Create successful ePaper yourself
Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.
KOMMENTAR<br />
Nicht so knausrig, liebe Mensa<br />
Alea Sutter<br />
Die frohe Botschaft war violett. Pünktlich zum Semesterstart<br />
ploppte ein Artikel des Online-Magazins Alma & Georges auf<br />
meinem Handybildschirm auf. Ich las, dass in allen drei Mensen<br />
der Universität Freiburg Menus zum Mitnehmen von nun an in<br />
lilafarbenem wiederverwendbarem Take-away-Geschirr gereicht<br />
werden. Das ging aber schnell, dachte ich mir. Denn selbst hatte<br />
ich mit dem Geschirr der Marke reCIRCLE auch erst vor einigen<br />
Monaten Bekanntschaft gemacht. Vor kurzem im grossen Zürich<br />
und jetzt schon in Freiburg! So viel Innovation bin ich mir von<br />
den universitären Mensen nicht gewohnt. Umso grösser war natürlich<br />
die Freude.<br />
Strahlend schön war der Tag, an dem ich mich mit einer Freundin<br />
in der Mensa Miséricorde verabredet hatte. Schnell war uns klar,<br />
dass das Mittagessen unter der goldigen Herbstsonne zusammen<br />
mit weiteren Studierenden stattfinden sollte. Wie schön, dass wir<br />
uns nun auch kein schlechtes Gewissen wegen des Wegwerfgeschirrs<br />
aus Plastik mehr machen oder möglichst unentdeckt mit<br />
einem normalen Teller aus dem Gebäude schleichen mussten.<br />
Gleich beim Eingang der Mensa prangte ein violettes Plakat,<br />
das mit weisser Schrift verkündete: reCIRCLE – Wir sind dabei!<br />
Das Prinzip hinter reCIRCLE ist ganz einfach: Man kauft sich für<br />
zehn Franken eine Box, befüllt sie mit allerlei leckerem Essen<br />
und sobald man die leere Schale wiederbringt, gibts das Geld<br />
zurück. Das Ziel des Gründerteams ist es, das System schweizweit<br />
auszubauen. So würde man in einigen Jahren überall das<br />
gleiche Take-away-Geschirr beziehen und an einem beliebigen<br />
Ort wieder abgeben können.<br />
Doch ihr ahnt es, die ganze Geschichte hat einen Haken. Und<br />
was für einen. Kaum hatten wir die violette Fahne hinter uns,<br />
erinnerte nichts mehr an die wiederverwendbaren Boxen. Irgendwo<br />
in einer kleinen Ecke, hoch oben auf einer Glasvitrine,<br />
konnten wir vier Schüsseln erspähen. Vier Schüsseln für rund<br />
fünftausend Studierende! Auch ich bin gegen überstürztes Vorgehen,<br />
liebe Mensa Miséricorde. Aber bitte nicht in diesem Fall.<br />
Sei stolz auf deinen violetten Zuwachs, werbe für ihn und vor<br />
allem, stelle ihn in angemessener Anzahl zur Verfügung! Danke.<br />
Das Märchen der Zweisprachigkeit<br />
Natalie Meleri<br />
Es war einmal der Traum der Zweisprachigkeit. Im Jahre 1889<br />
wird im beschaulichen Städtchen Freiburg eine Universität gegründet.<br />
Da sich der Ort in einem zweisprachigen Kanton befindet,<br />
beschliesst man, dies auch in der Universität umzusetzen.<br />
130 Jahre später ist die Universität Freiburg die offiziell einzige<br />
zweisprachige Universität der Schweiz. Was nach aussen ein<br />
toller Slogan ist, hapert bei der Umsetzung zuweilen noch. Als<br />
Deutschschweizerin muss ich leider nicht lange suchen, bis<br />
ich über eine seltsame Formulierung auf der Webseite oder in<br />
anderen Dokumenten stolpere. So geschehen zum Beispiel in<br />
der neuen Agenda der AGEF. Als ich den Text über <strong>Spectrum</strong><br />
lese, muss ich sofort meinen Rotstift zücken. In den drei Sätzen<br />
findet man schnell gleich drei offensichtliche Fehler. Nur<br />
wenig später erreicht mich ein Newsletter mit folgendem Satz:<br />
«Es folgt ein Moment der Geselligkeit bei einem Aperitif.» Was<br />
auf Französisch zweifellos toll klingt, ist auf Deutsch ein Satz<br />
aus dem vergangenen Jahrhundert.<br />
Weshalb wird der deutschen Sprache so wenig Beachtung geschenkt?<br />
An der Verteilung der Studierenden kann es kaum<br />
liegen. Gemäss einer Statistik auf der Webseite der Universität<br />
sprechen 36 Prozent der Studierenden Deutsch und 39 Prozent<br />
Französisch als Muttersprache. Es herrscht also ein fast<br />
ausgeglichenes Verhältnis. Es sieht aber danach aus, als habe<br />
sich eine gewisse Nachlässigkeit breit gemacht. Nicht zuletzt<br />
aufgrund von Plattformen wie DeepL ist maschinelles Übersetzen<br />
so akkurat wie noch nie. Trotzdem enthalten die Texte<br />
oft Fehler und sollten nochmals durchgelesen werden. Ich<br />
kann mir nicht vorstellen, dass in den diversen Institutionen<br />
der Universität nicht wenigstens eine deutschsprachige Person<br />
vertreten ist, die einen Text korrekturlesen kann. Gebt<br />
euch mehr Mühe!<br />
Vielleicht sollten wir aber auch etwas Gnade walten lassen.<br />
Schliesslich ist nicht einmal der orange Riese gefeit vor Übersetzungsfehlern.<br />
Man erinnere sich daran, als die Schweizer<br />
Bratbutter auf Französisch ein S zu viel hatte und die italienische<br />
Version «Butter zum Anbraten von Schweizern» anpries.<br />
So bleibt zum Abschluss nur eines übrig: Und wenn der Traum<br />
der Zweisprachigkeit nicht gestorben ist, dann lebt er an der<br />
Universität Freiburg noch heute.<br />
11.<strong>2019</strong><br />
21