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Titelthema: Bartagamen

Titelthema Schlüpfling

Titelthema Schlüpfling von Pogona vitticeps – welches Geschlecht das Tier hat, kann auf unterschiedliche Weise festgelegt werden Foto: bluedog studio/Shutterstock spielsweise bei Vögeln der Standard. Was dagegen jedoch hochgradig ungewöhnlich ist, ist die Tatsache, dass die genetische Geschlechtsdetermination durch eine hohe Inkubationstemperatur „überschrieben“ werden kann, d. h., aus genotypisch männlichen Embryonen können reproduktionsfähige Weibchen werden, deren Nachkommen sich ebenso uneingeschränkt fortpflanzen können (Quinn et al. 2007). Und damit noch nicht genug: Innerhalb von nur einer Generation können Bartagamen auf diese Weise ihren Modus der Geschlechtsdetermination von genetisch determiniert auf von der Temperatur determiniert umstellen (Holleley et al. 2015). Das sind zwei Phänomene, die erstmalig in der Bartagamen können zwischen temperaturinduzierter und genetischer Geschlechtsdetermination wechseln Foto: MilanSim/Shutterstock Gruppe der Reptilien nachgewiesen wurden und für das Verständnis der Evolution der Geschlechtsdetermination eine enorme Bedeutung haben. Nicht umsonst haben es diese Artikel in die Blätter „Science“ und „Nature“ geschafft. Die Geschlechtsdetermination bei Reptilien ist ein sehr komplexes Thema, das noch immer nicht vollständig verstanden ist (z. B. Ehl et al. 2017; Li et al. 2017; Ezaz et al. 2009 a, b), das ich nur kurz anreißen möchte. So gibt es die o. g. genetisch determinierte Geschlechtsausbildung (GSD) nach dem ZW/ZZ-Typus, aber auch XX/XY (Quinn et al. 2007) und darüber hinaus Geschlechtschromosomen, die sich morphologisch nicht voneinander unterscheiden, also einen dritten Typus darstellen (z. B. Pokorna et al. 2010). GSD ist typisch für Schlangen, die meisten Echsen und einige wenige Schildkröten (Ezaz et al. 2009b). Daneben gibt es die umwelt- oder temperaturbedingte Geschlechtsdetermination (TSD), die wiederum sowohl innerhalb als auch zwischen den verschiedenen Reptiliengruppen (Schildkröten, Echsen und Schlangen, Panzerechsen) unterschiedliche Funktionsprinzipien zeigt (Typ Ia, Ib, II). Sie ist charakteristisch für Panzer- und Brückenechsen sowie die Mehrzahl der Schildkröten (Ezaz et al. 2009b). Und um es noch komplizierter zu machen, sind diese verschiedenen Typen und Mechanismen ziemlich „bunt“ innerhalb der Reptilien verteilt, d. h., es kann in einer Familie, manchmal sogar innerhalb einer Gattung sowohl GSD als auch TSD geben (z. B. Pokorna et al. 2010). Insbesondere auf die Frage, welchen Vorteil TSD bringt, geschweige denn warum ein Wechsel günstig sein solle, hat sich bis dato keine befriedigende, all umfassende Antwort gefunden (Holleley et al. 2015; Ehl et al. 2017). Dank der neuen Erkenntnisse über die Mechanismen der Geschlechtsdetermina- 28

Titelthema Die Temperatur während der Inkubation kann ein Faktor bei der Geschlechtsdetermination der Jungtiere sein – sie ist aber nicht der einzige Foto: S. Buchus/Shutterstock tion bei Bartagamen weiß man nun, dass der Wechsel von einem System zum andern innerhalb von nur einer Generation vollzogen werden kann, nämlich wenn sich ein normales Männchen (ZZ) mit einem geschlechtsumgewandelten Individuum paart, das mehr oder weniger aussieht wie ein Weibchen (sie sind in Aussehen und Verhalten etwas maskuliner; Li et al. 2017) und vor allem Eizellen und Eier bildet, genetisch jedoch ebenfalls ZZ, also männlich ist. Bei dieser Art der Fortpflanzung sind alle Nachkommen lebensfähig und von den Geschlechts chromosomen her ZZ. Das weibliche W-Chromosom, das offensichtlich für die genetische Geschlechtsdetermination, nicht aber für die Ausprägung des weiblichen Geschlechts zuständig ist, ist nicht mehr vorhanden. Denn alle Nachkommen des ZZ-Typus sind ausschließlich via Temperatur in ihrer geschlechtlichen Ausprägung determiniert. Paart sich ein ZZ-Männchen mit „normalen“ ZW-Weibchen, die in der Population auch noch vorhanden sind, ist bei diesen Nach- Bartagamen sind sowohl in der Haltung als auch in ihrer Biologie höchst interessante Tiere Foto: F. Krönke 29

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