Spectrum_1_2020
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DOSSIER
Text Katharina Schatton
Foto Linda Mürset
Fluch und Segen zugleich: Smartphones
Digitale Medien und insbesondere Smartphones sind längst fester Bestandteil unseres Alltagslebens.
Grund genug zu fragen, wie sich dies auf uns auswirkt.
Noch vor wenigen Jahren gehörte es
nicht zum Regelfall, ein Smartphone
zu besitzen. 2020 ist das, zumindest im
hiesigen gesellschaftlichen Kontext, anders.
Längst begleiten die Geräte unseren
Alltag. Die meisten von uns sind beinahe
rund um die Uhr erreichbar und auch Teile
unseres Privatlebens spielen sich mittlerweile
online ab. Doch wie wirken sich
solche Entwicklungen auf uns und unsere
Psyche aus?
Der richtige Umgang machts
Smartphones bieten uns unzählige Möglichkeiten:
Apps, die uns Alltagsaufgaben
abnehmen oder erleichtern, die es uns
ermöglichen mit Menschen in Kontakt
zu bleiben oder aber ständig ein Lexikon
dabei zu haben, sind nur einige Beispiele.
«Je nachdem wie man diese Möglichkeiten
nutzt, rufen sie unterschiedliche
Auswirkungen hervor», sagt Kommunikationswissenschaftler
Andreas Fahr. Das
Benutzen von Diensten wie Emails oder
Buchungen übers Smartphone seien beispielsweise
klar zu trennen von Social Media.
«Die Frage lautet immer: Wie geht eine
Person konkret damit um? Jede Möglichkeit
kann Fluch oder Segen sein.» So würden
beispielsweise Phänomene wie Fomo
(Fear of missing out) Hand in Hand gehen
mit der allgegenwärtigen Versuchung, auf
Social Media nachzusehen, wer wo gerade
was unternimmt.
Machen uns Smartphones süchtig?
Verändert uns der Gebrauch von Smartphones
und ihren Apps grundlegend?
Oder bleiben wir die gleiche Spezies
Mensch nur eben jeder und jede mit einem
allzeit bereiten Minicomputer zur
Hand? Digitale Tools eröffnen uns sowohl
neue positive als auch negative Formen
menschlichen Handelns, man denke zum
Beispiel an Cyber Mobbing. Aber: «Vor allem
werden schon vorhandene Anlagen
in uns getriggert oder verstärkt und nicht
unbedingt in neuen Formen erfunden»,
sagt Fahr. Wenn wir nicht von Natur aus
neugierig wären, uns vergleichen würden
oder wissen wollten, was in unserem Umfeld
passiert, hätten beispielsweise soziale
Medien nie den Erfolg, den sie heute erleben.
Trotzdem: Kann es wirklich gesund
sein, sein Smartphone abends als letztes
und morgens als erstes in der Hand zu
haben? «In der Forschung herrscht eine
intensive Diskussion zum Begriff Sucht.
Die Wirkungen, die Smartphones auf uns haben, sind so unterschiedlich wie die Apps, die wir nutzen.
Um den Umgang mit dem Smartphone
aber als Sucht definieren zu können,
muss er weitreichende negative persönliche
und soziale Konsequenzen
haben», sagt Fahr dazu. Eine solche
Verhaltenssucht, die beispielsweise
auch Erscheinungen wie Spielsucht
beschreibt, ist trotz Bemühungen
nicht kontrollierbar, ruft in uns Ärger
oder Trauer hervor und wirkt sich
auf unser Familien- oder Berufsleben
aus. Das kann auch bei Smartphones
vorkommen. «Obwohl dieses Problem
nicht kleinzureden ist, hat ein grosser
Teil der Gesellschaft kein Problem
damit, mit Medien kompetent umzugehen.»
Vernetzter, aber nicht tiefer denken
Negative Effekte von Smartphones
werden oft in den Fokus gerückt. Was
aber könnten positive Effekte sein?
«Diese Art der Mediennutzung bringt
uns bei, viele Informationen schnell
verarbeiten zu können», sagt Fahr.
Weil wir uns ständig mit neuen Informationen
konfrontiert sehen, würden
wir auch neue Selektionskompetenzen
entwickeln. Und trotzdem: «Damit
einher geht der Nachteil, dass
Informationen nicht mehr gleich tief
verarbeitet werden können.» Ob es
sich um einen Vor- oder einen Nachteil
handelt, sei dementsprechend von
der Aufgabenstellung abhängig, mit
der wir uns konfrontiert sehen. «Studierende
beispielsweise haben zwar
keine Probleme mehr bei der Informationsbeschaffung,
dafür geht mitunter
die Kompetenz verloren, diese
Informationen in eine grössere Argumentation
zu stellen.» Der Fall scheint
klar: sich in einer Recherche zu einem
Namen verlieren, den man irgendwo
in einer Vorlesung aufgeschnappt hat
und diese Informationen dann in aller
Ausführlichkeit mit seinen Freunden
besprechen: ja. Ein Konzept für eine
Seminararbeit ausarbeiten, um das
Thema in einen grösseren Zusammenhang
zu setzen: fällt uns tendenziell
immer schwerer. ■
02.2020 spectrum
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