema<br />
▷ Ethik der Pferde 12<br />
Welche Rechte hat das Pferd in unserer<br />
Gesellschaft, und was würde es sagen,<br />
wenn es eine Stimme hätte?<br />
Besser reiten<br />
▷ Nach der Saison ist vor der Saison 22<br />
Dressurlektionen reichten leicht gemacht<br />
▷ Richtig treiben 28<br />
Hilfen richtig einsetzen und fühlen,<br />
wie sie sich positiv auswirken<br />
Mythen der Reitlehre 36<br />
Irrtümer und Mythen geistern seit<br />
Jahrzehnten durch die Reithallen<br />
Wissenstest 42<br />
Wie gut kennen Sie sich aus mit Allergien?<br />
Haltung & Gesundheit<br />
▷ Magenprobleme 58<br />
Deswegen ist eine schnelle Behandlung<br />
so wichtig<br />
▷ Wertvolle Mineralstoffe 64<br />
So setzen Sie die Multitalente richtig ein<br />
20 Fakten 76<br />
... über die Wiener Fiaker<br />
Abenteuer & Reportage<br />
Gentle Giants 78<br />
Die Shire Horses sind sanft, groß und auch<br />
vielseitig einsetzbar<br />
12<br />
Pferde haben ebenfalls<br />
Rechte – aber welche?<br />
22<br />
Jetzt im Training voll<br />
durchstarten und richtig üben<br />
58<br />
Wieso der Magen<br />
so wichtig ist<br />
4 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
Anzeige<br />
Rubriken<br />
Editorial3<br />
Galerie6<br />
News8<br />
Sportnews<strong>10</strong><br />
Was wurde aus ... 11<br />
Medinews21<br />
Impressum38<br />
Frage des Monats 56<br />
Leserfoto-Voting70<br />
Recht72<br />
Marktplatz74<br />
Vorschau November 82<br />
Der direkte Draht<br />
REDAKTION:<br />
Tel.: 040/38906-475<br />
redaktion@mein-pferd.de<br />
ANZEIGENLEITUNG:<br />
Janina Jacobsen<br />
Tel.: 040/38906-260, Fax: 040/38908-6260<br />
janina.jacobsen@mein-pferd.de<br />
ABONNEMENT:<br />
Tel.: 040/38906-880, Fax: 040/38906-885<br />
abo@mein-pferd.de<br />
EINZELHEFT BESTELLUNGEN:<br />
Fax: 040/38906-595<br />
heftnachbestellung@jahr-tsv.de<br />
ONLINE:<br />
www.mein-pferd.de<br />
www.facebook.de/<strong>meinpferd</strong><br />
www.instagram.com/<strong>meinpferd</strong>.magazin<br />
Dynamische Stabilität 44<br />
Stabil und mobil zugleich muss der<br />
Rücken sein, damit sich der Reiter<br />
korrekt auf dem sich bewegenden<br />
Pferd ausbalancieren kann<br />
Thema des Monats<br />
Der Reiterrücken<br />
Eigene Grenzen erkennen 50<br />
Schmerzhafte Verspannungen<br />
des Rückens können durch das<br />
Sitzen auf dem Pferderücken gelöst<br />
werden. Dabei sollte der Reiter<br />
jedoch besonders bewusst und<br />
rücksichtsvoll mit dem eigenen<br />
Körper umgehen<br />
PRO<br />
Fitnessübungen 52<br />
Übungen für mehr Kraft und<br />
Beweglichkeit können dem<br />
Reiter dabei helfen, sich im Sattel<br />
mühelos auszubalancieren<br />
www.barefoot-saddle.de
6 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023<br />
FOTO DES MONATS
Sanfte Multitalente<br />
Araber zeichnen sich durch ihre Sanftmut, Sensibilität, Robustheit und gute<br />
Gesundheit aus, sind vielseitig einsetzbar und werden seit Jahrhunderten von den<br />
Menschen verehrt. Ob im Springsport, im Dressursport, als ausdauernde Distanzläufer<br />
oder als Freizeit- und Familienpferd – die edlen Pferde haben viele Talente. Untereinander<br />
und dem Menschen gegenüber sind sie sehr freundlich und binden sich gerne<br />
an eine Person oder an ein Herdenmitglied. Freundschaften, bei denen viel Fellpflege<br />
betrieben wird, sind hier also keine Seltenheit. Haben Sie einmal einen Araber auf Ihrer<br />
Seite, haben Sie in ihm einen Freund fürs Leben gefunden!<br />
Foto: slawik.com<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
7
BEIM AMTSGERICHT<br />
Fall Manfred von<br />
Allwörden geht weiter<br />
Der Großzüchter Manfred von Allwörden war im<br />
November in den Schlagzeilen, weil bekannt wurde,<br />
dass Pferde unter seiner Obhut aufgrund unzureichender<br />
Betreuung gestorben sind. Das zuständige Veterinäramt,<br />
das dem Pferdezüchter Auflagen zur Verbesserung<br />
seiner Haltung gemacht hatte, erklärte nun, die Auflagen<br />
aus der Vergangenheit seien „größtenteils“ umgesetzt<br />
worden, „einige allerdings noch nicht“. Nun wird aber<br />
auch wegen einer neuen Ordnungsverfügung gegen den<br />
Züchter aus Schleswig-Holstein gerichtlich ermittelt.<br />
Am 2. Juli hat die Staatsanwaltschaft Lübeck Anklage<br />
gegen von Allwörden erhoben. Wörtlich heißt es: „Dem<br />
Angeschuldigten wird vorgeworfen, in sechs rechtlich<br />
selbstständigen Fällen im Zeitraum von Juni 2021 bis<br />
Oktober 2022 jeweils durch Unterlassen Wirbeltieren<br />
länger anhaltende oder sich wieder holende erhebliche<br />
Schmerzen oder Leiden zugefügt zu haben.“<br />
▶ www.st-georg.de<br />
UMFRAGE<br />
Nachhaltigkeit im Betrieb<br />
8 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023<br />
NEWS SZENE<br />
Nachhaltigkeit ist nicht<br />
nur im privaten Leben wichtig,<br />
sondern auch im Sport<br />
Verantwortungsbewusster Umgang mit den endlichen Ressourcen der<br />
Erde wird immer mehr gefördert und gefordert. Auch im Sport soll das<br />
Leben nachhaltiger werden. Eine Umfrage soll jetzt herausfinden, wie<br />
nachhaltig der Pferdesport aktuell ist und was Pferde für Umwelt, Klima<br />
und Artenschutz leisten können. Wirtschaftliche, ökologische und soziale<br />
Aspekte des Betriebs- und Vereinsalltags und -lebens können in pferdehaltenden<br />
Anlagen Anklang finden. Die Umfrage ist eine Zusammenarbeit<br />
zwischen der FH Südwestfalen und der Deutschen Reiterlichen<br />
Vereinigung (FN). Die Beantwortung der Fragen dauert rund 30 Minuten.<br />
▶ www.pferd-aktuell.de<br />
Manfred von Allwörden<br />
wird nun von der Staatsanwaltschaft<br />
angeklagt<br />
Kalender<br />
▷ PM-Webinar: Pferdemuskeln<br />
managen und sie verstehen<br />
Kosten: <strong>10</strong> Euro (PM), 20 Euro (Nicht-PM)<br />
Datum: 12. September 2023<br />
Ort: online/virtueller Seminarraum<br />
▷ PM-Exkursion: Koniks hautnah<br />
erleben: Fahrt durch die<br />
Oranienbaumer Heide<br />
Kosten: 15 Euro (PM), 25 Euro (Nicht-PM)<br />
Datum: 17. September 2023<br />
Ort: 06785 Oranienbaum<br />
▷ PM-Seminar: Bodenarbeit mit<br />
dem Pferd – pferdegerecht<br />
kommunizieren<br />
Kosten: 20 Euro (PM), 30 Euro (Nicht-PM)<br />
Datum: 26. September 2023<br />
Ort: 66459 Kirkel-Altstadt<br />
▶ www.pferd-aktuell.de<br />
THEMENWAHL<br />
Welche Themen hätten Sie gerne in<br />
der nächsten Ausgabe? Nehmen Sie<br />
an der Umfrage auf unserer Homepage<br />
(www.mein-pferd.de) teil!<br />
THEMEN-<br />
WAHL<br />
Machen Sie mit!
HOCH HINAUS ...<br />
Rund um den Reitstall<br />
Bergmühle<br />
in Leibnitz gab es<br />
eine gefährliche<br />
Hochwassersituation<br />
Anfang August.<br />
Eine Haflingerstute<br />
namens Valente<br />
drohte zu ertrinken,<br />
rettete sich aber aus eigener Kraft aus den<br />
Fluten und somit auch ihr Leben. Die bereits<br />
eingetroffene Feuerwehr hätte ihr auch nicht<br />
helfen können. Was für ein starkes Pferd!<br />
▶ www.propferd.at<br />
K u rz notiert<br />
Ganzheitliche Reitpädagogik<br />
Schüler der Höheren Lehranstalt<br />
für wirtschaftliche Berufe Oberwart<br />
haben die Möglichkeit, während ihrer<br />
schulischen Ausbildung den Zertifikatslehrgang<br />
„Ganzheitliche Reitpädagogik“<br />
zu absol vieren. Damit eröffnet die HLW<br />
den Schülern neue Chancen und fördert<br />
zeitgleich den Kontakt zu Pferden.<br />
▶ www.propferd.at<br />
Ganzheitliche<br />
Reitpädagogik<br />
in der Schule<br />
Anzeige<br />
Eleganz bis ins letzte Detail.<br />
DRESSAGE<br />
ANDALUZ<br />
... TIEFER FALL<br />
Fotos: IMAGO/Galoppfoto (1), /Holsteinoffice (1), slawik.com (4)<br />
Beim Sommerfest<br />
in der Stadt<br />
Grafenau kam es zu<br />
einem tragischen<br />
Zwischenfall. Ein<br />
Pferd wurde von<br />
einem Gespann<br />
eines Planwagens<br />
erfasst und<br />
so schwer verletzt, dass es eingeschläfert<br />
werden musste. Das Ausmaß des Unfalls<br />
wurden erst nach dem Sommerfest deutlich.<br />
▶ www.grafenau.de<br />
HKM BUNDESCHAMPIONATE<br />
Hobby Horsing<br />
Im Reitsport gibt es ständig neue Wege, um Jung<br />
und Alt gleichermaßen für den Sport zu gewinnen.<br />
So hat sich der Trend „Hobby Horsing“ in den letzten<br />
Jahren vor allem bei Kindern und Jugendlichen<br />
etabliert. Am 2. September wurden bei den HKM<br />
Bundeschampionate Warendorf gleich vier Hobby-<br />
Horsing-Wettbewerbe ausgetragen. Nicht nur eine<br />
sportliche Erfahrung, sondern auch eine unterhaltsame<br />
Art, das Thema Pferd näherzubringen.<br />
▶ www.pferd-aktuell.de<br />
Vor allem<br />
bei Kindern<br />
ist „Hobby<br />
Horsing“<br />
sehr beliebt<br />
Gestüt Peterhof zu verkaufen<br />
Arlette Jasper-Kohl und ihr Mann Prof.<br />
Edwin Kohl hatten 2011 das Gestüt<br />
Peterhof im Saarland gebaut. Hier fanden<br />
40 Pferde ihren Platz, und internationalen<br />
Turnieren wurde eine Bühne geboten.<br />
Aushängeschilder waren der vierbeinige<br />
Star Sezuan und seine Reiterin Dorothee<br />
Schneider. Als diese den Beritt abgab,<br />
wurde es sowohl um Sezuan als auch<br />
um das Gestüt ruhig. Das Auktionshaus<br />
Christie’s wurde mit dem Verkauf betreut.<br />
▶ www.st-georg.de<br />
Buchtipp<br />
Welchen Anforderungen ist der Rücken<br />
beim Reiten ausgesetzt?<br />
Dieser<br />
Frage gehen<br />
die Autorinnen<br />
Susanne von<br />
Dietze und<br />
Isabell von<br />
Neumann-Cosel<br />
in ihrem Buch<br />
„Rücksicht auf<br />
den Reiterrücken“<br />
auf den Grund. Auf 184 Seiten<br />
erklären sie das Zusammenspiel zwischen<br />
Pferde- und Reiterrücken und bieten praktische<br />
Hinweise und Übungen. Erhältlich<br />
ist das Werkt beim FN-Verlag für 20 Euro.<br />
▶ www.fn-verlag.de<br />
Als Option mit<br />
Kristallverzierung,<br />
Glitzerapplikation & Muster<br />
als Sonderanfertigung<br />
möglich!<br />
www.iberosattel.de<br />
Tel: 09179 964 117
EM VIELSEITIGKEIT<br />
Deutsche Reiter erfolgreich<br />
Erfolgreich war die deutsche Vielseitigkeits-Equipe im französischen Le Pin-au-Haras bei<br />
den Europameisterschaften Vielseitigkeit. Das Team um Sandra Auffarth und Viamant du Matz,<br />
Christoph Wahler und seinen Holsteiner Schimmel Carjatan S, Michael Jung auf fischerChipmunk<br />
FRH und Malin Hansen-Hotopp miz Calitos Quidditch K konnten sich die Silbermedaille von<br />
Frankreich sichern. Zudem konnte sich Sandra Auffarth über die Bronzemedaille im Einzel freuen,<br />
Christoph Wahler wurde<br />
Vierter. Jérôme Robiné, der<br />
in Frankreich seine erste<br />
Senioren-EM bestritt, war<br />
ebenfalls sehr erfolgreich.<br />
Mit dem Pferd Black Ice<br />
konnte er sich auf Platz<br />
sieben durchsetzen. Prof.<br />
Dr. Jens Adolphsen sagte<br />
über den Ritt des jungen<br />
Sportsoldaten: „Das war<br />
gigantisch. Er kann nicht<br />
nur gut reiten, er hat auch<br />
noch gute Nerven. Das ist<br />
schon eine tolle Leistung,<br />
Siebter in so einem Feld zu<br />
werden. Das lässt auch für<br />
die Zukunft hoffen.“<br />
▶ www.pferd-aktuell.de<br />
SPORT NEWS<br />
Die deutschen Vielseitigkeitsreiter konnten sich bei der EM<br />
über die Silbermedaille freuen<br />
K u rz notiert<br />
Sieg in Finalqualifikation<br />
Für Leonie Richter und Lord Europe<br />
war das Wochenende in Görlitz mehr<br />
als erfolgreich. Nachdem sie die Einlaufprüfung<br />
auf Platz zwei beendet<br />
hatten, konnten sie im Finale den Spieß<br />
umdrehen und sich mit fast 78 Prozent<br />
an die Spitze setzen. Das bedeutet: Sie<br />
dürfen nach Frankfurt zum Finale des<br />
Nürnberger Burg-Pokals fahren. Trainerin<br />
Eva Möller berichtete auf Instagram:<br />
„Zu sehen, wie sich der erst siebenjährige<br />
Hengst in den letzten Wochen entwickelt<br />
hat, ist beeindruckend und auch<br />
FAHREN<br />
Neuer Deutscher Meister<br />
Max Berlage ist neuer Deutscher Meister der<br />
Zweispännerfahrer. In Sachsen-Anhalt konnte<br />
er sowohl die Geländefahrt als auch die<br />
Dressur für sich entscheiden und sich damit<br />
den Titel sichern. Das Kegelfahren belegte er<br />
mit Platz zwei. In der Kombinierten Prüfung<br />
bedeutete das den Sieg mit 129,08 Punkten.<br />
Bundestrainer Karl-Heinz Geiger lobte nicht<br />
nur den Sieger, sondern auch dessen Frau<br />
SPRINGEN<br />
Erster 5*-Start<br />
Der US-Amerikanerin Jessica Springsteen<br />
gelang es erstmals, einen Großen Preis auf<br />
Fünf-Sterne-Niveau zu gewinnen. Im Global-<br />
Champions-Tour-Grand-Prix in London überzeugte<br />
sie mit Don Juan van de Donkhoeve und ließ die<br />
Konkurrenz hinter sich. „„Ich bin so glücklich heute.<br />
Ich bin einige Risiken eingegangen, aber es hat sich<br />
ausgezahlt. Ich bin so aufgeregt, ich bin ehrlich gesagt überwältigt,<br />
das ist mein erster Fünf- Sterne-Grand-Prix-Sieg mit Don, und ich<br />
bin so dankbar. Es bedeutet mir so viel, hier zu gewinnen!“<br />
▶ www.st-georg.de<br />
Katja: „Besonders im Gelände ist sie Max eine<br />
ganz große Unterstützung. Der Marathon war<br />
ansprechend, dabei aber sehr anspruchsvoll.<br />
Katja versteht es, im richtigen Moment die<br />
richtigen Hinweise zu geben, die beiden sind<br />
ein starkes Team!“ Die Silbermedaille gewann<br />
Marco Freud, über Platz drei durfte sich<br />
Jacqueline Walter freuen.<br />
▶ www.pferd-aktuell.de<br />
Der erste Fünf-Sterne-<br />
Sieg ist Jessica<br />
Springsteen geglückt<br />
mit Sicherheit das Ergebnis von Leonies<br />
geduldiger Arbeit und der zunehmenden<br />
Kraft dieses tollen Pferdes.“ Helen<br />
Langehanenberg, die die Einlaufprüfung<br />
auf DSP Danny Cool gewann, belegte im<br />
Finale dann Platz zwei. Auch sie dürfen<br />
zum Finale nach Frankfurt fahren. Platz<br />
drei ging an Juliane Brunkhorst mit<br />
Diamante Negro und 75,463 Prozent.<br />
Damit sind sie leider nicht beim Finale<br />
des Nürnberger Burg-Pokals dabei.<br />
▶ www.st-georg.de<br />
Triple-Sieg für Avici Ass<br />
Bei der Bundeshengstschau Haflinger<br />
und Edelbluthaflinger der Deutschen<br />
Reiterlichen Vereinigung in Münster<br />
ging der Edelbluthaflinger Avici Ass als<br />
Triple-Sieger hervor. Der neunjährige<br />
Hengst bekam drei schwarz-rot-goldene<br />
Schärpen: als Schausieger bei den<br />
Edelbluthaflingern sowie als dressur-<br />
und fahrbetonter Bundessieger.<br />
Der Hengst aus der Zucht von Franz<br />
Achmüller aus Türkenfeld, der im Besitz<br />
von Anna- Lena Taube ist, konnte sich<br />
bereits 2021 als Deutscher Fahrponychampion<br />
der sechs- und siebenjährigen<br />
Fahrponys auszeichnen. Bundeschampion<br />
bei den Haflingern wurde<br />
der elfjährige Nachtstolz.<br />
▶ www.pferd-aktuell.de<br />
Fotos: IMAGO/Stefan Lafrentz (2), /ZUMA Wire (1)
WAS WURDE AUS<br />
… dem Dressurpferd<br />
Donnerhall?<br />
Unter Karin Rehbein gewann der Dunkelfuchs über 65 Grand-Prix-<br />
Turniere. Seine Zuchtbilanz ist nicht minder eindrucksvoll: Unter seinen<br />
zahlreichen Nachkommen sind Stars wie Desperados und Damon Hill<br />
Donnerhalls Züchter war 1981 zunächst nur mäßig begeistert,<br />
als seine Rapp-Stute Ninette vom Rapp-Hengst Donnerwetter<br />
ein Dunkelfuchs-Fohlen bekam. Gärtner bevorzugte Rappen –<br />
lernte aber bald, dass das Hengstfohlen offenbar andere Qualitäten<br />
besaß. Otto Schulte-Frolinde, in der Branche damals bekannt für<br />
seinen untrüglichen Pferde-Instinkt, sah ihn, fackelte nicht lange und<br />
schlug zu. Auf seinem Anwesen Grönwohldhof – lange Zeit das Mekka<br />
der Dressurzucht – wuchs das Fohlen von nun an auf und wurde auf<br />
den Namen Donnerhall getauft.<br />
Schnell wurde klar, dass diesem Pferd eine steile Karriere bevorstand:<br />
1984 erzielte er in der Hengstleistungsprüfung 131,92 Punkte<br />
und wurde Reservesieger. Zu diesem Zeitpunkt sprachen alle bereits<br />
von seiner ungewöhnlichen Rittigkeit. Auch Herbert und Karin Rehbein,<br />
die beide auf dem Grönwohldhof arbeiteten, fielen seine Begabung,<br />
seine Leistungsbereitschaft und die tadellosen Grundgangarten<br />
auf. In der Tat entpuppte sich Donnerhall als braver Musterschüler, der<br />
bereits 1985 sein erstes Turnier ging.<br />
Es war klar: Das ist ein Siegerpferd. Schnell wuchs er mit Karin<br />
Rehbein – unter der Regie ihres Ehemannes, der die beiden trainierte<br />
– zu einem Dreamteam zusammen. In den nächsten Jahren<br />
heimsten sie einen Titel nach dem anderen ein, wie 1986 deutscher<br />
DLG-Champion in Hannover, und 1994 gewannen sie Mannschaftsgold<br />
und Einzelbronze bei den Weltreiterspielen in Den Haag. Bei<br />
den Deutschen Meisterschaften 1994 in Mannheim wurden 40 Grad<br />
im Schatten gemessen, aber das fleißige Pferd hielt durch und<br />
wurde Deutscher Meister. 1997 erlitt Karin Rehbein einen schweren<br />
Oben rechts: Unter Katrin Rehbein lief der Oldenburger-<br />
Hengst zu Höchstformen auf<br />
Unten: Das Paar konnte in seiner gemeinsamen Karriere<br />
über 65 Grand-Prix-Siege erreichen und war damit eines<br />
der erfolgreichsten Paare seiner Zeit<br />
Schicksalsschlag, als ihr<br />
Mann Herbert nach einer<br />
Krebserkrankung starb.<br />
Sie sagte den CHIO ab,<br />
kehrte aber einige Monate<br />
später ins Viereck zurück.<br />
1998 beschloss sie, ihren<br />
„Donni“ aus dem Sport<br />
zu verabschieden. Bei der<br />
Zeremonie im Rahmen<br />
der Oldenburger-<br />
Körung passagierte<br />
Donnerhall ein letztes<br />
Mal durch eine Gasse,<br />
welche 80 Kinder mit<br />
Laternen mit dem<br />
Oldenburger-Brandzeichen<br />
bilden. Sein<br />
Ruhestand war aber<br />
nur von kurzer Dauer:<br />
Nur vier Jahre später<br />
starb der Hengst an<br />
einer akuten Darmentzündung.<br />
Name Donnerhall<br />
Geburts-/Todesjahr *1981 †2002<br />
Geschlecht Hengst<br />
Farbe Dunkelfuchs<br />
Rasse Oldenburger<br />
Abstammung Donnerwetter x Markus<br />
Das, was man sich Jahre später von seinem Dressurkollegen Totilas<br />
erhoffte, gelang ihm lässig nebenbei: die erfolgreiche Symbiose aus<br />
Erfolg im Sport und in der Zucht. Der Oldenburger-Hengst Donnerhall<br />
hat bis heute einen Ruf als Vererber<br />
der Extraklasse. Mindestens<br />
120 gekörte Söhne, 235 Staatsprämienstuten<br />
und mehr als<br />
1.326 im Sport registrierte Nachkommen<br />
gehen auf ihn zurück.<br />
Auf jedem großen Dressurturnier<br />
tummeln sich seine Enkel im Viereck.<br />
Sowohl Kristina Bröring- Sprehes<br />
Desperados als auch Beatriz Ferrer-<br />
Salats Delgado haben den Donnerhall-Sohn<br />
De Niro zum Vater, laut<br />
Ranking des Weltzuchtver bandes<br />
WBFSH einer der erfolgreichsten<br />
noch lebenden Dressurvererber überhaupt.<br />
Insgesamt gehen bis heute<br />
13 Pferde im Grand Prix in der väterlichen<br />
Linie auf Donnerhall zurück.<br />
Text: Nora Dickmann<br />
Links: Nach seiner Karriere im<br />
Dressurviereck wurde Donnerhall sehr<br />
erfolgreich in der Zucht eingesetzt<br />
Fotos: IMAGO/ Jaspersen (1), Rust (1), WEREK (1)<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
11
TITELSTORY<br />
Wir müssen den Dialog suchen, um langfristig<br />
etwas zu verändern und uns für das Wohl der<br />
Pferde einzusetzen. Schuldzuweisungen alleine<br />
helfen hier nicht weiter<br />
12 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
DIE ETHIK DER PFERDE Wenn Pferde eine Stimme hätten,<br />
was würden sie uns sagen? Die Verhaltensbiologin Marlitt<br />
Wendt setzt sich für das Pferdewohl und ethische Grundsätze<br />
ein. Für sie ist klar: Nur gemeinsam können wir etwas verändern<br />
Text: Aline Müller<br />
TIPPS TO GO<br />
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<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
13
TITELSTORY<br />
Schon vor der Geburt bestimmen wir<br />
als Mensch den zukünftigen Lebensweg<br />
eines Fohlens mit<br />
Seit vielen Jahren häufen sich die<br />
Skandale in der Reiterei, und das<br />
Pferdewohl wird zu Recht immer<br />
wieder hinterfragt. Wenn Pferde regelrecht<br />
zu Sportgeräten werden<br />
und nur der sportliche Erfolg beziehungsweise<br />
der Profit gesehen werden, leiden sie nicht<br />
nur körperlich, sondern auch mental. Ein besonders<br />
berühmtes und trauriges Schicksal:<br />
Wer sich mit der Pferdeethik beschäftigt,<br />
muss das gesamte Pferdeleben betrachten<br />
Totilas. Einst als Ausnahmepferd gefeiert, endete<br />
sein Leben alles andere als glamourös.<br />
Auf der anderen Seite stehen auch Freizeitreiter<br />
immer wieder in der Kritik. Sie würden<br />
ihre Pferde aus Unwissenheit regelrecht kaputtfüttern<br />
und pflegen und ihnen durch Reiten<br />
am langen Zügel im Gelände auch nichts<br />
Gutes tun. Das ist überspitzt dargestellt, denn<br />
natürlich ist nicht jeder Sportreiter nur auf Erfolg<br />
oder Profit aus, und nicht jedes Freizeitpferd<br />
ist zu dick und läuft mit weggedrücktem<br />
Rücken durch die Gegend.<br />
Dennoch gibt es auch Tierschutzorganisationen,<br />
welche die gesamte Reiterei und sogar<br />
die Haltung von Pferden infrage stellen<br />
und Verbote fordern. „Das Dilemma dabei<br />
ist, dass jede Fraktion in irgendeinem Punkt<br />
gute Gründe für diese Meinung und jene Ansicht<br />
hat“, betont die Verhaltensbiologin und<br />
Pferdefachbuchautorin Marlitt Wendt. Oft<br />
würden diese allerdings als unumstößliche<br />
Tatsache vorgetragen, ohne konstruktiv aufeinander<br />
zuzugehen, die einzelnen Themenfelder<br />
und Aspekte sachlich zu analysieren oder<br />
Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen.<br />
Einen ehrlichen Dialog führen<br />
„Veränderungen entstehen nicht durch Schuldzuweisungen<br />
oder dadurch, dass sich unüberwindbare<br />
Fronten bilden“, gibt unsere<br />
Expertin zu bedenken. Viel wichtiger sei der<br />
ehrliche Dialog. Genau hier möchte die Autorin<br />
mit ihrem neuen Buch „Die Rechte der<br />
Pferde – ein Plädoyer für Tierwohl und Ethik“<br />
ansetzen. Für sie kann ein Dialog nur gelingen,<br />
wenn als Basis auch Fakten von Wünschen<br />
und Idealen getrennt werden. Als Verhaltensbiologin<br />
sieht Marlitt Wendt ihre<br />
Arbeit als eine Botschaft zwischen Forschung<br />
und Praxis, zwischen wissenschaftlichen Daten<br />
und der möglichen Interpretation. Ohne<br />
menschliche Vermittler haben Pferde keine<br />
Stimme. Sie ertragen, leiden stumm oder<br />
wehren sich und werden dafür häufig wiederum<br />
in irgendeiner Form bestraft. Ohne uns<br />
Menschen, die sich mit dem Thema Ethik<br />
auseinandersetzen, sich Gedanken machen,<br />
den Austausch suchen und kritisch hinterfragen,<br />
aber nicht zu voreilig oder generalisiert<br />
urteilen, würde die ganze Maschinerie rund<br />
14 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
um den Reitsport so weiterlaufen. Bereits vor<br />
der Geburt des Fohlens steuern wir das Pferdeleben.<br />
Wir wählen die Tiere zur Zucht aus,<br />
wählen die Haltungsform, die Fütterung, entscheiden<br />
über die Anzahl und Art der sozialen<br />
Kontakte, über die Reize, denen die Vierbeiner<br />
ausgesetzt sind.<br />
Wenden wir nun den Blick jetzt noch einmal<br />
auf das große Ganze: Nicht selten lebt die<br />
Pferdebranche von Entscheidungen Einzelner.<br />
„Wenn bestimmte Veranstaltungen nicht<br />
mehr besucht werden, überholtes Equipment<br />
nicht mehr nachgefragt wird und das Wohlbefinden<br />
des Pferdes im Vordergrund steht,<br />
dann wird sich nach und nach auch im Großen<br />
etwas verändern. Wir haben es alle in der<br />
Hand, etwas zu bewegen“, sagt Marlitt Wendt.<br />
Selbstexperiment<br />
Sie brauchen nur einen Zettel und einen Stift und können direkt loslegen.<br />
Schreiben Sie jeweils fünf bis zehn Stichworte oder kurze Sätze auf<br />
● Was bedeutet Glück für Sie?<br />
● Welche Bedürfnisse müssen erfüllt<br />
sein, damit Sie glücklich sind? Schreiben<br />
Sie auf, was Ihnen einfällt. Hier<br />
kann es um Grundbedürfnisse wie Nahrung<br />
oder Sicherheit gehen, aber auch<br />
um weitere individuelle Bedürfnisse.<br />
● Wann fühlen Sie sich unglücklich?<br />
Gluck<br />
● Wann, glauben Sie, ist Ihr Pferd<br />
glücklich?<br />
● Welche Bedürfnisse Ihres Pferdes<br />
müssen erfüllt sein, damit es<br />
glücklich ist?<br />
● Was tun Sie, damit Ihr Pferd<br />
glücklich ist?<br />
● Wann fühlt sich Ihr Pferd unglücklich?<br />
Den Deckmantel wegnehmen<br />
Aktuell existieren viele Missstände. Das ist<br />
nicht von der Hand zu weisen. Darauf muss<br />
aufmerksam gemacht werden, und zugleich<br />
ist es wichtig, weiteren Missbrauch am Pferd<br />
zu verhindern. „Wir alle müssen dazu beitragen,<br />
dass es keinen Platz für Tierquälerei<br />
unter dem Deckmantel des Pferdesports<br />
gibt“, hebt unsere Expertin hervor. Dazu gehöre<br />
es, alle möglichen Personen zu involvieren<br />
– nicht nur Pferdebesitzer, sondern auch<br />
Kinder, die Reiten lernen, oder eben auch Berufsreiter<br />
und Ausbilder. Grundlage dafür<br />
ist, dass allen bekannt und bewusst ist, wann<br />
Pferde leiden oder Schmerzen haben, was<br />
sich negativ auf Körper und Psyche auswirkt<br />
und welche natürlichen Bedürfnisse Pferde<br />
haben. Nicht immer sind es große Stellschrauben,<br />
an denen gedreht werden muss.<br />
Manchmal sind es eben auch einfach die<br />
Details, die Nuancen, die zwischen einem gut<br />
gedachten und einem gut gemachten Haltungs-<br />
oder Trainingskonzept liegen. Diese<br />
Machen Sie den Glücks-Selbsttest<br />
vermeintlichen Kleinigkeiten können jedoch<br />
enorme Auswirkungen haben. Die heutige<br />
Pferdehaltung ist beschränkt. Sie bietet dem<br />
Pferd nicht das Leben eines Wildpferdes.<br />
„Wir können dem Pferd nicht dasselbe bieten,<br />
was die Natur ihm zur Verfügung stellt“,<br />
sagt Marlitt Wendt. „Wobei sich aber auch die<br />
Frage stellt, ob ein ‚Zurück zur Natur‘ wünschenswert<br />
wäre, denn auch das ursprüngliche<br />
Pferdeleben in der Natur ist mitnichten<br />
permanent rosarot und frei von Stress.“<br />
Die Glücksforschung<br />
Ja, der Themenbereich Glück ist nicht nur<br />
in der Humanmedizin Gegenstand der Forschung.<br />
Auch in Bezug auf Pferde fragen sich<br />
Wissenschaftler, was denn Glück wohl ausmacht.<br />
Wohlbefinden kann viele Gesichter<br />
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TITELSTORY<br />
Dass Missstände im Reitsport existieren,<br />
ist nicht von der Hand zu weisen.<br />
Darauf muss aufmerksam gemacht werden<br />
haben: Kopf an Kopf mit dem besten Kumpel<br />
zu grasen oder inmitten der Herde über die<br />
Wiese zu streifen. Aber auch ein genüssliches<br />
Sandbad ist Wellness für die Vierbeiner.<br />
„Einig sind sich die Forscher des neuen Zweiges<br />
der wissenschaftlichen Glücksforschung<br />
darin, dass Glück ein Gefühl von Zufriedenheit<br />
ist und ein Erleben eines gelungenen<br />
Moments mit eindeutigen physiologischen<br />
Reaktionen korreliert und dies auch bei unseren<br />
Pferden zu beobachten ist“, schreibt<br />
Marlitt Wendt. Dabei würden Glücksgefühle<br />
alle positiven Empfindungen von stillen Momenten<br />
der Ruhe bis zu euphorischen Zuständen<br />
umfassen. Bei uns Menschen entstünden<br />
Glücksgefühle aus der Freude an der<br />
eigenen Aktivität, aus dem Wohlbefinden<br />
des eigenen Zustands oder aus einer erfüllenden<br />
Beziehung heraus. „Analog dazu können<br />
wir auch das Glück der Pferde auf vielen<br />
unterschiedlichen Ebenen betrachten: Auf<br />
der Ebene der Tierart Pferd ist es interessant,<br />
sich zu vergegenwärtigen, wie das Pferd in<br />
der Natur lebt und wie es dort den Zustand<br />
der Zufriedenheit erreicht“, so die Verhaltensbiologin.<br />
Zudem ist da aber auch noch die Ebene<br />
des Individuums. Auf dieser ist es unter anderem<br />
entscheidend, sich immer wieder zu<br />
fragen, welche Bedürfnisbefriedigung für das<br />
jeweilige Pferd wichtig ist. Schließlich kommen<br />
wir nicht drumherum, ebenso unsere<br />
eigene zentrale Rolle und Verantwortung in<br />
den Fokus zu rücken und zu betrachten, wie<br />
wir selbst das Glück unserer Pferde auf der<br />
Beziehungsebene beeinflussen.<br />
Mit offenen Augen hinterfragen<br />
In Beziehungen werden wir automatisch mit<br />
gewissen (alten) Ängsten, Hoffnungen oder<br />
Mustern, die zum Vorschein kommen, konfrontiert.<br />
Das gilt auch für die Pferd-Mensch-<br />
Beziehung. Nicht selten projizieren wir unsere<br />
Wünsche aber eben auch Ängste und Co.<br />
auf unsere Vierbeiner. Wir haben gewisse Erwartungen<br />
an uns selbst und an das Pferd.<br />
Das kann zu einem enormen Druck und dem<br />
Streben nach Perfektion oder zu einer Überfürsorge<br />
führen. Letztere sorgt schon bei<br />
Kindern für Probleme und tut auch unseren<br />
Pferden nicht gut. Wir alle haben gewisse<br />
moralische Werte, jedoch fällt es uns oft<br />
schon schwer, diese im eigenen Leben zu erfüllen.<br />
Denken Sie an folgendes Beispiel: Wie<br />
lange sitzen Sie am Tag? Obwohl der Mensch<br />
nicht zum Sitzen gemacht ist, ist ein großer<br />
Teil der Gesellschaft darauf ausgerichtet, dass<br />
wir es trotzdem tun. Vom Arbeiten am PC bis<br />
hin zum Sitzen im Zug. Es wurde ein Kompromiss<br />
gefunden, um die anstehende Arbeit<br />
mehr oder weniger bequem zu erledigen. Es<br />
stellt sich allerdings die ethische Frage, ob<br />
das in Hinsicht auf die Natur des Menschen<br />
wirklich zuträglich ist.<br />
Wenden wir dieses Beispiel nun auf Pferde<br />
an. Auch sie sind nicht zum Tragen von Lasten<br />
gemacht. „Wenn wir sie dennoch reiten<br />
wollen, ist es unsere moralische Verpflichtung<br />
zu entscheiden, wie wir die Ausbildung<br />
fair gestalten, ihre Muskulatur durch Training<br />
kräftigen oder passendes Equipment<br />
auswählen“, gibt Marlitt Wendt zu bedenken.<br />
Im Gegensatz zu uns Menschen, die eine<br />
Stimme haben, können sich Pferde allerdings<br />
nicht verbal zu unseren Entscheidungen äußern.<br />
Daher sollten wir immer auch bemüht<br />
sein, die Sprache der Pferde verstehen zu lernen<br />
und eine gute Kommunikationsbasis zu<br />
schaffen, die auf Vertrauen, Sicherheit sowie<br />
fairen und klaren Regeln gründet.<br />
Gesetzliche Grundlagen<br />
Wer ein Pferd hungern lässt oder ihm eine nötige<br />
tierärztliche Behandlung verwehrt, verstößt<br />
gegen das Gesetz. Denn für manche der<br />
ethischen Fragen gibt es bereits gesetzliche<br />
Grundlagen und Bestimmungen, auf denen<br />
Fotos: IMAGO/Pond 5 Images (1), /Wavebreak Media LTD (1), /Westend61 (1), KOSMOS Verlag (1), Cornelia Ranz (1), slawik.com (8)<br />
16 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
Suchen Sie sich einen Trainer, der selbst pro Pferd<br />
ist und eine gute Moralvorstellung hat<br />
Ethik<br />
Gut zu wissen<br />
Die Ethik stellt sich als Teilgebiet der<br />
Philosophie sämtlichen moralischen<br />
Themen der Bewertung menschlichen<br />
Handelns, der Begründbarkeit seines<br />
Schaffens sowie der Selbstreflexion.<br />
Das Leben bleibt jedoch immer wieder<br />
ein Kompromiss, und es gelingt oft<br />
nicht einmal im eigenen Leben, alle<br />
moralischen Werte und ethischen<br />
Grundsätze gleichzeitig zu erfüllen.<br />
Wie soll das dann im Hinblick auf<br />
unsere Verantwortung gegenüber dem<br />
Partner Pferd gelingen?<br />
die menschlichen Handlungen begründet<br />
sein müssen. „Aber in vielen anderen Situationen<br />
und in unserem kompletten Alltag<br />
reicht es nicht aus, sich mit den gesetzlichen<br />
Richtlinien zu beschäftigen, sondern man<br />
benötigt eigene ethische Grundsätze“, gibt<br />
Marlitt Wendt zu bedenken. „Wir müssen für<br />
uns persönlich entscheiden, ob wir als Person<br />
reiten wollen, da das Reiten an und für<br />
sich bedeutet, dass wir auf dem Rücken<br />
UNSER EXPERTE<br />
Marlitt Wendt<br />
ist Verhaltensbiologin<br />
sowie<br />
Fachbuchautorin<br />
und<br />
beschäftigte<br />
sich eingehend<br />
mit dem<br />
Thema Ethik<br />
der Pferde. Sie<br />
gibt Online-<br />
Coachings, Seminare und Kurse und<br />
gibt ihr Wissen auch auf ihrer Website<br />
in verschiedenen Beiträgen weiter.<br />
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TITELSTORY<br />
Selbstreflexion ist wichtig,<br />
damit wir eigene Muster<br />
erkennen und eine faire<br />
Beziehung mit unserem Pferd<br />
aufbauen können<br />
Wie Moral entsteht<br />
Verantwortung ubernehmen<br />
Bei Diskussionen um das Thema Ethik taucht auch immer wieder der Begriff „Moral“ auf.<br />
Doch was bedeutet Moral, und wie entsteht sie?<br />
● Moral entsteht aus allen Normen,<br />
nach denen ein Mensch handelt.<br />
Normen sind dabei gesellschaftliche<br />
beziehungsweise ethische Vorgaben<br />
und sozusagen die Grundbausteine für<br />
den Aufbau von Moral innerhalb einer<br />
Gemeinschaft.<br />
● Somit sind Moralvorstellungen also<br />
genau jene Normen, welche man<br />
sich bei anderen Menschen für deren<br />
Handeln wünscht.<br />
● Mit dem Wort „Gemeinschaft“ kann<br />
nicht nur die Bevölkerung eines ganzen<br />
Landes oder einer bestimmten Gruppe<br />
gemeint sein, sondern beispielsweise<br />
auch die Mitglieder einer Familie oder<br />
sogar einfach eine Partnerschaft.<br />
● Das ist wichtig zu verstehen, denn<br />
Moral gilt eben nicht für alle Menschen<br />
gleichermaßen, sondern wird jeweils<br />
innerhalb einer Gemeinschaft definiert.<br />
Hier spielen unter anderem auch<br />
Faktoren wie Bildung eine Rolle.<br />
● In der Regel machen wir im Alter von<br />
vier bis fünf Jahren die ersten Begegnungen<br />
mit Normen und Moralvorstellungen.<br />
Vorher wird die Moral dem Kind<br />
von außen in Form von Regeln herangetragen,<br />
denn sie entwickelt sich noch<br />
nicht in ihm selbst.<br />
Erste richtige Begegnungen mit Normen<br />
und Moralvorstellungen machen Kinder in<br />
der Regel im Alter von vier bis fünf Jahren<br />
18 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
eines anderen Lebewesens Platz nehmen, es<br />
lenken oder das Tempo bestimmen wollen.“<br />
Ebenso liegt es an uns zu entscheiden, ob ein<br />
Pferd zu wenig trainiert, zu jung oder zu alt<br />
ist, um es zu reiten, oder ob ein Reiter zu viel<br />
Gewicht mitbringt. Wir suchen die Ausrüstungsgegenstände<br />
aus, die wir nutzen. Wir<br />
bestimmen, wie fest die Trense verschnallt<br />
wird. Wir treffen die Entscheidung für oder<br />
gegen eine bestimmte Trainingsmethode<br />
und bei wem wir trainieren möchten. Es gibt<br />
viele solcher Argumente und viele verschiedene<br />
Lösungen. Ein Thema, mit dem wir uns<br />
nicht gern beschäftigen, aber das nicht wenige<br />
Pferdebesitzer betrifft, ist die Frage nach<br />
dem Zeitpunkt, an dem ein Pferd besser eingeschläfert<br />
werden sollte.<br />
Meist steht als erstes das Leid des Pferdes<br />
im Vordergrund. Es soll nicht leiden, und<br />
das Einschläfern soll es erlösen. „Der Gedanke<br />
dahinter wäre überspitzt formuliert: Ein<br />
totes Pferd leidet nicht. Es lebt allerdings<br />
auch nicht mehr, und der Tod ist ein einmaliges<br />
Ereignis und kann nicht rückgängig gemacht<br />
werden“, so unsere Expertin. Wir können<br />
nicht jegliches Leid von unserem Pferd<br />
abwenden. So bringt das Leben ein gewisses<br />
Maß an Krankheit, aber auch Leid und Trauer<br />
mit sich. Wir können jedoch Verantwortung<br />
dafür übernehmen, dass unsere Vierbeiner<br />
kein Leid durch uns erfahren, und ihnen die<br />
bestmögliche Unterstützung bieten.<br />
Die Grundfragen des Miteinanders<br />
Wer sich näher mit der Pferdeethik beschäftigt,<br />
muss sich auch den eher unangenehmen<br />
Fragen des Lebens mit den Vierbeinern<br />
stellen. So können Sie das Bestmögliche aus<br />
allen Situationen machen, die Ihnen das Leben<br />
beschert. „Es bedeutet, uns selbst ehrlich<br />
und klar zu sehen, mit unseren Hoff-<br />
Falle Social Media?<br />
Die Reiterszene diskutiert in den sozialen Netzwerken aktuell intensiver als je zuvor.<br />
Dabei findet der Austausch nicht immer in einem fairen Ton statt. So manche Reiter<br />
oder Influencer sind regelrechtem Hass ausgesetzt. Gleichzeitig steigt der Druck,<br />
bei Social Media ein perfektes Bild abzuliefern<br />
Social Media kann sehr viel<br />
Druck bedeuten und dazu<br />
führen, dass Reiter unter<br />
Perfektionsdruck stehen,<br />
was sich auch auf die<br />
Pferde auswirkt<br />
Achtung<br />
Angefangen hat alles mit ein<br />
paar ganz normalen Reitvideos.<br />
Sarah (Name von der<br />
Redaktion geändert) postet<br />
Trainingsimpressionen von<br />
ihrer Stute – sowohl beim<br />
Springen als auch in der Dressur.<br />
Mit der Zeit steigt die Anzahl<br />
der Follower, und damit<br />
häufen sich auch immer mehr<br />
kritische Kommentare. Sarah<br />
hat sich selbst immer für eine<br />
faire Reiterin gehalten, die<br />
zwar ab und zu auf Turniere<br />
geht, aber keine großen sportlichen Ambitionen hat. Mehr und mehr versucht sie, perfekte<br />
Situationen mit der Kamera einzufangen, um nur noch genau diese zu posten und<br />
keinen Hass mehr abzubekommen. „Die Leute finden aber immer etwas, was sie stört“,<br />
sagt die junge Frau. „Das ging sogar so weit, dass angeblich unsere Weiden zu klein seien<br />
oder mein Pferd nur in der Box stehen würde, weil ich mal Videos aus dem Stall gepostet<br />
habe.“ Sarah hinterfragt die Reiterszene und auch ihr eigenes Verhalten.<br />
Dabei gerät sie jedoch psychisch nach und nach in eine Abwärtsspirale. „Das lag vor<br />
allem an den vielen Angriffen in Kommentaren und Nachrichten. Ich hatte das Gefühl,<br />
alles falsch zu machen und keinen Ausweg zu finden.“ Vor Kurzem stieß Sarah auf ein<br />
Profil einer Frau, die der Turnierszene ganz den Rücken gekehrt hat und nun viele<br />
Videos aus der Freiheitsdressur postet. Auch sie wird über Social Media angegriffen,<br />
und obwohl ihr Pferd ohne Trense, Hilfszügel oder Einwirkung mit der Hand in einer<br />
korrekten Haltung geht, gibt es noch Leute, die sich empören. „Ich finde es gut, dass<br />
immer mehr über das Thema Pferdewohl und Tierschutz diskutiert wird, und auch der<br />
Profisport muss meiner Meinung nach mehr unter die Lupe genommen werden. Aber<br />
ich frage mich, wo die Grenze ist, wenn man gefühlt nichts mehr richtig machen kann“,<br />
betont Sarah und fügt hinzu: „Kein Training ist perfekt, aber der Druck steigt, immer<br />
fehlerfrei sein zu müssen. Das kann zu einem Teufelskreis werden.“<br />
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Leitlinien der FN<br />
Gut zu wissen<br />
TITELSTORY<br />
Die FN hat Leitlinien zum Thema Ethik und Pferdehaltung herausgegeben,<br />
die kostenlos als PDF heruntergeladen werden können. Dabei kann diskutiert<br />
werden, inwieweit die aufgestellten Leitlinien beispielsweise auf Turnieren, aber<br />
auch in Ausbildungsställen und Co. wirklich eingehalten werden. Nur weil dies nicht<br />
immer geschieht, sollten jedoch nicht einfach die Leitlinien unter den Teppich<br />
gekehrt werden, sondern ganz im Gegenteil sollten sie mehr Beachtung finden<br />
„Die ethischen Grundsätze des Pferdefreundes“ der FN<br />
1. Wer auch immer sich mit dem<br />
Pferd beschäftigt, übernimmt die<br />
Verantwortung für das ihm anvertraute<br />
Lebewesen.<br />
2. Die Haltung des Pferdes muss seinen<br />
natürlichen Bedürfnissen angepasst<br />
sein. Tierliebe allein reicht für die<br />
Betreuung eines Pferdes nicht aus.<br />
3. Der physischen und psychischen<br />
Gesundheit des Pferdes ist, unabhängig<br />
von seiner Nutzung, oberste<br />
Priorität einzuräumen.<br />
4. Der Mensch hat jedes Pferd gleich zu<br />
achten, unabhängig von dessen Rasse,<br />
Alter und Geschlecht sowie Einsatz in<br />
Zucht, Freizeit oder Sport.<br />
5. Das Wissen um die Geschichte des<br />
Pferdes und um seine Bedürfnisse<br />
sowie die Kenntnisse im Umgang mit<br />
dem Pferd sind kulturgeschichtliche<br />
Güter. Diese gilt es zu wahren und<br />
zu vermitteln und nachfolgenden<br />
Generationen zu überliefern.<br />
6. Der Umgang mit dem Pferd hat eine<br />
persönlichkeitsprägende Bedeutung<br />
gerade für junge Menschen. Diese<br />
Bedeutung ist stets zu beachten<br />
und zu fördern.<br />
7. Der Mensch, der gemeinsam mit dem<br />
Pferd Sport betreibt, hat sich und das<br />
ihm anvertraute Pferd einer Ausbildung<br />
zu unterziehen. Ziel jeder Ausbildung<br />
ist die größtmögliche Harmonie<br />
zwischen Mensch und Pferd.<br />
8. Die Nutzung des Pferdes im Leistungssport<br />
sowie im allgemeinen Reit-,<br />
Fahr- und Voltigiersport muss sich an<br />
seiner Veranlagung, seinem Leistungsvermögen<br />
und seiner Leistungsbereitschaft<br />
orientieren. Die Beeinflussung<br />
des Leistungsvermögens durch medikamentöse<br />
sowie nicht pferdegerechte<br />
Einwirkung des Menschen ist abzulehnen<br />
und muss geahndet werden.<br />
9. Die Verantwortung des Menschen für<br />
das ihm anvertraute Pferd erstreckt<br />
sich auch auf das Lebensende des<br />
Pferdes. Dieser Verantwortung muss<br />
der Mensch stets im Sinne des Pferdes<br />
gerecht werden.<br />
Tierliebe allein reicht für die Betreuung<br />
eines Pferdes nicht aus. Die Haltung<br />
muss an seine natürlichen Bedürfnisse<br />
angepasst sein<br />
nungen und Wünschen, mit unserem Wissen<br />
und Können, aber auch mit unserer Verzweiflung,<br />
dem Ehrgeiz und der Trauer und all jenen<br />
Gefühlslagen, die wir bei uns selbst häufig<br />
nicht ganz so gern ansehen wollen“, sagt<br />
Marlitt Wendt. „Das Leben besteht aus allen<br />
Facetten des Gefühlsspektrums, und<br />
die ethische Grundhaltung gegenüber dem<br />
Pferd ermöglicht es, sich immer wieder diesen<br />
Grundfragen des Miteinanders und des<br />
puren Daseins auf dieser Welt zu stellen.“ Machen<br />
Sie sich bewusst, dass Pferdeethik auch<br />
bedeutet, das Ausmaß der Folgen des eigenen<br />
Handelns für das Pferd zu sehen. Im Vordergrund<br />
steht unter anderem, die physische<br />
und psychische Belastbarkeit eines Pferdes<br />
zu beurteilen, eine Überforderung zu verhindern<br />
und sich ehrlich mit der jeweiligen Nutzung<br />
des Pferdes auseinanderzusetzen.<br />
Das sollte jeder zum einen für sich machen,<br />
aber auch den offenen und fairen Dialog<br />
mit anderen suchen und sich zudem fachlich<br />
mit dem Thema Pferdeethik beschäftigen.<br />
Nur wenn jeder Pferdemensch Verantwortung<br />
übernimmt, hinterfragt und sich auch traut,<br />
etwas zu verändern, machen wir uns gemeinsam<br />
für das Wohl der Pferde stark.<br />
Buchtipp<br />
Nie wurde das Thema Ethik im Pferdesport<br />
so stark diskutiert wie aktuell.<br />
Doch was bedeuten eine artgerechte<br />
Haltung und Pferdewohl eigentlich?<br />
„Die Rechte der Pferde“ von Marlitt<br />
Wendt widmet sich den Fragen nach<br />
Indivi dualitäts- und Persönlichkeitsrechten<br />
von Tieren und gibt Anregungen für<br />
eine artgerechte Haltung, bei der das<br />
Wohl des Pferdes im Mittelpunkt steht.<br />
Ein besonderer Blick wird dabei auch<br />
auf die Regeln des Reitsports geworfen.<br />
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20 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
MEDIZIN NEWS<br />
K u rz notiert<br />
DRUSE-ERREGER<br />
Plastik, Leder oder Polyester?<br />
Der hochansteckende<br />
Druse-<br />
Erreger ist über<br />
kontaminierte<br />
Gegenstände<br />
übertragbar<br />
Studie Druse ist der Albtraum für jeden Pferdebesitzer. Hochgradig ansteckend und gefährlich<br />
für das Tier, kann diese Erkrankung über kontaminierte Gegenstände und Materialien übertragen<br />
werden. Schwedische Forscherinnen haben nun untersucht, inwiefern die Bakterien<br />
durch Hygiene- bzw. Reinigungsmaßnahmen bekämpft werden können. Das Ergebnis: Alle<br />
Proben, unter anderem Beton, Holz, Kunststoff und Leder, waren nach gründlicher Reinigung mit<br />
handels üblichen Reinigungsmitteln und lauwarmem Wasser kulturnegativ. Einzige Aus nahme:<br />
das Polyesterhalfter. Vor allem interessant für die Forscherinnen war, dass Leder selbst ohne<br />
Reinigung den Druse-Bakterien kaum Überlebensbedingungen bot. Eine mögliche Erklärung<br />
dafür sei, dass die beim Gerben verwendeten Chemikalien einen Einfluss auf die Verringerung<br />
des Überlebens von Bakterien haben könnten, so die Autorinnen.<br />
▶ www.propferd.at<br />
LYMPHDRAINAGE<br />
Ödemtherapie<br />
Forschung Während beim Menschen die Ödemtherapie hauptsächlich<br />
aus der manuellen Lymphdrainage, der Kompression<br />
und der Bewegung unter Kompression besteht, ist die Ödemtherapie<br />
bei Pferden bisher deutlich weniger weit entwickelt.<br />
Tierärzte aus Nordamerika untersuchten nun einen technischen<br />
Ansatz, der die manuelle Lymphdrainage ersetzen könnte: ein<br />
pneumatisches Kompressionsgerät, welches durch zahlreiche<br />
hintereinandergeschaltete Luftkammern einen gerichteten<br />
Druck zu erzeugen vermag. Das Ergebnis ist vielversprechend.<br />
▶ www.vetline.de<br />
Wissen<br />
In der Tiermedizin ist die Ödemtherapie<br />
noch nicht so ausgereift<br />
Heilkräuter A bis Z | Wildes Stiefmütterchen<br />
Wilde Stiefmütterchen wirken entzündungshemmend,<br />
schmerzlindernd, reizlindernd und stoffwechselfördernd.<br />
Sie werden bei Stoffwechselstörungen, im Fellwechsel,<br />
bei Hautproblemen und Ekzemen angewendet. Das wilde<br />
Stiefmütterchen kann innerlich und äußerlich angewendet<br />
werden. Bei einer Fütterung werden 20 Gramm<br />
täglich verabreicht. Für die äußerliche Anwendung sind<br />
zehn Gramm auf 300 Milliliter Wasser zu geben.<br />
Negativer Einfluss<br />
Ein brasilianisches Forscherteam hat<br />
drei unterschiedliche Varianten der<br />
Heufütterung für Pferde getestet:<br />
„Ad libitum“ („Nach Belieben“), „Slow<br />
Feeder“ (Heunetze und ähnliche<br />
Systeme) sowie den Einsatz von Futterautomaten.<br />
Diese können so eingestellt<br />
werden, dass sie sich zu verschiedenen<br />
Tageszeiten öffnen und schließen<br />
und das Pferd somit nur einen zeitlich<br />
begrenz ten Zugang zu Heu oder<br />
anderen Futtermitteln hat.<br />
Die brasilianischen Forscher wollten die<br />
Auswirkungen der Fütterung von Heu<br />
nach freier Wahl mit der Verwendung<br />
von langsamen Futter- und Futterautomaten<br />
auf das Verhalten und den Zeithaushalt<br />
von Pferden in Sandpaddocks<br />
vergleichen. 15 Pferde wurden dazu<br />
untersucht. „Wir haben erwartungsgemäß<br />
herausgefunden, dass die Gruppen<br />
mit freier Heuwahl im Vergleich zu den<br />
Gruppen mit langsamer und automatischer<br />
Fütterung immer mehr Heu<br />
verbrauchten und verschwendeten“, so<br />
die Leiterin des Teams gegenüber dem<br />
Portal TheHorse.com. „Die Gruppen mit<br />
automatischer und langsamer Fütterung<br />
hatten eine ähnliche Heuaufnahme,<br />
verschwendeten hingegen nur<br />
wenig Heu.“ Ein anderes Ergebnis sorgte<br />
jedoch für Besorgnis: Der Futterautomat<br />
wirkte sich negativ auf das Verhalten<br />
der Pferde aus. So zeigten die Pferde<br />
öfter unerwünschte Verhaltensweisen<br />
wie Treten oder Beißen. Die Forscher<br />
vermuten, dass sie dies taten, weil sie<br />
mit den Herdenmitgliedern um eine<br />
begrenzte Ressource konkurrierten.<br />
Auch fraßen diese Pferde ihren eigenen<br />
Kot – ebenfalls ein abnormales Verhalten.<br />
Die Forscher resümierten, dass man<br />
mit Verallgemeinerungen vorsichtig sein<br />
müsse. Dennoch waren die Futterautomaten<br />
die Variante, mit der die Pferde<br />
am schlechtesten zurechtkamen.<br />
▶ www.propferd.at<br />
Fotos: IMAGO/Shotshop (1), slawik.com (3)<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
21
BESSER REITEN<br />
Die drei wichtigen<br />
WINTERTRAINING FÜR DIE NÄCHSTE SAISON:<br />
Aufgaben reiten leicht gemacht! Wenn die Basics nicht<br />
stimmen, wird jede Dressuraufgabe schnell zum Chaosritt.<br />
Mit den Tipps unserer Expertin Britta Schöffmann legen Sie<br />
den Grundstein für einen gelungenen Ritt<br />
Text: Aline Müller<br />
22 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
Das Antraben ist eine Übung, die einfach<br />
aussieht, aber dennoch gutes Reiten erfordert.<br />
Das Pferd soll von der Stelle weg antraben.<br />
Dazu gibt der Reiter feine Hilfen<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
23
BESSER REITEN<br />
In vielen Dressuraufgaben<br />
kommt das<br />
Antraben aus dem<br />
Halten vor. Während<br />
des Haltens kann<br />
der Reiter sich noch<br />
einmal auf die<br />
folgende Lektion<br />
konzentrieren<br />
Über feine Paraden am<br />
äußeren Zügel kann<br />
der Reiter das Pferd<br />
aufmerksam machen<br />
Antraben<br />
Das Antraben aus dem Halten oder<br />
dem Schritt kommt in vielen Dressuraufgaben<br />
vor. Ein einfacher Übergang,<br />
der es in sich haben kann. Er verrät viel<br />
darüber, wie gut das Pferd auf die Hilfen des<br />
Reiters reagiert und wie losgelassen es ist.<br />
So sieht es richtig geritten aus:<br />
Allgemein soll das Anreiten, und somit auch<br />
das Antraben, flüssig vom Fleck weg geschehen.<br />
Das bedeutet, dass beim Antraben aus<br />
dem Halten der erste Tritt bereits ein Trabtritt<br />
ist. Das Pferd reagiert dabei auf feinste<br />
Hilfen des Reiters. Aus dem Schritt in den<br />
Trab muss das Pferd aus einem klaren Viertakt<br />
in einen Zweitakt wechseln. „Je ausba-<br />
lancierter und in sich gerade gerichteter ein<br />
Pferd ist, desto sicherer wird auch das Antraben<br />
gelingen“, erklärt die Dressurausbilderin<br />
Britta Schöffmann, die ein ganzes Buch zum<br />
Thema „Lektionen reiten“ geschrieben hat.<br />
Darin erklärt sie Schritt für Schritt, wie das<br />
Aufgabenreiten gelingt. Von einfachen Lektionen<br />
bis hin zur Zick-Zack-Traversale und anderen<br />
schweren Aufgaben.<br />
Das sind die Ziele:<br />
Klar, durch das Antraben wechselt das Pferd<br />
in eine andere Gangart, nämlich den Trab.<br />
Diese Grundlagenübung schult Koordination<br />
und in nicht geringem Maße auch Kraft,<br />
denn zum Antraben muss der Impuls aus der<br />
Hinterhandmuskulatur viel stärker sein als<br />
beim bloßen Anreiten aus dem Schritt. „Die<br />
damit verbundene größere Kraftübertragung<br />
über den Rücken zum Pferdemaul hin<br />
bedingt eine bessere Dehnung an die Reiterhand<br />
heran“, sagt unsere Expertin. Daher seien<br />
Übergänge vom Halten in den Trab auch<br />
eine gute Lektion zur Verbesserung der Anlehnung,<br />
zur Stärkung der Hinterhandmuskulatur,<br />
zur Förderung der Schubkraft sowie<br />
später zum Aufbau der Tragkraft.<br />
Das geht oft schief:<br />
● Das Pferd trabt aus dem Halten<br />
nicht vom Fleck weg an.<br />
● Das Pferd wechselt über den Schritt in<br />
den Trab („zackelt“ an).<br />
● Der Reiter wirkt zu stark mit dem<br />
Schenkel oder den Zügeln ein.<br />
● Das Pferd geht gegen die Hand.<br />
● Das Pferd wird unruhig.<br />
So vermeiden Sie Fehler:<br />
Nach der ersten Grußaufstellung folgt häufig<br />
schon das Antraben. Und obwohl diese Lektion<br />
einfach aussieht, kann sie zu einer kleinen<br />
Herausforderung werden. Wenn es heißt, „im<br />
Arbeitstempo“ oder „im versammelten Tempo“<br />
antraben, gibt der Reiter den Richtern<br />
seine persönliche Visitenkarte ab, denn in<br />
diesem Moment ruhen alle Augen auf dem<br />
Reiter-Pferd-Paar. Zeigen sich hier schon erste<br />
Probleme, kann das einen Schatten über<br />
den gesamten Rest der Aufgabe legen. Wird<br />
die Lektion hingegen korrekt geritten, dann<br />
hat der Reiter bereits einen Stein im Brett<br />
24 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
UNSERE EXPERTIN<br />
Dr. Britta Schöffmann<br />
Takt und Tempo bleiben<br />
nach dem Angaloppieren<br />
erhalten<br />
Schöffmann ist Dressurreiterin bis<br />
Grand Prix, Ausbilderin sowie Autorin<br />
diverser Lehrbücher und Lehrfilme. Sie<br />
war lange Jahre selbst aktive Richterin.<br />
▶ www.britta-schoeffmann.com<br />
der Richter. Wichtig ist, das Pferd zwar aufmerksam<br />
zu machen, aber keine Unruhe aufkommen<br />
zu lassen. „Dazu spannt der Reiter<br />
sein Kreuz etwas an, richtet sich also ein<br />
wenig mehr auf, setzt mit beiden Schenkeln<br />
einen gleichmäßigen, leichten Vorwärtsimpuls<br />
und lässt im selben Moment beide Zügel<br />
ein wenig vor“, erklärt unsere Expertin.<br />
Das bedeute aber nicht, den Zügel wegzuschmeißen.<br />
Sonst ginge die Anlehnung verloren.<br />
„Das Nachgeben soll gerade so viel ausmachen,<br />
dass sich das Pferd etwas nach vorn<br />
an die Hand herandehnen kann, während es<br />
den Vorwärtsimpuls aus den Hinterbeinen<br />
in Bewegung umsetzt“, so Britta Schöffmann<br />
weiter. Meist kann der treibende Impuls am<br />
Schenkel vom Schritt in den Trab etwas geringer<br />
ausfallen als vom Halten in den Trab.<br />
Die Lektion wird allerdings vorhandlastig,<br />
wenn das Pferd beim Antraben zu sehr auf<br />
den Zügel drückt und der Reiter nicht genug<br />
nachtreibt. Neigt das Pferd sowieso dazu,<br />
hinter den Zügel zu kommen und nicht vor<br />
dem Schenkel zu sein, dann darf der Hals<br />
nicht weiter mit der Hand beziehungsweise<br />
den Zügeln eingeengt werden, sondern die<br />
Zügelhilfen müssen bei treibender Hilfe zum<br />
Antraben leichter werden.<br />
Was die Lektion fördert:<br />
Takt:<br />
Losgelassenheit:<br />
Anlehnung:<br />
Schwung:<br />
Geraderichtung:<br />
Versammlung:<br />
Nicht nur der Wechsel vom Halten oder<br />
Schritt in den Trab, sondern auch das<br />
Angaloppieren ist ein wichtiger Teil<br />
und Grundstein von Dressurprüfungen. Das<br />
Angaloppieren kann sowohl aus dem Schritt<br />
oder Trab als auch aus dem Halten oder dem<br />
Rückwärtsrichten gefordert werden.<br />
So sieht es richtig geritten aus:<br />
Auch hier ist eine umgehende Reaktion des<br />
Pferdes auf die Hilfen des Reiter gewünscht.<br />
Die Anlehnung bleibt dabei ruhig, und das<br />
Pferd galoppiert sofort in einem klaren Dreitakt<br />
auf der geforderten Hand an. „Dabei soll<br />
das Pferd auf der Linie, auf der es sich befindet,<br />
in sich gerade gerichtet bleiben“, betont<br />
Britta Schöffmann. Dazu geschieht das<br />
Angaloppieren an der kurzen oder der langen<br />
Seite des Vierecks bei leichter Innenstellung<br />
ohne Längsbiegung. Innen ist dort, wohin<br />
das Pferd gestellt ist, beim Angaloppieren<br />
also zu der Hand, zu der das Pferd anspringen<br />
soll. Auf einer gebogenen Linie geht das<br />
Pferd entsprechend der Kreislinie in Längsbiegung.<br />
„Geraderichtung heißt ja nicht, dass<br />
das Pferd gerade wie eine Bahnschwelle ist,<br />
sondern dass es seine Hinterhufe gerade in<br />
oder über die Spuren seiner Vorderhufe setzt<br />
und nicht seitlich ausweicht“, erklärt unsere<br />
Expertin. Also sollte es auch beim Angaloppieren<br />
direkt und gerade fußend unter seinen<br />
Schwerpunkt springen.<br />
Das sind die Ziele:<br />
Angaloppieren<br />
Auch durch das Angaloppieren wechselt das<br />
Pferd in eine andere Gangart. In Kombination<br />
mit anderen Übergängen in den Schritt<br />
oder Trab und zurück kann das Angaloppieren<br />
als wichtige Grundlagenübung helfen,<br />
die Losgelassenheit, die Anlehnung sowie die<br />
Koordination zu verbessern.<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
25
BESSER REITEN<br />
Das geht oft schief:<br />
● Das Pferd galoppiert nicht sofort auf die<br />
Hilfe an, sondern erst nach mehr facher<br />
Aufforderung und einer verstärkten<br />
Hilfen gebung.<br />
● Das Pferd springt im falschen Galopp an,<br />
also anstatt im Rechts- im Linksgalopp<br />
oder im Kreuzgalopp.<br />
● Das Pferd wird schief.<br />
● Das Pferd wird zu eng im Hals oder<br />
geht gegen die Hand.<br />
● Der Reiter wirkt zu stark ein.<br />
● Das Pferd wehrt sich sichtbar gegen die<br />
Einwirkung des Reiters (zum Beispiel<br />
gegen den Sporneinsatz).<br />
● Der Reiter verliert das Gleichgewicht<br />
und fällt nach vorne, oder er lehnt sich<br />
zu stark zurück.<br />
● Der Reiter macht eine schiebende<br />
Bewegung mit dem Oberkörper beziehungsweise<br />
holt sichtbar Schwung.<br />
● Der Reiter drückt mit dem äußeren<br />
Schenkel, und das Pferd geht seitwärts<br />
oder nimmt die Kruppe herein.<br />
● Der Reiter hält sich am Zügel fest und/<br />
oder blockiert das Anspringen.<br />
● Das Pferd ist verspannt und/oder<br />
springt mit hoher Kruppe an.<br />
So vermeiden Sie Fehler:<br />
Egal ob Sie aus dem Rückwärtsrichten, dem<br />
Schritt oder dem Trab in den Galopp wechseln:<br />
Die Hilfen zum Angaloppieren sind<br />
grundsätzlich gleich. Allerdings ist der<br />
Schwierigkeitsgrad je nach Aufgabe natürlich<br />
unterschiedlich hoch. Ein Angaloppieren aus<br />
dem Schritt erfordert bereits einen gewissen<br />
Versammlungsgrad sowie ein höheres<br />
Maß an Geraderichtung: „Hier wird aus einer<br />
schwunglosen Bewegung in eine schwungvolle<br />
Gangart gewechselt“, erklärt Britta<br />
Schöffmann. „Dies erfordert mehr Kraft aus<br />
der Hinterhand und bereits erhöhte Koordination<br />
bei Pferd und Reiter.“ Zum Angaloppieren<br />
stellen Sie Ihr Pferd leicht zu der Seite,<br />
zu der Sie angaloppieren wollen. Machen Sie<br />
es dann mit einer halben Parade am äußeren<br />
Zügel aufmerksam und legen Sie gleichzeitig<br />
Ihr äußeres Bein verwahrend hinter den<br />
Gurt. Nun geben Sie mit der inneren Wade<br />
bei gleichzeitigem Vorschieben der inneren<br />
Hüfte eine treibende Schenkelhilfe. In dem<br />
Moment, in dem Ihr Pferd reagiert und anspringen<br />
möchte, geben Sie mit der inneren<br />
Hand ein wenig vor. So kann es den Galopp,<br />
mit dem inneren Hinterbein vorschwingend,<br />
beginnen, während sich das äußere Hinterbein<br />
vom Boden abdrückt. „Das ist Voraussetzung<br />
für den Wechsel von einem Takt in den<br />
anderen“, sagt die Dressurausbilderin, weist<br />
jedoch darauf hin: „Blockiert hier der Reiter<br />
Das Abwenden hat<br />
durchaus eine<br />
gymnastizierende Wirkung<br />
mit einer zu festen inneren Hand, kann das<br />
Pferd kaum korrekt angaloppieren.“ Manche<br />
Pferde nehmen sich die nötige Zügelfreiheit<br />
dann, indem sie hinter die Senkrechte kommen.<br />
Das darf allerdings nicht sein. Um das<br />
zu vermeiden, ist ein korrektes Zusammenspiel<br />
aller Hilfen notwendig. Drückt der Reiter<br />
zu sehr mit dem äußeren Schenkel, gehen<br />
manche Pferde seitwärts, beziehungsweise<br />
die Kruppe kommt herein. Der verwahrende<br />
äußere Schenkel darf nicht seitwärts treibend<br />
eingesetzt werden, sondern er muss<br />
locker am Pferd liegen und gegebenenfalls<br />
einen Impulse geben können.<br />
Galoppiert das Pferd im falschen Galopp<br />
an, kann das unterschiedliche Gründe haben.<br />
So mancher Vierbeiner ist in einer Dressuraufgabe<br />
auch einfach aufgeregt und kann<br />
sich nicht richtig konzentrieren. Oder die<br />
Hilfen sind nicht korrekt aufeinander abgestimmt.<br />
Manchmal mangelt es auch einfach<br />
noch an Gleichgewicht oder Geraderichtung.<br />
Ein falscher Gedanke ist, dass der<br />
Reiter durch ein Schwingen seines Körpers<br />
den Galopp des Pferdes positiv beeinflussen<br />
oder es sogar in die dritte Gangart schieben<br />
kann. Dadurch blockiert der Reiter aber eher<br />
den Bewegungsfluss des Pferdes. Generell ist<br />
es wichtig, dass die Hilfen zum Angaloppieren<br />
eindeutig gegeben werden und das Pferd<br />
nicht erst rätseln muss, was die Person im<br />
Sattel denn eigentlich möchte.<br />
Was die Lektion fördert:<br />
Takt:<br />
Losgelassenheit:<br />
Anlehnung:<br />
Schwung:<br />
Geraderichtung:<br />
Versammlung:<br />
Abwenden<br />
26 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
Was für die einen nur wie ein nebensächliches<br />
Detail wirkt, ist in Wirklichkeit<br />
von großer Bedeutung für<br />
das Reiten von Lektionen und Dressuraufgaben:<br />
das Einleiten der Wendung. Das Pferd<br />
sollte dabei gleichmäßig gestellt und gebogen<br />
sein und ein gleich bleibendes Tempo<br />
ohne Schwanken oder Tempounterschiede<br />
halten können.<br />
So sieht es richtig geritten aus:<br />
Das Pferd mit einem korrekten Abbiegen gesund<br />
halten? Ja, genau das ist möglich. Damit<br />
ein Abwenden schön und korrekt klappt,<br />
muss das Pferd in gleichmäßigen Schritten,<br />
Tritten oder Sprüngen auf dem Kreisbogen<br />
gehen. Sowohl der Takt als auch das Tempo<br />
und die Anlehnung bleiben gleich. Der Reiter<br />
gibt nahezu unsichtbare Hilfen. „Dabei soll<br />
sich das Pferd für die Dauer der Wendung in<br />
Längsbiegung um den inneren Reiterschenkel<br />
biegen und vermehrt Last mit seinem<br />
inneren Hinterbein aufnehmen“, erläutert<br />
Britta Schöffmann. Auf diese Weise entlaste<br />
es sein inneres Vorderbein, ein Vorgang, der<br />
nicht nur den sauberen Takt beim Abwenden<br />
erhalte, sondern auch – vor allem im Trab<br />
und Galopp – Gelenkverschleiß vorbeuge und<br />
damit der Gesunderhaltung diene. Übrigens<br />
gilt das nicht nur für das Dressurviereck, sondern<br />
auch für den Parcours oder andere Situationen,<br />
in denen das Abwenden gefordert ist.<br />
Das sind die Ziele:<br />
Hier ist Konzentration gefragt! Wird das Abwenden<br />
korrekt geritten, hat es den positiven<br />
Effekt, dass sich das Pferd einen Moment lang<br />
um den inneren Schenkel des Reiters biegt<br />
und vermehrt mit dem inneren Hinterbein<br />
unter den Schwerpunkt tritt. Dabei nimmt<br />
es nicht nur Last auf, sondern die innere Körperseite<br />
wird auch für einen Moment lang<br />
verkürzt bei gleichzeitiger Dehnung der Körperaußenseite.<br />
Abwenden ist also tatsächlich<br />
eine gymnastizierende Grundlagenübung<br />
zur Schulung der seitlichen (lateralen)<br />
Beweg lichkeit.<br />
Buchtipp<br />
Die Bewertungen<br />
der<br />
Übungen<br />
anhand<br />
der Ausbildungsskala<br />
sowie<br />
weitere<br />
Tipps stammen<br />
aus<br />
dem Buch<br />
„Lektionen<br />
richtig reiten“ von Dressurausbilderin<br />
Britta Schöffmann.<br />
▶ Kosmos, 216 Seiten, 32 Euro,<br />
ISBN: 978-3-440-14427-5<br />
So vermeiden Sie Fehler:<br />
Wie bei allen Lektionen ist auch hier das Zusammenspiel<br />
aller Hilfen die Grundlage für<br />
ein Gelingen des korrekten Abwendens. „Ein<br />
korrekt gerittenes Pferd wendet letztlich am<br />
äußeren Zügel, der innere gibt nur die Stellung“,<br />
erklärt Britta Schöffmann. „Hilfreich<br />
bei jeder Wendung kann es sein, sich vorzustellen,<br />
die äußere Schulter des Pferdes wenden<br />
zu wollen.“<br />
Dazu machen Sie Ihr Pferd wieder über<br />
eine halbe Parade aufmerksam und fassen<br />
gleichzeitig den inneren Zügel etwas nach.<br />
Stellen Sie Ihr Pferd leicht nach innen. Ihr innerer<br />
Schenkel treibt am Gurt, und Ihr Pferd<br />
biegt sich um die Längsachse seines Körpers.<br />
Hingegen liegt Ihr äußerer Schenkel leicht<br />
verwahrend am Pferd. Er kontrolliert die Hinterhand<br />
und bringt Ihr Pferd dazu, sich um<br />
den inneren Schenkel zu biegen. „Im Moment<br />
der Wendung wird die innere Zügelhilfe<br />
ein wenig verstärkt, der äußere Zügel gibt<br />
ein klein wenig nach“, sagt unsere Expertin.<br />
„Doch Vorsicht: den äußeren Zügel nicht ‚wegschmeißen‘,<br />
denn dann läuft das Pferd über<br />
die äußere Schulter weg. Und auch nicht am<br />
inneren Zügel ziehen, denn damit blockiert<br />
man das Pferd.“ Das bedeutet, Ihr äußerer Zügel<br />
bleibt gerade so viel dran, dass er für die<br />
Pferdeschulter eine äußere Begrenzung darstellt.<br />
Er erlaubt aber die Dehnung der äußeren<br />
Halsmuskulatur und verhindert so ein<br />
Verwerfen. Wenn Sie in der Mitte der Bahn<br />
und nicht vom Hufschlag aus abwenden, stellen<br />
Sie sich vor, dass Ihr äußerer<br />
Schenkel sowie Ihr äußerer<br />
Zügel die Funktion der<br />
Bande übernehmen. Sollte<br />
Ihr Pferd dennoch ausweichen,<br />
könne Sie vorübergehend<br />
in Konterstellung reiten, um zu korrigieren.<br />
Üben Sie das Abwenden, sodass Sie und<br />
Ihr Pferd lernen, sich zu konzentrieren, und es<br />
als Lektion ansehen. Je korrekter Sie abwenden,<br />
desto punktgenauer können Sie reiten.<br />
Was die Lektion fördert:<br />
Takt:<br />
Losgelassenheit:<br />
Anlehnung:<br />
Schwung:<br />
Geraderichtung:<br />
Versammlung:<br />
Das geht oft schief:<br />
● Der Reiter reißt das Pferd regelrecht<br />
herum, es reagiert nicht auf feine Hilfen,<br />
oder der Reiter gibt die falschen Hilfen.<br />
● Der Reiter wendet zu früh oder zu spät ab.<br />
● Das Pferd weicht über die äußere Schulter<br />
aus oder driftet seitlich weg.<br />
● Das Pferd fällt auf die innere Schulter.<br />
● Das Pferd stützt sich auf die Vorhand.<br />
● Das Pferd verwirft sich im Genick.<br />
● Das Pferd kommt aus dem Gleichgewicht<br />
und Takt beziehungsweise Tempo<br />
ändern sich.<br />
Verwirft sich das<br />
Pferd im Genick, ist<br />
das Abwenden nicht<br />
korrekt geritten<br />
Fotos: KOSMOS (1), Privat (1), slawik.com (6)<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
27
BESSER REITEN<br />
Die schrägen Bauchmuskeln,<br />
die von<br />
unten auf den Rippenbogen<br />
hinauflaufen,<br />
kontrahieren beim<br />
Treiben und beeinflussen<br />
die Bewegung<br />
der Hinterbeine<br />
28 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
Wer treibt,<br />
der bleibt<br />
„Tausend Mal berührt, tausend Mal ist nichts<br />
passiert …“ Das TREIBEN stellt so manchen Reiter<br />
vor ungeahnte Herausforderungen. Finden Sie<br />
heraus, warum Treiben mehr als nur<br />
„vorwärts“ bedeutet und wie es gelingt,<br />
dem Pferd so richtig Beine zu machen<br />
Text: Kerstin Niemann<br />
UNSERE EXPERTEN<br />
Susanne Miesner<br />
Die Pferdewirtschaftsmeisterin<br />
betreibt in Milte bei Warendorf<br />
den Wietelshof. Sie hat Filme<br />
und Bücher zu pferdegerechter<br />
Ausbildung veröffentlicht und<br />
gibt ihr in mehr als 30 Jahren<br />
erworbenes Wissen u. a. in<br />
Lehrgängen weiter.<br />
▶ www.wietelshof.de<br />
Helena Volmer<br />
Die 29-jährige Pferdewirtschaftsmeisterin<br />
Klassische<br />
Reitausbildung und EM-<br />
Bewegungstrainerin ist selbst<br />
bis Grand Prix erfolgreich und<br />
trainiert viele Reiter aus dem<br />
In- und Ausland.<br />
▶ www.sportpferde-volmer.de<br />
Georg-Christoph<br />
Bödicker<br />
Mehr als<br />
40 Jahre<br />
war Georg-<br />
Christoph<br />
Bödicker<br />
national<br />
und international<br />
als Parcourschef unterwegs,<br />
hat Bücher geschrieben<br />
und Filme zum Springreiten<br />
gedreht. Er war über 15 Jahre<br />
Landestrainer der hessischen<br />
Springreiter und hat sein<br />
Wissen in zahlreichen Lehrgängen<br />
weitergegeben.<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
29
BESSER REITEN<br />
Es klingt so leicht: „Alle Schenkelhilfen<br />
wirken grundsätzlich treibend.<br />
Sie werden aus einem ruhig anliegenden<br />
Schenkel gegeben (…) Ohne<br />
dass der Reiter aktiv treibt, holt sich<br />
das Pferd bei jedem Schritt, Tritt oder Sprung<br />
eine Einwirkung des Schenkels gewissermaßen<br />
selbst ab“, heißt es in den Richtlinien für<br />
Reiten und Fahren. Fast scheint es, als müsse<br />
der Reiter nichts machen, außer ruhig abzuwarten<br />
und die Dinge auf sich zukommen<br />
zu lassen. Und wenn das nicht reicht, sollte<br />
doch ein leichter Schenkeldruck genügen,<br />
damit das Pferd versteht, was der Reiter will.<br />
Oder etwa nicht?<br />
Was im Pferdekörper abläuft<br />
Um zu verstehen, wie Treiben abläuft, hilft<br />
ein Blick auf die Anatomie des Pferdes. Immer<br />
wenn sich das Pferd bewegt, geht es nicht<br />
nur vorwärts, sondern sein Rumpf schwingt<br />
je nach Gangart auch nach rechts und links,<br />
und der Rücken hebt und senkt sich auch<br />
noch. Das heißt, der Reiter wird dreidimensionalen<br />
Kräften ausgesetzt, denen er geschmeidig<br />
folgen muss. Das Schwingen des<br />
Rumpfes ist dabei ein zentraler Punkt. „Der<br />
Rumpf schwingt im Idealfall auf das locker<br />
herunterhängende Reiterbein zu. Seitlich am<br />
Kommentar<br />
Fachsprache nutzen!<br />
In den letzten Jahren hat sich eine<br />
Unsitte bezüglich der Anweisung zum<br />
Treiben breit gemacht. Früher war dies<br />
eher auf Springplätzen zu hören, aber<br />
mittlerweile ist es auch vielerorts gang<br />
und gäbe in der Dressurausbildung und<br />
dies nicht nur bei Ausbildern, sondern<br />
auch bei Richtern. Ich erlebe öfters an<br />
Abreiteplätzen und auf Lehrgängen,<br />
wie dem Reiter zugerufen wird, er solle<br />
„mehr Bein geben“ oder „das Bein rannehmen“<br />
– damit entsteht beim Reiter<br />
ein total verzerrtes Bild, wie Treiben<br />
funktioniert. Wir verfügen über eine<br />
klare Fachsprache! Getrieben wird mit<br />
dem Schenkel, genauer mit dem Unterschenkel,<br />
manche benutzen auch das<br />
Wort Wade. Aber nicht mit dem ganzen<br />
Bein, denn dies ist die Gliedmaße beim<br />
Menschen, die von der Hüfte zum Fußgelenk<br />
reicht. Ein Treiben mit dem Bein<br />
würde das Mitschwingen in der Mittelpositur<br />
vollkommen blockieren.<br />
Susanne Miesner<br />
30 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023<br />
Rumpf des Pferdes liegt der äußere schiefe<br />
Bauchmuskel, und den wollen wir als Reiter<br />
anregen“, erklärt Pferdewirtschaftsmeisterin<br />
und EM-Bewegungstrainerin Helena Volmer.<br />
Die Impulse, die vom treibenden Schenkel<br />
ausgehen, lösen eine Kontraktion dieses<br />
Muskelstranges aus, und dies überträgt<br />
sich vom Rumpf über die Hinterhand und<br />
den Rücken bis hin zum Pferdemaul – eine<br />
Art Kettenreaktion, die in der Theorie auch<br />
als Zahnradmodell beschrieben wird. „In der<br />
Reiter sprache sagen wir, dass wir eine treibende<br />
Hilfe von hinten nach vorn durch den<br />
Körper fließen lassen wollen“, ergänzt Pferdewirtschaftsmeisterin<br />
und Grand-Prix-Ausbilderin<br />
Susanne Miesner.<br />
Zu viel Gas<br />
Damit „alles im Fluss“ ist, muss das Pferd erst<br />
einmal lernen, was es mit der treibenden Hilfe<br />
auf sich hat. Erst vor Kurzem hat Susanne<br />
Miesner ein Buch zur Jungpferdeausbildung<br />
veröffentlicht. Darin beschreibt sie, wie aufwändig<br />
eine solide Jungpferdeausbildung<br />
ablaufen sollte – und an wie vielen Stellen<br />
Dauernder Sporeneinsatz<br />
ist auch in höheren Klassen auf<br />
Turnieren zu oft zu sehen<br />
Damit ein Pferd von hinten über<br />
den Rücken nach vorne in die<br />
Hand hineingaloppiert, muss<br />
der treibende Impuls des Reiters<br />
so stark wie nötig und doch so<br />
gering wie möglich ausfallen<br />
Probleme durch falsche reiterliche Einwirkung<br />
entstehen, die häufig nur über mehr<br />
oder weniger aufwendige Korrekturarbeit gelöst<br />
werden können.<br />
„Zunächst machen wir uns zunutze, dass<br />
das Pferd als Fluchttier von Natur aus vorwärts<br />
will. Vorwärtsgehen sollte mit Schenkeldruck,<br />
vermehrter Kontakt zum Pferdemaul<br />
mit Abfangen der Bewegung verknüpft<br />
werden. Es ist wichtig, in den ersten Monaten<br />
der Ausbildung dem Pferd das Zusam-
Wissen<br />
Welche treibenden Hilfen gibt es?<br />
Treiben wird oft einzig und allein mit<br />
Schenkelhilfen gleichgesetzt. Treibende<br />
Hilfen stehen aber immer im Kontext<br />
miteinander: Nicht nur der Schenkel<br />
treibt, sondern auch die Gewichtshilfe<br />
ist beteiligt. Und nicht umsonst wird oft<br />
vom Konzert der Hilfen gesprochen – das<br />
heißt, zu effektivem Treiben gehören<br />
immer die drei wesentlichen Elemente<br />
Gewicht, Schenkel und auch der Zügel.<br />
Wo der Unterschenkel des Reiters bei<br />
welcher Gangart und Lektion liegt und ob<br />
und wie viel Einfluss das Treiben auf den<br />
Bewegungsablauf des Hinterbeins hat,<br />
hängt davon ab, was der Reiter für Ziele<br />
verfolgt. Man unterscheidet drei Arten<br />
von Schenkelhilfen.<br />
▷ Vorwärtstreibend:<br />
Hierbei liegt der Schenkel am Gurt. Durch<br />
die seitlichen Rumpfbewegungen des Pferdes<br />
entsteht schon ein feiner Impuls, aber<br />
in der Praxis muss der Reiter doch meist<br />
durch ein kurzes Anspannen der Wadenmuskulatur<br />
einen kurzen stärkeren Impuls<br />
auslösen. Wichtig ist erstens der Wechsel<br />
zwischen Anspannen und Entspannen der<br />
Muskulatur, zweitens, dass der Reiter stets<br />
versucht, nach dem Prinzip „so viel wie nötig,<br />
so wenig wie möglich“ zu treiben, und<br />
drittens, dass jede treibende Schenkelhilfe<br />
eine Reaktion beim Pferd auslösen muss!<br />
▷ Vorwärts-seitwärts treibend:<br />
Nur der innere Schenkel kann vorwärtsseitwärts<br />
treiben! Der Unterschenkel liegt<br />
dabei maximal eine Handbreit hinter dem<br />
Gurt und hat beim Treiben vor allem die<br />
Funktion, dass das Pferd wie beispielsweise<br />
beim Schenkelweichen vorwärtsseitwärts<br />
tritt. Er kann aber gleichzeitig<br />
daran beteiligt sein, die Längsbiegung des<br />
Pferdes zu fördern. Wenn ein Schenkel<br />
vorwärts-seitwärts treibt, muss der<br />
Schenkel auf der anderen Seite zwingend<br />
verwahrend einwirken. Damit das funktioniert,<br />
gelten hier genauso die drei oben<br />
beschriebenen Prinzipien!<br />
Der vorwärtstreibende Schenkel sollte am Gurt<br />
liegen. Je nach Anatomie des Reiters kann dies<br />
etwas weiter vorn oder hinten sein<br />
▷ Verwahrend:<br />
Es bedarf besonderer Konzentration, den<br />
verwahrenden Schenkel nicht nur als Begrenzung,<br />
sondern weiterhin auch als treibenden<br />
Schenkel zu benutzen. Der verwahrende<br />
Schenkel ist immer der äußere und<br />
soll durch eine leicht zurückgelegte Position<br />
Einfluss auf Längsbiegung und das äußere<br />
Hinterbein des Pferdes haben, damit es z. B.<br />
in Wendungen nicht nach außen ausweicht,<br />
sondern unter den Schwerpunkt fußt.<br />
Wer vorwärts-seitwärts oder verwahrend<br />
einwirken möchte, legt seinen Unterschenkel<br />
etwas weiter zurück<br />
menspiel der treibenden und verhaltenden<br />
Hilfen verständlich zu machen.“ Miesner<br />
hat oftmals den Eindruck, dass in der Jungpferdeausbildung<br />
zu schnell zu viel aufs Gaspedal<br />
gedrückt wird und die jungen Pferde<br />
ihr Gleichgewicht nicht halten können und<br />
unsicher werden. Dadurch verspannen sie<br />
sich, und es kann keine Losgelassenheit entstehen<br />
– die aber für das Durchlassen der<br />
Reiter hilfen nötig ist.<br />
Falsches Verständnis fürs Treiben<br />
Nicht nur die zu schnelle Ausbildung vieler<br />
Pferde führt dazu, dass das Treiben im Reiteralltag<br />
häufig alles andere als ein „Selbstgänger“<br />
ist – auch in der Ausbildung der Reiter<br />
geht nach Meinung von Helena Volmer vieles<br />
schief. „Es wird oft übersehen, dass wirkungsvolles<br />
Treiben erst möglich ist, wenn<br />
der Reiter diverse andere Voraussetzungen<br />
erfüllt“, sagt die Bewegungstrainerin.<br />
Nicht umsonst gibt es nicht nur eine Skala<br />
der Ausbildung des Pferdes, sondern auch<br />
eine für den Reiter mit den wesentlichen<br />
fünf Punkten:<br />
● Vertrauen und Angstfreiheit<br />
● Emotionale und körperliche<br />
Losgelassenheit<br />
● Gleichgewicht und Rhythmus<br />
● Bewegungsgefühl<br />
● Einwirkung/Hilfengebung<br />
(hier kommt das Treiben ins Spiel!)<br />
Aus Volmers Sicht wird in der reiterlichen<br />
Ausbildung zu schnell vom Reiter verlangt,<br />
dass er die komplexen Vorgänge der Hilfengebung<br />
beherrschen muss. „Ich stelle oft<br />
fest, dass das Fundament aus Gleichgewicht,<br />
Rhythmus und Bewegungs gefühl nicht genügend<br />
im Vor de rgrund steht. Wie soll ein Reiter,<br />
der sich noch mit den Händen oder Beinen<br />
am Pferd festhält, der vielleicht sogar klemmt,<br />
gezielt treiben können – und womöglich noch<br />
fühlen, welchen Effekt seine treibende Hilfe<br />
auf eines der Hinterbeine hat?“<br />
In Helena Volmers Betrieb stehen neben<br />
diversen Einstellern mit sportlichen Ambitionen<br />
auch 22 Schulpferde, auf denen die<br />
Reiter das Zusammenspiel der Hilfen erlernen<br />
bzw. verbessern können. Volmers<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
31
BESSER REITEN<br />
Credo: „Erst mal sind bei uns Aufwärmübungen<br />
Pflicht. Die Übungen zielen darauf<br />
ab, dass der Reiter sozusagen seine Rhythmus-<br />
und Gleichgewichtsfähigkeit zum Leben<br />
erweckt, bevor er aufsitzt. Beim Schrittreiten<br />
müssen die Reiter ebenfalls einige<br />
Übungen machen.“ Ziel dieser Übungen<br />
(Beispiele finden Sie auf S. 33) ist unter anderem,<br />
dass der Reiter sich zu Beginn des Trainings<br />
zunächst auf die Bewegungen des Pferdes<br />
ein lässt und auf dieser Grundlage lernt,<br />
Hilfen fein und impulsartig zu geben.<br />
Ein Impuls muss genügen<br />
„Es geht nicht allein darum, dass ein Anfänger<br />
mit der komplexen Aufgabe des Treibens<br />
körperlich überfordert ist“, erklärt Miesner.<br />
„Auch Reiter, die schon bis zur Klasse M oder<br />
höher Erfolg haben, müssen häufig ihre Herangehensweise<br />
an das Treiben überdenken.“<br />
Die Ausbilderin berichtet von einem Schüler,<br />
der „bis zu den Zähnen bewaffnet“, also mit<br />
langen Sporen und Gerte, zu ihr kam und sich<br />
darüber beklagte, dass sein Pferd zwar alle<br />
Lektionen könne, aber die Dinge so mühsam<br />
seien, da das Pferd ständig zu faul sei. „Natürlich<br />
gibt es faule und fleißige Pferde. Aber der<br />
angeblichen Faulheit mit Sporen und Gerte<br />
beizukommen ist der falsche Weg!<br />
Man muss sich klarmachen, dass jeder<br />
treibende Impuls eine Reaktion beim Pferd<br />
auslösen muss – ohne Ausnahme! Viele Reiter<br />
legen ihre Schenkel richtigerweise hinter<br />
dem Gurt an, aber sie drücken, schieben,<br />
pressen oder quetschen – ohne dass sich etwas<br />
beim Pferd verändert. Dadurch stumpft<br />
das Pferd ab, denn es lernt, dass es quasi egal<br />
ist, was der Reiter tut.“ Ihr weit ausgebildeter<br />
Je weiter die Ausbildung des Pferdes<br />
voranschreitet, desto feiner ab gestimmt sollten<br />
auch die treibenden Hilfen erfolgen<br />
Schüler musste einige Wochen auf alle Hilfsmittel<br />
verzichten, und die Effektivität seiner<br />
Hilfen, sein Timing und die Intensität des<br />
Treibens standen im Vordergrund bei der<br />
Auswahl der Übungen und Lektionen (Tipps<br />
zum Ausprobieren: S. 34). „Jeder Impuls muss<br />
beim Pferd ankommen. Als Reiter habe ich<br />
die Aufgabe zu fordern, nicht zu fragen. Ein<br />
treibender Impuls darf auch mal herzhaft<br />
sein, um die gewünschte Reaktion zu erhalten.<br />
Niemals aber darf er ins Leere laufen.“<br />
Alles im Fluss<br />
Die treibende Hilfe soll beim Pferd vom Rumpf<br />
über Hinterhand und Rücken nach vorne in<br />
die weich führende Reiterhand fließen – sie<br />
geht also durch den gesamten Pferdekörper.<br />
Beim Reiter ist das ähnlich: Wirkungs volles<br />
und feines Treiben betrifft mehr als nur den<br />
sich an den Rumpf des Pferdes heranbewegenden<br />
Unterschenkel. „Treiben steht immer<br />
in einem Kontext mit Gewichts- und Zügelhilfen“,<br />
stellt Susanne Miesner fest. „Und damit<br />
dem Reiter das Zusammenspiel seiner Hilfen<br />
gelingt, muss er im gesamten Körper flexibel<br />
bleiben und die Bewegungen, die vom Pferderücken<br />
ausgelöst werden, nach oben bis zum<br />
Kopf und nach unten bis zum Fuß durchlassen.<br />
Ist ein Reiter in der Hüfte fest, kann er den<br />
Schwung nicht über den federnden Absatz<br />
herauslassen. Klemmt er im Oberschenkel,<br />
stockt der Bewegungsfluss genauso.“ Wie ihre<br />
Berufskollegin Helena Volmer macht auch<br />
Susanne Miesner nicht nur die Reiterausbildung,<br />
sondern auch die Ausrüstung teilverantwortlich<br />
für zu steifes und damit ineffektives<br />
Treiben. „Bis hin zu den höchsten Klassen<br />
sehen wir Reiter, die in Sätteln mit viel zu dicken<br />
Pauschen sitzen. Mit dem Oberschenkel<br />
drücken sie gegen die Pausche, als Folge werden<br />
Hüfte und Unterschenkel fest und kön-<br />
Info<br />
Treiben im Springsattel<br />
Georg-Christoph Bödicker kennt das Problem der falschen Vorstellungen vom<br />
Treiben. „Viele Reiter denken: Viel drücken heißt viel vorwärts“, sagt er. „Ich versuche,<br />
zunächst ein Verständnis dafür zu wecken, dass Treiben nicht nur etwas<br />
mit den Unterschenkeln zu tun hat. Treiben ist Körpersprache und ein komplexes<br />
Zusammenwirken verschiedener Faktoren. Als Dressurreiter sitze ich mit länger<br />
herabhängendem Bein auf dem Pferd, als Springreiter mit stärker angewinkeltem<br />
Bein. Das Treiben folgt aber immer denselben Prinzipien: Auf eine Aktion des<br />
Reiters muss eine Reaktion des Pferdes folgen. Im Springsitz ist die Übertragung<br />
der Gewichtshilfen durch die fehlende konstante Verbindung mit dem Gesäß eine<br />
andere. Oberkörperposition, Intensität und Schnelligkeit der Schenkelhilfen haben<br />
dann entscheidenden Einfluss auf den Erfolg des Treibens.“ In seinen Lehrgängen<br />
hat Bödicker oft beobachtet, dass gerade klemmige Pferde fleißiger werden, wenn<br />
der Reiter zwischen Einsitzen und Springsitz wechselt. „Die großen Gelenke des<br />
Reiters werden im leichten Sitz schneller locker, damit wird das Treiben für den<br />
Reiter müheloser und kommt oft auch schneller beim Pferd an.“<br />
Der leichte oder<br />
der Springsitz<br />
können den<br />
Reiter lockerer<br />
machen<br />
32 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
Tipp<br />
Aufwärmen für besseres Treiben<br />
Einen Spagat macht man nicht, ohne sich vorher zu dehnen,<br />
und gezielte Hilfen gebung klappt auch besser, wenn man sich<br />
schon am Boden und beim Schrittreiten darauf vorbereitet.<br />
Hier ein paar Anregungen:<br />
● Vor dem Aufsitzen ein paar Runden führen und dabei gezielt<br />
einige Lockerungsübungen machen, z. B. auf Zehenspitzen<br />
gehen, auf den Innen- und Außenkanten der Füße, auf den<br />
Absätzen. Auch gut: Knie beim Gehen etwas anheben und den<br />
gegenüberliegenden Ellbogen in Richtung Knie führen (das<br />
schult die sogenannte Cross-Koordination, sodass man den<br />
Bewegungen des Pferdes in Wendungen leichter folgen kann).<br />
● Beim Schrittreiten „Fahrrad fahren“ – jeweils erst das eine, dann<br />
das andere Bein aus der Hüfte heraus anheben und wieder<br />
locker am Sattel anlegen.<br />
● Augen schließen und die Rechts-links-Bewegung des Rumpfes<br />
auf sich wirken lassen.<br />
● Für lockere Gelenke: Bügel kürzer, ein paar Runden im leichten<br />
Sitz traben (nicht leichttraben!) und galoppieren.<br />
Um das Rhythmusgefühl des<br />
Reiters zu schulen, helfen<br />
Übungen im Leichttraben.<br />
● Rhythmusübung im Sattel: Beim Leichttraben einmal aufstehen,<br />
zweimal aussitzen, wieder aufstehen, wieder zweimal<br />
einsitzen usw. Variation: einmal aufstehen, dreimal ein sitzen.<br />
Beim Galoppieren: einen Galoppsprung einsitzen, einen<br />
Galoppsprung aufstehen – immer im Wechsel.<br />
nen nicht mehr mitschwingen. Mit dem Ergebnis,<br />
dass ihre treibenden Hilfen nur einen<br />
Bruchteil dessen bewirken, was sie könnten“,<br />
berichtet Miesner.<br />
Treiben heißt nicht nur „vorwärts“<br />
Zwar dient das Treiben zuerst dazu, das Pferd<br />
vorwärts zu reiten, aber mit zunehmender<br />
Ausbildung bestimmt der Reiter durch seine<br />
treibenden Hilfen weit mehr: nämlich Tempo,<br />
Gangart, Gangmaß (z. B. versammelter<br />
oder starker Trab) und Richtung (nicht nur<br />
Zirkel, sondern auch z. B. Lektionen wie Traversalen).<br />
„Schaut man genauer hin, kann<br />
man sagen, dass das Treiben einen wesentlichen<br />
Einfluss auf alle sechs Punkte der Skala<br />
der Ausbildung hat“, fasst Helena Volmer<br />
zusammen. „Natürlich ist es am Ende das Zusammenspiel<br />
von treibenden und verhaltenden<br />
Hilfen, über das wir sprechen. Aber das<br />
Treiben ist einer der Hauptbestandteile!“<br />
Um den maximalen Effekt zu erreichen,<br />
rät Volmer ihren Schülern, stets mit einer<br />
leichten Hilfe, einer leichten Berührung, zu<br />
beginnen und zu prüfen, ob diese feine Hilfe<br />
beim Pferd ankommt. Gelingt das nicht, wird<br />
die Hilfe verstärkt – zügig und mit einem<br />
schnellen, kräftigeren Impuls der Wade, bis<br />
das Pferd die gewünschte Reaktion zeigt.<br />
„Damit Pferde nicht unter Dauer beschuss<br />
der treibenden Hilfe geraten, muss der Reiter<br />
lernen, dass er nach dem ausgeübten Druck<br />
wieder alles loslässt. Und beim nächsten Impuls<br />
wieder klärt, wie intensiv er sein muss.<br />
Timing und Intensität müssen immer wieder<br />
neu justiert werden!“<br />
Folgen für das Pferd<br />
Der Druck, den ein dauernd klopfender oder<br />
klemmender Schenkel auf den Rumpf des<br />
Pferdes auslöst, kann fatale Folgen haben:<br />
„Ich habe schon Pferde erlebt, die regelrecht<br />
die Luft anhalten, wenn der Reiter treibt –<br />
weil es Druck ohne Unterlass ist oder sogar<br />
noch bei jedem Schritt, Tritt und Sprung der<br />
Sporen in den Bauch sticht. Die Losgelassenheit<br />
ist dahin, das Pferd wird immer klemmiger.<br />
Manche Pferde äppeln beim Reiten<br />
gar nicht mehr, weil der Bauchraum so angespannt<br />
ist!“<br />
Sporen und Gerte?<br />
Klassische Hilfsmittel, die beim Treiben<br />
unterstützen können, sind Sporen und<br />
Gerte. Unsere Experten sind sich aber einig,<br />
dass der Gebrauch dieser Hilfsmittel<br />
fast immer übertrieben wird. „Ein Anfänger<br />
sollte lernen, aus dem Körper heraus<br />
zu treiben und nicht mit Sporen und Gerte“,<br />
betont Helena Volmer. „Es macht Sinn,<br />
dass in internationalen Dressurprüfungen<br />
ohne Gerte geritten wird“, ergänzt Susanne<br />
Miesner, die selbst bis Grand Prix erfolgreich<br />
war. Beide Expertinnen stellen klar,<br />
dass Sporen und Gerte kurzfristig zur Korrektur<br />
klemmiger oder abgestumpfter Pferde<br />
als Unterstützung zwar benutzt werden<br />
können, dass das Ziel aber sein muss,<br />
sein Pferd so fein auf die Hilfen gebung abzustimmen,<br />
dass diese Hilfsmittel unnötig<br />
sind. „Wer sein Pferd ohne Sporen und Gerte<br />
nicht vorwärts bekommt, muss sein Treiben<br />
verändern und nicht seine Bewaffnung“,<br />
bringt es Helena Volmer auf den Punkt.<br />
Galopp im leichten Sitz löst Reiter<br />
und Pferd gleichermaßen<br />
Fotos: Lafrentz (3), www.toffi-images.de (3), von Hardenberg (1), Slawik (1), Caremans (1), Kube, privat (2), Zeichnung: Alphabeta<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
33
für wirkungsvolles Treiben<br />
BESSER REITEN<br />
Ubungen und Lektionsfolgen<br />
▷ Schritt-Trab-Übergänge<br />
auf dem Zirkel<br />
Legen Sie einen Zirkel an. Beginnen Sie, an<br />
zwei der vier Zirkelpunkte prompte Übergänge<br />
zu fordern, zum Beispiel Antraben<br />
bei A, Durchparieren kurz vor X, nach einer<br />
bis zwei Pferdelängen wieder Antraben.<br />
Achten Sie konsequent darauf, dass das<br />
Pferd auf Ihre treibende Hilfe prompt,<br />
sofort, unverzüglich antrabt. Falls nicht:<br />
Verstärken Sie die Hilfe impulsartig und<br />
schnell. Gelingt dies, verringern Sie die<br />
Hilfe wieder!<br />
Variation: Erhöhen Sie die Anzahl der<br />
Übergänge, indem Sie an jedem Zirkelpunkt<br />
kurz durchparieren und wieder<br />
antraben.<br />
▷ Gangmaß verändern<br />
Wenn man Übergänge innerhalb einer<br />
Gangart reitet, verändert man das Gangmaß,<br />
zum Beispiel vom Arbeitsgalopp<br />
zum Mittelgalopp und wieder zurück zum<br />
Arbeitsgalopp. Auch hier ist der Zirkel<br />
zunächst die Bahnfigur der Wahl. Legen<br />
Sie auf der offenen Zirkelseite zu, kehren<br />
Sie ab der geschlossenen Zirkelseite zurück<br />
zum Arbeitsgalopp. Achten Sie darauf,<br />
beim Zulegen mit der Hand etwas nachzugeben,<br />
sodass das Treiben seine volle<br />
Wirkung entfalten kann und das Pferd<br />
nicht nur deutlicher vorwärts geht, sondern<br />
sich auch im Rahmen erweitern kann,<br />
das heißt, den Hals und die Stirn-Nasen<br />
Linie etwas mehr nach vorne bringt.<br />
Mit vielen Übergängen gelingt auf Dauer<br />
die feine Hilfengebung immer besser<br />
Variation: Reiten Sie ganze Bahn, nutzen<br />
Sie die lange Seite für Arbeitsgalopp und<br />
legen Sie an der kurzen Seite zu. Viele<br />
Pferde kommen auf kürzeren Linien wie<br />
der kurzen Seite eher zurück. Um die<br />
Sensi bilität auf die treibenden Hilfen zu<br />
ver bessern, ist es daher hilfreich, eher<br />
auf der kurzen Linie zuzulegen und auf<br />
der längeren Linie verhaltener zu reiten.<br />
Hinweis: Diese Übung kann man natürlich<br />
auch im Trab reiten.<br />
▷ Kombination aus Seitengängen<br />
und Verstärkungen<br />
Wechseln Sie im Training zwischen<br />
Schenkel weichen – oder bei weiter ausgebildeten<br />
Pferden Schultervor/Schulterherein<br />
– und einer Trabverstärkung. Wenden<br />
Sie zum Beispiel an der kurzen Seite<br />
auf die zweite Viertel linie ab und reiten<br />
Sie bis zum Hufschlag Schenkelweichen.<br />
Danach folgt eine Trabverstärkung auf dem<br />
Hufschlag bis zum Ende der langen Seite<br />
(siehe Zeichnung). Vor der Ecke kehren Sie<br />
zurück zum Arbeitstempo.<br />
Variation für weiter ausgebildete Pferde:<br />
Reiten Sie zu Beginn der langen Seite einige<br />
Pferdelängen Schultervor oder Schulterherein.<br />
In der Mitte der langen Seite kann<br />
eine Volte folgen, daraus verlängern Sie die<br />
Trabtritte bis zum Ende der langen Seite.<br />
Tempo wieder einfangen und im Arbeitstempo<br />
weiterreiten.<br />
▷ Gehfreude wecken<br />
Besonders abgestumpfte Pferde, die<br />
kaum noch auf treibende Hilfen reagieren,<br />
müssen erst wieder ihre Gehfreude<br />
entdecken. Hier sind der Kreativität des<br />
Reiters keine Grenzen gesetzt: Gehen Sie<br />
zum Beispiel ins Gelände und lassen Sie<br />
das Pferd zunächst am längeren Zügel<br />
schnell galoppieren. Nutzen Sie die Vorteile<br />
eines Führpferdes. Longieren Sie das Pferd<br />
zwei oder drei Tage hintereinander und<br />
fordern Sie frisches Tempo in den Gangarten.<br />
Achten Sie immer darauf, positives<br />
Feedback zu geben, wenn die Reaktion auf<br />
Ihre treibenden Hilfen besser wird!<br />
Diese Übungen sind leicht in das<br />
tägliche Training einzubauen.<br />
Der häufige Wechsel von Gangart<br />
und Gangmaß hilft, faule Pferde<br />
fleißiger zu machen<br />
F<br />
B<br />
M<br />
Trabverstärkung<br />
ÜBUNG 3<br />
A<br />
ÜBUNG 1<br />
ÜBUNG 2<br />
C<br />
Ein schneller<br />
Galopp im<br />
Gelände weckt die<br />
Gehfreude<br />
Trab<br />
Schritt<br />
Schenkelweichen<br />
Arbeitsgalopp<br />
Mittelgalopp<br />
K<br />
E<br />
H<br />
34 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
BESSER REITEN<br />
Links: Knotenhalfter sind deutlich<br />
schärfer, als viele denken<br />
So?<br />
Oder doch ganz anders?<br />
1<br />
Nach FN und<br />
englisch zu reiten<br />
ist nicht pferdefreundlich<br />
Was heutzutage als Englisch Reiten oder FN-<br />
Reiten bezeichnet wird, entspricht meist<br />
einer schlechten Umsetzung der klassischen<br />
deutschen Reitlehre. Letztere basiert<br />
auf den Lehren und Erfahrungen der klassischen<br />
Reitmeister. Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
wurde sie in der Heeresdienstvorschrift<br />
12 (H.Dv.12) und durch die Ausbilder<br />
der Kavallerieschule Hannover an modernere<br />
Verhältnisse angepasst. Heutzutage ist<br />
sie festgehalten in den „Richtlinien für Reiten<br />
und Fahren“ der FN, und sie ist nach wie<br />
vor die Grundlage der Reiterei weltweit und<br />
die meistverwendete Lehre überhaupt. Sie<br />
ist pferdefreundlich sowie praxisorientiert<br />
und führt, richtig angewandt, zu zufriedenen<br />
Pferden, die in Leichtigkeit geritten werden<br />
können und langfristig gesund bleiben.<br />
Leider versäumen viele, die angeblich nach<br />
dieser Lehre reiten und ausbilden, sie selbst<br />
gründlich zu erlernen und die entsprechenden<br />
Lehrwerke zu lesen und anzuwenden.<br />
Dies führt dann zu unzufriedenen Pferden<br />
und Reitschülern, die sich verständlicherweise<br />
nach Alternativen umsehen. Auch wird<br />
immer wieder nach Abkürzungen und vermeintlichen<br />
Verbesserungen und Vereinfachungen<br />
der Reitlehre gesucht. „Vorne ziehen<br />
und hinten stechen“ sowie die „Rollkur“ und/<br />
oder „Low, Deep, Round (LDR)“ sowie diverse<br />
Hilfszügelverschnallungen haben nichts,<br />
aber auch gar nichts mit dem Reiten nach<br />
der klassischen Lehre zu tun. Ebenso wenig<br />
ein falsch verstandenes Vorwärts, ein Zentrifugieren<br />
der Pferde in hoher Geschwindigkeit<br />
und eng verschnallt an der Longe oder in<br />
eine starre Sitzform gepresste Reiter.<br />
MYTHEN RUND UMS PFERD Jeder kennt sie: die Irrtümer und Mythen,<br />
die seit Jahrzehnten durch die Reithallen geistern. Die Autorin Dagmar<br />
Ciolek hat in ihrem Buch „135 Mythen der Reitlehre“ viele von ihnen<br />
zusammengestellt. Und, kennen Sie schon die folgenden fünf?<br />
Text: Redaktion<br />
2<br />
Reiten lernt man<br />
nur durch Reiten!<br />
An diesem Grundsatz ist nur ein Wörtchen<br />
falsch, nämlich das „nur“. Einfach „nur“ aufs<br />
Pferd setzen und losreiten, davon lernt man<br />
das Reiten leider auch nicht. Sonst wäre Reitenlernen<br />
ja einfach. Selbst ein ausbalancierter,<br />
losgelassener Sitz entwickelt sich nicht<br />
36 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
nur durch das Reiten. Oft ist auch eine Schulung<br />
am Boden sinnvoll und notwendig, besonders<br />
in der heutigen Zeit, in der es wenig<br />
Raum für Ausgleichssport gibt und viele<br />
Menschen überwiegend an Schreibtischen<br />
arbeiten. Man kann als Reiter und gerade<br />
wenn man noch jung oder nicht so erfahren<br />
ist auch unendlich viel durch Zuschauen lernen.<br />
Damit belastet man kein Pferd, schult<br />
aber den eigenen Blick, vor allem für die Zufriedenheit<br />
des Pferdes und die Harmonie<br />
zwischen Reiter und Pferd. Auch wenn nicht<br />
auf hohem oder gutem Niveau geritten wird,<br />
kann man daraus etwas lernen. Man kann<br />
sich überlegen, wie Lösungsmöglichkeiten<br />
aussehen könnten, was man vielleicht besser<br />
machen könnte. Was man nicht kultivieren<br />
sollte, ist „Fehlerguckerei“ an der Bande mit<br />
dem Winkelmesser und das ungefragte Erteilen<br />
von schlauen Ratschlägen; das entspricht<br />
nicht dem Reitertakt. Aber man kann sich auf<br />
die Suche nach Positivem machen. Und wenn<br />
man etwas nicht versteht, was man sieht,<br />
dann kann man den Reiter freundlich fragen,<br />
was er da genau macht. Auch das kann sehr<br />
aufschlussreich sein, genau wie das Schauen<br />
von Lehrvideos. Zum Reiten gehören im<br />
Ideal fall (der nie erreicht wird) Gefühl, Einfühlungsvermögen<br />
in ein anderes Wesen, Talent,<br />
Wissen, Körperbeherrschung, Balance,<br />
Geduld, Musikalität und Taktgefühl, Selbstdisziplin<br />
und Durchhaltevermögen, aber auch<br />
Nachsicht, Umsicht, Humor und Behutsamkeit<br />
sowie Konsequenz und Gelassenheit des<br />
Körpers und des Geistes.<br />
3<br />
Das Pferd muss an<br />
die Hand ziehen!<br />
Das ist ein in Mode gekommener Ausdruck<br />
dafür, dass das Pferd die Anlehnung suchen<br />
sollte. Es geht beim Reiten aber ums Dehnen<br />
und nicht ums Ziehen! Als Fachausdruck gibt<br />
es das Ziehen aus gutem Grund nur in folgenden<br />
Zusammenhängen: Das Pferd zieht zum<br />
Sprung, es zieht den Sprung an oder es zeigt<br />
einen deutlichen Zug nach vorwärts. Das bedeutet,<br />
dass es gern springt und von sich aus<br />
beschleunigt, wenn in Richtung eines Hindernisses<br />
geritten wird, bzw. dass es gut vor<br />
und an den vorwärtstreibenden Hilfen steht.<br />
Wenn ein Pferd „nicht zieht“, dann schwingt<br />
es nicht im gesicherten Vorwärts durch den<br />
Körper. Wieso sollte das Pferd „an die Hand<br />
ziehen“? Wenn es zieht, dann zieht es den<br />
Zügel und die Reiterhand nach vorn und<br />
spannt noch dazu die Halsmuskulatur in unerwünschter<br />
Weise an. Wir sehen das bei Pferden,<br />
die sich auf die Hand legen, was ja im<br />
Prinzip ein zu starkes An-die-Hand-Ziehen<br />
bedeutet. Diese Pferde bilden einen deutlich<br />
erkennbaren, ausgeprägten Unterhals aus.<br />
Wollen wir das wirklich? Wollen wir nicht<br />
eher ein Pferd, welches sich aufgrund der fließenden<br />
Vorwärtsbewegung, der aktiven Hinterhand-<br />
und Rückenmuskulatur an die Hand<br />
herandehnt? Das ist bewegungstechnisch etwas<br />
ganz anderes als Ziehen: Beim Herandehnen<br />
längt das Pferd seine Oberlinie, beim Ziehen<br />
drückt es gegen das Gebiss und schiebt<br />
aktiv das Maul vor. Es ist zwar nachvollziehbar,<br />
was die Ausbilder meinen, wenn sie diesen<br />
Ausdruck verwenden, aber er ist ausgesprochen<br />
unglücklich gewählt!<br />
4<br />
Zur sanften Pferdeausbildung<br />
ist ein<br />
Knotenhalfter gut geeignet<br />
Ein Knotenhalfter wirkt direkt auf die ungeschützten<br />
und ungepolsterten Knochen und<br />
Nervenpunkte des Gesichts sowie auf das<br />
Genick des Pferdes. Es ist ein sehr scharfes<br />
Ausbildungsinstrument, fast zu vergleichen<br />
Links: Bei guten Reitern kann man durch<br />
Beobachtung ebenfalls viel lernen<br />
Oben: Ein unerfahrenes Pferd in<br />
Kombina tion mit einem schwachen Reiter<br />
ist keine gute Kombination<br />
mit einer Kandare! Gern wird es als Ausbildungsgegenstand<br />
für junge oder schwer<br />
händelbare Pferde angepriesen, doch gerade<br />
bei diesen kann das Knotenhalfter Schäden<br />
verursachen oder ihnen zumindest Schmerzen<br />
zufügen. Es ist wenig sinnvoll, ansonsten<br />
immer alles möglichst pferdefreundlich<br />
abzupolstern und dann im Gegenzug ein<br />
Knotenhalfter, gern verniedlichend „Knoti“<br />
genannt, zu verwenden. Mit einem Knotenhalfter<br />
sollte man, wenn überhaupt, sehr<br />
vorsichtig umgehen und es allenfalls impulsartig<br />
einsetzen. Auf gar keinen Fall dürfen<br />
Pferde mit einem Knotenhalfter angebunden<br />
oder longiert werden!<br />
5<br />
Mein Pferd und ich<br />
lernen von Beginn an<br />
alles zusammen<br />
Ausschließlich zusammen mit dem eigenen<br />
Pferd zu lernen ist schwierig. Das ist vergleichbar<br />
mit zwei Fahranfängern, die sich gegenseitig<br />
das Autofahren beibringen möchten, obwohl<br />
keiner von beiden je gelernt hat, wie es<br />
wirklich geht. Ohne einen Fahrlehrer wird das<br />
schwierig bis lebensgefährlich. Auf Pferd und<br />
Reiter übertragen, stellt sich die Frage: Wie<br />
will ich dem Pferd eine Hilfe oder eine Lektion<br />
beibringen oder erklären, wenn ich sie selbst<br />
weder geritten noch gefühlt habe?<br />
Fotos: IMAGO/Imagebroker (2), /Rau (1)<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
37
Stalltechnik / Pferdehaltung<br />
Mein Pferd erscheint monatlich in der<br />
JAHR MEDIA GMBH & CO. KG<br />
Jürgen-Töpfer-Straße 48, 22763 Hamburg<br />
Bahnschwellen – NEU:<br />
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für November 2023<br />
ist am 11.09.2023 und<br />
erscheint am <strong>10</strong>.<strong>10</strong>.2023<br />
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IMPRESSUM<br />
Geschäftsführung<br />
Alexandra Jahr<br />
Chefredakteurin<br />
Lara Wassermann<br />
Redaktion<br />
Nora Dickmann, Aline Müller, Inga<br />
Dora Schwarzer, Anna Castronovo,<br />
Alexandra Koch<br />
Autoren und Mitarbeiter<br />
dieser Ausgabe<br />
Andreas Ackenheil, Dominique<br />
Wehrmann<br />
Bildredaktion<br />
Daniel Elke<br />
Director Content<br />
Michael Werner<br />
Art-Director<br />
Heico Forster<br />
Grafik<br />
Dirk Bartos (CvD-Grafik),<br />
Andrea Schmidt<br />
Lithographie<br />
Henrik Teudt (Ltg.),<br />
Katja Mucke-Koopmann<br />
Internet<br />
www.mein-pferd.de<br />
Produktionsmanagement:<br />
Ilja Badekow, Sybille Hagen,<br />
Andreas Meyer<br />
Lithographie:<br />
Henrik Teudt (Ltg.),<br />
Katja Mucke-Koopmann<br />
Bestellung von Einzelheften:<br />
Aktuelle und ältere Ausgaben sind<br />
versandkostenfrei für den aktuellen<br />
Heftpreis von 5,50 € zu bestellen<br />
unter www.mein-pferd.de/einzelhefte<br />
(Preise für A und CH sind aufgeführt,<br />
weitere auf Anfrage) oder<br />
per E-Mail: abo@mein-pferd.de<br />
Director Sales<br />
Lasse Drews, Tel: 040 38906-274<br />
E-Mail: lasse.drews@jahr-media.de<br />
Rainer Propp, Tel: 040 38906-285<br />
E-Mail: rainer.propp@jahr-media.de<br />
Head of Sales<br />
Janina Jacobsen,<br />
Tel: 040 38906-260<br />
E-Mail:<br />
janina.jacobsen@mein-pferd.de<br />
Head of Online Sales<br />
Nadine Probst,<br />
Tel: 040 38906-280<br />
E-Mail:<br />
nadine.probst@jahr-media.de<br />
Media Sales<br />
Melanie Burchard,<br />
Tel: 040 38906-474<br />
E-Mail:<br />
melanie.burchard@mein-pferd.de<br />
Senior Key Account Manager<br />
Thomas Quast,<br />
Tel: 040/ 389 06-473<br />
E-Mail:<br />
thomas.quast@jahr-media.de<br />
Anzeigenpreisliste<br />
Nr. 18 vom 1. Januar 2023<br />
aktuell<br />
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54550 Daun<br />
Vertrieb<br />
Einzelverkauf<br />
DMV Der Medienvertrieb GmbH &<br />
Co. KG, Meßberg 1, 20086 Hamburg,<br />
www.dermedienvertrieb.de<br />
Abonnement<br />
DPV Deutscher Pressevertrieb<br />
GmbH, Postfach 57 04 02,<br />
22773 Hamburg<br />
www.dpv.de<br />
Abonnentenpreis 12 Hefte,<br />
Inland: 66,00 € inkl. Versandgebühr,<br />
Österreich: 73,20 €, Schweiz: <strong>10</strong>6,80<br />
SFr, übriges europäisches Ausland:<br />
91,20 €, außereuropäisches Ausland:<br />
158,40 €. Für persönliche Mitglieder<br />
der Deutschen Reiterlichen<br />
Vereinigung (FN) gilt der ermäßigte<br />
Bezugspreis von 52,50 €.<br />
ISSN 1861-4205<br />
Director Marketing<br />
Lasse Abraham<br />
marketing@jahr-media.de<br />
Druck Walstead Central Europe,<br />
ul. Obr. Modlina 11, 30-733 Kraków<br />
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Rechte<br />
© Mein Pferd, soweit nicht anders<br />
angegeben. Keine Haftung für unverlangt<br />
eingesandte Manuskripte,<br />
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Kürzung und Bearbeitung von<br />
Beiträgen und Leserbriefen bleiben<br />
vorbehalten. Zuschriften und Bilder<br />
können ohne ausdrücklichen<br />
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MEDIA GmbH & Co. KG. Belieferung, Betreuung und Abrechnung erfolgen durch DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH als leistenden Unternehmer.
HALTUNG & GESUNDHEIT<br />
Allergien können durch alles<br />
Mögliche ausgelöst werden,<br />
wie beispielsweise Pollen<br />
Wie gut kennen Sie sich aus mit<br />
Allergien bei<br />
Pferden?<br />
WISSEN Allergien beim Pferd haben viele Gesichter,<br />
Auslöser und Folgen. Doch woher kommen sie überhaupt,<br />
und wie gut kennen Sie sich damit aus?<br />
Text: Nora Dickmann<br />
5. Welche Art von Allergie gibt<br />
es nicht?<br />
a) Kontaktallergie<br />
b) Kornallergie<br />
c) Sommerekzem<br />
d) Schimmelsporenallergie<br />
1. Was bedeutet „Allergie“, aus dem<br />
Altgriechischen übersetzt?<br />
a) Fremdreaktion<br />
b) Allergie der Haut<br />
c) Allergie der Atemwege<br />
d) Reaktion auf äußere Einflüsse<br />
2. Was ist kein typisches Allergiesymptom<br />
bei Pferden?<br />
a) Husten<br />
b) Hautreaktionen<br />
c) Fesselträgerschaden<br />
d) Atemgeräusche<br />
3. Wie macht sich eine Pollenallergie<br />
bei Pferden nicht bemerkbar?<br />
a) Tränende Augen<br />
b) Nasenausfluss<br />
c) Husten<br />
d) Nasenbluten<br />
4. Was löst das Sommerekzem aus?<br />
a) Kriebelmücke<br />
b) Zecke<br />
c) Biene<br />
d) Bremse<br />
6. Wie lassen sich Allergien<br />
langfristig verbessern?<br />
a) Das Pferd darf nur noch draußen<br />
leben<br />
b) Das Pferd muss Antibiotika<br />
bekommen<br />
c) Eine Optimierung von Haltungsund<br />
Fütterungsbedingungen sollte<br />
stattfinden<br />
d) Allergien kann man nicht lindern<br />
42 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
7. Leidet das Pferd unter einer<br />
Allergie der Haut, dann hilft es<br />
nicht, wenn …<br />
a) … antibakterielle Shampoos<br />
verwendet werden<br />
b) … die betroffenen Hautpartien mit<br />
Silberspray eingesprüht werden<br />
c) … Leinöl, das über das Futter gegeben<br />
wird, verwendet wird<br />
d) … bestimmte Medikamente, wie<br />
Kortison, verschrieben werden<br />
Pusteln, Ekzem oder Nasenfluss – die<br />
Symptome von Allergien sind vielfältig<br />
8. Wie wird festgestellt, ob das Pferd<br />
unter Allergien leidet?<br />
a) Mithilfe eines Bluttests<br />
b) Mithilfe eines Abstriches im<br />
Nasenraum<br />
c) Mithilfe einer Urinprobe<br />
d) Mithilfe von Hautproben<br />
9. Welche der Therapien, die sich<br />
in der Humanmedizin bewährt<br />
haben, wird nicht bei Pferden<br />
angewendet?<br />
a) Hyposensibilisierung<br />
b) Eigenbluttherapie<br />
c) Operation<br />
d) Gegensensibilisierung<br />
Mittels Bluttest kann der Tierarzt den<br />
Auslöser der Allergie bestimmen<br />
11. Welche Maßnahme, um<br />
Pollenallergikern das Leben zu<br />
erleichtern, hilft nicht?<br />
a) Pferde können gar nicht an einer<br />
Pollenallergie wie wir Menschen –<br />
etwa unter Heuschnupfen – leiden<br />
b) Pollen verfangen sich in Haut und<br />
Haar. Darum kann es hilfreich sein,<br />
das Pferd mit einem nassen Tuch<br />
abzuwischen oder es abzuspritzen<br />
c) Das Heu sollte vor dem Fressen<br />
gewaschen und/oder angefeuchtet<br />
werden<br />
d) Eine Aufstallung während besonders<br />
schlimmer Tage kann ratsam sein,<br />
damit das Pferd den Pollen nicht<br />
noch mehr ausgesetzt ist<br />
12. Wie viel Prozent aller<br />
Behandlungen führen zu einer<br />
Besserung?<br />
a) Circa 40 Prozent<br />
b) Circa 50 Prozent<br />
c) Circa 80 Prozent<br />
d) Circa 90 Prozent<br />
13. Was produzieren Pferde, ähnlich<br />
wie Menschen, bei einer Allergie?<br />
a) Testosteron<br />
b) Immunglobuline<br />
c) Vitamin D3<br />
d) CAST<br />
<strong>10</strong>. Die Anreicherung von Giftstoffen<br />
und Schwermetallen im Pferdekörper<br />
kann ebenfalls zu Allergien<br />
führen. Wodurch kann dieses Zuviel<br />
an Toxinen nicht entstehen?<br />
a) Wurmkuren<br />
b) Impfungen<br />
c) Luftverschmutzung<br />
d) Leckerli<br />
Wussten Sie, dass<br />
das Sommerekzem<br />
auch eine Allergie ist?<br />
Auswertung<br />
<strong>10</strong>–13 Punkte:<br />
Sie sind ein richtiger Experte. Ihnen<br />
macht niemand etwas vor.<br />
5–9 Punkte:<br />
Sie kennen sich schon recht gut aus,<br />
müssen aber noch etwas lernen.<br />
0–4 Punkte:<br />
Ihr Pferd ist sicher gut versorgt – trotzdem<br />
gibt es noch Nachholbedarf!<br />
Lösungen: 1a), 2c), 3d), 4a), 5b), 6c), 7b), 8a), 9c), <strong>10</strong>d), 11a), 12c), 13b)<br />
Fotos: Adobe Stock/ImageSine (1), IMAGO/Rau (1), slawik.com (2)<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
43
THEMA DES MONATS<br />
Gesunder<br />
Reiterrücken<br />
DYNAMISCHE STABILITÄT Stabil und mobil zugleich<br />
muss der Rücken sein, damit sich der Reiter korrekt<br />
auf dem sich bewegenden Pferd ausbalancieren kann.<br />
Das Problem? Die meisten Bewegungen im Rücken<br />
sind vom Kopf gar nicht oder nur bedingt beeinflussbar.<br />
Deshalb muss der Reiter so viele Informationen über<br />
seinen Körper sammeln wie möglich<br />
Text: Inga Dora Schwarzer<br />
Der Rücken des Reiters wird im Sattel stark belastet – gut, wenn<br />
man weiß, wie rückenschonendes Reiten gelingen kann<br />
44 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
TIPPS TO GO<br />
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<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
45
THEMA DES MONATS<br />
Eles cus, id ut lique quiae. Otate ipsunt as mossi<br />
dion exped magnitibeat eius, que litibus est et<br />
eum essin con nost, solum eum qui cus<br />
Der Rücken ist ein kleines Wunderwerk<br />
der Natur. „Man kann ihn<br />
beugen und strecken, zu beiden<br />
Seiten neigen und drehen, also in<br />
alle drei Dimensionen bewegen.<br />
Gleichzeitig koordiniert der Rumpf mithilfe<br />
des Rückens die Bewegungen der Arme und<br />
Beine und stabilisiert das ganze Bewegungssystem.<br />
Ohne Stabilität im Rücken ist kein<br />
UNSERE EXPERTIN<br />
Susanne von Dietze<br />
ist Krankengymnastin,<br />
Dressurreiterin,<br />
Ausbilderin<br />
und<br />
Richterin.<br />
Ihr Wissen<br />
ermöglicht<br />
ihr ein<br />
sensibles<br />
Verständnis für das komplexe Bewegungssystem<br />
von Reiter und Pferd, das<br />
sie in ihrem Reitunterricht sowie auf<br />
Lehrgängen im In- und Ausland weitergibt.<br />
Neu ist „Gyrokinesis für Reiter“, ein<br />
spezifisches Aufwärmprogramm, das<br />
sie vor Ort oder online anbietet.<br />
Gleichgewicht möglich“, schreibt die Ausbilderin<br />
und Physiotherapeutin Susanne von<br />
Dietze aus Israel in „Rücksicht auf den Reiterrücken“.<br />
Gerade die Beweglichkeit in alle<br />
Richtungen mache ihn stabil. „In der Physiotherapie<br />
wird dieser nur scheinbare Gegensatz<br />
als dynamische Stabilität des Rückens<br />
bezeichnet“, erläutert die Expertin. Diese<br />
Funktion erkläre auch seine Hauptaufgabe,<br />
nämlich die Balance immer wieder neu herzustellen<br />
und zu halten.<br />
Aufbau der Wirbelsäule<br />
Diesen Kontrast spiegelt die Wirbelsäule, die<br />
wie ein Turm aus einzelnen aufeinandergesetzten<br />
Wirbeln aufgebaut ist, ebenfalls wider.<br />
„Das Wort Wirbel steht für Bewegung<br />
in alle Richtungen, das Wort Säule für Stabilität<br />
und Stärke“, erklärt die Ausbilderin. Zugleich<br />
ähnelt sie einer Kettenkonstruktion<br />
mit vielen einzelnen Gliedern, die Stöße und<br />
Schwingungen viel besser abfangen kann<br />
als beispielsweise ein fester Stab. Durch ihre<br />
charakteristische Doppel-S-Form kann Bewegungsenergie<br />
besonders gut weitergeleitet<br />
werden. „Dieser typische, individuell mal<br />
mehr, mal weniger ausgeprägte Aufbau gibt<br />
ihr die Möglichkeit, ideal auf Zug- und Druckbelastungen<br />
reagieren zu können“, erklärt<br />
Susanne von Dietze.<br />
Aber nicht jeder Abschnitt weist die gleiche<br />
Beweglichkeit auf. Der beweglichste Teil<br />
Kann der Reiter seinen Rücken nicht gut wahrnehmen<br />
und kontrollieren, zeigen sich verschiedene<br />
Fehlhaltungen im Oberkörper. Diese wiederum<br />
führen zu Folgefehlern: falsche Beckenstellung, zu<br />
hoch, zu tief oder ungleich hoch getragene Hände,<br />
durchgedrückte oder hochgezogene Absätze sowie<br />
klemmende Oberschenkel<br />
ist die Halswirbelsäule. „Dort kann man sich<br />
in alle Richtungen bewegen. In der Brustwirbelsäule<br />
ist die Beweglichkeit schon durch<br />
die Rippen und den Brustkorb deutlich eingeschränkt.<br />
Hier kann man sehr schlecht<br />
beugen oder strecken, sich nur bedingt zur<br />
Seite neigen, dafür aber umso besser drehen,<br />
In der Lendenwirbelsäule ist die Drehung<br />
fast nicht möglich, Seitneigung nur begrenzt,<br />
dafür kann man gut beugen und strecken“,<br />
sagt von Dietze. Die Ursache dafür ist im<br />
Aufbau der einzelnen Wirbel zu finden.<br />
46 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
Leichttra be n<br />
Aufstehen neu gedacht<br />
Das Leichttraben werde häufig auf eine Pflichtübung während<br />
der Lösungsphase reduziert, bemängelt Susanne von Dietze.<br />
Dabei bietet es nicht nur eine Fülle rückenfreundlicher Lösungen,<br />
sondern lässt sich auch von Fortgeschrittenen nutzen<br />
▷ Fußwechsel im Stehen:<br />
„Das gängige Leichttraben verlangt bei jedem Handwechsel auch<br />
einen Fußwechsel: Der Reiter sitzt für einen Tritt aus, um in den<br />
neuen Rhythmus zu wechseln. Dieses Umsitzen lässt sich auch<br />
über ein zweimaliges „Aufstehen“ – also einen Übergang in den<br />
leichten Sitz für einen Trabtritt – durchführen“, so die Expertin.<br />
Dieses „Umstehen“ stellt eine größere Herausforderung an die<br />
Balance des Reiters dar. Probieren Sie es mal als Alternative aus!<br />
▷ Mit dem Rhythmus spielen:<br />
Wer den Fußwechsel über das Aufstehen beherrscht, kann<br />
beginnen, mit dem Rhythmus des Leichttrabens zu spielen und z.B.<br />
zweimal sitzen und zweimal stehen zu bleiben (Sitz-Sitz-Auf-Auf),<br />
rät die Ausbilderin. Weitere Abfolgen seien besonders anspruchsvoll.<br />
Sitz-Sitz-Auf würde sich besonders zur Beruhigung eiliger<br />
Pferde oder zum Gewöhnen junger Pferde an die Aussitz bewegung<br />
eignen, Sitz-Auf-Auf zum Lösen verspannter, empfindlicher,<br />
festgehaltener Pferderücken.<br />
Links: Viele Pferde werden bei Trab-Galopp-Trab-Übergängen<br />
gestört. Sie verspannen im Rücken. Durch das Leichttraben<br />
kann ihnen Vertrauen zurückgegeben werden<br />
Rechts: Erfahrene Reiter können das Leichttraben in neuen<br />
Varianten gezielt einsetzen, um ihre Balance zu schulen.<br />
Mit Rhythmuswechseln lassen sich aber auch Probleme<br />
wie etwa Eiligkeit lösen<br />
▷ Trabtritte kontrollieren:<br />
Wie gut können Sie Ihr Becken kontrollieren? „Zur Übung kann man<br />
einige Trabtritte lang etwas übertrieben hoch aufstehen, um danach<br />
das Aufstehen so klein wie nur irgend möglich werden zu lassen.<br />
Die minimalste Form des Leichttrabens ist ein verstecktes Aussitzen:<br />
Das Gesäß bleibt am Sattel, nur der Druck der Gesäßknochen<br />
verändert sich“, so die Physiotherapeutin. Diese kleinere Bewegung<br />
ist wesentlich anspruchsvoller. Um das Pferd nicht zu stören, muss<br />
sich der Reiter für den größeren Weg beim Aufstehen schneller,<br />
für den geringeren Weg beim minimierten Aufstehen langsamer<br />
bewegen. „Häufig nehmen Pferde ihr Tempo zurück, wenn man<br />
weniger aufsteht. So lassen sich Übergänge im Trab sowie Verkürzen<br />
und Verlängern der Tritte bereits im Leichttraben über das eigene<br />
Gewicht initiieren und kontrollieren“, erklärt von Dietze.<br />
▷ Übergänge anders gestalten:<br />
Übergänge zwischen Trab und Galopp sind für viele Reiter<br />
besonders schwierig zu reiten. „Die Kombination dieser Übergänge<br />
mit dem Leichttraben bietet hier eine gute Möglichkeit, eine<br />
bekannte Lektion rückenfreundlich zu gestalten“, sagt die Expertin.<br />
Das rücken freundliche Angaloppieren aus dem Leichttraben<br />
gelingt über eine Art Fußwechsel, bei dem das zweite Sitzen den<br />
passenden Augenblick für die Gewichtsverlagerung zur Einleitung<br />
der Galopphilfen bietet. „Pferde, die häufig vor oder nach einem<br />
Übergang im Rücken gestört wurden, bereiten sich instinktiv auf<br />
diese Störung vor, indem sie sich präventiv im Rücken festhalten“,<br />
weiß die Ausbilderin. Durch die Kombination könne ihnen wieder<br />
Vertrauen in die eigene Balance gegeben werden.<br />
Auch ein Galopp-Trab-Übergang kann mit dem Leichttraben<br />
verbunden werden. Der Vorteil: Der Reiter bereitet sich nach dem<br />
Galopp auf das Aufstehen im Trab vor und baut so keine negative<br />
Vorspannung gegen unbequemes Aussitzen auf. Er wird sich auch<br />
nicht zu schwer in den Pferderücken hineinsetzen. „Gelingt dies<br />
flüssig, ist der Reiter auch automatisch auf dem richtigen Fuß“,<br />
erklärt Susanne von Dietze.<br />
Fotos: FN Buch (1), slawik.com (13)
THEMA DES MONATS<br />
Ob der leichte Sitz für den Reiterrücken<br />
eine vermehrte Belastung oder eine<br />
Entlastung darstellt, wird kontrovers<br />
diskutiert. Die Frage lässt sich nicht so<br />
einfach beantworten, hängt sie doch von<br />
verschiedenen Parametern ab<br />
„Durch die Vorneigung des Rückens wird<br />
der Oberkörper zu einem langen Hebel, der<br />
zu seiner Stabilisierung mehr Arbeit der<br />
Rückenmuskeln benötigt als in der senkrechten<br />
Haltung“, erläutert die Expertin.<br />
Ein Fakt, der weder gut noch schlecht<br />
ist. Der leichte Sitz könne durchaus als<br />
Training für die tiefe Rückenmuskulatur<br />
genutzt werden, aber vor Übertreibung<br />
müsse gewarnt werden, so die Ausbilderin.<br />
Problematisch wird es, wenn die Rückenmuskeln<br />
zu schwach oder in ihrer Reaktion<br />
verkürzt sind oder aber beim Vorneigen<br />
des Oberkörpers<br />
nicht die natürliche<br />
aufrechte Stellung<br />
der Wirbelsäule<br />
beibehalten wird.<br />
In diesen Fällen<br />
könne die Stabilisierung<br />
oft nur<br />
mithilfe von Bändern<br />
und Sehnen<br />
geleistet werden,<br />
sagt die Physiotherapeutin.<br />
Auch<br />
müssten Reiter,<br />
die zum Hohlkreuz<br />
neigen, mit dieser<br />
Sitzform vorsichtig<br />
umgehen.<br />
Leichter Sitz<br />
Rückenfreundlich oder nicht?<br />
Aufs Pferd kommt es an<br />
Im Aussitzen wiederum könne der<br />
Oberkörper zwar leichter stabilisiert<br />
werden, aber durch den Kontakt der<br />
Gesäß knochen mit dem Sattel werden<br />
die Gelenke und Bandscheiben stärker<br />
belastet, weiß von Dietze. Vor allem die<br />
Pferdebewegung mache einen großen<br />
Unterschied aus. Hat ein Pferd einen<br />
steifen, nicht schwingenden Rücken, läuft<br />
es unausbalanciert oder schief, bedeutet<br />
dies immer eine deutliche negative<br />
Belastung – egal in welcher Sitzform.<br />
Die senkrechte Haltung benötigt auf<br />
dem Pferderücken weniger Kraft als die<br />
Vorneigung des Rückens im leichten Sitz<br />
„Jeder Wirbel besitzt Gelenke, mit denen er<br />
nach oben und unten mit dem benachbarten<br />
Wirbeln verbunden ist. Die Form dieser<br />
Facettengelenke bestimmt die mögliche Bewegungsrichtung.<br />
Zwischen den einzelnen<br />
Wirbelkörpern liegen die Bandscheiben, die<br />
wie ein Puffer oder Schwamm Bewegungen<br />
abfedern“, so die Expertin weiter.<br />
Der Rücken ist ferner von einem komplex<br />
verlaufenden Muskelsystem durchzogen.<br />
„Der diagonale Aufbau der Muskulatur gibt<br />
dem Rumpf eine deutlich verbesserte Stabilität,<br />
ohne die Beweglichkeit einzuschränken“,<br />
weiß sie. Hinzu kommt ein Aufbau in<br />
Schichten. „Die tiefste Schicht ist die kürzeste,<br />
sie kann die feinsten Bewegungen quasi<br />
unsichtbar im Untergrund durchführen. Die<br />
sichtbaren Bewegungen werden in der Regel<br />
von den oberflächlichen und längeren Muskeln<br />
ausgeführt.“ Das ausgeklügelte Körperteil<br />
ist genial, doch stellt es uns Menschen<br />
vor eine Herausforderung: Wir können den<br />
Rücken nicht so gut kontrollieren wie andere<br />
Körperbereiche, weil er unserer Wahrnehmung<br />
kaum zugänglich ist. „In der Konstruktion<br />
des Gehirns ist gar nicht vorgesehen,<br />
dass die Bewegungen des Rückens in unserem<br />
Bewusstsein viel Raum einnehmen. Die<br />
meisten dieser Bewegungen im Rücken werden<br />
über Reflexe gesteuert, von denen einige<br />
sogar nur über das Rückenmark laufen. Sie<br />
sind vom Kopf gar nicht oder nur bedingt zu<br />
beeinflussen“, betont von Dietze. Unsere Rückenmuskeln<br />
verrichten also tagtäglich ihre<br />
Arbeit, ohne dass wir ihnen dafür bewusst<br />
Befehle geben. „Das ist von der Natur geschickt<br />
eingerichtet worden. Stellen Sie sich<br />
vor, Sie müssten beim Gehen darüber nachdenken,<br />
welche Muskeln Sie wann und wie<br />
stark einsetzen müssten“, so die Ausbilderin.<br />
Dann kämen wir wohl kaum von der Stelle.<br />
Eigenen Körper kennenlernen<br />
Es ist also schwierig, den Rücken im Gegensatz<br />
zu Händen, Armen, Beinen oder Füßen<br />
wahrzunehmen und zu kontrollieren. Was<br />
kann der Reiter tun? Sammeln Sie so viele Informationen<br />
über Ihren Körper wie möglich,<br />
ist der Rat der Expertin. „Wir müssen erfahren,<br />
welche Hebel, welche Längen oder Kürzen<br />
die Konstruktion des eigenen Körpers<br />
vorgibt, wie die Beweglichkeit in den einzelnen<br />
Abschnitten möglich ist, zu welcher Seite<br />
man sich besser drehen kann usw.“ Insbesondere<br />
die individuellen Körperproportionen<br />
bilden spezielle Herausforderungen für die<br />
Balance. Das wird oft schon im Stand sichtbar,<br />
wenn man Reiter bittet, mit gebeugten<br />
Knien eine „Reithaltung“ einzunehmen.<br />
Ein Mensch mit langen Beinen und langen<br />
Unterarmen bildet große Hebel, die er<br />
meist durch eine leichte Rücklage ausbalanciert.<br />
Ein langes Becken, gepaart mit langen<br />
Oberarmen, führt zu einer vermehrten Belastung<br />
der Fersen, wobei Schulter und Hals<br />
für den Ausgleich der Balance stärker gefordert<br />
sind. Um das Gleichgewicht bei besonders<br />
langen Unterschenkeln zu halten, wird<br />
das Gewicht vermehrt auf die Vorfüße verlagert.<br />
Wie sehen Ihre Proportionen aus? Welche<br />
Hebelwirkungen weisen Ihre Körperabschnitte<br />
auf? Wie balancieren Sie sich in der<br />
„Reithaltung“ im Stand aus? „Den eigenen<br />
Körper auf diese Weise zu analysieren kann<br />
höchst aufschlussreich für ein besseres Verständnis<br />
der konstitutionell geprägten Anforderungen<br />
an den eigenen Rücken sein“, so<br />
die Expertin. Häufig bedarf es für eine bessere<br />
Wahrnehmung einer zusätzlichen Unterstützung<br />
von außen durch Foto- und Videoaufnahmen,<br />
durch einen Trainer oder den<br />
Blick in den Spiegel. „Je mehr Puzzleteile der<br />
Wahrnehmung wir sammeln, desto besser<br />
können wir das Gesamtbild erkennen“, erklärt<br />
Susanne von Dietze.<br />
Dazu zählt auch das Wahrnehmen des<br />
Körpers in der Bewegung. „Je besser das Bewegungsgefühl<br />
eines Reiters ausgeprägt<br />
ist, desto eher wird er die Pferdebewegung<br />
als Hilfestellung für die eigene Balance nutzen<br />
können“, meint von Dietze. In der Fol-<br />
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ge bewegt sich der Reiter automatisch rückenbewusst<br />
auf dem Pferderücken. Er reitet ökonomisch<br />
und setzt nur so viel Kraft ein, wie die jeweilige Aufgabe<br />
erfordert. „Eine solche Bewegung sieht leicht,<br />
spielerisch und flüssig aus“, sagt die Ausbilderin.<br />
Ist das Bewegungsgefühl aber nicht so gut ausgebildet<br />
oder wird vom Reiter eine Haltung verlangt, die<br />
der Rücken noch nicht sicher von alleine stabilisieren<br />
kann, kommt es zu Problemen. Dann habe der<br />
Mensch im Sattel beispielsweise im ausgesessenen<br />
Trab gar keine andere Wahl, als unkontrollierte Wackel-<br />
oder Kompensationsbewegungen (Rücken lage)<br />
auszuführen, seinen Rücken steif zu halten, sich in<br />
der Muskulatur zu verspannen oder fehlende Einwirkung<br />
über Kraft zu kompensieren.<br />
Das Gefühl kann täuschen<br />
Hinzu kommt eine weitere Komponente, welche die<br />
Rückenkontrolle erschwert: Unsere Wahrnehmung<br />
täuscht uns manchmal. So stimmt unser Gefühl<br />
für die Mitte, die aufrechte Haltung oder die Position<br />
des Oberkörpers nicht immer mit der wirklichen<br />
Lage überein. „Wir denken zum Beispiel, dass<br />
wir gerade sitzen, tatsächlich aber sind wir im Stuhlsitz<br />
(der sich für den Reiter höchst bequem anfühlen<br />
kann). Korrigiert der Reitlehrer den Oberkörper<br />
nach vorne, so empfindet der Reiter den korrekten<br />
Sitz als extreme Vorlage“, weiß die Expertin aus ihrer<br />
langjährigen Praxis zu berichten.<br />
Noch schwieriger wird es, wenn es um die Korrektur<br />
von seitlichen Asymmetrien im Oberkörper<br />
geht. Nach einer Korrektur würden viele sagen: „Ach<br />
so, wenn es sich für mich anfühlt, als ob ich zu weit<br />
nach rechts oder links sitze, dann bin ich in der Mitte.“<br />
Das aber, meint Susanne von Dietze, sollte nicht<br />
die Intention des Reitlehrers sein. Anweisungen<br />
zum „falschen Fühlen“ würden auf Dauer zur Überkorrektur<br />
führen und das wichtigste Ziel verpassen:<br />
das sichere Gefühl des Reiters für die korrekte Mitte<br />
zu schulen, betont sie. Ihre Empfehlung: „Die korrigierte<br />
Stellung wird schneller zur Norm, wenn man<br />
sich bewegt und nicht starr an einer Korrektur festhalten<br />
will.“ Dafür muss der Reiter den Bewegungsspielraum<br />
seines Körpers voll ausschöpfen und sich<br />
gleichmäßig in alle Richtungen bewegen. Nur dann<br />
kann ihm seine Körperwahrnehmung eine korrekte<br />
Rückmeldung geben.<br />
Ein Beispiel: „Wenn jemand von eins bis zehn zählen<br />
kann und man ihn nach der Mitte fragt, wird er<br />
„fünf“ antworten. Fragt man aber jemanden, der nur<br />
bis sechs zählen kann, so lautet die überzeugte Antwort<br />
auf die Frage nach der Mitte: Drei. Wir müssen<br />
folglich unsere Gelenke und Muskeln stets so bewegen,<br />
dass sie auch bis zehn zählen können“, veranschaulicht<br />
die Ausbilderin. Wer diesen Rat beherzigt,<br />
kann seinen Rücken im Sattel besser wahrnehmen<br />
und kontrollieren. Dadurch verbessern sich automatisch<br />
der Sitz und die reiterliche Hilfengebung.<br />
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THEMA DES MONATS<br />
Eigene<br />
Grenzen erkennen<br />
TRAINING OHNE ÜBERLASTUNG Schmerzhafte Verspannungen<br />
des Rückens können durch das Sitzen auf dem Pferderücken gelöst<br />
werden. Dabei sollte der Reiter jedoch besonders bewusst und<br />
rücksichtsvoll mit dem eigenen Körper umgehen<br />
Text: Inga Dora Schwarzer<br />
Rückenschmerzen haben sich Platz<br />
eins auf der Liste der häufigsten<br />
Zivilisationskrankheiten erobert.<br />
Verschiedene Studien belegen, dass<br />
etwa 80 Prozent der Deutschen<br />
schon einmal darunter gelitten haben. Am<br />
häufigsten ist der untere Rücken betroffen.<br />
Auch Reiter sind davon nicht ausgenommen.<br />
„Die statistische Wahrscheinlichkeit spricht<br />
dafür, dass jeder Reiter im Verlauf seiner<br />
sportlichen Karriere mehrfach mit Rückenschmerzen<br />
zu kämpfen hat“, notiert Susanne<br />
von Dietze in ihrem Buch „Rücksicht auf<br />
den Reiterrücken“. Man sollte sie immer als<br />
Warnung respektieren – der Versuch, sie zu<br />
ignorieren oder zu überspielen, habe kaum<br />
Aussicht auf Erfolg. Besser ist es, auf Ursachensuche<br />
zu gehen. Insbesondere einseitige<br />
Belastungen, Überbelastungen, Fehlhaltungen,<br />
Übergewicht, Bewegungsmangel und<br />
wenig sportliche Betätigung können Schäden<br />
und daraus resultierende Schmerzen im<br />
Bereich der Wirbelsäule auslösen. Wer über<br />
Rückenprobleme klagt, bringt diese meist<br />
aus seinem Alltag mit auf den Pferderücken –<br />
mit Folgen auch für das Reiten.<br />
Eingeschränkte Beweglichkeit<br />
Unter Verspannungen leidet die Beweglichkeit<br />
des Sitzes. Die Schwingungen des Pferderückens<br />
können nicht mehr so gut abgefedert<br />
werden. Sitzt der Reiter schief im Sattel, kann<br />
er die Schiefe des Pferdes verstärken. Oft wird<br />
auch versucht, durch eine veränderte Körperhaltung<br />
dem Schmerz auszuweichen. Dann<br />
kommt es, ebenso wie bei einer zu wenig ausgebildeten<br />
Rückenmuskulatur, schnell zu<br />
Kompensationsmustern. Der Reiter nimmt<br />
z. B. einen Stuhl- oder Spaltsitz ein, zieht die<br />
Schultern hoch, macht einen Rundrücken,<br />
klemmt mit den Oberschenkeln, schiebt die<br />
Unterschenkel weit nach vorne oder zieht die<br />
Absätze hoch. „Diese Kompensationsmuster<br />
kosten in der Regel unnötig Kraft und können<br />
den Rücken negativ belasten“, so die Expertin.<br />
Reiter wenden sie auch dann noch an, wenn<br />
ihre Schmerzen gar nicht mehr vorhanden<br />
sind. „Strategien zur Schmerzvermeidung<br />
50 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
schmerzfreien Rücken darstellt. Die kurzen<br />
Muskeln müssen dabei die eigentliche Haltearbeit<br />
im Körper wieder übernehmen, mit<br />
der die langen äußeren Muskeln schmerzhaft<br />
überfordert sind“, erklärt von Dietze. Reiten<br />
hat damit sogar muskelkräftigende Effekte.<br />
Wer mit einem verspannten oder schmerzenden<br />
Rücken in den Sattel steigt, sollte seine<br />
Trainingseinheit aber anders gestalten als<br />
üblich. „Freilich erfordert das Reiten in dieser<br />
Situation volle Rücksicht auf den eigenen<br />
Körper – leistungs- und fertigkeitsorientierte<br />
Ziele müssen in solchen Reitstunden<br />
außen vor bleiben. Situationen, die den Rücken<br />
besonders belasten oder durch unvorhergesehene<br />
Bewegungsabläufe gefährden,<br />
muss man vermeiden“, sagt sie. Dazu zählt<br />
jede Art von Konfrontation mit dem Vierbeiner,<br />
ebenso das Springen und Reiten von<br />
Korrekturpferden. „Gefragt sind Rundum-<br />
Bedingungen, die es erlauben, sich zunächst<br />
vorrangig auf den eigenen Körper zu konzentrieren“,<br />
ergänzt von Dietze.<br />
Eine gemeinsame Lösungsphase für Pferd<br />
und Reiter gehöre zu den wichtigsten Anforderungen<br />
für einen bewussten Umgang<br />
mit dem geplagten Rücken. Versuchen Sie<br />
über die Stellung des Beckens, die Sitzform<br />
und die Steigbügellänge, eine schmerzfreie<br />
Ausgangsposition im Sattel zu finden. Reiten<br />
Sie lange Schritt, lassen Sie sich „durchbewegen“,<br />
aktivieren und dehnen Sie verschiedene<br />
Muskelpartien rund um den<br />
Rumpf. Entlasten Sie Ihren Rücken durch das<br />
Leichttraben und das Einnehmen eines Entlastungssitzes.<br />
Auch hier ist ein weiteres Mobilisieren<br />
hilfreich. Zudem kann ein Wechsel<br />
zwischen Anspannen und Loslassen der<br />
Rückenmuskulatur im Rhythmus der Pferdebewegung<br />
(zum Beispiel durch eine häufige<br />
Positionsänderung wie Aussitzen, Leichttraben<br />
oder leichter Sitz) den Rücken lockern.<br />
schreiben sich nachhaltig ins Körpergedächtnis.<br />
Wenn bestimmte Bewegungsabläufe über<br />
längere Zeit mit Schmerzen verbunden waren,<br />
muss man diese Bewegungen tatsächlich<br />
neu einüben, wenn die Schmerzen verschwunden<br />
sind“, merkt die Expertin an.<br />
Das gelingt über viele Wiederholungen und<br />
Übungen. „Man muss die neue Bewegung zunächst<br />
einfacher und langsamer, dann auch<br />
feiner und schneller immer und immer wieder<br />
ausführen“, sagt Susanne von Dietze.<br />
Die Entscheidung, ob man trotz akuter Rückenschmerzen<br />
überhaupt aufs Pferd steigt<br />
oder nicht, liegt bei jedem Einzelnen und<br />
sollte im Zweifelsfall einem Arzt, besser noch<br />
einem reitenden Mediziner überlassen werden.<br />
Bei heftigen starken Schmerz zuständen<br />
oder bei akuten entzündlichen bzw. degenerativen<br />
Erkrankungen sollte jedoch nicht<br />
geritten werden. „Genau zu unterscheiden,<br />
wann ein Schmerz schützt oder schadet, ist<br />
eine nicht immer leichte Aufgabe. Erfahrene<br />
Therapeuten, eine gute Wahrnehmung des<br />
eigenen Körpers und Eigenverantwortlichkeit<br />
gehören zu einer erfolgreichen Schmerztherapie<br />
dazu“, meint die Physiotherapeutin.<br />
Schmerzkreislauf durchbrechen<br />
Das Reiten kann in vielen Fällen sogar förderlich<br />
sein, wenn der Rücken Probleme macht,<br />
denn der Pferderücken bewegt das Becken<br />
des Reiters rhythmisch in allen drei Bewegungsdimensionen.<br />
Damit ähnelt das Sitzen<br />
im Sattel der menschlichen Gehbewegung<br />
und hat das Potenzial, einen Schmerzkreislauf<br />
zu durchbrechen. Mehr noch: „Die dynamische<br />
Stabilisierung des Oberkörpers, die<br />
beim Reiten nötig ist, fordert und fördert die<br />
tiefe Rückenmuskulatur, deren ungestörte<br />
rhythmische Arbeit Voraussetzung für einen<br />
Nach anstrengenden<br />
Aufgaben braucht<br />
auch der Reiterrücken<br />
eine Pause<br />
Präventiv handeln<br />
Wichtig sei stets, einer Überanstrengung vorzubeugen.<br />
Verringert sich Ihre Koordination,<br />
verlieren Sie an Losgelassenheit im Sitz<br />
oder stellen sich kleinere Verkrampfungen<br />
ein, steckt vielleicht eine Ermüdung der tiefen<br />
Rückenmuskulatur dahinter. „Eine Pause<br />
oder Veränderung der Aufgabe ist dringend<br />
notwendig, um eine Schädigung des Rückens<br />
zu vermeiden. Im Training sollte die Ermüdungsgrenze<br />
nicht überschritten werden.<br />
Man kann entweder eine einfachere Aufgabe<br />
über längere Zeit absolvieren oder eine<br />
schwerere Aufgabe in kürzeren Trainingseinheiten“,<br />
erläutert Susanne von Dietze. Das<br />
heißt aber nicht, dass Sie nach den ersten Ermüdungserscheinungen<br />
das Reiten abbrechen<br />
müssen. Im Sattel lässt sich eine ermüdete<br />
Muskulatur auch wieder „entmüden“.<br />
Rhythmisches Bewegen, leichtes Dehnen,<br />
Schrittreiten, kurzes Leichttraben oder Zügel-aus-der-Hand-kauen-Lassen<br />
können als<br />
Entspannungsmomente dienen. So gelingt<br />
rückenschonendes Reiten.<br />
Risiken<br />
Wissen<br />
● Balanceprobleme<br />
● Untaktmäßiges Gehen<br />
● Auf der Hand liegen<br />
● Festgehaltener Rücken<br />
● Schiefes Pferd<br />
● Unvorhergesehene Ereignisse<br />
Fotos: Adobe Stock/Mandisa Tozo (1), slwaik.com (3)<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
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51
THEMA DES MONATS<br />
Fitness-<br />
Übungen<br />
MOBILISIEREN UND KRÄFTIGEN<br />
Der Reiterrücken muss stabil und mobil zugleich<br />
sein. Nur dann gelingt es, den Oberkörper im<br />
Sattel mühelos auszubalancieren, optimal<br />
aufzurichten und zu drehen. Übungen für<br />
mehr Kraft und Beweglichkeit können<br />
dem Reiter dabei helfen<br />
Text: Inga Dora Schwarzer<br />
52 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
Finden Sie Ihre Balance!<br />
Fällt es Ihnen schwer, sich beim Reiten aufzurichten, den Oberkörper<br />
in Balance zu halten oder eine positive Grundanspannung<br />
aufzubauen? Dann sollten Sie die Bewegungsspielräume Ihres<br />
Körpers ausloten<br />
▷ Übung 1: Sitze ich mittig?<br />
„Die Stellung des Beckens und die Aufrichtung des Oberkörpers stehen<br />
in einem funktionalen Zusammenhang. Nur mit einer mittleren<br />
Beckenstellung kann sich der Reiter entlang einer gedachten Senkrechten<br />
ausbalancieren“, erklärt Susanne von Dietze in „Rücksicht<br />
auf den Reiterrücken“. So gelingt auch eine symmetrische Gewichtsverteilung<br />
auf beide Gesäßknochen. „Je gerader der Reiter sitzt, desto<br />
einfacher ist es für ihn, den eigenen Schwerpunkt zu kontrollieren<br />
und beständig über dem Schwerpunkt des Pferdes auszubalancieren“,<br />
sagt die Expertin. Die Beckenstellung und die Position des Oberkörpers<br />
wiederum beeinflussen die Beinhaltung aus den Hüftgelenken<br />
heraus. Diesen Zusammenhang können Sie selbst erfühlen, indem<br />
Sie Ihren Oberkörper beim Schrittreiten mehrmals langsam nach<br />
vorne und nach hinten beugen. Am Ende der Pendelbewegung sollten<br />
Sie eine mittige Position eingenommen haben.<br />
Eine falsche Rückenposition<br />
behindert die<br />
Einwirkung des Reiters<br />
▷ Übung 2: Ausbalancierter leichttraben<br />
Das Gefühl für Ihre Mitte können Sie im Trab weiter sensibilisieren.<br />
Die folgende Bewegungsaufgabe, die sich am Bild einer Uhr orientiert,<br />
hilft zudem, das Becken in alle Bewegungsrichtungen zu mobilisieren<br />
und die Hüftmuskulatur zu lockern. „Dafür stellt man sich unter<br />
den Gesäßknochen flach auf dem Sattel das Ziffernblatt einer Uhr<br />
vor mit der Zwölf vorne am Sattelzwiesel. Bei jedem Hinsetzen kann<br />
man versuchen, eine andere Uhrzeit zu erreichen“, erläutert die Physiotherapeutin.<br />
Vielen Reitern würde die Seitbewegung (abwechselnd<br />
hinsetzen in Richtung drei Uhr und neun Uhr) am leichtesten fallen.<br />
Andere wiederum würden sich besser in die Bewegungsrichtung einfühlen,<br />
wenn sie ihr Becken jeweils von der Mitte aus ein- oder mehrmals<br />
hintereinander erst zur einen, dann zur anderen Seite bewegen.<br />
Probieren Sie aus, welche Abfolge Ihnen mehr zusagt.<br />
Noch anspruchsvoller für die Balance sei der Wechsel zwischen zwölf<br />
und sechs Uhr. Später könne man auch diagonal gegenüberliegende<br />
Uhrzeiten bzw. Kreisbewegungen (z.B. alle zwei Stunden mit oder gegen<br />
den Uhrzeigersinn) einbeziehen, ergänzt Susanne von Dietze.<br />
▷ Übung 3: Aufrichtung verbessern<br />
„Beim Beugen nach hinten rutschen die Unterschenkel automatisch<br />
nach vorne, und die Knie gleiten nach oben. Beim Vorbeugen<br />
verlieren die Gesäßknochen den Kontakt mit dem Sattel; man sitzt<br />
vermehrt auf der Oberschenkelmuskulatur, und die Unterschenkel<br />
rutschen zu weit nach hinten“, erklärt die Expertin. Die Muskeln<br />
reagieren jeweils reflektorisch auf die sich verändernde Gleichgewichtssituation.<br />
„Das tun sie aber nur, wenn die Wirbelsäule dabei<br />
gerade gehalten wird und das Beugen in der Hüfte stattfindet“, ergänzt<br />
die Physiotherapeutin. Sitzt der Reiter nicht mittig, wird dadurch<br />
seine Einwirkung behindert.<br />
Der Reiter soll sich vom Pferd bewegen lassen. Das bedeutet konkret:<br />
„Während die Hüftgelenke die Bewegung des Pferderückens in allen<br />
drei Bewegungsdimensionen zulassen, braucht der Oberkörper eine<br />
gute Grundspannung, um aufrecht zu bleiben. Keinesfalls darf er dabei<br />
in naheliegenden Gegenbewegungen ausweichen und gegen die<br />
Pferdebewegung arbeiten“, erklärt die Physiotherapeutin.<br />
Damit dies nicht geschieht, empfiehlt die Ausbilderin folgende<br />
Übung zur Verbesserung der Aufrichtung: Lassen Sie sich so passiv<br />
wie möglich auf dem Pferd im Schritt durchschaukeln und den<br />
Rücken (ausnahmsweise) ein wenig rund werden. Dann beginnen<br />
Sie, die Arme ein Stück vor dem Körper nach außen zu drehen. „Als<br />
Folge werden die Schultern nach hinten und die Schulterblätter etwas<br />
dichter am Rücken zusammengeschoben. In der weiterführenden<br />
Bewegung werden die Arme mit den Handflächen nach oben<br />
vor dem Körper getragen“, so von Dietze. Diese vermehrte Grundspannung<br />
dürfe aber das Gefühl der Losgelassenheit des unteren Rückens<br />
und der Hüften nicht verändern. „Führt man die Hände dann<br />
in die Position der Zügelfäuste zurück, kann man fühlen, dass man<br />
die Fäuste regelrecht tragen muss – und zwar mithilfe der Bauchmuskulatur,<br />
die den Brustkorb von unten stützt.“<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
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53
THEMA DES MONATS<br />
Rotieren Sie leichter!<br />
Durch die Bewegung von Kopf, Hals und Schultergürtel wird eine<br />
Drehbewegung im Körper ausgelöst, die u.a. in Wendungen und<br />
Seitengängen wichtig ist. Verbessert sich die Rotation des Rumpfes,<br />
gelingt eine feinere Hilfengebung<br />
▷ Übung 4: Diagonales Loben<br />
Optimieren Sie Ihre Drehrichtung, indem Sie sich mit einer Hand<br />
vorne am Sattel festhalten, um Ausweich- und Kompensationsbewegungen<br />
zu verhindern, und mit der anderen Hand mehrfach entlang<br />
der Kruppe in Richtung Schweifansatz streichen. Dann wechseln Sie<br />
die Seite. Aber Vorsicht, diese Berührung kommt für das Pferd unverhofft,<br />
gibt von Dietze zu bedenken. Stellen Sie daher sicher, dass Ihr<br />
Pferd den Kontakt mit der Hand an dieser ungewohnten Stelle duldet.<br />
Falls nicht, können Sie die Bewegung nur in der Luft andeuten.<br />
▷ Übung 6: Schulter gegen Becken<br />
Wie wird das Pferd in der klassischen Reitlehre gelobt? Die Zügel werden<br />
in eine Hand genommen, und der Vierbeiner wird mit der anderen<br />
Hand auf der gegenüberliegenden Halsseite gelobt. Warum<br />
eigent lich? „Diese Forderung entspringt dem Wissen um die Stabilität<br />
der Wirbelsäule in der Rotation“, weiß von Dietze. Bei dieser Form<br />
des Lobens würde der Reiter viel ausbalancierter und damit sicherer<br />
sitzen als beim Loben mit einer Hand auf der gleichen Halsseite.<br />
Sie empfiehlt, dieses Loben als funktionale Bewegung für die<br />
Brustwirbelsäule auszuführen. Starten Sie die Bewegung vom Kopf<br />
aus in Richtung der eigenen Achselhöhle und nehmen Sie Ihr Kinn<br />
mit in die Richtung, bevor der Rumpf folgt. Verkürzungen in der<br />
Rumpfmuskulatur, die zur Einseitigkeit in der Rotation führen,<br />
münden oder beginnen nämlich schon bei der Kopfdrehung, sagt<br />
die Expertin. Diese Rotation lässt sich steigern, wenn Sie Druck und<br />
Richtung der lobenden Handbewegung variieren (z.B. weiter vorne<br />
am Pferdehals). Verfeinern können Sie die Übung ferner, indem Sie<br />
im Leichttraben eine Hand auf den Pferdehals legen und sie beim<br />
Hinsetzen leicht nach unten schieben.<br />
Jede Bewegung beginnt mit der Kopfhaltung. Deshalb dominiert der<br />
Kopf in Verbindung mit dem Hals und dem Schultergürtel die gesamte<br />
Bewegungsrichtung des Körpers, sagt von Dietze. Besteht hier<br />
eine körperliche Einschränkung, hat das negative Folgen. „Einseitig<br />
verspannte Schultern führen zu einer verminderten Durchblutung<br />
und damit zu einer verminderten Funktion. Andere Abschnitte des<br />
Rückens müssen ersatzweise herhalten und werden schnell überfordert“,<br />
warnt die Ausbilderin.<br />
Achten Sie deshalb auf eine gute Beweglichkeit in diesem Bereich,<br />
die durch folgende Übungen erreicht werden kann: Drehen Sie den<br />
Kopf erst zur einen, dann zur anderen Seite, während der Körper geradeaus<br />
gehalten wird, drehen Sie Kopf und Schultergürtel gemeinsam<br />
in eine Richtung oder drehen Sie den Brustkorb und versuchen Sie –<br />
so weit möglich – geradeaus zu schauen. „Wer es schafft, mit Becken<br />
und Beinen gleichmäßig mit der Pferdebewegung mitzugehen und<br />
dabei mit den Bewegungen von Kopf und Schultergürtel zu spielen,<br />
beherrscht die Voraussetzungen dafür, Reiterhilfen souverän auszuführen“,<br />
meint die Physiotherapeutin.<br />
Die Kopfh altung<br />
beeinflusst<br />
maßgeblich die<br />
Bewegungsrichtung<br />
des Körpers<br />
▷ Übung 5: Drehbewegung im Sattel<br />
Stellen Sie sich vor, jemand bittet Sie, sich in Richtung des Pferderückens<br />
nach hinten zu drehen. Welche Drehrichtung würden Sie<br />
wählen? „Mit Sicherheit ist es die Drehung zur gleichen Seite, die<br />
man auch im Alltag bevorzugt, wenn man unverhofft von hinten<br />
angesprochen wird. Das Körpergedächtnis arbeitet zuverlässig,<br />
ohne dass wir uns dessen bewusst sind“, so die Expertin. Habe der<br />
Körper die Wahl zwischen zwei spiegelverkehrten Bewegungsrichtungen,<br />
würde er sich für die Seite entscheiden, zu der sich die Bewegung<br />
einfacher, schneller, flüssiger und leichter ausführen lasse.<br />
Beim Reiten sollten aber beide Drehbewegungen annähernd gleich<br />
ausgeführt werden können.<br />
54 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
Werden Sie stabiler!<br />
Wenn der Rücken ermüdet, sinken Koordination und Losgelassenheit<br />
des Reiters. Eine starke und stabile Rumpfmuskulatur hingegen<br />
hält den Herausforderungen im Sattel länger stand und beugt<br />
Verspannungen vor<br />
▷ Übung 7: Stabiler Rücken<br />
Eine gerade Körperhaltung, das Aufrichten des Oberkörpers sowie<br />
die Neigung und Drehung der Wirbelsäule werden u.a. von der Beweglichkeit<br />
und Stabilität des Rückenstreckers beeinflusst. Um ihn<br />
zu kräftigen, empfiehlt sich folgende Fitnessübung, die Sie zu Hause<br />
durchführen können. Legen Sie sich auf den Rücken und legen Sie<br />
die Arme neben<br />
dem Oberkörper<br />
auf dem<br />
Boden ab. Die<br />
Beine winkeln<br />
Sie ein wenig<br />
geringer als 90<br />
Grad an. Die<br />
Füße stellen Sie<br />
auf den Boden.<br />
Nur durch die<br />
Kraft der Beine<br />
und des Gesäßes<br />
heben Sie das Becken an, damit Oberschenkel und Oberkörper<br />
eine gerade Linie bilden. In dieser Position strecken Sie ein Bein<br />
so aus, dass es die Linie verlängert und parallel zum anderen Oberschenkel<br />
verläuft. Die Fußspitze wird angezogen. Diese Position halten<br />
Sie einige Sekunden, bis das Bein wieder auf dem Boden abgesetzt<br />
wird. Danach erfolgt ein Beinwechsel.<br />
▷ Übung 8: Kräftigende Koordination<br />
Eine weitere Übung für mehr Kraft im Rücken beinhaltet gleichzeitig<br />
eine Bewegungsaufgabe: Gehen Sie in den Vierfüßlerstand, bei<br />
dem Sie sich auf den Händen und den Knien am Boden abstützen.<br />
Halten Sie den Kopf in Verlängerung der Wirbelsäule mit Blick auf<br />
den Boden gerade. Dann strecken Sie einen Arm nach vorne und<br />
das diagonale Bein gerade nach hinten aus. Der Ellenbogen und das<br />
entgegengesetzte Knie werden jetzt unter dem Körper, genauer gesagt<br />
unter dem Bauch, mit einer Berührung zusammengeführt und<br />
dann wieder gestreckt. Der Arm und das Bein werden wieder abgesetzt,<br />
um den anderen Arm und das entgegengesetzte Bein zu bewegen.<br />
Alternativ können auch erst einige Wiederholungen ausgeführt<br />
werden, bis die Seiten gewechselt werden. Mit dieser Übung<br />
werden nicht nur die Gesäßmuskeln gekräftigt und die Rumpfmuskeln<br />
gestärkt sowie zur Stabilisierung angehalten, sie schult gleichzeitig<br />
auch die Koordinationsfähigkeit.<br />
Dehnen Sie sich gesund!<br />
Der untere Rücken ist besonders häufig von Verspannungen und<br />
Verkürzungen betroffen. Entlasten Sie ihn und erhalten Sie gleichzeitig<br />
seine Beweglichkeit, indem Sie ihn dehnen. So können Sie<br />
den Pferdebewegungen im Sattel leichter folgen<br />
▷ Übung 9: Liebhaben<br />
„Behutsame Dehnübungen für diesen Bereich lassen sich gut im<br />
Schritt auf dem Pferd ausführen“, weiß von Dietze und empfiehlt<br />
eine Übung, die vergleichbar mit einer Umarmung des Pferdehalses<br />
ist. „Man beugt sich – beginnend mit dem Kopf – langsam, so weit es<br />
geht, vorneüber. Der Kopf muss dabei zur Seite neben den Pferdehals<br />
genommen werden.“ Bei einer Wiederholung der Übung wechseln<br />
Sie die Seite. Der Reiterrücken wird dabei vom Pferderücken regelrecht<br />
durchbewegt. Beim Wiederaufrichten sollten Sie sich leicht mit<br />
den Händen am Pferdehals abstützen und den Rücken vom Becken<br />
aus nach oben Wirbel für Wirbel aufrichten. Kopf und Hals stellen<br />
die letzten Glieder dieser Bewegungskette dar. „Bereiche, in denen<br />
man Verspannungen im Rücken spürt, kann man gezielt durch zentimeterweises<br />
Auf- und Abbewegen bearbeiten“, ergänzt sie. Als Gegenbewegung<br />
könnten<br />
Sie sich hinten am Sattelkranz<br />
abstützen, sich<br />
in die Bügel stellen und<br />
das Becken nach vorne<br />
schieben, während Sie<br />
sich so weit wie möglich<br />
im Oberkörper strecken,<br />
empfiehlt von Dietze.<br />
▷ Übung <strong>10</strong>: Rücken entspannen<br />
Ihren unteren Rücken können Sie auch gezielt zu Hause dehnen.<br />
Gehen Sie in Rückenlage und winkeln Sie Ihre Beine an. Ziehen Sie<br />
dann die Knie, so weit es geht, zur Brust. Die Oberschenkel sollten<br />
jetzt den Bauch berühren. Nun umfassen Sie die Beine mit den Händen<br />
etwas unterhalb der Knie und ziehen Sie diese noch etwas weiter<br />
an Ihren Brustkorb heran, bis Sie eine Dehnung spüren. Bewegen<br />
Sie nun den Oberkörper leicht von einer Seite zur anderen. Strecken<br />
Sie sich und wiederholen Sie den Vorgang.<br />
Fotos: Adobe Stock/ degreez (1), /kegfire (1), slawik.com (6)<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
55
Das häufigste Anzeichen einer allergischen<br />
Reaktion sind Pusteln. Diese können am ganzen<br />
Körper auftreten, verschwinden meist aber<br />
wieder von selbst<br />
TIPPS TO GO<br />
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56 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
FRAGE DES MONATS<br />
Nesselfieber<br />
Eine der am häufigsten auftretenden Hautkrankheiten ist<br />
Nesselfieber (Urtikaria). Es erkranken daran sogar mehr Pferde als am Sommerekzem.<br />
Meist verläuft diese Erkrankung harmlos<br />
Text: Nora Dickmann<br />
12/22<br />
COPD<br />
01/23<br />
Tasthaare<br />
02/23<br />
Body Condition Score<br />
Fotos: IMAGO/Frank Sorge (1)<br />
Wie macht sich Nesselfieber bemerkbar?<br />
Plötzlich treten einzelne oder mehrere unterschiedlich große,<br />
mit Flüssigkeit gefüllte Quaddeln auf der Pferdehaut auf.<br />
Meist sind Hals, Brust und Schulter von diesem Hautausschlag<br />
betroffen. Die Quaddeln haben meist die Größe eines Zweieurostückes,<br />
können aber auch ihre Größe ändern und/oder zusammenfließen.<br />
Selten jucken oder schmerzen diese Schwellungen.<br />
Die meisten Pferde stört diese Reaktion nicht, bei einigen<br />
kann es aber dazu führen, dass sich der Allgemeinzustand etwas<br />
verschlechtert oder die Tiere matt wirken. In der Regel verschwinden<br />
die Quaddeln innerhalb einiger Stunden, spätestens<br />
aber nach einigen Tagen wieder. Die Quaddeln öffnen sich nach<br />
außen und sondern eine Flüssigkeit ab, was zu Krusten auf der<br />
Haut führt. Die Pferde können erst wieder geritten werden, wenn<br />
diese kleinen Hautwunden verheilt sind.<br />
Welche Ursachen hat diese Hautkrankheit?<br />
Nesselfieber ist eine allergische Reaktion. Meist ist dabei das Abwehrsystem<br />
des Körpers aus den Fugen geraten und reagiert (unnötig)<br />
stark auf Substanzen, die sogenannten Allergene. Blutgefäßwände<br />
werden durchlässiger, und Flüssigkeit tritt ins Gewebe<br />
über. Diese Reaktion wird durch die Aufnahme der Allergene,<br />
als auch durch den Kontakt mit diesen, ausgelöst. Diese können<br />
beim Fressen oder durch die Atemluft aufgenommen werden.<br />
Medikamente, Futterbestandteile, Schimmelpilze, Pflanzengifte,<br />
Staub, Milben und Blütenpollen sind einige Beispiele dafür.<br />
Medikamente und Insektenstiche lösen die allergische Reaktion<br />
durch die Haut aus, aber auch Holzschutzpräparate oder Düngeund<br />
Insektenvernichtungsmittel können Auslöser sein. Ein plötzlicher<br />
Futterwechsel, etwa durch anderes Rau- oder Kraftfutter,<br />
kann Nesselfieber ebenso auslösen. Andere Allergene hingegen<br />
werden durch den direkten Kontakt ausgelöst, die sogenannten<br />
Kontaktstoffe. Dazu zählen Pflegeprodukte, Salben, Cremes, Einstreu<br />
oder Waschmittel. Tritt Nesselfieber häufiger auf, sollte der<br />
Ursache dringend auf den Grund gegangen werden.<br />
Wie wird Nesselfieber behandelt?<br />
Bei einem anaphylaktischen Schock muss der Tierarzt sofort<br />
eine Infusion anhängen, den Kreislauf stabilisieren und Kortison<br />
spritzen, um die übermäßige Reaktion des Immunsystems<br />
zu mildern. Wenn das Pferd öfter unter Nesselfieber leidet, kann<br />
der Tierarzt mittels Blutprobe herausfinden, worauf das Tier so<br />
stark reagiert. Der Hautausschlag selbst muss nicht behandelt<br />
werden. Normalerweise verschwinden die Pusteln am Körper<br />
aber wieder von selbst.<br />
Wie kann der Tierhalter vorbeugen und unterstützen?<br />
Normalerweise verschwindet das Nesselfieber wieder von alleine.<br />
Bleibt das Allergen allerdings erhalten, kann auch das Nesselfieber<br />
nicht vollständig abheilen. Das ist der Fall bei einer Futtermittel-<br />
und Blütenpollenallergie. Eine Futtermittelallergie<br />
kann ausgeschlossen werden, indem der Tierhalter radikal sämtliches<br />
Futter streicht und beispielsweise mit einem einzelnen<br />
Futtermittel, wie Heu, neu beginnt. Tritt keine Allergie auf, kann<br />
schrittweise immer mehr Futter hinzugenommen werden, bis<br />
das allergieauslösende Futter gefunden wird.<br />
Bricht Nesselfieber aus, sollte das Pferd nicht in der prallen<br />
Sonne stehen, und die Quaddeln sollten gekühlt werden. Hierzu<br />
eignet sich kalter Schwarzer Tee oder Wasser, in welches ein<br />
Schuss Obstessig und circa sechs Tropfen Crab Apple pro Liter<br />
gegeben werden. Tunken Sie ein Tuch hinein und legen Sie dieses<br />
dem Pferd um den Hals. Achtung bei Kühlgels, diese können<br />
ebenfalls Allergene enthalten. Ein Umschlag aus essigsaurer<br />
Tonerde kann ebenfalls wohltuend für das Pferd wirken.<br />
Gehen die Wasseransammlungen jedoch auf den Kopf über,<br />
sollte schnellstens ein Tierarzt gerufen werden! Denn die Gefahr,<br />
dass die Luftröhre abgedrückt wird und das Tier nicht mehr atmen<br />
kann, steigt. Wie immer gilt: Verschlechtert sich der Allgemeinzustand<br />
des Tieres, sollte vorsorglich ein Tierarzt gerufen<br />
werden, der sich das Pferd anschaut.<br />
03/23<br />
Kehlkopfpfeifen<br />
04/23<br />
Trachtenzwang<br />
05/23<br />
Luftsack<br />
06/23<br />
Anaplasmose<br />
07/23<br />
ERU<br />
08/23<br />
Asthma<br />
09/23<br />
EGUS<br />
<strong>10</strong>/23<br />
Nesselfieber<br />
Haben auch Sie eine Frage, die Ihnen unter den Nägeln brennt?<br />
Dann schicken Sie uns einen Brief oder eine E-Mail mit Ihrer Frage an:<br />
Redaktion Mein Pferd, Jürgen-Töpfer-Straße 48, 22763 Hamburg<br />
E-Mail: redaktion@mein-pferd.de. Mehr Infos: www.mein-pferd.de<br />
Alle bisherigen und künftigen Fragen finden Sie in der Leiste auf der rechten Seite.<br />
Außerdem können Sie die bisherigen Artikel auf unserer Homepage (www.mein-pferd.de) nachlesen.<br />
11/23<br />
EIA<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
57
HALTUNG & GESUNDHEIT<br />
Auf den<br />
Magen geschlagen<br />
GENAUER HINHÖREN 60 Prozent aller Turnierpferde leiden an<br />
Magengeschwüren. Das ist eine erschreckende Zahl. Die Hauptursachen sind<br />
eine falsche Fütterung und Stress. Am wenigsten leiden Pferde darunter, die viel<br />
Weidegang haben. Das können Sie tun, um Magenprobleme zu vermeiden<br />
Text: Redaktion<br />
58 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
Wissen<br />
So entstehen Magengeschwüre<br />
Der Pferdemagen besteht aus zwei Teilen, und nur der untere Teil ist gegen die aggressive<br />
Magensäure geschützt. Sie macht Bakterien unschädlich und hilft bei der Verdauung<br />
des Futters. Was viele nicht wissen: Sie hat einen so hohen Säuregehalt, dass man eine<br />
Verbrennung dritten Grades erleiden würde, wenn man seine Hand hineinhalten würde.<br />
Wenn man sich das klarmacht, ist es leicht zu verstehen, wie schnell Verletzungen<br />
der empfindlichen Magenschleimhaut entstehen können, sobald der Säurehaushalt des<br />
Pferdemagens aus dem Gleichgewicht gerät. Dann funktioniert nämlich der natürliche<br />
Schutzfilm der Magenschleimhaut nicht mehr ausreichend. Es kann zu Reizungen,<br />
Magenschleimhautentzündung (Gastritis) und schließlich zu Geschwüren kommen,<br />
die ausgesprochen schmerzhaft sind. Und das geht sehr schnell! Bereits innerhalb<br />
weniger Tage können sich schmerzhafte Magengeschwüre bilden. Werden diese nicht<br />
behandelt, können sie chronisch werden oder in die Magenwand hineinwachsen und<br />
dort Blut gefäße verletzen. Unter Umständen kann dies zu schweren Blutungen und im<br />
schlimmsten Fall sogar zum Magendurchbruch führen.<br />
Koppende Pferde sollten<br />
auf Magenprobleme hin<br />
untersucht werden<br />
Magengeschwüre gelten mittlerweile<br />
als Volkskrankheit. „Rund<br />
90 Prozent der Galopprennpferde<br />
im Training leiden darunter,<br />
und auch bei Turnierpferden<br />
wird die Zahl der betroffenen Tiere<br />
auf rund 60 Prozent geschätzt“, weiß Sandra<br />
Löckener. Doch weit gefehlt, wer denkt, dass<br />
nur Sportpferde Magengeschwüre haben.<br />
Die Wissenschaftlerin, die zum Thema Pferdegesundheit<br />
forscht und ihr Wissen auf der<br />
Homepage www.vomkrankenzumgesundenpferd.de<br />
zur Verfügung stellt, sagt: „Magengeschwüre<br />
kommen bei allen Rassen vor, in<br />
allen Disziplinen und Altersgruppen. Am wenigsten<br />
leiden Pferde darunter, die viel Weidegang<br />
haben“, so die Biologin.<br />
Überall nur Stress<br />
Die beiden Hauptauslöser für Magengeschwüre<br />
sind eine falsche Fütterung und<br />
Stress. Und der kann überall auftreten. Denn<br />
stressig sind für Pferde nicht nur Transporte,<br />
ungewohnte Umgebungen und Turniereinsätze,<br />
sondern auch krankheitsbedingte<br />
Stehzeiten, Bewegungsmangel oder Änderungen<br />
in ihrer sozialen Struktur. „Pferde bilden<br />
starke emotionale Bindungen zu ihren<br />
Stallgefährten. Wenn sie getrennt werden,<br />
kann das sehr schlimm für sie sein“, erklärt<br />
Sandra Löckener. So ist zum Beispiel auch<br />
das Absetzen für Fohlen extrem belastend.<br />
Durch den Stress des Absetzens leiden schon<br />
Fohlen unter Magenproblemen, ohne dass<br />
sie klinische Symptome zeigen. So bleibt das<br />
Problem oft unerkannt und unbehandelt.<br />
Durch einen neuartigen Blutzuckertest kann<br />
bei Absetzern tatsächlich erkannt werden, ob<br />
ein Magenproblem vorliegt.<br />
Allerdings lässt sich so nur das Vorhandensein<br />
eines Problems feststellen, nicht<br />
aber, ob es sich lediglich um eine leichte Verletzung<br />
der Magenschleimhaut oder um ein<br />
schwerwiegendes Magengeschwür handelt.<br />
Dieser neue Test soll nun endlich die Möglichkeit<br />
bieten, schnell, einfach und schonend<br />
zu überprüfen, ob ein Magenproblem<br />
vorliegt und eine Gastroskopie zur weiteren<br />
Analyse benötigt wird. Im Zuge dieser<br />
Untersuchung fanden die Wissenschaftler<br />
auch heraus, dass insgesamt etwa 98 Prozent<br />
aller Absetzer ein Magenproblem aufweisen.<br />
Ihre Schlussfolgerung: Die Häufigkeit<br />
von Magengeschwüren hängt mit dem<br />
Stress des Absetzens zusammen. Ein plötzliches<br />
Absetzen löst am meisten Stress aus.<br />
Besser ist es, das Fohlen langsam zu trennen<br />
und es zunächst in seiner gewohnten Herde<br />
zu belassen. Um den Stress zu mindern, eignet<br />
sich außerdem die Fütterung von Heu<br />
(ganztägig) und Weidegras.<br />
„Ein oft unterschätzter Faktor ist auch<br />
mangelnde Ruhe“, weiß die Wissenschaftlerin.<br />
„Wenn Pferde in der Herde ständig Druck<br />
durch andere Tiere erfahren oder wenn sie<br />
nicht genug schlafen können, setzt sie das<br />
unter Dauerstress. Aber auch wenn der Nachbar<br />
ständig mit seinem Spielzeug klappert<br />
oder beim Fressen herübergiftet, kann das<br />
für dauernde Unruhe sorgen.“ Auch Schmerzen<br />
können auf den Magen schlagen. „Eine<br />
Studie hat Freizeitpferde mit Magengeschwüren<br />
untersucht, welche den ganzen Tag über<br />
Heu zur Verfügung hatten – also eigentlich<br />
ideale Bedingungen für den Magen“, erzählt<br />
Löckener. „Auffällig war, dass rund 80 Prozent<br />
Barhufer waren. Daher wird davon ausgegangen,<br />
dass andauernde Fühligkeit oder<br />
sogar Schmerzen beim Laufen zu den Magengeschwüren<br />
führten.“<br />
Aber was löst Stress im Magen eigentlich<br />
aus? „Bei Stress werden die Zellen in<br />
der Magenwand nicht mehr ausreichend<br />
durchblutet und bilden weniger schützenden<br />
Schleim“, erklärt die Biologin. „Dann ist<br />
die Magenschleimhaut der Magensäure ausgesetzt.“<br />
Auch Medikamente, die das Pferd<br />
über einen längeren Zeitraum benötigt, können<br />
die Magenschleimhaut reizen – besonders<br />
nicht-steroidale Entzündungshemmer<br />
(NSAID). „Vor allem ein Magengeschwür im<br />
drüsenhaltigen Teil hat seine Ursache oft in<br />
der Gabe von Medikamenten“, sagt Löckener.<br />
„Ein Befall mit Magendasseln oder verunreinigtes<br />
Futter können ebenfalls für Magenprobleme<br />
verantwortlich sein.“<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
59
HALTUNG & GESUNDHEIT<br />
Info<br />
Die häufigsten<br />
Auslöser für<br />
Magengeschwüre<br />
● Fütterungsfehler,<br />
Fütterungsumstellungen<br />
● Verladen, Transporte, Kurzreisen<br />
● Umzug, Änderung der<br />
Umgebung<br />
● Rangstreitigkeiten, Veränderungen<br />
der Herdenstruktur<br />
● dauernde Schmerzen<br />
● zu wenig Ruhe, zu wenig<br />
Schlafmöglichkeiten<br />
● eingeschränkter Koppelgang<br />
● Fehlender Herdenverband<br />
● krankheits- oder verletzungsbedingte<br />
Boxenruhe<br />
● Über- oder Unterforderung im<br />
Training<br />
Oben: Ob der Absetzer<br />
ein Magenproblem hat,<br />
ist meist nicht auf<br />
Anhieb zu erkennen<br />
Links: Falls Luzerne<br />
gefüttert wird, dann immer<br />
pelletiert und nie gehäckselt<br />
Extreme Schmerzen<br />
Magengeschwüre sind<br />
extrem schmerzhaft,<br />
die rechtzeitige Erkennung<br />
ist deshalb wichtig.<br />
Doch die Symptome sind<br />
nicht leicht zu erkennen.<br />
„Es sind oft nur kleine Veränderungen<br />
im alltäglichen Verhalten,<br />
die Hinweise auf ein beginnendes körperliches<br />
Problem geben. Daher ist es wichtig,<br />
dass Pferdebesitzer ganz genau wissen, welches<br />
Verhalten für ihr Pferd normal ist und<br />
welches nicht“, sagt Löckener. Denn: „Es gibt<br />
Pferde, die laufen ihr Leben lang mit mehr<br />
oder weniger schlimmen Magenproblemen<br />
herum, ohne dass es bemerkt wird.“ Das<br />
liegt daran, dass Pferde Schmerz extrem unterschiedlich<br />
ausdrücken. „Die einen leiden<br />
stumm, andere flippen regelrecht aus“, erklärt<br />
die Wissenschaftlerin. „Deshalb gibt es<br />
keine sicheren Schmerzanzeichen, sondern<br />
der Pferdebesitzer muss das Verhalten seines<br />
Tieres individuell interpretieren.“<br />
Besteht das Problem länger, stellen sich<br />
aber meistens nach und nach auch deutliche<br />
Symptome ein, die auf ein Magengeschwür<br />
hinweisen können. Dazu gehören<br />
Unmutsäußerungen beim Gurten,<br />
häufiges Leerkauen, Gähnen oder Flehmen,<br />
Fressunlust oder wechselnder Appetit, Gewichtsabnahme,<br />
negative Wesensveränderungen,<br />
Durchfall, wiederkehrende Koliken<br />
sowie ein allgemeiner Leistungsabfall, oft<br />
verbunden mit Widersetzlichkeiten, die sich<br />
im Training regelmäßig bemerkbar machen.<br />
„Ein sehr deutliches Indiz ist auch Aufstoßen“,<br />
sagt Sandra Löckener. „Dabei macht das<br />
Pferd Rülpslaute.“ Da die Anzeichen so unterschiedlich<br />
sein können, sollte man schon<br />
beim geringsten Verdacht einen Tierarzt hinzuziehen.<br />
Mittels Gastroskopie kann dieser<br />
eine genaue Diagnose stellen. Zur Therapie<br />
werden Medikamente eingesetzt, welche die<br />
Produktion der Magensäure reduzieren. Der<br />
am häufigsten verwendete Wirkstoff ist Omeprazol<br />
(Gastro Gard). „Dieses Medikament ist<br />
als Notfallmaßnahme sehr gut. Es hemmt die<br />
60 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
Interview<br />
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▷ Warum sind Magenprobleme beim<br />
Pferd so verbreitet?<br />
Der Pferdemagen produziert rund um die Uhr Magensäure.<br />
Um die Magensäure abzupuffern, müssen<br />
Pferde ausreichend kauen und Speichel produzieren.<br />
Viele kleine Portionen Raufutter über den Tag verteilt<br />
oder Ad-libitum-Fütterung sind für den Magen<br />
daher bekömmlicher als wenige große Mahlzeiten.<br />
Fresspausen von fünf Stunden oder mehr erhöhen das Risiko für Magenreizungen und sollten<br />
vermieden werden. Der Faktor Stress spielt ebenfalls eine Rolle. Ausreichend Ruhe beim Fressen<br />
und eine entspannte Umgebung sind enorm wichtig für einen gesunden Magen.<br />
▷ Welche Kräuter können den Magen-Darm-Trakt unterstützen?<br />
Heilpflanzen haben vielseitige Wirkungen auf den Verdauungstrakt. Klassische, krampflösende<br />
und entblähende Pflanzen sind Anis, Fenchel und Kümmel. Schleimstoffdrogen, z.B. Bockshornkleesamen,<br />
sind reizmildernd und schützen die Schleimhäute. Bei Entzündungen können Süßholzwurzel,<br />
Schafgarbe und Pfefferminze zum Einsatz kommen.<br />
▷ Wie wende ich Leinsamen bei einem Pferd mit Magen-<br />
Darm-Problemen richtig an?<br />
Der Lein ist eine wertvolle Heilpflanze mit reizmildernden und schleimhautschützenden Eigenschaften.<br />
Zubereitet werden die Samen, indem man ein Teil Leinsamen (ganz) mit 15 Teilen<br />
kaltem Wasser anrührt und über einige Stunden quellen lässt, gerne über Nacht. Ein Abkochen<br />
ist nicht nötig. Der Leinsamenbrei eignet sich auch wunderbar zum Untermischen von Kräutern<br />
oder Ergänzungsfuttermitteln.<br />
Säureproduktion und bringt dem Pferd sofortige<br />
Erleichterung“, erklärt Sandra Löckener.<br />
Was hilft wirklich?<br />
Mit der Verabreichung von Medikamenten und<br />
Zusatzfuttermitteln allein ist es aber noch lange<br />
nicht getan. „Das Wichtigste ist es, die Ursache<br />
für das Magengeschwür abzustellen“, so Löckener.<br />
Das zeigte auch eine Studie dänischer, spanischer<br />
und schottischer Forscher. Die Wissenschaftler<br />
untersuchten dabei, welchen Einfluss<br />
die Fütterung in Kombination mit einer medikamentösen<br />
Behandlung mit Omeprazol auf den<br />
Therapieerfolg nimmt.<br />
Für den Versuch wurden 32 Pferde herangezogen,<br />
bei denen im Vorfeld Magengeschwüre<br />
Helena<br />
Hollenhorst,<br />
Futterexpertin und<br />
Tierwissenschaftlerin<br />
erheblichen Ausmaßes festgestellt worden waren.<br />
Alle Pferde befanden sich in schwerer Arbeit.<br />
Für einen besseren Vergleich wurden die<br />
Tiere nach der Schwere der Erkrankung, den Arbeitsanforderungen,<br />
der Haltung und der ursprünglichen<br />
Fütterung paarweise zusammengefasst.<br />
Je Paar wurde ein Pferd auf eine Diät,<br />
bestehend aus stärkearmem und rohfaserreichem<br />
Raufutter bei gleichzeitiger Gabe eines<br />
stärkearmen, aber energie- und rohfaserreichen<br />
Kraftfutters sowie eines luzernebasierten<br />
Futters mit niedrigem Stärkegehalt und hohem<br />
Ölanteil, gesetzt. Beim jeweils anderen Pferd<br />
wurde dessen ursprüngliche Fütterung beibehalten.<br />
Alle Pferde wurden vor und unmittelbar<br />
nach der medikamentösen Behandlung<br />
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HALTUNG & GESUNDHEIT<br />
Wissenschaft<br />
Verhaltensprobleme durch Magenund<br />
Darmbeschwerden<br />
Ein hyperaktives oder aggressives Pferd, kann genau wie eines, das Verhaltensauffälligkeiten<br />
wie Weben oder Koppen zeigt, mit Magenproblemen zu kämpfen haben.<br />
Australische Wissenschaftler der Universität von Adelaide haben elf Forschungsartikel<br />
durchgearbeitet, die sich mit dem Darmmikrobiom (umgangssprachlich Darmflora) und<br />
dem Verhalten von Pferden beschäftigten. Dabei fiel auf, dass schlechte Fütterung der<br />
wichtigste Faktor bei der Entwicklung von Verhaltensproblemen wie Nervosität, Aggression<br />
oder auch Stereotypien (Koppen, Weben) ist. Als „schlechte Fütterung“ bezeichnen<br />
die Forscher dabei vor allem große, stärkereiche Rationen zu bestimmten Fütterungszeiten.<br />
Große Mengen Stärke können Probleme bereiten, wenn sie nicht vollständig im<br />
Dünndarm verarbeitet werden. Im Dickdarm übernehmen Bakterien die Zersetzung von<br />
Zellulose, sie können mit Stärke aber nur wenig anfangen: Es kommt zu Fehlgärungen,<br />
und das Darmmikrobiom gerät aus dem Gleichgewicht.<br />
Kraftfutter muss immer erst eine gewisse Zeit<br />
nach der Heufütterung gegeben werden<br />
To do<br />
Neben Medikamenten vom Tierarzt<br />
kann man vorbeugend und zur Nachbehandlung<br />
Zusatzfuttermittel geben, die<br />
den Magen vor Übersäuerung schützen<br />
und die Magenschleimhaut stabilisieren.<br />
„Zum Beispiel bildet ein Mash aus<br />
<strong>10</strong>0 Gramm Leinsamen und <strong>10</strong>0 Gramm<br />
Haferflocken eine schützende Schleimschicht“,<br />
sagt Löckener. „Wenn das<br />
Pferd schon an Substanz verloren hat,<br />
kann man auch 70 Gramm Weizenkleie<br />
und <strong>10</strong>0 Gramm vorher eingeweichte<br />
Rübenschnitzel zugeben.“<br />
mit Omeprazol untersucht sowie sechs Wochen<br />
nach Therapieende. Sämtliche Pferde,<br />
bei denen an der Fütterung nichts verändert<br />
worden war, zeigten unter der Omeprazol-Therapie<br />
eine signifikante Verbesserung<br />
des Krankheitsbildes. Sobald diese jedoch<br />
beendet wurde, verschlechterte sich ihr Zustand<br />
zusehends wieder, sodass gegen Ende<br />
des Versuchs kaum noch ein Therapieerfolg<br />
festzustellen war. Anders reagierten die<br />
Pferde der Diätgruppe: Hier hielten die mithilfe<br />
der medikamentösen Behandlung erzielten<br />
Verbesserungen auch nach Beendigung<br />
der Therapie an.<br />
„Das zeigt, dass eine angepasste Fütterung<br />
die medikamentöse Behandlung von Magengeschwüren<br />
nicht nur unterstützen kann,<br />
sondern dass sie vor allem auch nach Ende<br />
der Therapie wichtig für die langfristige Erhaltung<br />
der Magengesundheit ist“, resümiert<br />
Sandra Löckener.<br />
Luzerne in der Diskussion<br />
Oft wird empfohlen, Pferden mit Magengeschwüren<br />
wie in oben genannter Studie<br />
Luzerne zu füttern. „Es gibt mehrere Untersuchungen,<br />
die den Rückgang von Magenproblemen<br />
bei Luzernefütterung gezeigt<br />
haben“, sagt Sandra Löckener. „Es wird<br />
aktuell aber auch diskutiert, ob die enthaltenen<br />
Salizylate die Magenschleimhaut vielleicht<br />
reizen – dazu gibt es unterschiedliche<br />
Ergebnisse.“ Ein unbestrittener Vorteil von<br />
Luzerne ist auf jeden Fall, dass sie viel Kalzium<br />
enthält. „Das ist wichtig, da sich durch<br />
den Wirkstoff Omeprazol die Kalziumverdaulichkeit<br />
verändert – das kann mit Luzerne<br />
auf jeden Fall ausgeglichen werden“, so<br />
die Wissenschaftlerin. Wichtig ist auch, dass<br />
die Luzerne pelletiert und nicht gehäckselt<br />
ist. Denn: „Auch die Beschaffenheit des Futters<br />
kann die Magenschleimhaut mechanisch<br />
reizen.“<br />
Zu Pektin und Lecithin, welche die<br />
Schleimhaut schützen sollen, gibt es unterschiedliche<br />
Ergebnisse. „Zwei Studien weisen<br />
auf eine verbesserte Heilung hin, zwei<br />
andere Studien bescheinigen: kein Effekt“,<br />
so die Wissenschaftlerin. Ferment-Kräuter<br />
und Antazida, die ebenfalls häufig bei Magenproblemen<br />
empfohlen werden, haben<br />
erwiesenermaßen keinen signifikanten Einfluss.<br />
„Sie heben den pH-Wert zwar an, doch<br />
dieser Effekt hält nur kurz“, erklärt die Wissenschaftlerin.<br />
Und noch ein letzter Hinweis<br />
zum Thema Zusatzfuttermittel: „Bei einem<br />
Verdacht auf Magenprobleme sollten keine<br />
Schwefelverbindungen gefüttert werden –<br />
diese sind zum Beispiel in MSM-Pulver enthalten,<br />
das oft bei Gelenks- und Sehnenproblemen<br />
empfohlen wird.“<br />
Für einen gesunden Magen sollten Pferde<br />
dauerhaft Heu zur Verfügung haben<br />
62 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
Keine Fresspausen<br />
Viel entscheidender ist jedoch die alltägliche<br />
Grundfütterung. „Der Magen des Pferdes<br />
ist relativ klein, er fasst nur 18 Liter. Das<br />
bedeutet, dass das Futter ihn schnell wieder<br />
verlässt“, erklärt Sandra Löckener. „Ist der Magen<br />
aber leer, greift die Säure an – vor allem<br />
bei schwerer körperlicher Belastung. Deshalb<br />
sollte man auch nicht auf leeren Magen<br />
trainieren, sondern vorher immer ein wenig<br />
Heu geben.“ Denn: Der beste Säurepuffer ist<br />
Raufutter. Aus diesem Grund sollte das Pferd<br />
stets so viel Heu oder Stroh zur Verfügung haben,<br />
dass die Fresspausen nicht zu lange dauern.<br />
„Die aktuelle Forschung geht davon aus,<br />
dass es ideal ist, wenn das Pferd insgesamt<br />
zwölf Stunden lang Raufutter oder Gras frisst,<br />
über 24 Stunden verteilt.“<br />
Durch das Kauen bildet sich außerdem<br />
Speichel, der die Magensäure neutralisiert.<br />
„Für den idealen Einspeichelprozess ist es<br />
wichtig, dass das Pferd mit gesenktem Kopf<br />
frisst“, erklärt Sandra Löckener. „Denn dann<br />
läuft der Speichel nicht wieder zurück in<br />
die Speiseröhre, sondern er bleibt während<br />
des Kauens im Maul.“ Ihr Tipp: Engmaschige<br />
Heunetze oder andere sogenannte Slow-<br />
Feeder verlängern die Fresszeit.<br />
Zucker und Stärke wirken dagegen säurebildend.<br />
Das Problem: Die meisten Kraftfuttermischungen<br />
enthalten diese beiden Bestandteile.<br />
Achten Sie deshalb auf einen niedrigen<br />
Stärke- und Zuckergehalt in Ihrem Futter.<br />
„Der Stärkegehalt sollte nicht höher als zwei<br />
Gramm pro Kilo Körpermasse pro Mahlzeit<br />
sein“, so Löckener. Auch wichtig: Damit sich<br />
ausreichend Speichel bilden kann, sollte unbedingt<br />
Heu vor dem Kraftfutter gegeben<br />
werden. Denn die Pferde fressen die Körner<br />
etwa vier- bis fünfmal so schnell wie Heu und<br />
kauen sie weniger gründlich, wodurch auch<br />
weniger Speichel als Säurepuffer zur Verfügung<br />
steht. Das kann man verhindern, indem<br />
man das Raufutter mindestens 15 Minuten<br />
vor dem Kraftfutter reicht. So ist der<br />
Magen bereits gut mit Speichel gefüllt, wenn<br />
Körner in die Krippe kommen.<br />
Wie können Sie Magenproblemen also<br />
am besten vorbeugen? Klar ist: Zu einem<br />
möglichst stressfreien Pferde leben gehört<br />
es vor allen Dingen, Haltung und Fütterung<br />
so artgerecht wie möglich zu gestalten. Bieten<br />
Sie Ihrem Pferd deshalb eine stabile<br />
Herdenstruktur, eine ruhige Fresssituation,<br />
genug Raufutter und genug Bewegung. Das<br />
ist schon die halbe Miete.<br />
Tipp<br />
Richtig füttern<br />
●<br />
●<br />
●<br />
●<br />
●<br />
●<br />
Rau- VOR dem Kraftfutter füttern<br />
1,5 bis zwei Prozent der Körpermasse<br />
Heu pro Tag. Bei einem<br />
600 Kilogramm schweren Pferd<br />
wären das neun Kilogramm Heu<br />
am Tag. Pferde, die zu Stoffwechselproblemen<br />
neigen oder<br />
abnehmen müssen, sollten weniger<br />
Heu beispielsweise im Netz oder<br />
Slowfeeder erhalten, etwa 1,2 bis<br />
1,5 Prozent, eventuell mit etwas<br />
Stroh gestreckt<br />
Kraftfutter am besten auf drei<br />
Mahlzeiten pro Tag verteilen<br />
Maximal ein Gramm Stärke pro<br />
Kilogramm Körpergewicht<br />
Maximal drei bis vier Stunden<br />
Fresspause<br />
Zwei Stunden Pause zwischen<br />
dem Füttern von Kraftfutter<br />
und dem Training<br />
Eine artgerechte Haltung mit<br />
täglicher Herde ist für die Magengesundheit<br />
des Pferdes wichtig<br />
Fotos: IMAGO/Frank Sorge (1), slawik.com (5)<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
63
HALTUNG & GESUNDHEIT<br />
Früher waren die Wiesen so<br />
nährstoffreich, dass eine<br />
Zufütterung von Mineralstoffen<br />
nicht nötig war. Heute sieht<br />
es meist anders aus<br />
64 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
MINERALSTOFFE Sie sind Bausteine für Zähne<br />
und Knochen, steuern die Enzymsysteme und<br />
beeinflussen als Elektrolyte den Druck<br />
der Zellflüssigkeit. Mineralstoffe sind<br />
auch für die Erregung der Nerven- bzw.<br />
Muskelzellen verantwortlich – also<br />
wahre Multitalente!<br />
Text: Nora Dickmann<br />
Wahre<br />
Multitalente<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
65
HALTUNG & GESUNDHEIT<br />
Über Salzlecksteine können Pferde<br />
Mineralstoffe aufnehmen. Allerdings<br />
kann der Halter nicht kontrollieren,<br />
wie viele es sind<br />
Aminosäuren<br />
Info<br />
Essenzielle Aminosäuren kann der Körper ebenfalls nicht selbst herstellen, auch diese<br />
müssen über die Nahrung aufgenommen werden. Dazu zählen Lysin, Tryptophan, Leucin,<br />
Methionin, Isoleucin, Valin, Histidin, Threonin und Phenylalanin. Während Lysin besonders<br />
wichtig für Zuchtpferde ist (wichtig für die Entwicklung der Jungpferde und für die<br />
säugende Stute), ist Methionin relevant für die Bildung vieler Stoffe, wie beispielsweise<br />
Kreatin. Dieses ist für das<br />
Hufhorn wichtig. Threonin<br />
trägt u. a. zur Bildung von<br />
Enzymen und Hormonen<br />
bei. Durch natürliche Einzelfuttermittel<br />
wie Luzerne,<br />
Leinschrot, Bierhefe oder<br />
Soja kann der Bedarf an<br />
essenziellen Aminosäuren<br />
bei Pferden gut gedeckt<br />
werden. Reine Aminosäuren<br />
können ebenfalls gefüttert<br />
werden. Der Vorteil hierbei:<br />
Sie können zu <strong>10</strong>0 Prozent<br />
vom Pferd aufgenommen<br />
und genutzt werden.<br />
Auch Aminosäuren<br />
werden<br />
über das Futter<br />
aufgenommen<br />
Mensch und Tier benötigen<br />
eine ausgewogene Ernährung,<br />
um gesund und leistungsbereit<br />
zu bleiben.<br />
Wir Menschen müssen<br />
dazu möglichst abwechslungsreich essen<br />
und dabei auf die Zufuhr von ausreichend<br />
Vitaminen achten. Während wir uns einer<br />
Menge verschiedener Lebensmittel bedienen<br />
können, ist die Ernährung bei Pferden<br />
oft recht einseitig: Gras, Heu und Hafer sind<br />
die Standardmahlzeiten des Tieres. Normalerweise<br />
sind in einer guten Wiese alle wichtigen<br />
Inhaltsstoffe enthalten, sodass die Pferde<br />
keine Zusatzmittel benötigen, um ihren<br />
täglichen Bedarf an Mineralien und Vitaminen<br />
zu decken. Inzwischen ist es aber leider<br />
meistens so, dass unsere Weiden nicht mehr<br />
so artenreich sind, wie sie es einst waren.<br />
Weidelgras dominiert die Koppeln, die Kräuter<br />
gehen immer weiter zurück. Der nährstoffarme<br />
Boden lässt auch nur noch einseitige<br />
Pflanzen zu.<br />
Während Pferde früher ihren Bedarf an<br />
Spurenelementen, Mineralstoffen und Vitaminen<br />
durch selektives Fressen von Kräutern<br />
aufgenommen haben, leiden die meis-<br />
66 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
ten Tiere heute aufgrund des nicht mehr zu<br />
deckenden Bedarfs an einer Unterversorgung an<br />
Mineralstoffen. Durch zusätzliches Mineralfutter<br />
lässt sich diese Unterversorgung aber recht<br />
gut ausgleichen. Die meisten Mineralfutter enthalten<br />
zusätzlich Vitamine, die zur Vitaminversorgung<br />
beitragen. Während beispielsweise Vitamin<br />
C vom Körper selbst hergestellt<br />
werden kann, müssen Mineralstoffe<br />
über die Nahrung aufgenommen<br />
werden: Calcium (Ca), Kalium<br />
(K), Chlor (CL), Magnesium<br />
(Mg), Schwefel (S), Natrium<br />
(Na) und Phosphor (P) werden<br />
benötigt. Je nachdem,<br />
wie viel ein Pferd arbeitet,<br />
ist auf die richtige Verteilung<br />
dieser Mengenelemente<br />
zu achten. Ist das Pferd<br />
gesund und arbeitet es nicht<br />
besonders viel, ist diese Versorgung<br />
normalerweise gewährleistet.<br />
Schwitzt das Pferd viel, kann es schnell zu<br />
einem Natrium-, Chlor- und Kaliummangel kommen,<br />
der ausgeglichen werden muss. Ein Salzleckstein<br />
kann hier helfen. Bei Renn-, Distanzoder<br />
Vielseitigkeitspferden reicht dies allerdings<br />
nicht aus. Hier sollte mit einer Zusatzfütterung<br />
von Mineralstoffen nachgeholfen werden.<br />
Bedarfsgerecht füttern<br />
Für die Prozesse im Körper sind Mineralstoffe<br />
sehr wichtig. Ein Mangel kann unterschiedliche<br />
Folgen und Symptome mit sich bringen,<br />
wie beispielsweise schlechte Knochen oder Zähne,<br />
wenn das Pferd unter Calciummangel leidet.<br />
Ein Pferd im Wachstum benötigt eine größere<br />
Menge verschiedener Mineralstoffe als ein<br />
ausgewachsenes Pferd. Sportpferde, die Höchstleistungen<br />
erbringen, brauchen ebenfalls mehr<br />
Mineralstoffe als ein Freizeitpferd. Daher muss<br />
unbedingt darauf geachtet werden, jedes Pferd<br />
bedarfsgerecht und individuell zu füttern. In<br />
den herkömmlichen Mineralfuttern sind meist<br />
die mineralischen Komponenten Phosphor und<br />
Calcium enthalten. Ein Phosphorüberschuss<br />
kann zu Harnsteinen führen und die Knochensubstanz<br />
brüchig werden lassen.<br />
Frisst ein Pferd viel Stroh, sollte ebenfalls Mineralfutter<br />
zugefüttert werden, da Stroh nur<br />
sehr wenig Vitamine und Mineralstoffe enthält.<br />
Bei Heu hingegen kann man dies nicht so pauschal<br />
sagen, da jeder Schnitt anders ist. Je nach<br />
Schnitt sind mal mehr, mal weniger Vitamine<br />
und Mineralstoffe darin enthalten.<br />
Richtig bestimmen<br />
Früher fand man<br />
deutlich mehr Kräuter<br />
auf den Weiden<br />
Lebt das Pferd im Offenstall oder in Weidehaltung,<br />
kann ein Mineralleckstein Mangelerscheinungen<br />
vorbeugen. Diesen können die Tiere<br />
nach Belieben nutzen. Das Problem an diesen<br />
Lecksteinen: Man kann nicht genau feststellen,<br />
wie viele oder wie wenige Spurenelemente und<br />
Mineralstoffe die Pferde jeweils aufgenommen<br />
haben. Kontrollierter läuft dies mittels einer direkten<br />
Dosis im täglichen Futter ab. Mineralstoffe<br />
sind überlebensnotwendig, können aber bei<br />
einer Überdosis auch zum Tod führen.<br />
Deswegen ist es umso wichtiger, die<br />
richtige Menge des Mineralfutters<br />
zu bestimmen. Dies kann durch<br />
Analysen gestaltet werden:<br />
Blut- und/oder Urinproben,<br />
Haaranalysen oder eine<br />
Rationsberechnung können<br />
helfen. Dabei wird<br />
das Futter, das das Tier<br />
normalerweise bekommt,<br />
auf Inhaltsstoffe untersucht.<br />
Diese werden dann<br />
mit dem Bedarf des Pferdes<br />
verglichen und angepasst, und<br />
das entsprechende Mineralfutter<br />
kann beigefüttert werden.<br />
Woran erkennt man gutes Mineralfutter?<br />
Bei der Wahl des Mineralfutters sollte darauf geachtet<br />
werden, dass in diesem keine Aroma- bzw.<br />
Süßstoffe zur Geschmacksverbesserung hinzugefügt<br />
werden. Dies kann sich nämlich langfristig<br />
auf den Stoffwechsel auswirken – und zwar<br />
negativ! Weizen, Soja oder Traubenzucker sollten<br />
– wenn möglich – ebenfalls vermieden werden.<br />
Das kann bei empfindlichen Pferden zu<br />
Allergien führen. Die enthaltenen Mineralstoffe,<br />
insbesondere Spurenelemente, sollten idealerweise<br />
in natürlicher Form (nicht synthetisch<br />
hergestellt) enthalten sein, damit die entsprechende<br />
Bioverfügbarkeit (Verwertbarkeit) sichergestellt<br />
wird.<br />
Frühzeitig handeln<br />
Ein Pferd mit glänzendem Fell und gesunden<br />
Hufen ist der Traum eines jeden Pferdebesitzers.<br />
Häufig macht man sich erst Gedanken darüber,<br />
wenn bereits etwas im Argen ist und das Pferd<br />
stumpfes Fell hat oder müde wirkt. Denn was<br />
viele Menschen nicht wissen: Spurenelemente<br />
und Mineralstoffe haben verschiedene Wechselwirkungen<br />
untereinander. Somit kann sich<br />
eine Fehlversorgung in den unterschiedlichsten<br />
Ausmaßen und mit vielen Symptomen bemerkbar<br />
machen. Am häufigsten tritt eine Zink- und<br />
Selen unterversorgung auf.<br />
Bei einigen Nährstoffen haben Pferde eine<br />
hohe Toleranz gegenüber einer Überversorgung<br />
– dabei bildet Selen eine Ausnahme und<br />
kann gravierende Gesundheitsschäden verursachen.<br />
Ein Überblick über die Gesamtration des<br />
Futters ist deswegen essenziell wichtig. Dazu<br />
zählen Heu, Gras, Stroh, Kraftfutter wie Hafer<br />
und Müsli sowie jegliche Zusatzmittel.<br />
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HALTUNG & GESUNDHEIT<br />
Sind Pferde ausreichend<br />
mit Mineralstoffen versorgt,<br />
sind sie lebendig und<br />
bewegungsfreudig<br />
Mineralstoffmangel kann<br />
sich in vielen Symptomen<br />
äußern<br />
Haare, Hufe und<br />
das Immunsystem<br />
Pferde, die öfter an Infekten<br />
leiden oder Huf- und<br />
Fellprobleme haben, können<br />
unter Zinkmangel leiden. Dieser<br />
kann mittels Blutbild schlecht<br />
nachgewiesen werden, lässt sich jedoch<br />
in Kombination aus dem Allgemeinzustand<br />
und dem Blick auf die Ration des Pferdes<br />
gut diagnostizieren. Symptome wie stumpfes<br />
Fell, spröde Hufe, wiederkehrende Hautkrankheiten<br />
wie Pilz oder Mauke oder auffällige<br />
Schuppenbildung können ebenso<br />
Anzeichen für einen Zinkmangel sein. Das<br />
Spurenelement Zink ist elementar wichtig<br />
für den gesamten Stoffwechsel des Pferdes,<br />
daher könnte auch eine Neigung zu Ekzem<br />
oder Allergie mit einer Zinkfehlversorgung in<br />
Verbindung gebracht werden. Die Bedeutung<br />
von Zink zeigt sich auch in seinem Einsatz bei<br />
Hautsalben und Sprays zur Wundheilung. Besonders<br />
ältere Pferde haben einen höheren<br />
Bedarf an Zink, aber auch Tiere in Stresssituationen<br />
oder während des Fellwechsels.<br />
Nerven und Muskulatur<br />
Neigen Sie zu Krämpfen, oder treiben Sie<br />
viel Sport? Dann wird Ihnen die Einnahme<br />
von Magnesium sicherlich nicht fremd<br />
sein. Bei Pferden kommt es hier nur sehr selten<br />
zu Mangelzuständen. Leidet das Pferd allerdings<br />
unter einem solchen, zeigt sich das<br />
in Nervosität und starker Erregbarkeit sowie<br />
Muskelzittern bis hin zu Muskelkrämpfen.<br />
Deswegen wird bei nervösen Pferden<br />
auch oftmals zu einer Magnesiumzusatzfütterung<br />
geraten. Besonders in Stresssituationen<br />
steigt der Magnesiumbedarf. Eine Überversorgung<br />
wird meistens vom Organismus<br />
toleriert, kann jedoch in Kombination mit<br />
einer Phosphorüberversorgung zu Harnsteinen<br />
oder Harngries führen.<br />
Ein schmaler Grat<br />
Hafer und Heu<br />
reichen heute<br />
meist nicht mehr<br />
aus, um den Mineralstoffbedarf<br />
des<br />
Tieres zu decken<br />
Selen ist ein Spurenelement mit Tücken. Der<br />
Grat zwischen therapeutischem Nutzen und<br />
Vergiftung ist schmal. Sowohl eine Unterversorgung<br />
als auch eine Überversorgung können<br />
aber gut in einem Blutbild dargestellt werden.<br />
Symptome der Unterversorgung sind meistens<br />
eine hohe Infektanfälligkeit, Fellprobleme<br />
oder Schwierigkeiten in der Regeneration<br />
der Muskulatur. Bei einer sehr seltenen Überversorgung<br />
an Selen reagiert das Pferd mit Koliksymptomen.<br />
Findet eine chronische, langfristige<br />
Überversorgung statt, geht dies mit<br />
dem Verlust des Langhaares einher. Außerdem<br />
kann es zu Lahmheiten und Hufrehesymptomen<br />
kommen. Eine Überdosierung kann eine<br />
tödliche Vergiftung hervorrufen. Deswegen ist<br />
bei Selen höchste Vorsicht geboten.<br />
Kupferbrille und Co.<br />
Auch wenn das erst einmal niedlich klingt,<br />
ist eine Kupferbrille eigentlich ein Symptom<br />
einer Unterversorgung mit Kupfer. Nicht<br />
zu verwechseln mit der Brille eines Fohlens<br />
im Fellwechsel. Ein Kupfermangel zeigt sich<br />
hauptsächlich in einem Pigmentverlust, Infektanfälligkeit<br />
und Blutarmut.<br />
Ebenfalls selten ist ein Calciummangel, der<br />
sich über längere Zeit und in Kombination<br />
mit einer Phosphorüberversorgung in einer<br />
Demineralisierung des Skeletts äußern kann.<br />
Hierbei wird das Calcium aus den Knochen gelöst.<br />
Umfangvermehrungen an den Knochen<br />
werden sichtbar, da diese durch instabileres<br />
Bindegewebe ersetzt werden. In den USA wird<br />
dies als „Big Head Disease“ betitelt.<br />
Mit Vorsicht genießen!<br />
Ein hochwertiges Mineralfutter sollte also<br />
in keiner ausgewogenen Fütterung des Pferdes<br />
fehlen. Die kleinen Helferlein – egal ob<br />
in Form von Mineralien, Spurenelementen<br />
oder Vitaminen – sind elementar für die Gesundheit<br />
des Pferdes und bilden ein komplexes<br />
Zusammenspiel.<br />
Ein Mangel, aber auch ein Überschuss<br />
können schwere gesundheitliche Folgen haben<br />
und das Tier langfristig beeinträchtigen.<br />
Eine ausgewogene Zusammensetzung des<br />
Futters im richtigen Verhältnis sowie die Einhaltung<br />
der Dosierempfehlung des Herstellers<br />
sind essenziell. Bei Bedarf kann auch ein<br />
Futterberater helfen und sich das Pferd und<br />
seine Nahrung im Ganzen anschauen.<br />
68 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
Wissen<br />
Welches Mineral hat welche Aufgabe?<br />
Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine zählen zu der Gruppe der Mikronährstoffe. Diese liefern zwar keine Energie,<br />
sind aber trotzdem lebensnotwendig für den Organismus und müssen täglich mit der Nahrung aufgenommen werden.<br />
Jedem Mineral wird eine andere Aufgabe zugeschrieben.<br />
Mineralstoff/Spurenelement Eignung Symptome eines Mangels<br />
Natrium (Salz)<br />
Leitet Nervenimpulse weiter; ist wichtig<br />
für die Muskelarbeit; reguliert den<br />
Wasserhaushalt und den Säure-Basen-<br />
Haushalt im Körper<br />
Kolik, Kreislaufprobleme, Leistungsschwäche, trockene<br />
Haut, Appetitlosigkeit<br />
Kalium<br />
Regelt den Flüssigkeitshaushalt in den<br />
Zellen; unterstützt Nerven- und Muskelfunktionen;<br />
essenziell für Stoffwechselvorgänge<br />
und Enzymaktivitäten<br />
Geringe Fresslust, Muskelschwäche, in der Praxis<br />
allerdings sehr selten<br />
Phosphor<br />
Essenziell im Enzymsystem; hilft bei der<br />
Energiegewinnung; wichtige Puffersubstanz<br />
im Blut<br />
Brüchige Knochen; Osteoporose; Rachitis; Wachstumsund<br />
Fruchtbarkeitsstörung<br />
Calcium<br />
Knochenwachstum und Knochenerhalt;<br />
Zahngesundheit; essenziell für Stoffwechselvorgänge<br />
Kreuzverschlag; Zahnprobleme; Wachstumshemmung;<br />
Entkalkung und Knochenweiche<br />
Magnesium<br />
Essenziell für Knochen und Stoffwechsel;<br />
gewährleistet Reizüberflutung<br />
von Nerven auf Muskeln<br />
Verspannungen; erhöhte Erregbarkeit; Leistungsabfall;<br />
Muskelkrämpfe oder Muskelzittern<br />
Kupfer<br />
Wirkt blutbildend; wichtig für Bindegewebs-,<br />
Knochen- und Knorpelbildung;<br />
immunstärkend<br />
Geschwächtes Immunsystem; Chipbildung bei J ungpferden;<br />
bei Fohlen Anämie und Skelettveränderungen;<br />
bei älteren Pferden Neigung zu Gefäßrupturen und<br />
Pigmentverlusten<br />
Eisen<br />
Wichtig für Sauerstofftransport im Blut;<br />
reguliert Stoffwechselvorgänge<br />
Leistungsschwäche; Infektanfälligkeit; Anämie,<br />
Leistungsschwäche<br />
Selen<br />
Wichtig für Immunsystem; Zellschutz;<br />
Schutz von Vitamin E; Bestandteil<br />
wichtiger Enzyme<br />
Steifer Gang; degenerative Skelett- und Herzmuskelveränderungen;<br />
Schmerzhaftigkeit der Muskulatur;<br />
Haarverlust des Langhaares<br />
Zink<br />
Jod<br />
Mangan<br />
Enzyme im Kohlenhydrat- und Eiweißstoffwechsel;<br />
Immunsystem und Zellerneuerung;<br />
Haut- und Schleimhautentwicklung<br />
Baustein der Schilddrüsenhormone;<br />
Steuerung des Stoffumsatzes im<br />
Organismus<br />
Knochen- und Fettstoffwechsel; Aufbau<br />
des Bindegewebes; Cofaktor von<br />
zahlreichen Enzymen; essenziell für die<br />
Funktion der Eierstöcke<br />
Brüchige Hufe; mangelnde Hornqualität; Haarausfall;<br />
Haut- und Fellprobleme; Verdickung der Haut<br />
Allgemeine Körperschwäche; Erschöpfung;<br />
Ödem-/Kropfbildung<br />
Bisher sind keine akuten Mangelzustände bekannt<br />
Fotos: IMAGO/Design Pics (1), slawik.com (8), AdobeStock (1)<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
69
FOTO DES MONATS<br />
LESERFOTO<br />
DES<br />
MONATS<br />
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werden im Heft veröffentlicht<br />
Text: Nora Dickmann<br />
Lea Siems Vierbeiner genießen den Sommertag<br />
gemeinsam auf der saftiggrünen Wiese<br />
2<br />
Herzlichen Glückwunsch an die<br />
Siegerin Martina Otto! Ihr Pferd 1<br />
Rubina und ihr Hund Joey gaben<br />
beim privaten Fotoshooting ihr Bestes und<br />
waren hochmotiviert bei der Sache<br />
4<br />
Das erste selbst gezogene Fohlen<br />
Tennessee ist der ganze Stolz von<br />
Beate L. und ihrer Familie<br />
3<br />
Anni Lehmers 29-jährige Stute Antalya<br />
hält sich mit Pferde-Yoga fit<br />
70 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
5<br />
Julia Beiter: „Liebe – die Basis aller Dinge!“<br />
GEWINN-<br />
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Stefan Heydes Harry<br />
wartet ungeduldig und<br />
voller Vorfreude auf<br />
sein Frühstück<br />
7<br />
Dajana Langes Blondie genießt ihren<br />
Sommer in vollen Zügen, und Dajana<br />
freut sich über diesen Anblick<br />
6<br />
9<br />
Saskia Aden:<br />
„Traber Feivel<br />
lacht mich gerne<br />
aus, sobald er etwas<br />
tun soll“<br />
Fotos: Hersteller (1), Privat (<strong>10</strong>)<br />
8<br />
Elisabeth Hinkers zitiert Pippi Langstrumpf:<br />
„Warte nicht darauf, dass die Menschen dich<br />
anlächeln ... Zeige ihnen, wie es geht!“<br />
<strong>10</strong><br />
Monika Herzogs<br />
Rocky wurde vom<br />
Gras an der Nase<br />
gekitzelt<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
71
RECHT<br />
Was ist, wenn ...<br />
... ich mein Pferd in Beritt geben will –<br />
was sollte in einen Berittvertrag?<br />
DER SPEZIALIST FÜR<br />
PFERDERECHT, Rechtsanwalt<br />
Andreas Ackenheil, gibt<br />
auch in dieser Ausgabe die<br />
besten recht lichen Tipps<br />
rund ums Thema Pferd<br />
Text: Andreas Ackenheil, Rechtsanwalt<br />
Auch für Beritt empfiehlt es sich,<br />
einen Vertrag aufzusetzen<br />
Jeder Pferdehalter wünscht sich,<br />
dass sich sein Pferd möglichst einfach<br />
reiten lässt und auch im Umgang<br />
gehorsam ist. Gerade bei der<br />
Ausbildung von Jungpferden ist es<br />
daher wichtig, in den ersten Jahren Grundsteine<br />
für die weitere Ausbildung zu setzen,<br />
um eine gute Grundausbildung für die sportliche<br />
Entwicklung zu schaffen und das Pferd<br />
gesund zu erhalten.<br />
Je besser das Pferd ausgebildet ist, desto<br />
mehr steigt es im Wert und desto erfolgreicher<br />
ist es auf Turnieren bzw. kann gewinnsteigernd<br />
weiterverkauft werden. Nicht jeder<br />
Reiter verfügt jedoch über das nötige Knowhow,<br />
um sein Pferd entsprechend auszubilden<br />
und zu fördern. Zudem erfreuen sich<br />
auch viele Pferdeeigentümer daran, ihr Pferd<br />
auf Turnieren unter einem anderen Reiter zu<br />
sehen, und lassen es daher von einem Profi<br />
bereiten. Dennoch ist jeder Reiter auf einen<br />
Trainer angewiesen, der regelmäßigen Unterricht<br />
gibt oder das Pferd bereitet, um sich<br />
einschleichende Fehler zu korrigieren und<br />
den Reiter zu unterstützen<br />
Viele Reiter benötigen bei schwierigen<br />
Pferden oder für bestimmte Ausbildungssprünge<br />
besondere Hilfe und geben ihr Pferd<br />
dann in Beritt. Dabei wird das Pferd an den<br />
Stall des Trainers gebracht, damit dieser das<br />
Pferd täglich reiten und fördern kann. Es besteht<br />
auch die Möglichkeit, an bestimmten<br />
Tagen das Pferd selbst unter der Anleitung<br />
des Ausbilders „nachzureiten“, damit der<br />
Eigen tümer in die Ausbildung des Pferdes<br />
eingebunden wird und nachfühlen kann, wie<br />
das Pferd korrekt geritten wird.<br />
Es gibt aber auch Eigentümer, die ihr Pferd<br />
in die Obhut eines Ausbildungsstalles geben,<br />
um das Pferd weiter zu fördern und entsprechend<br />
auf einem Turnier von einem Profi<br />
vorstellen zu lassen. Selbst reiten tun diese<br />
Eigentümer nicht. Dennoch führt eine solche<br />
Zusammenarbeit häufig zu rechtlichen<br />
Streitigkeiten. Das ist der Fall, wenn das Pferd<br />
nicht nach den Vorstellungen des Eigentümers<br />
gefördert wird, der Reiter das Pferd<br />
nicht nachreiten kann oder sich der Trainer<br />
nicht an die Abmachung hält und das Pferd<br />
seinen Auszubildenden überlässt. Aus diesem<br />
Grund ist es sehr wichtig, den Berittvertrag<br />
schriftlich abzuschließen, um Vertragsverstöße<br />
nachreiten zu können.<br />
Welchem Vertragstyp entspricht<br />
der Berittvertrag?<br />
Der Berittvertrag stellt aus rechtlicher Sicht einen<br />
typengemischten Vertrag dar. Zum einen<br />
wird mit dem Pensionsstallbetreiber ein Vertrag<br />
abgeschlossen, dass das Pferd eine Box<br />
erhält und entsprechend versorgt wird. Zum<br />
anderen schließt der Pferdehalter mit dem<br />
Ausbilder einen Vertrag, dass das Pferd die<br />
72 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
Anlagen benutzt, geritten und trainiert wird.<br />
Folglich handelt es sich um einen Vertrag mit<br />
Bestandteilen eines Miet- und Dienstleistungsvertrages.<br />
Daher ist die Überlassung der<br />
Box ein Mietvertrag und die Ausbildung ein<br />
Dienstvertrag, da der Trainer in der Regel keine<br />
Garantie für das Erreichen eines Ausbildungsziels<br />
übernimmt. Das kann nur der Fall<br />
sein, wenn Eigentümer und Trainer konkret<br />
vereinbaren, dass das Pferd beispielsweise die<br />
fliegenden Wechsel oder die Piaffe erlernen<br />
oder auf ein bestimmtes Niveau (z.B. M-fertig,<br />
Grand-Prix-fertig) gebracht werden soll.<br />
Andernfalls schuldet der Bereiter nur, dass er<br />
sich „bemüht“, das Vertragsziel zu erreichen.<br />
Folglich genügt es, dass sich der Bereiter bemüht,<br />
seinen Verpflichtungen aus dem Vertrag<br />
nachzukommen, ohne einen konkreten<br />
Erfolg zu schulden. Der Eigentümer und der<br />
Bereiter vereinbaren, wie es bei einem Dienstvertrag<br />
üblich ist, ein Entgelt.<br />
Beim Dienstvertrag stellen das Training<br />
und die Förderung des Pferdes die primäre<br />
Hauptleistungspflicht und die Versorgung<br />
und Pflege des Pferdes sowie des Zubehörs<br />
eine Nebenpflicht dar. Grundsätzlich muss<br />
der Trainer diese Leistung auch höchstpersönlich<br />
erbringen. Dies ist in einem Ausbildungsstall<br />
meist jedoch nicht möglich, da die<br />
Bereiter Pfleger und Auszubildende haben,<br />
die die Pferde satteln und warmführen oder<br />
gegebenenfalls abreiten. Auch der Koppelund<br />
Weideservice wird meist von Pflegern<br />
übernommen. Aus diesem Grund sollte im<br />
Berittvertrag schriftlich vereinbart werden,<br />
dass auch Angestellte des Ausbildungsstalles<br />
zur Unterstützung des Bereiters mit dem<br />
Pferd umgehen dürfen. Möchte der Eigentümer,<br />
dass das Pferd ausschließlich vom<br />
Bereiter geritten wird, sollte auch schriftlich<br />
festgehalten werden, dass das Pferd ausschließlich<br />
vom Bereiter geritten werden<br />
darf. Eine Berittleistung durch eine andere<br />
Person führt dann zu einem Vertragsverstoß.<br />
Worauf sollte man beim<br />
Berittvertrag noch achten?<br />
Der Eigentümer sollte auf viele Einzelheiten<br />
in Bezug auf das Training und die Versorgung<br />
achten. Je komplexer der Vertrag ist, desto<br />
mehr Eventualitäten werden abgedeckt,<br />
und der Pferdeeigentümer kann entsprechende<br />
Verstöße ahnden sowie Haftungsrisiken<br />
ausschließen. Daher ist es wichtig zu<br />
vereinbaren, wie oft das Pferd trainiert werden<br />
soll, welche Trainingsmethoden zulässig<br />
sind, welcher Hilfen sich der Bereiter bedienen<br />
darf, wie oft das Pferd Turnier gehen<br />
soll und wer mit dem Pferd umgehen darf. Es<br />
sollte darauf geachtet werden, dass auch vereinbart<br />
wird, wem die Geld- und Ehrenpreise<br />
zustehen und wer für die Transport- und<br />
Nennkosten aufkommt. Zu Beginn des Vertrages<br />
sollte aufgeführt werden, auf welchem<br />
Ausbildungsstand sich das Pferd bereits befindet<br />
und welche Besonderheiten das Pferd<br />
mitbringt. Zudem sollte festgelegt werden,<br />
welches Zubehör verwendet werden soll und<br />
wie das Pferd auf der Koppel gehalten wird.<br />
Auch die Fütterung sowie die medizinische<br />
und physiotherapeutische Betreuung muss<br />
schriftlich festgelegt werden.<br />
Wird dies nicht ausdrücklich vereinbart,<br />
obliegt die Art und Weise der Vertragsdurchführung<br />
dem Bereiter. Dennoch ist von Seiten<br />
des Bereiters und seines Teams stets der<br />
sorgfältige Umgang mit dem anvertrauten<br />
Tier geschuldet. Insbesondere das mangelhafte<br />
Aufwärmen des Tieres vor dem Training<br />
führt zu einer Haftung des Bereiters,<br />
da es sich um eine unsachgemäße Behandlung<br />
des Pferdes handelt. Auch außerhalb des<br />
Trainings müssen der Bereiter und das Team<br />
darauf achten, dass das Pferd gepflegt und<br />
entsprechend seiner Bedürfnisse versorgt<br />
wird. Auf etwaige Verletzungen und Auffälligkeiten<br />
ist einzugehen, und der Eigentümer<br />
muss informiert werden, um eine Entscheidung<br />
über die Behandlung zu treffen.<br />
Es kann aber hilfreich sein, dass auch der<br />
Bereiter mit dem Tierarzt in Kontakt treten<br />
darf, da er meist schneller vor Ort ist und<br />
die Situation besser einschätzen kann. Auch<br />
die vorzeitige Beendigung oder der Austritt<br />
aus dem Vertrag muss vereinbart werden.<br />
Es kann immer wieder vorkommen, dass der<br />
Eigen tümer die Ausbildung des Pferdes nicht<br />
mehr durch diesen Reiter durchführen lassen<br />
will oder das Pferd krankheitsbedingt<br />
ausfällt. Für derartige Fälle muss besprochen<br />
werden, wie hoch das Entgelt ausfällt, wenn<br />
das Pferd dennoch in der Obhut des Ausbildungsstalles<br />
verbleibt. Ferner trägt der Eigentümer<br />
weiterhin die Kosten für Hufschmied<br />
und Tierarzt, es sei denn die notwendige<br />
Tierarztbehandlung ist nachweislich auf ein<br />
Verschulden des Bereiters oder seiner Erfüllungsgehilfen<br />
zurückzuführen.<br />
Wie sieht es mit der Versicherung<br />
und Haftung beim Berittvertrag aus?<br />
UNSER EXPERTE<br />
Andreas Ackenheil<br />
verö fentlicht als Spezialist<br />
für Pferderecht<br />
regelmäßig in zahlreichen<br />
Fachzeitschriften<br />
und Online-Portalen<br />
juristische Fachbeiträge<br />
sowie Kommentare zu neuen Rechtsentscheidungen<br />
und hält Vorträge und<br />
Seminare. Zudem veröfentlichte der<br />
Rechtsanwalt einen großen Ratgeber<br />
für Tierrecht mit einem umfangreichen<br />
Kapitel über Pferderecht.<br />
▶ www.tierrecht-anwalt.de<br />
Der Pferdehalter muss eine Reitpferdehaftpflichtversicherung<br />
abschließen und darauf<br />
achten, dass auch Fremdreiter vom Versicherungsschutz<br />
gedeckt sind. In der Regel wird<br />
der Bereiter von etwaigen Haftpflichtansprüchen<br />
Dritter aus der Tierhalterhaftung freigestellt.<br />
Der Bereiter muss über eine Betriebshaftpflichtversicherung<br />
verfügen. Handelt<br />
es sich um einen Bereiter ohne eigenen Betrieb,<br />
muss er selbst über eine Berufs- bzw.<br />
Haftpflichtversicherung verfügen. Im Vertrag<br />
sollte zudem vereinbart werden, was<br />
von der Versicherung gedeckt ist. Zum Beispiel<br />
erlischt bei manchen Versicherungen<br />
der Schutz, wenn der Reiter ohne Helm reitet.<br />
Außerdem ist darauf zu achten, dass auch<br />
auf die Erfüllungsgehilfen des Bereiters eingegangen<br />
wird. Die Haftung des Bereiters<br />
bei Nebenleistungspflichten sowie bei Verletzungen<br />
des Lebens, des Körpers oder der<br />
Gesundheit beschränkt sich in der Regel auf<br />
Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Bei Hauptleistungspflichten<br />
haftet der Bereiter meist<br />
bereits bei leichter Fahrlässigkeit für vorhersehbare<br />
typischerweise eintretende Schäden.<br />
Der Experte für Pfederecht Anwalt Andreas<br />
Ackenheil: Wie bei allen rechtlichen Streitigkeiten<br />
kommt es auch bei einem Berittvertrag<br />
auf die Umstände des Einzelfalles an und was<br />
im Vertrag vereinbart wurde. Kommt es zu<br />
einer gerichtlichen Auseinandersetzung, ist<br />
zu beachten, auf welcher Seite die Beweislast<br />
liegt, und entsprechende Beweise sind aufzunehmen.<br />
Es empfiehlt sich daher, den Berittvertrag<br />
von einem Rechtsanwalt prüfen zu<br />
lassen und bei Streitigkeiten zu Rate zu ziehen,<br />
um sich über die Erfolgsaussichten des<br />
gerichtlichen Verfahrens zu informieren.<br />
Haben Sie Fragen zum Pferderecht?<br />
Rechtsanwalt Ackenheil hilft Ihnen weiter:<br />
Tel.: 06136/762833<br />
Autor, Anwalt für Pferderecht<br />
Ackenheil Anwaltskanzlei<br />
Tierrecht und Pferderecht – bundesweit<br />
www.tierrecht-anwalt.de<br />
Über 400 Urteile im Pferderecht-Blog:<br />
www.pferdeanwalt-pferderecht.de<br />
Foto: Privat (1), slawik.com (1), privat (1)<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
73
EQUIPMENT<br />
Marktplatz<br />
Während die Tage wieder kürzer werden, der Fellwechsel ansteht und wir zu frieren<br />
beginnen, benötigen unsere Vierbeiner Unterstützung für außen und innen in der<br />
kommenden kalten Jahreszeit. Wir haben tolle Produkte für Sie gefunden<br />
Text: Nora Dickmann<br />
Bei sensiblem Magen<br />
Das „Josera Help GastroRelax“ unterstützt<br />
den sensiblen Magen des Pferdes. Das<br />
Produkt ist dabei nicht nur wohltuend, sondern<br />
auch besonders lecker. Die Rezeptur<br />
ist getreide-, melasse- und luzernefrei und<br />
somit insbesondere für stoffwechselsensible<br />
Pferde geeignet. Die ausgewählte Kombination<br />
von verschiedenen Pflanzenerzeugnissen<br />
aus Äpfeln und Trauben („Josera<br />
EquiFlavin“) enthält zahlreiche sekundäre<br />
Inhaltsstoffe, darunter auch Flavonoide.<br />
Diese sind unter anderem für ihre antientzündlichen<br />
und antioxidativen Eigenschaften<br />
bekannt und können so bei entzündlichen<br />
Prozessen im Magen unterstützen.<br />
Das kann Zellstress vorbeugen und sich<br />
positiv auf Reizungen der Magenschleimhaut<br />
auswirken. Beruhigende Magenkräuter<br />
und säureregulierendes Magnesiumoxid<br />
können wohltuend und entspannend auf<br />
den Magen wirken. Magnesiumoxid wirkt als<br />
zusätzlicher Säurepuffer. So wird mit „Josera<br />
Help GastroRelax“ die Magenschleimhaut<br />
des Pferdes optimal unterstützt.<br />
UVP: 46,99 Euro, www.josera.de<br />
Tägliche Hufpflege<br />
Das „Huflab Huf Fett Lorbeer – Eukalyptus“ von leovet kommt<br />
jetzt in einer ansprechenden neuen Dose aus <strong>10</strong>0 Prozent<br />
recyceltem Altplastik. Das „Huflab Huf Fett Lorbeer – Eukalyptus“<br />
ist die perfekte tägliche Hufpflege zum Freundschaftspreis.<br />
Sie pflegt, nährt und stärkt den Huf. Regeneriert sprödes<br />
und brüchiges Horn. Lorbeeröl und Eukalyptusöl stärken<br />
nachhaltig die Widerstandsfähigkeit des Hufhorns und sorgen<br />
für natürliches Wachstum und Elastizität. Das Huffett zieht<br />
schnell ein und bindet die Feuchtigkeit im Huf. Es enthält keine Vaseline, Mineral öle oder<br />
Parabene und ist zusätzlich frei von Mikroplastik und Silikon und natürlich vegan.<br />
UVP: 11,65 Euro, www.leovet.de<br />
Bevor es matschig wird<br />
Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, sich die unbefestigten<br />
Außenbereiche einmal genauer<br />
anzusehen. Laufwege, Außenpaddocks, und<br />
andere stark frequentierte Flächen sollten jetzt<br />
repariert werden – noch bevor die Pferde im<br />
Matsch versinken und das Futter im Dreck liegt.<br />
Eine ideale Lösung dafür ist die „Belmondo Flix<br />
Lochmatte“. Sie wurde speziell für matschige<br />
Böden entwickelt und passt sich ideal dem Untergrund<br />
an. Die Verlegung erfolgt ohne Unterbau.<br />
Die Matten werden nur mit Kabelbindern<br />
aneinander fixiert und können so auch schnell<br />
wieder entfernt und neu verlegt werden.<br />
Weitere Informationen finden Sie unter<br />
www.kraiburg-belmondo.de<br />
Für glänzendes<br />
Haar<br />
Das „Equinatura Shampoo“ aus dem<br />
Pflegewerk von Equinatura sorgt für<br />
glänzendes und natürlich gepflegtes<br />
Haar und ist silikonfrei. Geraniumöl<br />
pflegt Haut und Haar intensiv bei<br />
jeder Wäsche. Die sanfte Reinigung<br />
durch das „Equinatura Shampoo“<br />
verleiht dem Haar Volumen und<br />
Fülle. Das „Equinatura Shampoo“<br />
enthält keine Vaseline, Mineralöle<br />
oder Parabene und ist zusätzlich frei<br />
von Mikroplastik<br />
und Silikon und<br />
natürlich vegan.<br />
Das Shampoo und<br />
auch alle anderen<br />
Produkte des<br />
Pflegewerks von<br />
Equinatura sind<br />
im Reitsportfachhandel<br />
erhältlich.<br />
UVP: 5,99 Euro,<br />
www.equinaturaonline.de<br />
74 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
Neue Lederkollektion<br />
Trust Equestrian, der Hersteller der bekannten Gebisse, ist stolz,<br />
die Einführung der brandneuen „Trust Leather Collection“ bekanntzugeben.<br />
Die Kollektion besteht aus feinstem europäischem pflanzlich<br />
gegerbtem Leder. Dank der erstklassigen Lederverarbeitung<br />
haben die Trensen eine lange Lebensdauer. Bei der Gestaltung<br />
jedes Artikels in der Kollektion wurde Rücksicht auf die Anatomie<br />
des modernen Pferdes genommen, sodass optimaler Komfort und<br />
größte Bewegungsfreiheit garantiert sind. Die Produkte lassen sich<br />
zudem einfach reinigen und pflegen. Die „Trust Leather Collection“<br />
ist ab sofort bei ausgewählten Händlern erhältlich. Bei einem Kauf<br />
erhält der Käufer ebenfalls zwei Trust Handtücher, mit denen die<br />
Reinigung noch einfacher von der Hand geht. Weitere Informationen<br />
zu den Produkten finden Sie unter<br />
www.trust-equestrian.com<br />
Für die Gelenke<br />
Entdecken Sie das Gelenkpulver „Bewegungsfreude“<br />
von Annimally für Ihr Pferd!<br />
Es fördert die Gelenkfunktion, unterstützt<br />
Bänder und Sehnen, steigert die Bewegungsfreude<br />
und wurde gemeinsam mit<br />
Wissenschaftlern entwickelt. Effektiv mit<br />
Teufelskralle, MSM, Glucosamin, Chondroitin,<br />
Hyaluronsäure, Weihrauch und mehr – ohne<br />
Zuckerzusatz. Made in Germany.<br />
UVP: 29,85 Euro, www.annimally.de<br />
Natürlich unterstützen<br />
Das „Regulatpro Vet Vital“ von Dr. Niedermaier<br />
ist ein naturbasiertes Ergänzungsfuttermittel<br />
in Bio-Qualität mit Mikro <br />
n ährstoffen und wertvollem Löwenzahnkrautextrakt.<br />
Es fördert<br />
nachhaltig glänzendes<br />
Fell, gesunde Haut und<br />
Hufe, eine ausgeglichene<br />
Verdauung und eine<br />
gesunde Immunfunktion.<br />
Es eignet sich zur<br />
ergänzenden Fütterung<br />
vom jungen Fohlen<br />
bis hin zum betagten<br />
Seniorenpferd.<br />
UVP: 59,90 Euro,<br />
www.regulatprovet.de<br />
Mobile Miststätte<br />
Pferde machen viel Mist, doch wohin damit, wenn man keine technisch dichte Fläche<br />
mit geregeltem Abfluss zur Verfügung hat? Die Lösung kommt von Pöttinger Entsorgungstechnik<br />
und heißt „Bio Cube“. Der Mist von etwa 400 Großpferden (Strohmist)<br />
kann im Container geschlossen und regengeschützt gesammelt werden. Das automatische<br />
Entleersystem am „Bio Cube“ ermöglicht eine einfache Entleerung des Mistbehälters<br />
ohne körperliche Anstrengung. Ein Pressstempel komprimiert das Sammelgut,<br />
um die maximale Auslastung des Containers zu gewährleisten. Der „Bio Cube“ ist die<br />
einfache, komfortable und umweltgerechte Lösung für die Lagerung von Pferdemist.<br />
www.poettinger-oneworld.at<br />
Pferdisch ins neue Jahr<br />
Für starke Hufe<br />
Die „Stassek Equisolid Huflotion“ festigt Hufstrahl und<br />
Sohle schnell und dauerhaft, lässt weiche und übelriechende<br />
Bereiche verschwinden, unterstützt das Hufwachstum<br />
und sorgt für einen festen, elastischen Huf. So kann der Huf<br />
effektiv geschützt und erhalten werden. Das Produkt ist in<br />
der Tülle und als Sprüher im Handel erhältlich.<br />
UVP: ab <strong>10</strong>,98 Euro, www.stassek.com<br />
Der neue Pferdekalender 2024 von Kerstin Tschech<br />
beinhaltet gemalte Pferdemotive und Auftragsarbeiten,<br />
welche Sie durch das ganze Jahr begleiten.<br />
Die Künstlerin präsentiert diese mit ausdrucksstarker<br />
Note und ihrer unverkennbaren Handschrift. Um die<br />
Eleganz und den Ausdruck der Pferde zu unterstreichen,<br />
arbeitet sie bei den Gemälden mit plastischen<br />
Elementen, was auf den Kunstdrucken im Kalender<br />
sehr gut zu erkennen sind. So kann der Betrachter<br />
immer wieder neue Details entdecken. Der moderne<br />
Kalender ist mit Rückkarton und umweltfreundlicher<br />
Cellophanfolie versehen und auf hochwertigem<br />
300-Gramm-Chromoluxpapier gedruckt.<br />
UVP: 25,00 Euro, www.pferdekunst.com<br />
Fotos: Hersteller<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
75
HALTUNG & GESUNDHEIT<br />
SIE GEHÖREN ZU WIEN wie der Stephansdom und das Riesenrad.<br />
Mit dem Wiener Fiaker lässt sich Österreichs Hauptstadt bequem<br />
erkunden. Doch immer wieder werden Tierschützer laut, die für<br />
andere Haltungsbedingungen der Pferde kämpfen<br />
Text: Nora Dickmann<br />
20 Fakten<br />
über Wiener Fiaker<br />
Aus dem Wiener Fiaker können sowohl die<br />
Einwohner als auch Touristen die typischen<br />
Sehenswürdigkeiten der Stadt bestaunen<br />
76 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023<br />
1. Der Begriff „Fiaker“ stammt ursprünglich<br />
aus dem Französischen und bezieht<br />
sich auf den Lohnkutschen-Standplatz<br />
in der Pariser Rue Saint-Fiacre.<br />
2. Erst 1720 wurden die bis dahin<br />
„Janschky-Wagen“ genannten Kutschen<br />
in Fiaker umbenannt und nummeriert.<br />
3. 1693 wurde die erste Lizenz erteilt.<br />
4. Die Einführung der Kutschen mit<br />
gewerblicher Lizenz war die weltweite<br />
Geburtsstunde des Taxigewerbes.<br />
5. Zwischen 1860 und 1900 waren mehr<br />
als tausend Fiaker in den Straßen<br />
Wiens unterwegs, mit meist bekannten<br />
Kutschern, die teilweise auch als<br />
Sänger auftraten.<br />
6. Der berühmteste Fiakerfahrer war der<br />
Leibfiaker von Kronprinz Rudolf, der<br />
dessen Gespielin Mary Vetsera 1889<br />
nach Mayerling brachte. Dort fand das<br />
Leben des Paares ein tragisches Ende.<br />
7. Die meisten der bekannten Kutscher<br />
lebten auch damals im heutigen<br />
3. Bezirk im sogenannten Fiakerdörfl,<br />
heute als Fiakerplatz bekannt.
Links: Einige Fiakerkutscher waren so<br />
bekannt, dass sie es sogar als Stars in die<br />
Presse schafften<br />
Unten: Egal welche Farbe oder Rasse – als<br />
Fiakerpferd kann jedes Tier eingesetzt werden<br />
Die Fiaker sind in der<br />
ganzen Stadt zu finden<br />
8. Auch heute finden sich in ganz Wien<br />
noch Fiaker, mit denen Touristen<br />
Stadtführungen erleben können.<br />
9. Früher haben die Wiener die Fiaker<br />
vor allem genutzt, um die Stadt stilvoll<br />
zu genießen oder um Gäste und<br />
Lieb schaften zu beeindrucken.<br />
<strong>10</strong>. In Wien gibt es heute 19 individuelle<br />
Betriebe, die sich an die strengen<br />
Tierschutzgesetze und Vorgaben der<br />
Stadt halten müssen.<br />
11. Es gibt 324 registrierte Fiakerpferde,<br />
die an vier Tagen der Woche arbeiten<br />
können (laut Gesetz) und die restlichen<br />
drei Tage der Woche frei haben.<br />
12. Jährlich werden mehr als 2.500 tierärztliche<br />
Kontrollen bei den Pferden<br />
durchgeführt. Hierbei werden die<br />
körperliche und geistige Gesundheit<br />
der Pferde kontrolliert.<br />
13. Zu 90 Prozent sind die Fiaker im<br />
Schritttempo unterwegs.<br />
Eine Regel für Fiaker: der<br />
ordentliche Auftritt und das<br />
Tragen einer Melone<br />
14. Unangekündigte Kontrollen des<br />
Veterinär amtes überprüfen den Zustand<br />
der Kutsche, das Erscheinungsbild<br />
des Kutschers und natürlich die<br />
Gesundheit des Pferdes.<br />
15. Tierschützer kritisieren immer wieder<br />
die „Hitzefrei“-Grenze von 35 Grad.<br />
16. 1987 wurde die erste Frau – Sisi<br />
Ringl – Fiakerin in Wien – und<br />
durchbrach damit die bis dahin<br />
herrschende Männergesellschaft.<br />
17. Seit den 1990ern ist eine Ausbildung<br />
mit anschließender Prüfung Pflicht<br />
für die Wiener Fiaker. Sowohl ein theoretischer<br />
als auch ein praktischer Teil<br />
werden hierbei geprüft. Nach dem erfolgreichen<br />
Bestehen erhält man das<br />
„Bronzene Fahrabzeichen“, welches<br />
die Person zum Fahren mit einem Gespann<br />
im Straßenverkehr berechtigt.<br />
Im Anschluss muss noch eine zweite<br />
Prüfung für den Fiakerführerschein<br />
bei der WKO Wien absolviert werden.<br />
Dieser beinhaltet historische Komponenten,<br />
Rechtliches sowie Routen etc.<br />
18. Stallführungen oder innovative<br />
Konzepte, wie das Riding Dinner,<br />
etablieren sich seit 2017 in Wien.<br />
19. In der Betriebsordnung für Fiakerund<br />
Pferdemietwagenunternehmen<br />
ist festgelegt, dass im aktiven Dienst<br />
mit Passagieren die Melone als Kopfbedeckung<br />
Pflicht ist.<br />
20. Fiaker gibt es nicht nur in Wien, sondern<br />
auch in Prag, Budapest, Lemberg<br />
oder im tschechischen Karlsbad.<br />
Fotos: Adobe Stock/Ingo Bartussek (1), Michael (1), IMAGO/ Imagebroker (2), /INSADCO (1), H. Tschanz-Hofmann (1)<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
77
ABENTEUER & REPORTAGE<br />
Die Shire Horses werden nicht umsonst<br />
„Giganten mit Herz“ genannt . Sie gelten<br />
als sehr liebevoll und vorsichtig<br />
78 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
STARKE ALLESKÖNNER Sie sind groß, kräftig und haben<br />
viel Behang: Shire Horses erkennt man schnell. Früher vor<br />
allem in der Landwirtschaft genutzt, finden sie heute auch<br />
im Freizeitbereich immer mehr Freunde<br />
Text: Nora Dickmann<br />
Sie sind wahre Multitalente: Früher noch<br />
Armee- oder Arbeitspferd, heute ein toller<br />
Freizeitpartner<br />
Giganten<br />
Als eine der größten Rassen der<br />
Welt sticht das Shire Horse besonders<br />
hervor. Nicht selten erreichen<br />
die Riesen ein Stockmaß<br />
von bis zu 2<strong>10</strong> Zentimetern<br />
und wiegen dabei bis zu 1.200 Kilogramm.<br />
Diese Rasse stammt ursprünglich aus den<br />
englischen Grafschaften Leicestershire, Staffordshire<br />
und Derbyshire. Den sogenannten<br />
„Shires“, auf Deutsch „Grafschaften“, verdanken<br />
die Pferde auch ihren Namen. Hier wurden<br />
sie vor allem für die Ritter gezüchtet. Im<br />
Jahr <strong>10</strong>66 wird erstmalig von einem „ great<br />
Horse“ gesprochen, welches man in Britannien<br />
bei Feldzügen entdeckt. Diese waren damals<br />
aber noch recht klein, entwickelten sich<br />
aber bald zu den heutigen großen Pferden. Bereits<br />
im 11. Jahrhundert wurden die „Gentle Giants“<br />
als Kriegspferde eingesetzt. Im 19. Jahrhundert<br />
wurden Shire Horses vor allem von<br />
der britischen Armee genutzt, um Kanonen<br />
und andere schwere<br />
Ausrüstung zu<br />
transportieren. Sie<br />
waren auch als Reitpferde<br />
beliebt und<br />
wurden oft für Patrouillen<br />
und andere<br />
militärische Einsätze<br />
eingesetzt, da<br />
sie in der Lage waren,<br />
über Langstrecken<br />
hinweg schwemit<br />
großem Herzen<br />
In den 1930er-Jahren<br />
wurden die Riesen<br />
vermehrt auf Shows<br />
vorgestellt und für<br />
ihre Größe bewundert<br />
re Rüstungen und die ihrer Reiter zu tragen.<br />
Zum anderen flößte ihre Größe vielen Feinden<br />
bereits im Vorfeld Angst ein. Das große Pferd<br />
war auch besonders beliebt bei Brauereien<br />
und wurde oft für den Transport von Bierfässern<br />
genutzt. Später wurden die Pferde dann<br />
zu Arbeitspferden in der Forst- und Landwirtschaft.<br />
Die Rasse ist auch für ihre enorme Zugkraft<br />
bekannt. Sie können bis zu fünf Tonnen<br />
ziehen, was vor allem an der Stellung der<br />
Hinterhand liegt. Shire Horses haben eine Y-<br />
förmige Beinstellung („hocks together“). Dadurch<br />
entsteht eine optimale Hebelwirkung,<br />
die die enorme Zugkraft möglich macht.<br />
Strenge Zuchtregeln<br />
Erst im Jahr 1878 wurde die English Cart Horse<br />
Society, heute bekannt unter Shire Horse<br />
Society, gegründet. Sir Walter Gilbey konnte<br />
das englische Königshaus davon überzeugen,<br />
dass es notwendig sei, alle schweren<br />
Pferdeschläge in einem<br />
Stutbuch unterzubringen.<br />
Ihre<br />
Aufgabe war es, die<br />
Qualität der Zucht<br />
zu sichern und die<br />
Sicherung der Wagen-<br />
und Zugpferde<br />
zu gewährleisten.<br />
Damit begann die<br />
Zucht der Shires. Da<br />
die Landwirtschaft<br />
aber stark abnahm,<br />
wurden viele Shire<br />
Horses für die Clydesdale-Zucht<br />
nach<br />
Schottland verkauft.<br />
Heute ist es<br />
der Shire Horse<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
79
ABENTEUER & REPORTAGE<br />
Steckbrief<br />
Shire Horse<br />
Größe:<br />
Gewicht:<br />
Farbe:<br />
Charakter:<br />
163–2<strong>10</strong> cm<br />
800–1.200 kg<br />
Rappen, Braune,<br />
Dunkelbraune und<br />
Schimmel,<br />
keine Füchse;<br />
Stichelhaare und<br />
große weiße<br />
Abzeichen sind<br />
unerwünscht<br />
Gutmütig, lernwillig,<br />
arbeitsfreudig,<br />
liebevoll, dem<br />
Menschen zugewandt<br />
Verwendung: Fahr- und Freizeitpferd,<br />
Kutschpferd,<br />
Landwirtschaft, früher<br />
auch Kriegspferd<br />
Shire-Horse-Fohlen sind schon bei<br />
der Geburt sehr groß, gelten aber trotzdem<br />
als Spätentwickler<br />
Society zu verdanken, dass der Bestand der<br />
Rasse stabilisiert werden konnte. Königin<br />
Elisabeth II. war die „Schutzpatronin“ der<br />
Rasse. Denn das Königshaus war schon immer<br />
in die Shire-Horse-Zucht involviert.<br />
Muskulös und groß<br />
Ein stabiler Körper mit einem kräftigen Rücken<br />
und einer muskulösen Hinter- und Vorhand<br />
kennzeichnen die Statur der starken<br />
Info<br />
Vierbeiner. Nicht nur die enorme Körpergröße-<br />
und Masse ist typisch für diese Rasse,<br />
sondern auch das dichte Langhaar fällt sofort<br />
ins Auge. Auffallend sind der üppige Kötenbehang<br />
sowie die wallende Mähne und der<br />
bodenlange Schweif. Weiße Abzeichen auf<br />
der Blesse und an den Beinen sind ebenfalls<br />
typisch für die großen Pferde. Ein schlanker<br />
Kopf, dunkle, treu blickende Augen und der<br />
leicht gebogene Hals lassen die Tiere anmutig<br />
und elegant wirken, trotz ihrer erstaunlichen<br />
Größe. In einigen Ländern ist es bis<br />
heute üblich, den Schweif von Kaltblütern<br />
wie den Shire Horses zu Showzwecken zu<br />
scheren oder zu kupieren. In Deutschland ist<br />
das Kupieren des Schweifes, der oftmals bis<br />
zum Boden reicht, jedoch verboten. Bei den<br />
Shire Horses kommen vor allem Braune und<br />
Rappen vor, Schimmel eher selten, und Füchse<br />
sind unerwünscht.<br />
Problem Kötenbehang<br />
So schön der weiße Kötenbehang auch anzusehen ist, so ist er gleichzeitig<br />
auch Nährboden für Mauke. Hierbei handelt es sich um eine<br />
schmerzhafte Hauterkrankung in der Fesselbeuge des Pferdes. Bei<br />
einer milden Form von Mauke ist nur die obere Hautschicht betroffen,<br />
bei schlimmeren Formen können auch tiefere Hautschichten betroffen<br />
sein. Eine eitrige Kruste und nässende Hautausschläge sind hier dann<br />
keine Seltenheit. Eine unzureichende Behandlung der Erkrankung<br />
kann zu einer chronischen Form, die warzenartige Wucherungen und<br />
Schwellungen mit sich bringt, führen.<br />
Neben der richtigen Ernährung sollte der Behang auch regelmäßig<br />
gepflegt werden. Eine tägliche Kontrolle und wenigstens gelegentliches,<br />
gründliches Waschen der Behänge mit Kernseife (hier bitte vollständig<br />
die Seifenlauge ausspülen) ist sehr empfehlenswert.<br />
80 www.mein-pferd.de <strong>10</strong>/2023
Trotz ihrer imposanten Größe sind<br />
diese Pferde tolle Freizeitpartner<br />
und finden immer mehr Anhänger<br />
Wissen<br />
Wussten Sie, dass …<br />
… das größte Pferd der Welt ein<br />
Shire Horse namens Sampson war?<br />
Der Wallach hatte ein Stockmaß von<br />
2,19 Metern und wog 1.524 Kilogramm.<br />
Später wurde er genau deswegen in<br />
Mammoth umbenannt.<br />
… zwischen einem Shire Horse<br />
und einem Shetlandpony durchaus<br />
ein Größenunterschied von bis zu<br />
125 Zentimetern bestehen kann?<br />
Sanfte Riesen<br />
In ihrer englischen Heimat werden die Pferde<br />
auch liebevoll „Gentle Giants“, also „sanfte<br />
Riesen“ genannt. Denn im Gegensatz zu ihrer<br />
imposanten Erscheinung sind sie sehr sanftmütig<br />
und dem Menschen zugeneigt. Meist<br />
zeichnen sie sich auch durch<br />
einen sehr ausgeglichenen<br />
Charakter, eine hohe Verlässlichkeit<br />
sowie eine enge<br />
Bindung zu ihrer Bezugsperson<br />
aus. Wie viele andere<br />
Kaltblutrassen sind auch<br />
die Shires schwer aus der<br />
Ruhe zu bringen und werden<br />
wegen ihrer gutmütigen<br />
und ruhigen Art sowohl<br />
unter dem Reiter als auch<br />
vor der Kutsche geschätzt.<br />
Allerdings sollte man sich<br />
von der etwas schwerfällig<br />
wirkenden Erscheinung<br />
nicht täuschen lassen. Denn im Gegensatz zu<br />
vielen anderen Kaltblütern haben Shire Horses<br />
ein lebhaftes Temperament. Auch sind<br />
die Tiere sehr lernwillig und arbeitsfreudig.<br />
Diese Eigenschaften ermöglichen einen vielseitigen<br />
Einsatzbereich der Pferde. Aufgrund<br />
ihrer Größe gehören die sanften Riesen zu<br />
den Spätentwicklern. Das hat zur Folge, dass<br />
sie später als andere Pferderassen ausgebildet<br />
werden sollten. Zwar wachsen die Pferde<br />
sehr schnell, dennoch brauchen Muskulatur,<br />
Sehnen und Gelenke viel Zeit, um sich vollständig<br />
zu entwickeln. Vor Vollendung des<br />
fünften Lebensjahres sollten sie daher nicht<br />
geritten werden.<br />
Artgerecht halten<br />
Aufgrund seiner Größe benötigt das Shire<br />
Horse natürlich mehr Platz als ein kleines<br />
Pony. Steht das Tier in der Box, sollte darauf<br />
geachtet werden, dass diese sehr groß ist und<br />
das Tier genügend Platz hat, sich frei zu bewegen.<br />
Bei der Boxenhaltung gilt als Faustformel<br />
für die Boxengröße: (Widerrist höhe x 2)².<br />
Der Untergrund sollte trocken und matsch-<br />
Oben: Der weiße Kötenbehang ist typisch<br />
für diese Rasse und darf in Deutschland<br />
nicht kupiert werden<br />
Links: Ursprünglich wurden die Shire<br />
Horses für die schwere Feldarbeit in der<br />
Landwirtschaft gezüchtet<br />
frei sein, gleiches gilt auch für das Paddock.<br />
Shire Horses sind nämlich sehr anfällig für<br />
Mauke und Strahlfäule, nicht zuletzt wegen<br />
des Kötenbehangs.<br />
Auch sind Kaltblutpferde wie die Shire<br />
Horses leichtfuttrig. Sie sind oft gute Futterverwerter<br />
und neigen dazu, schnell zuzunehmen.<br />
Bei der Fütterung sollte also bedacht<br />
werden, nicht zu viel Energie zuzuführen<br />
und Kraftfutter nur bei Bedarf zu füttern.<br />
Raufutter von guter Qualität sollte in ausreichender<br />
Menge zu Verfügung stehen.<br />
Fotos: IMAGO/TopFoto (1), United Archives International (2), slawik.com (7)<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
www.mein-pferd.de<br />
81
Freizeit im Sattel<br />
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Ha lenko ler vermeiden<br />
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VORSCHAU NOVEMBER 2023<br />
TITELSTORY<br />
Losgelassenheit<br />
Bei Problemen im<br />
Training heißt es<br />
zurück zur Basis,<br />
wie Losgelassenheit,<br />
losgelassener<br />
Reitersitz<br />
und Psyche des<br />
Reiters. Was<br />
beeinflusst die<br />
Losgelassenheit<br />
positiv und was<br />
negativ? Ursachenermittlung<br />
und<br />
Losgelassenheit<br />
als Gesundheitsprophylaxe<br />
THEMA DES MONATS<br />
Immunbooster<br />
Wie funktioniert das Immunsystem<br />
des Pferdes, und wie<br />
kann man es von außen unterstützen?<br />
Vor allem in der Zeit<br />
des Fellwechsels benötigen<br />
die Tiere hier Hilfe. Tipps und<br />
Tricks für die kühle Jahreszeit<br />
Die nächste<br />
Ausgabe erscheint am<br />
<strong>10</strong>.<strong>10</strong>.2023<br />
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HALTUNG & GESUNDHEIT<br />
Wirklich gut eingestreut?<br />
Eine aktuelle Schweizer Studie befasst<br />
sich mit der Ökobilanz von unterschiedlicher<br />
Einstreu. Was schneidet wirklich<br />
am besten ab, und wie wird die Umwelt<br />
am besten geschont?<br />
Aus aktuellem Anlass können angekündigte Themen verschoben werden.<br />
Außerdem<br />
▷ Atemwege<br />
Husten, Nasenausfluss und Abgeschlagenheit – wieso diese<br />
Symptome im Herbst keine Seltenheit mehr sind<br />
▷ Schreckhaftigkeit<br />
Was tun, wenn das Pferd bei jeder Gelegenheit zur Seite<br />
springt und es gefährlich wird?<br />
▷ Mode<br />
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<strong>10</strong>/2023<br />
3
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Klar, kein Reiter kann auf die BERATUNG EINES<br />
SATTLERS verzichten. Aber es ist immer gut, wenn<br />
man mitreden kann – das schützt Sie und Ihr Pferd<br />
auch vor schwarzen (Branchen-)Schafen!<br />
Vor fast zwei Jahren wurde<br />
die Deutsche Reitpony-Stute<br />
Daylight auf der<br />
Weide getreten. Die Folge:<br />
eine Knochenhautentzündung,<br />
wegen der sie eineinhalb Jahre<br />
pausieren musste. Nun ist sie seit drei<br />
Monaten wieder regelmäßig in Arbeit.<br />
Das Problem: In der langen Zwangspause<br />
war Madame ein wenig rundlich ums<br />
Bäuchlein geworden. Der Sattel passte<br />
nicht mehr, und bald ging Daylight bei<br />
Berührung der Sattellage mit der Hand<br />
in die Knie, solche Schmerzen hatte sie.<br />
Gut, dass es Nancy Köpke gibt! Sie passte<br />
den Sattel an, empfahl Daylights Besitzerin<br />
eine Fellunterlage und gab ihr<br />
Hausaufgaben mit auf den Weg: Muskelaufbautraining<br />
fürs Pony. Nachdem<br />
Daylights Springsattel jetzt wieder wunderbar<br />
liegt, soll sie noch einen Dressursattel<br />
bekommen. Das ist nicht einfach<br />
bei Daylights Statur: breiter Rumpf, hoher<br />
Widerrist, tiefer Rücken, und dazu<br />
ist sie noch recht kurz. Worauf gilt es<br />
also zu achten beim neuen Sattel? Zunächst<br />
einmal darauf, dass die Stute sich<br />
mit dem Training körperlich verändern<br />
wird. Es heißt ja, eigentlich brauche man<br />
keine Extrapolster unter dem Sattel.<br />
Der Sattel selbst solle so gut liegen, dass<br />
eine einfache Satteldecke genügt. Das<br />
stimmt auch, bestätigt Nancy Köpke. Allerdings<br />
gilt: Wenn das Pferd in einem<br />
muskulär schwachen Zustand ist, weil es<br />
länger pausieren musste oder auch eine<br />
Weile mit einem schlecht sitzenden Sattel<br />
ging, sind einige Zwischenschritte<br />
notwendig. Dann macht es wenig Sinn,<br />
den Sattelbaum dem Ist-Zustand perfekt<br />
anzupassen, sondern die Ortweite<br />
(umgangssprachlich auch Kammerweite<br />
genannt) lieber eine Nummer größer<br />
zu nehmen. Solange der Sattel noch zu<br />
groß ist, stabilisiert man ihn mit Lammfellunterlagen,<br />
die mit Taschen ausgestattet<br />
sind, in die man Filzpads einschiebt.<br />
Nancy Köpke erklärt: „Auf diese<br />
Weise bringe ich den Sattel vom Pferd<br />
weg und kann die atrophierten Stellen<br />
(an denen die Muskulatur zurückgegangen<br />
ist, Anm. d. Red.) ausgleichen.“ Das<br />
Gute: Mit Unterlagen und Pads kann der<br />
Sattel stets nach Bedarf angepasst werden.<br />
Dafür braucht es auch nicht immer<br />
einen Termin mit dem Sattler, sondern<br />
der erfahrene Pferdemensch kann selbst<br />
ausprobieren, wie dem Pferd eine Ver-<br />
4 <strong>10</strong>/2023
änderung bekommt. Merke: Spätestens<br />
nach sechs Monaten sollte der Sattel<br />
dem Pferd wieder passen. Ist das nicht<br />
der Fall, muss der Sattler noch mal ran!<br />
Was das Material dieser Unterlagen<br />
angeht – Lammfell verteilt den Druck<br />
gut. Hat man ein besonders sensibles<br />
Pferd, ist Rentier(winter-)fell noch besser.<br />
In einer Studie von 20<strong>10</strong> haben Forscher<br />
an der Veterinärmedizinischen<br />
Universität Wien herausgefunden, dass<br />
beim Vergleich von Schaumgummi,<br />
Leder, Gel und Rentierfell als Unterlage<br />
unter einem passenden Sattel nur letzteres<br />
den Druck signifikant besser verteilte.<br />
Nancy Köpke erklärt: „Das liegt daran,<br />
dass Rentierfell – man sollte übrigens<br />
das Winterfell nehmen – eine Wuchsrichtung<br />
hat. Dadurch wird der Druck noch<br />
ein bisschen besser verteilt.“ Kunstfell<br />
ist aus ihrer Sicht hingegen nicht empfehlenswert.<br />
Wer aus ethischen Gründen<br />
auf Echtfell verzichten will, sollte eher zu<br />
sogenanntem Dis tanzgewebe greifen,<br />
Links oben: In der Gurt lage der Pferde<br />
gibt es einen Reflexpunkt, auf dem<br />
keinesfalls die Schnallen des Sattelgurts<br />
drücken dürfen<br />
Oben: Ob die Ortweite stimmt, prüft<br />
man, indem man die Schulterblattspitze<br />
anfasst, während ein Helfer das Bein<br />
nach vorne nimmt<br />
das zum Beispiel auch in der Humanmedizin<br />
zur Anwendung kommt, etwa<br />
wenn es darum geht, bei bettlägerigen<br />
Menschen einen Dekubitus, also Wundliegen,<br />
zu vermeiden.<br />
Der Widerrist …<br />
… muss unter allen Umständen frei bleiben.<br />
Vom Widerrist bis zu der Stelle, wo<br />
das Sattel kissen auf dem Pferd aufliegt,<br />
sollte seitlich eine Handbreit Platz nach<br />
unten sein. Dann tragen die Rippen das<br />
Gewicht des Sattels, und der Widerrist<br />
ist frei beweglich. Rund um den Widerrist<br />
müssen überall zwei Finger Platz<br />
sein zum Vorderzwiesel – und wenn Sie<br />
im Sattel sitzen, muss immer noch<br />
Mindestens zwei, besser drei Finger<br />
sollte Luft bleiben zwischen Widerrist<br />
und Vorderzwiesel des Sattels<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
5
SPEZIAL SATTEL<br />
Deutlich zu sehen:<br />
Dieser Sattel drückt<br />
nirgends auf die<br />
Wirbelsäule<br />
Zwei Finger Platz sollten links und<br />
rechts neben der Wirbelsäule bis zum<br />
Sattelkissen sein, wenn der Sattel<br />
normal angegurtet ist<br />
eine Hand flach unter den Sattel gelegt<br />
werden können! Ist der Widerrist druckempfindlich<br />
oder weist er gar Scheuerstellen<br />
auf, ist das ein deutlicher Hinweis,<br />
dass der Sattel drückt. Ein beliebter<br />
Fehler: Satteldecken und Schabracken<br />
über dem Widerrist schön glatt nach<br />
unten ziehen. Auch das kann die Bewegungsfreiheit<br />
im Widerrist einschränken.<br />
Also lieber die Satteldecke etwas<br />
anlupfen, „einkammern“, damit auch<br />
darunter noch Luft zum Pferd ist. Und<br />
bei sämtlichen Fellen, Pads etc. daran<br />
denken: Sie nehmen Platz weg! Wer sie<br />
benötigt, muss eine entsprechend weitere<br />
Kammer wählen!<br />
Hinter dem 18. Brustwirbel liegt ein<br />
Reflexpunkt. Wenn der Sattel hier aufliegt,<br />
fangen viele Pferde an zu bocken<br />
Sie finden den 18. Brustwirbel, indem sie<br />
die Wasserrinne nach oben verlängern<br />
(siehe Kreidestrich) oder sich an der letzten<br />
Rippe entlangtasten<br />
6 <strong>10</strong>/2023
Trapezmuskel<br />
18. Brustwirbel<br />
Schultergelenk<br />
Der Trapezmuskel, die Schulter<br />
und der 18. Brustwirbel sind<br />
die Knackpunkte bei der<br />
Sattel anpassung<br />
Die Schulter …<br />
… muss ebenfalls frei arbeiten können,<br />
sonst drohen unter Umständen irreparable<br />
Schäden und große Schmerzen<br />
beim Pferd. Das Schulterblatt arbeitet in<br />
der Bewegung wie ein Scheibenwischer.<br />
Bewegt das Vorderbein sich nach vorne,<br />
rutscht das Schulterblatt nach hinten<br />
oben, etwa eine Handbreit. Das muss der<br />
Sattel zulassen! Ebenso muss der Trapezmuskel<br />
frei arbeiten können, der vom<br />
Nackenband an Hals und Rücken ausgehend<br />
bis zur Mitte des Schulterblattes<br />
verläuft und so ein Dreieck bildet. Wird<br />
er blockiert, ist das Pferd in seiner Bewegungsfreiheit<br />
massiv eingeschränkt, und<br />
der Muskel bildet sich zurück, erkennbar<br />
an Kuhlen neben dem Widerrist.<br />
Entscheidend für die Bewegungsfreiheit<br />
der gesamten Schulter ist die Ortweite<br />
des Sattels. Sie muss so weit sein, dass<br />
das Schulterblatt frei unter ihr hindurchgleiten<br />
kann (aber auch nicht zu weit, sodass<br />
der Sattel auf der Wirbel säule aufliegt!).<br />
Das kann man ausprobieren.<br />
Stellen Sie sich neben das korrekt gesattelte<br />
und angegurtete Pferd und fassen<br />
Sie an die Spitze des Schulterblatts. Bitten<br />
Sie einen Helfer, das Vorderbein aufzuheben<br />
und nach vorne zu bewegen. Wenn<br />
Sie fühlen, dass die Schulterblattspitze<br />
unter Ihrer Hand unter dem Sattel verschwindet,<br />
ohne dass sich der Sattel nach<br />
hinten verschiebt oder das Schulterblatt<br />
auf einen Widerstand stößt, ist die Ortweite<br />
richtig gewählt.<br />
Nicht nur die Weite, auch die Winkelung<br />
des Kopfeisens bzw. der Ortspitzen<br />
Oben: Je gleichmäßiger das Pferd unter<br />
dem Sattel geschwitzt hat, desto besser<br />
Links: Der Staubabdruck zeigt, wo der<br />
Sattel aufliegt – hier an den richtigen Stellen<br />
ist zu beachten. Sie sollten parallel zur<br />
Schulter verlaufen und müssen so lang<br />
sein, dass sie einerseits helfen, den Sattel<br />
stabil zu halten, aber andererseits auch<br />
nicht so lang, dass sie in die Musku-<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
7
SPEZIAL SATTEL<br />
Widerrist<br />
Rücken<br />
Dornfortsätze<br />
Schulter<br />
Seitliche Rippenmuskulatur<br />
Gurtlage/<br />
Ellenbogen<br />
Wasserrinne<br />
Wo zwickt es?<br />
Sechs Punkte für einen optimal<br />
liegenden Sattel:<br />
1 Widerrist<br />
2 Rücken<br />
3 Gurtlage/Ellenbogen<br />
4 Schulter<br />
5 Dornfortsätze<br />
6 Rippenmuskulatur<br />
▷ Widerrist<br />
Zwei Finger sollten rund um den<br />
Widerrist zwischen Sattel und Pferd<br />
passen. Wichtige Faustregel: Das<br />
Gewicht des Sattels sollte erst vier<br />
Finger unterhalb des Widerrists zum<br />
Tragen kommen, dann drückt nichts,<br />
der Widerrist bleibt frei, und die Last<br />
wird auf den Rippen verteilt.<br />
Zeichen für zu wenig Widerrist freiheit:<br />
Druckempfindlichkeit und Scheuerstellen.<br />
Achtung: Sattel decke immer<br />
einkammern, und bei Fellunterlagen<br />
daran denken: Sie sind weich, aber sie<br />
nehmen Platz weg, entsprechend weiter<br />
muss die Kammer ausfallen.<br />
▷ Rücken<br />
Reiter und Sattel müssen im Schwerpunkt<br />
des Pferderückens liegen. Heißt<br />
konkret: Der Sattel sollte keinesfalls<br />
über die 18. Rippe hinausragen. Hinter<br />
ihr liegt der erste Querfortsatz, ein<br />
fester Wirbel. Liegt der Sattel hier auf,<br />
sind Schmerzen und ein weggedrückter<br />
Rücken programmiert.<br />
So überprüfen Sie, ob der Sattel<br />
richtig liegt: Die Wasserrinne (Foto)<br />
dient als Orientierungslinie – einfach<br />
in Richtung Rücken verlängern. Hier<br />
verläuft die 18. Rippe. In der Regel<br />
gilt: Passt der Sattel vorne nicht, dann<br />
drückt es auch hinten und umgekehrt.<br />
Ein hinten wippender Sattel muss<br />
ausgeglichen werden.<br />
▷ Gurtlage<br />
Der Ellenbogen sollte frei liegen und<br />
nicht am Gurt scheuern. Die alte Regel<br />
„eine Handbreit hinterm Ellenbogen<br />
schließt die vordere Gurtkante ab“ ist<br />
überholt. Der Gurt muss dort enden,<br />
wo der Leib des Pferdes sich zu<br />
verjüngen beginnt.<br />
Bei Kurzgurten gilt: je länger, umso<br />
besser! Auf Höhe des Ellenbogens liegt<br />
ein Reflexpunkt, Lunge und Atmung<br />
können beeinträchtigt werden.<br />
Brustbein: Hier sollte der Gurt breit<br />
aufliegen, optimale Druckverteilung an<br />
dieser Stelle ist das A und O! Probieren<br />
Sie, womit sich Ihr Pferd am besten<br />
anfühlt. Zeichen für falschen Sattelgurt:<br />
Gurtzwang!<br />
▷ Schulter<br />
Von vorne betrachtet, sollte die Silhouette<br />
des Sattels dem Pferdekörper<br />
folgen. So überprüfen Sie die korrekte<br />
Lage: Sattel ungegurtet auf das Pferd<br />
legen. Dann einen Stift am Ende mit<br />
zwei Fingern in die Hand nehmen und<br />
vom Widerrist entlang der Schulter<br />
unter dem Sattel durchgleiten lassen.<br />
Der Stift sollte auch an zwei Fingern<br />
nicht aus der Hand fallen. Gelingt dies<br />
nicht, ist der Sattel zu eng.<br />
Zeichen für zu wenig Schulterfreiheit:<br />
Muskulatur schiebt sich vor<br />
dem Sattel auf, Druckempfindlichkeit<br />
im Schulterbereich.<br />
▷ Dornfortsätze<br />
Um die Wirbelkanalbreite zu bestimmen,<br />
sollte der Sattel gegurtet und<br />
idealerweise mit Reitergewicht auf<br />
dem Pferd liegen. Dann sollten immer<br />
noch vier Finger nebeneinander im<br />
Sattelkanal Platz haben – zwei links<br />
von der Wirbelsäule und zwei rechts.<br />
Die Kissen dürfen nie auf den Dornfortsätzen<br />
liegen!<br />
Zeichen für die falsche Wirbelkanalbreite:<br />
Druckschmerz, blockierter<br />
Rücken.<br />
▷ Seitliche Rippenmuskulatur<br />
Zu breite Sattelkissen können die<br />
Rückenmuskulatur seitlich herunterdrücken.<br />
Anzeichen für zu breite Kissen:<br />
Deformierte Muskulatur statt stabilen<br />
gleichmäßigen Muskelsträngen. Links<br />
und rechts der Wirbelsäule hängt der<br />
Rücken in der Mitte durch.<br />
8 <strong>10</strong>/2023
latur drücken. Letzteres kann aber auch<br />
bei zu kurzen Ortspitzen passieren, weiß<br />
Nancy Köpke: „Zu kurze Ortspitzen drücken<br />
insbesondere bei der Landung<br />
nach einem Hindernis in die Schulter –<br />
sehr schmerzhaft! Wenn die Pferde direkt<br />
nach der Landung losbocken, ist das<br />
ein ziemlich sicheres Zeichen, dass ihnen<br />
etwas wehtut“, weiß die erfahrene<br />
Sattlerin. Viele Pferde wollen nach einer<br />
solchen Erfahrung gar nicht mehr abspringen,<br />
berichtet sie.<br />
Mit dem Kopfeisen wird bei vielen<br />
Herstellern experimentiert. Da wird zurückgeschnitten,<br />
verlängert, verkürzt usw.<br />
Aber Nancy Köpke betont: „Wichtig ist,<br />
dass die Ortschenkellänge zum Pferd<br />
passt, damit sie nicht in die Schulter piksen<br />
und der Sattel stabil bleibt.“ Fakt ist,<br />
ein Kontakt des Sattels mit der Schulter<br />
ist unvermeidlich. Aber wenn der Sattel<br />
an den richtigen Stellen aufliegt, ist das<br />
kein Problem. Dann kann das Pferd ungehindert<br />
Muskulatur aufbauen.<br />
Rücken und Dornfortsätze<br />
Der tiefste Punkt des Sattels, der Schwerpunkt,<br />
muss mit dem tiefsten Punkt des<br />
Pferderückens korrespondieren, denn<br />
hier kommt der Reiter zum Sitzen. Der<br />
Sattel darf nur so lang sein, dass der Bereich<br />
hinter dem 18. Brustwirbel unter<br />
allen Umständen frei bleibt. Hier<br />
beginnt die Lendenwirbelsäule. Liegt<br />
der Sattel hier auf, bereitet das dem<br />
Pferd Schmerzen. Resultat: fester Rücken,<br />
nachgesprungene fliegende Galoppwechsel<br />
oder auch Bocken, Steigen<br />
und andere vermeintliche „Unarten“,<br />
die de facto das Ergebnis von vermeidbaren<br />
Schmerzen sind. Man findet den<br />
18. Brustwirbel, indem man die Wasserrinne<br />
nach oben verlängert oder auch<br />
die letzte Rippe. Dort, wo sie auf die Wirbelsäule<br />
treffen, liegt der Wirbel.<br />
Auch wichtig: Der sogenannte Kissenkanal,<br />
die Lücke zwischen den Sattelkissen,<br />
die die Wirbelsäule und die Dornfortsätze<br />
freihalten soll. Als Faustregel<br />
gilt: Rechts und links der Dornfortsätze<br />
sollte angegurtet und mit Reitergewicht<br />
rund zwei Finger Platz bleiben, damit<br />
die Kissen nicht auf die knöchernen<br />
Strukturen der Wirbelsäule drücken.<br />
Zu breit darf der Kissenkanal aber auch<br />
nicht sein, damit der Sattel nicht auf der<br />
Wirbelsäule aufliegt und die Muskulatur<br />
nicht durch den Sattel auf den Rippenbogen<br />
gedrückt wird.<br />
Rückenmuskulatur<br />
Die Kissen des Sattels sollten sich an die<br />
Rücken muskulatur anschmiegen. So individuell<br />
wie die Anatomie des Pferderückens<br />
sind auch die Winkelung und<br />
die Passform der Kissen. Sie dürfen<br />
nicht zu lang sein, damit sie nicht auf<br />
den ersten Lendenwirbel drücken. Überhaupt<br />
ist Nancy Köpke der Ansicht, die<br />
Kissen könnten eigentlich nicht kurz genug<br />
sein, solange der Schwerpunkt des<br />
Sattels stimmt und der Reiter im Sattel<br />
gut sitzen kann.<br />
Ein wichtiger Punkt ist auch der Härtegrad<br />
der Füllung. Zu hart bedeutet<br />
Druck auf die Muskulatur, der auf Dauer<br />
massive Schmerzen verursacht. Zu<br />
weiche Kissen können die Form nicht<br />
halten, fallen zusammen und drücken<br />
dann ebenfalls.<br />
Die Gurtlage<br />
Früher kaum beachtet, ist die Gurtlage<br />
inzwischen immer stärker in den Fokus<br />
gerückt. Und mit ihr die Ellbogenfreiheit.<br />
Die alte Faustregel, dass der Gurt<br />
eine Handbreit hinter dem Ellenbogen<br />
liegen soll, gilt nicht mehr. Gegurtet<br />
wird dort, wo der Leib des Pferdes sich<br />
verjüngt. Trotzdem muss der Ellenbogen<br />
sich bewegen können, ohne dass<br />
das Pferd sich am Gurt scheuert oder<br />
an ihn stößt. Ganz wichtig bei Kurzgurten:<br />
Die Schnallen sollten nicht auf<br />
Höhe des Ellenbogens liegen, damit beides<br />
nicht miteinander kollidiert, wenn<br />
das Pferd sich bewegt. Als Faustregel<br />
gilt: die Kurzgurte so lang wie möglich<br />
wählen, damit die Schnallen möglichst<br />
dicht am Sattelblatt liegen. Wenn Pferde<br />
nicht frei aus der Schulter herauskommen<br />
oder nicht durchatmen während<br />
des Reitens, liegt das womöglich daran,<br />
dass die Schnallen auf dem Reflexpunkt<br />
aufliegen, der sich in der Sattellage<br />
befindet. Bei einem Großpferd ist der<br />
etwa eine Handbreit über dem Ellbogen<br />
angesiedelt, bei Ponys entsprechend<br />
weiter unten. Wo genau, ist jedoch von<br />
Pferd zu Pferd verschieden. Darum der<br />
Tipp: Sie finden den Reflexpunkt Ihres<br />
Pferdes, wenn Sie mit dem Fingernagel<br />
in der Gurtlage von oben nach unten<br />
und von vorne nach hinten streichen.<br />
Dort, wo das Pferd zusammenzuckt,<br />
liegt der Reflexpunkt. Bekommt dieser<br />
zu viel Druck, kann die Atmung beeinträchtigt<br />
werden. Genauso wichtig: Die<br />
Gurtstrupfen müssen unbedingt senkrecht<br />
nach unten hängen und angegurtet<br />
werden, damit sie die Lage des Sattels<br />
nicht verändern.<br />
Der ultimative Formcheck<br />
Hat man einen Sattel gefunden, der den<br />
Eindruck macht, dass er passt, gibt es<br />
zwei Möglichkeiten, das unter dem Reiter<br />
zu über prüfen: den Staub- und den<br />
Schweißabdruck. Ersteren nimmt man<br />
ohne Satteldecke. Das Pferd wird gesattelt<br />
und einige Minuten in allen Grundgangarten<br />
geradeaus und auf gebogenen<br />
Linien geritten. Danach wird der<br />
Sattel mit aller Vorsicht vom Pferd geho<br />
ben, um das entstandene Staubmuster<br />
nicht zu verwischen. Denn dieses zeigt<br />
nun zweifelsfrei, ob der Sattel da liegt,<br />
wo er liegen soll, und nicht drückt.<br />
Den Schweißabdruck kann man nach<br />
jedem Training kontrollieren. Hat das<br />
Pferd geschwitzt, sollte die gesamte Sattellage<br />
nass sein. Das wäre optimal, ist<br />
aber eher selten der Fall. Wenn trockene<br />
Flächen kleiner als eine Handbreit<br />
sind, ist das ein Hinweis auf Druckspitzen<br />
– das darf nicht sein! Solche Druckspitzen<br />
findet man z. B. unter den Bügelschlössern,<br />
achten Sie mal darauf! Eine<br />
Studie von 20<strong>10</strong> hat einen direkten Zusammenhang<br />
zwischen trockenen Stellen<br />
auf einer eigentlich verschwitzten<br />
Sattellage und Druckschmerz des Pferdes<br />
nachweisen können. Nancy Köpke<br />
betont aber, dass es normal ist, dass<br />
dort, wo der Reiter sitzt, Flächen sind, in<br />
denen das Pferd unter dem Sattel nicht<br />
geschwitzt hat. Hauptsache, die Bereiche<br />
vor und hinter dem Reitersitz sind<br />
verschwitzt. Dann kann sich das Pferd<br />
frei bewegen. Doch Vorsicht: Abgebrochene<br />
oder stark verwirbelte Fellflächen<br />
können ein Hinweis darauf sein, dass<br />
der Sattel sich auf dem Pferde rücken zu<br />
stark bewegt und reibt.<br />
Der verflixte vierte Monat<br />
Rund vier Monate braucht es, bis die<br />
Muskulatur des Pferdes sich verändert.<br />
War der Sattel der Wahl der richtige, hat<br />
das Pferd aufgemuskelt und bewegt sich<br />
gerne und gut. Unter Umständen muss<br />
der Sattler jetzt noch einmal kommen,<br />
um den Sattel der veränderten Rückenform<br />
anzupassen. Möglicherweise hat<br />
sich in Sachen Muskelaufbau aber auch<br />
nichts getan, und das Gangbild verschlechtert<br />
sich wieder. Dann war der<br />
Sattel doch nicht der richtige und muss<br />
ausgetauscht werden. „Das ist blöd“, gibt<br />
Sattlerin Nancy Köpke zu. „Aber besser<br />
nach vier Monate merken, dass der<br />
Sattel doch nicht so gut geeignet ist,<br />
als nach zwei Jahren ein lahmes Pferd<br />
im Stall zu haben. Das ist nämlich ein<br />
schleichender Prozess.“<br />
Noch eines möchte Nancy Köpke allen<br />
Pferdebesitzern und Reitern mit auf<br />
den Weg geben: Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl!<br />
Wenn Sie den Eindruck haben,<br />
Ihr Pferd fühle sich nicht wohl unter<br />
dem Sattel, dann stimmt das meistens.<br />
Lassen Sie sich nicht bequatschen à la<br />
„Der muss da jetzt mal durch!“. Wenn<br />
das Pferd Ihrer Meinung nach anders<br />
geht als sonst, warten Sie noch ein paar<br />
Tage ab, ob es vielleicht an Rosse etc. lag.<br />
Verändert die Situation sich nicht, sollten<br />
Sie sich auf Ursachenforschung begeben!<br />
Es kann, muss aber nicht am Sattel<br />
liegen. Fest steht: „Pferde denken sich<br />
ihr Unwohlsein nicht aus!“<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
9
SPEZIAL SATTEL<br />
Ein klassischer Holz-Stahl-Federbaum.<br />
Er hält u. a. das Reitergewicht<br />
vom Pferderücken fern<br />
Sattelbaum und Kopf eisen – das Skelett<br />
Nimmt man einen Sattel auseinander, erkennt man, welche AUSGEKLÜGELTE<br />
TECHNIK eigentlich darin steckt. Und das seit Tausenden von Jahren ...<br />
Das Herz des Sattels, sozusagen<br />
das Skelett, ist der<br />
Sattelbaum. Es gibt inzwischen<br />
auch baumlose<br />
Sättel, aber viele Experten<br />
warnen davor, denn der Sattelbaum<br />
setzt den Reiter in den Schwerpunkt,<br />
also dorthin, wo das Pferd ihn tragen<br />
kann. Zudem sorgt der passende Sattelbaum<br />
dafür, dass das Gewicht von Reiter<br />
und Sattel auf eine möglichst große Fläche<br />
gleichmäßig verteilt wird. Damit er<br />
seine Aufgaben erfüllen kann, muss der<br />
Sattelbaum der Form, also dem Schwung<br />
der Wirbelsäule des Pferdes, angepasst<br />
sein. Der tiefste Punkt der Sattellage<br />
und des Sattelbaums müssen übereinstimmen.<br />
Dann setzt der Sattel den Reiter<br />
in den Schwerpunkt. Was die Größe<br />
Ob ein Sattel von der Stange oder eine<br />
Maßanfertigung, die Form des Sattelbaums<br />
muss der Oberlinie des Pferderückens<br />
entsprechen – so wie hier<br />
<strong>10</strong> <strong>10</strong>/2023
angeht, soll der Sattelbaum das Gewicht<br />
zwar auf eine möglichst große Fläche<br />
verteilen, aber zu groß darf er auch<br />
nicht sein, damit er nicht auf den 18.<br />
Lendenwirbel bzw. den dortigen Reflexpunkt<br />
drückt, der bezeichnenderweise<br />
auch als Bock-Reflexpunkt bekannt<br />
ist. Gleichzeitig muss die Sitzfläche für<br />
den Reiter ausreichend groß sein, damit<br />
der Schwerpunkt nicht zu weit hinten<br />
auf der Wirbelsäule des Pferdes liegt.<br />
Dann bekäme das Pferd Probleme, den<br />
Rücken aufzuwölben, und schließlich<br />
Schmerzen. Als Faustregel gilt, dass zwischen<br />
Reitergesäß und Sattelkranz mindestens<br />
eine Faust breit Platz sein soll.<br />
Was also tun, wenn der Reiterpo zu dick<br />
und der Pferderücken zu kurz ist? Dieses<br />
Problem kann kein Sattel der Welt lösen.<br />
Dann passen Reiter und Pferd nicht zusammen.<br />
Eine zu große Sitzfläche gibt es<br />
hingegen nicht. Der Reiter rutscht automatisch<br />
an die tiefste Stelle des Sattels.<br />
Einziges Problem: Er hat weniger Halt.<br />
Das Kopfeisen<br />
Das Kopfeisen bestimmt die Ort weite,<br />
also die Breite des Sattels, und sorgt dafür,<br />
dass der Sattelbaum stabil in der<br />
Form bleibt. Ohne Kopfeisen könnte es<br />
passieren, dass der Sattelbaum auseinanderdriftet,<br />
wenn das Material ermüdet.<br />
Das Problem: Wenn der Reiter dann<br />
aus dem Sattel geht, etwa beim Leichttraben<br />
oder beim Springen, springt der<br />
Sattelbaum auf und zu und kneift das<br />
Pferd. Das Kopfeisen sollte so angepasst<br />
sein, dass es schmal genug ist, um den<br />
Sattel stabil und vom Pferd wegzuhalten,<br />
aber breit genug, damit es die Bewegungen<br />
des Pferdes zulässt. Am Kopfeisen<br />
sind die Ortspitzen befestigt. Sie sollten<br />
parallel zur Pferdeschulter verlaufen<br />
und lang genug sein, damit sie dem<br />
Sattel Halt auf dem Pferderücken geben.<br />
Aber eben auch nicht zu lang, sonst können<br />
sie seitlich drücken. Das Kopfeisen<br />
spielt eine elementare Rolle bei der Anpassung<br />
des Sattels. Denn anders als die<br />
Form der Wirbelsäule des Pferdes ändert<br />
sich die Bemuskelung häufiger. Dann<br />
müsste das Kopfeisen theoretisch jedes<br />
Mal neu angepasst werden. Tatsächlich<br />
bieten einige Hersteller inzwischen<br />
verstellbare Kopfeisen an oder auch Sättel,<br />
bei denen man die Kopfeisen austauschen<br />
kann. Sowohl in der Breite als<br />
auch in der Winkelung können Sattelbäume<br />
variieren. Der Winkel muss immer<br />
dem Winkel der Schulter angepasst<br />
werden. Diese entscheidet, ob man eher<br />
ein V- oder eher ein U-förmiges Kopfeisen<br />
benötigt. Während man den Winkel<br />
verändern kann, ist die Breite des<br />
Sattelbaums kaum anzupassen. Bei den<br />
meisten Sattelbäumen ist maximal ein<br />
halber Zentimeter Spielraum in der<br />
Breite. Schon deshalb kann man Pferden<br />
nicht den Sattel jedes x-beliebigen<br />
Herstellers anpassen, weil der eine eher<br />
schmal , der andere eher breit baut. Eine<br />
Besonderheit sind hier Sättel für Ponys,<br />
weil diese häufig ein U-förmiges Kopfeisen<br />
brauchen mit steilem Winkel, aber<br />
breitem Baum.<br />
Je nachdem, ob man es mit einem<br />
Dressur- oder Springsattel zu tun hat,<br />
sieht das „Skelett“ des Sattels etwas anders<br />
aus. Beim Dressursattel verlaufen<br />
die Ortspitzen relativ gerade nach<br />
unten, beinahe senkrecht. Bei guten<br />
Springsätteln sind die Ortspitzen etwas<br />
nach hinten geneigt, damit die<br />
Schulter in der Landung, in der ja große<br />
Kräfte wirken, frei unter den flachen<br />
Ortspitzen nach hinten durchgleiten<br />
kann. Das ist auch der Grund, weshalb<br />
man nie mit einem Dressursattel springen<br />
sollte – zumindest nicht, wenn die<br />
Springstunde über eine Gymnastikreihe<br />
hinausgeht. Darüber hinaus sind<br />
Springsättel deutlich flacher als Dressursättel,<br />
damit der Druck in der Landephase<br />
besser verteilt wird. Als Faustregel<br />
gilt: je kürzer der Bügel beim Reiten<br />
(z.B. in der Vielseitigkeit), desto flacher<br />
der Sitz und desto weiter der Vorschnitt<br />
des Sattelblattes.<br />
Viele Dressursättel sind sehr tief.<br />
Hierzu Nancy Köpke: „Ich habe die Erfahrung<br />
gemacht, dass die guten Reiter<br />
mit ausbalanciertem Sitz wenig<br />
Pauschen bevorzugen und sich im Sattel<br />
freier bewegen wollen. Meist sind<br />
es eher die Anfänger, die den tiefen<br />
Sitz und viel Pausche bevorzugen. Fürs<br />
Pferd ist Ersteres grundsätzlich besser.<br />
Aber wenn dann ein noch nicht so<br />
Holz-Stahl-Federbäume sind seit Jahrhunderten bewährt (links und Mitte),<br />
doch Kunststoffbäume (rechts) sind im Kommen, ebenso wie Carbon<br />
Stahlfedern<br />
Bügelschloss<br />
Kopfeisen<br />
Ortweite<br />
Ortspitzen<br />
Ortspitzen<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
11
SPEZIAL SATTEL<br />
Bei Springpferden ist es<br />
besonders wichtig, dass die<br />
Ortenden nicht zu kurz sind.<br />
Denn sonst piksen sie in der<br />
Landung in die Schulter<br />
versierter Reiter unruhig im Sattel hinund<br />
herrutscht, sind die tiefen Sättel<br />
wieder angenehmer fürs Pferd. Wichtig<br />
ist, dass der Reiter auf jeden Fall im<br />
Schwerpunkt sitzt!“<br />
Holz, Stahl und Co.<br />
Traditionell werden Sattelbäume aus<br />
einer Kombination aus Holz und Stahlfedern<br />
hergestellt, dann auch „Pritschenbaum“<br />
genannt. Der Vorteil von<br />
Holz: Es arbeitet auf dem Pferd, passt<br />
sich also den Bewegungen an. Nur kann<br />
es sich mit der Zeit verziehen, sodass<br />
der Sattel seine Form verliert. Um das<br />
zu verhindern, wird Holz mit Stahlfedern<br />
kombiniert. So bleibt der Sattelbaum<br />
stabil, ist aber trotzdem flexibel.<br />
Je schwerer der Reiter, desto härter muss<br />
der Sattelbaum gefedert sein. Doch zum<br />
herkömmlichen Holz-Stahl-Feder baum<br />
hat die Sattelindustrie inzwischen auch<br />
Alternativen entwickelt, z.B. Kunststoff,<br />
Kunststoff mit Eisen oder Kunststoff<br />
mit Holz. Hier wird sehr viel probiert<br />
und experimentiert. Kunststoff ist biegsam<br />
und sehr leicht. Zudem werden die<br />
Kunststoffbäume aus einem Stück gefertigt.<br />
Dadurch, dass sie so biegsam sind,<br />
schwingen sie stark mit – gut für erfahrene<br />
Reiter, weil sie dadurch die Pferde-<br />
Die Sattelkissen (hier „französische“)<br />
müssen den richtigen Härtegrad haben,<br />
frei von Unebenheiten sein und sich an<br />
die Muskulatur anschmiegen<br />
12 <strong>10</strong>/2023
Oben: Die Bügel schlösser sind direkt am<br />
Sattelbaum befestigt. Sie können punktuellen<br />
Druck auf die Sattellage ausüben<br />
bewegungen besonders intensiv spüren.<br />
Aber weniger gut für Unerfahrene<br />
im Sattel, die ohnehin noch nicht besonders<br />
stabil sitzen und durch den schwingenden<br />
Baum noch mehr Probleme bekommen,<br />
die letztlich auch beim Pferd<br />
ankommen. Dieses Dilemma gibt es bei<br />
den meisten Innovationen, die mit besonders<br />
hoher Anpassungsfähigkeit an<br />
die Pferdebewegungen aufwarten können.<br />
Flexibel ist gut, aber das lässt sich<br />
nicht pauschal auf alle Reiter und auch<br />
nicht auf alle Pferde übertragen. Auch<br />
hier gilt: ausprobieren!<br />
Im Kommen sind Sattelbäume aus<br />
Carbon. Carbon ist sehr langlebig und<br />
dabei formstabil, zugleich leicht und<br />
in sich flexibel. Durch die Stabilität von<br />
Carbon kommt man bei der Herstellung<br />
mit wenig Material aus. Mit dem<br />
Effekt, dass der Reiter näher am Pferd<br />
sitzt, der Sattel aber trotzdem seine<br />
Aufgabe erfüllen kann und den Rücken<br />
schützt. Der Nachteil: Carbon ist sehr<br />
teuer und der Bearbeitungsaufwand<br />
hoch. Ein Sattelbaum aus Carbon kann<br />
nicht ohne Weiteres angepasst werden,<br />
sondern muss umgeschliffen und eventuell<br />
eingeschmolzen und ganz neu angepasst<br />
werden.<br />
Die Kissen<br />
Sattelkissen müssen sich zwar der Muskulatur<br />
des Pferderückens anpassen,<br />
aber sie dürfen auch nicht zu weich sein,<br />
weil sie dann ihre Form verlieren, wenn<br />
der Reiter im Sattel sitzt. Dann fängt<br />
der Sattel an zu drücken. Sind die Kissen<br />
hingegen zu hart, quetschen sie die<br />
Muskulatur. Früher wurden Kissen mit<br />
Schafwolle gefüllt. Dagegen ist eigentlich<br />
nichts zu sagen. Trotzdem sind synthetische<br />
Fasern bei den Füllmaterialien<br />
immer stärker im Kommen. Es gibt mit<br />
Luft gefüllte Kissen, Kissen mit Gel, Latex,<br />
Schaumstoff, Tempur (ein Memo-<br />
Schaum, der auch bei Matratzen und orthopädischen<br />
Kissen für Menschen zum<br />
Einsatz kommt) usw.<br />
Egal, was für ein Material es sein<br />
soll, wichtig ist, dass die Auflagefläche<br />
der Kissen frei von Unebenheiten und<br />
Knötchen ist und vor allem symmetrisch.<br />
Außer dem sollte das Material das<br />
Anpassen der Kissen erlauben. Nancy<br />
Köpke empfiehlt Silikonhohlfasern als<br />
Polsterung oder eine spezielle Füllwatte,<br />
die es auch noch aus anderen Materialien<br />
gibt. Dann lassen die Kissen sich<br />
unkompliziert umpolstern. Es gibt verschiedene<br />
Arten und Formen von Kissen.<br />
Pferde mit normalem bis langem<br />
Rücken tragen meist Keilkissen, die hinter<br />
dem Sattelkranz hervorstehen. Pferde<br />
mit sehr kurzem Rücken und/oder<br />
tiefer Sattellage sind wiederum mit sogenannten<br />
Bananenkissen besser bedient,<br />
die kürzer als die Sitzfläche des<br />
Sattels und dem Schwung des Sattelbaums<br />
angepasst sind.<br />
Wer sich schon immer gefragt hat,<br />
was eigentlich „französische Kissen“<br />
sind, erhält folgende Antwort: Damit<br />
wird die Art der Befestigung am Sattel<br />
beschrieben. Französische Kissen –<br />
erkennbar an den Knöpfen links und<br />
rechts des Wirbel kanals – werden nur<br />
punktuell am Sattel befestigt und haben<br />
keine Nähte und keinen Keil. Das<br />
macht sie sehr flexibel, sodass sie sich<br />
dem Pferderücken sehr gut anpassen<br />
können. Französische Kissen eignen sich<br />
gut für Pferde mit hohem Widerrist, weil<br />
sie den Sattel weiter vom Pferd weg bringen.<br />
Und sie sind sehr kurz. Das Gegenstück<br />
sind Kissen, die am Sattel festgenäht<br />
sind. Es gibt auch Zwitter varianten,<br />
bei denen die Kissen vorne fest mit dem<br />
Sattel vernäht und hinten punktuell befestigt<br />
sind. Sie haben einen Keil, sind<br />
aber trotzdem etwas runder geformt.<br />
Foto: Toffi (1), slawik.com (2), St. GEORG (17)<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
13
SPEZIAL SATTEL<br />
Ganz wichtig: Der Sattler muss<br />
die Passform des Sattels immer<br />
auch mit Reiter überprüfen!<br />
Plädoyer für mehr Sachverstand<br />
Wenn ein Sattel auf den ersten Blick gut auf dem Pferd liegt,<br />
nirgends drückt, aber trotzdem Halt hat, heißt das noch lange<br />
nicht, dass er der richtige ist. Warum das so ist, erläutert die<br />
SATTELERGONOMIN Nancy Köpke<br />
Jetzt habe ich gerade den Sattel<br />
für teuer Geld aufpolstern<br />
lassen, aber Bubi klemmt<br />
schon wieder!“ Kennen Sie<br />
das? Das liegt möglicherweise<br />
daran, dass Ihr Sattler zwar etwas von<br />
seinem Handwerk versteht, aber leider<br />
nichts von der Biomechanik des Pferdes.<br />
Dass ein unpassender Sattel dem<br />
Pferd massive Probleme bereiten kann,<br />
von Schwellungen über lokale Entzündungen<br />
bis hin zu Muskelschwund und<br />
Nekrosen (abgestorbenes Gewebe), ist<br />
nichts Neues. Aber: Auch passend ist<br />
nicht gleich passend. Die Sache mit dem<br />
Sattelanpassen kann sich zu einem regelrechten<br />
Teufelskreis entwickeln, etwa<br />
nach einer Verletzung, wie der von Daylight.<br />
Der Sattel liegt nicht mehr wie früher.<br />
Der Sattler kommt und passt ihn<br />
an, indem er ihn aufpolstert. Im Stand<br />
sieht alles wunderbar aus. Auch in Bewegung<br />
an der Hand gibt es auf den ersten<br />
Blick nichts zu beanstanden. Aber<br />
wenn das Reitergewicht hinzukommt,<br />
drückt der entsprechend aufgepolsterte<br />
Sattel genau auf die Rückenregionen,<br />
wo das Pferd eigentlich Muskulatur<br />
aufbauen sollte. Mit der Folge, dass genau<br />
hier ein „Loch“ bleibt bzw. der Muskelschwund<br />
noch verschlimmert wird.<br />
Wieder kommt der Sattler und polstert<br />
den Sattel auf, denn der liegt ja schon<br />
wieder nicht. Das ist fatal! Nancy Köpke<br />
kennt solche Fälle: „Man kann den Sattel<br />
nicht unentwegt ins Pferd hineinpolstern.<br />
Dadurch wird das Pferd immer weniger!“<br />
Darum appelliert die Sattelergonomin,<br />
dass das Anpassen immer auch<br />
unter dem Reiter erfolgen muss.<br />
Wo liegt das Problem wirklich?<br />
Das hat auch noch einen anderen Vorteil,<br />
denn Nancy Köpkes Erfahrung nach<br />
kann fehlende Muskulatur am Rücken<br />
auch mit dem Reiten zusammenhängen.<br />
Das kann der erfahrene Sattler erkennen,<br />
wenn er Reiter und Pferd beim<br />
Training beobachtet: „Ich sehe immer<br />
häufiger, dass Reiter ihre Pferde nicht<br />
mehr richtig über den Rücken arbeiten.“<br />
Die Folge: Die Pferde wölben den Rücken<br />
nicht mehr richtig auf, die Musku-<br />
14 <strong>10</strong>/2023
So wird ein Fell richtig aufs Pferd gelegt:<br />
etwas angelupft, damit es nicht über<br />
Widerrist und Wirbelsäule spannt<br />
latur wird schwächer, bis das Pferd den<br />
Rücken gar nicht mehr hochbekommt.<br />
Kein Sattler der Welt kann dieses Problem<br />
lösen. Kein Wunder also, dass Nancy<br />
Köpke betont: „Damit ein System funktioniert,<br />
also der Sattel gut liegt und das<br />
Pferd darunter und der Reiter darin sich<br />
wohlfühlen, müssen mehrere Faktoren<br />
berücksichtigt werden: Exterieur und<br />
Ausbildungsstand des Pferdes, Können<br />
des Reiters und Anleitung durch den<br />
Trainer.“ Das alles muss der Sattler berücksichtigen,<br />
wenn er seine Kunden berät.<br />
Und sich dann womöglich auch mal<br />
unbeliebt machen, wenn er darauf hinweist,<br />
dass das Problem nicht der Sattel<br />
als solches ist und auch nicht die<br />
„schwierige Sattellage“ des Pferdes, sondern<br />
mangelndes Wissen und Können<br />
des Reiters. Hier ist Diplomatie gefragt –<br />
und (Selbst-)Kritikfähigkeit der Reiter.<br />
Wegen der Vielfalt der Aspekte, die<br />
eine Rolle spielen, gibt es nie eine Pauschallösung.<br />
Es ist deshalb empfehlenswert,<br />
immer einen Sattler zu wählen,<br />
der Sättel unterschiedlicher Hersteller<br />
anbietet. Firma X baut z.B. kurze Ortspitzen,<br />
Firma Y hingegen lange. Damit<br />
fühlt sich das eine Pferd wohl, während<br />
das andere massive Probleme hat.<br />
Nancy Köpke betont: „Wie Pferde auf unterschiedliche<br />
Sättel reagieren, hat nicht<br />
notwendigerweise nur etwas mit dem<br />
Exterieur, dem Bewegungsablauf und<br />
der Frage, ob der Sattel passt, zu tun. Es<br />
hängt auch mit den individuellen Vorlieben<br />
der Pferde zusammen. Manche<br />
fühlen sich wohler, wenn der Sattel etwas<br />
härter gepolstert ist, anderen kann<br />
es gar nicht weich genug sein. Das muss<br />
man ausprobieren!“<br />
Schon wegen dieser individuellen<br />
Vorlieben der Pferde genügt es nicht,<br />
einen Sattel im Stand in Augenschein<br />
zu nehmen und vielleicht noch in Bewegung<br />
an der Hand. Um zu testen, ob<br />
die Pferde sich unter dem neuen Sattel<br />
wohlfühlen, muss man sie damit reiten.<br />
Köpkes Tipp: An einem Tag alle Sättel<br />
ausprobieren, zehn Minuten pro Exemplar<br />
reichen aus. Nur so ist eine Vergleichbarkeit<br />
sichergestellt. „Meiner Erfahrung<br />
nach zeigen die Pferde sehr<br />
deutlich, ob sie sich mit einem Sattel<br />
wohlfühlen“, sagt die Sattelergonomin.<br />
„Wenn sie sofort locker losschwingen,<br />
ist man mit dem Sattel auf der richtigen<br />
Spur. Wenn sie nicht vorwärts gehen<br />
wollen, den Rücken wegdrücken und<br />
den Schweif einklemmen, ist das nicht<br />
der Sattel der Wahl.“ Hat man ein Modell<br />
gefunden, mit dem das Pferd gut geht<br />
und in dem der Reiter sich wohlfühlt,<br />
sollte man den Trainer hinzuholen. Er<br />
kennt das Reiter-Pferd-Paar, kann Veränderungen<br />
also am ehesten beobachten<br />
und bewerten. Und: Einmal Reiten<br />
ist gut, mehrfach ist besser! Auch Nancy<br />
Köpke bietet ihren Kunden an, einen infrage<br />
kommenden Sattel mehrere Tage<br />
hintereinander zu testen. Dieses Angebot<br />
sollte man in jedem Fall annehmen!<br />
Maßsattel = Nonplusultra?<br />
Aber ist es überhaupt möglich, einen<br />
Sattel „von der Stange“ zu kaufen, der<br />
nicht immer in irgendeiner Weise ein<br />
Kompromiss ist? Ja, sagt Nancy Köpke.<br />
Schließlich tragen wir Menschen ja auch<br />
nicht alle Maßschuhe und laufen trotzdem,<br />
ohne Blasen zu bekommen, wenn<br />
der Schuh wenigstens die richtige Größe<br />
hat. Mit dem Sattel ist es ähnlich. Natürlich<br />
ist es toll für Pferd und Reiter, wenn<br />
der Sattel für sie beide maßgeschneidert<br />
wird! Heutzutage wird häufig mit<br />
speziellen Gerätschaften gearbeitet, die<br />
die Oberlinie des Pferdes exakt vermessen.<br />
Mithilfe der dabei gewonnenen Daten<br />
kann man verschiedene Arten von<br />
Dummys so einstellen, dass sie den Rücken<br />
des Pferdes dreidimensional nachbilden.<br />
So entsteht eine Art Schablone,<br />
mit der ein passgenauer Sattelbaum<br />
angefertigt und ein bereits vorhandener<br />
angepasst werden kann. Für die Ortweite<br />
gibt es eine andere Messapparatur,<br />
die auch bei Standardsätteln zum<br />
Einsatz kommt. Mit all diesen Informationen<br />
sowie den Daten des Reiters kann<br />
also ein perfekter Sattel für den Reiter<br />
und fürs Pferd gebaut werden.<br />
Nur: Das ist zum einen sehr teuer,<br />
zum anderen ist auch ein Maßsattel<br />
keine Garantie für lebenslanges Glück.<br />
Denn das Pferd verändert sich ständig<br />
ein wenig. So kann es sein, dass der Status<br />
quo, in dem der Maßsattel angepasst<br />
wurde, einige Monate später schon ein<br />
anderer ist. Dann passt auch ein Maßsattel<br />
nicht mehr wie ange gossen. Und es<br />
ist durchaus möglich, den Traumsattel<br />
zu finden, ohne dass er extra für Pferd<br />
und Reiter angefertigt werden muss.<br />
Daylight ist das beste Beispiel.<br />
<strong>10</strong>/2023<br />
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