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KRITIK
Mehr als fast genial
«Ich hab das Gefühl, ich muss meinen Vater nur
einmal anschauen, nur einmal kurz mit ihm sprechen,
und schon wird sich mein ganzes Leben verändern.»
Benedict Wells erzählt im Roman «Fast genial» die
Geschichte von Francis Dean. Francis ist 18 Jahre
alt und lebt mit seiner Mutter in einem Trailerpark.
Seine Perspektiven sind alles andere als rosig. Die
psychische Krankheit seiner Mutter macht ihr Leben
noch komplizierter. Dabei möchte er nur eins:
Aus diesem trostlosen Leben entfliehen und eine
bessere Zukunft aufbauen. Eines Tages erfährt
Francis, dass sein Vater ein Genie sein soll. Von
da an ist er überzeugt davon, dass die Begegnung
mit seinem Vater sein Leben verändern wird. Gemeinsam
mit seinen Freunden macht er sich auf
die Suche nach seinem unbekannten Vater und begibt
sich in einem alten Chevy auf die Reise von der
Ost- an die Westküste der USA.
Die Reise führt Francis unter anderem nach Las
Vegas. Aufgrund eines wiederkehrenden Traums
ist er sich sicher, dass er beim Roulettespielen den
Gewinn seines Lebens machen wird. So setzt er
entgegen aller Vernunft all sein Geld im Casino ein.
Die daraus entstehende Spannung ist beim Lesen
Ignatius ist die Hauptfigur in John Kennedy Tooles
Roman «Die Verschwörung der Idioten». Er ist ein
sehr kluger Mann, der immer noch bei seiner Mutter
in New Orleans wohnt. Der Dreissigjährige scheint
das Äquivalent eines unsauberen, dicken Kleinkindes
zu sein, das jedoch eine Affinität für Philosophie
und Poesie hat. Ignatius hat studiert und ist bekennender
Poet, obwohl er noch keines seiner Werke
publiziert hat. Seine Werke seien zu anspruchsvoll
für das Proletariat. Man kann sagen, dass sein Ego
so gross ist wie sein Bauch.
Seine Geschichte beginnt, als seine Mutter aufgrund
eines Autounfalls nicht mehr arbeiten
kann und der arme Ignatius zum ersten Mal in
seinem Leben den Besen in die Hand nehmen
muss. Somit fängt er an zu arbeiten, zuerst in
einer Hosenfabrik und dann an einem Hotdog-
Stand. In der Hosenfabrik startet er eine Revolte
gegen das kapitalistische System, weil es ihn
dazu zwingt, überhaupt arbeiten zu müssen.
Aufgrund seines Verhaltens wird er schliesslich
entlassen. Auch am Hotdog-Stand scheitert er
kläglich, denn der einzige Kunde ist er selbst.
Arbeiten ist einfach nichts für ihn, weil er überzeugt
davon ist, dass er zu niveauvoll für das Berufsleben
ist. Im Verlauf seines Abenteuers trifft
beinahe unerträglich. Die Höhen und Tiefen des
Spiels ziehen Leserinnen und Leser in den Bann
und lassen sie mit einem einzigen Wunsch zurück:
dass das Spiel endlich vorbei ist. Um glücklich zu
sein, ist für Francis nicht nur der Wunsch seinen
Vater kennenzulernen essenziell, sondern auch
Geld. Fast sein Leben lang musste er bisher darum
kämpfen, dass genug davon da war. Er möchte es
besser haben.
In «Fast genial» ist die Reise das Ziel. Sie prägt
die Jugendlichen entscheidend, denn sie setzen
sich mit sich selbst auseinander. «Fast genial» ist
eine Geschichte übers Erwachsenwerden. Benedict
Wells überzeugt die Leserinnen und Leser mit
seiner schnörkellosen, alltagsnahen Sprache. Die
Figuren werden auf den Buchseiten geradezu lebendig.
Das Schicksal von Francis geht nahe und
man kann gar nicht anders als mitzufiebern. Der
Roman stellt die zentrale Frage, ob wir Menschen
unseren Werdegang und unsere Erfolge selber lenken
können oder ob die Karten bereits seit Geburt
verteilt sind. Für Francis ist klar, dass sein Vater der
Schlüssel zu einem besseren Leben ist. Bis jetzt hat
er sich immer als Versager ohne Ausweg gefühlt.
Wird Francis der Ausbruch aus der geordneten
Bahn gelingen?
Ignatius auf Menschen mit unterschiedlichsten
Lebensläufen, die, wie auch er, ziemlich idiotisch
sind. So verflechten sich die Geschichten
der verschiedenen bizarren Charaktere und sie
bilden zusammen eine Verschwörung der Idioten.
Der Roman «Die Verschwörung der Idioten»
bietet eine Achterbahn voller Absurdität und
bringt Leserinnen und Leser regelrecht zum
Grölen. Unter einem Haufen von Skurrilität
versteckt sich aber auch eine philosophische
Botschaft. Der Roman ist eine Reflektion über
Menschen, die versuchen, so ernst wie möglich
zu wirken und dabei kläglich scheitern
– so auch Ignatius. Es ist unmöglich, den Idioten
ernst zu nehmen, obwohl er selbst das
Leben sehr seriös nimmt. Der Roman nimmt
die Perspektive des unbeliebten Protagonisten
ein, was die ganze Geschichte noch anstössiger
und grotesker wirken lässt. Jedoch
ist sie so absurd, dass Leserinnen und Leser
keine andere Wahl haben als laut herauszulachen.
«Die Verschwörung der Idioten» ist ein
fesselnder Roman mit einer grossen Prise an
Skurrilität.
Natalie Meleri
Fast genial
Benedict Wells
Diogenes
2011
336 Seiten
Abenteuer Leben durch die Augen eines Idioten
Maxine Erni
Die Verschwörung der
Idioten
John Kennedy Toole
Klett-Cotta
2012
462 Seiten
02.2020
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