Aufrufe
vor 1 Jahr

Rotary Magazin 07-08/2021

  • Text
  • Rotary
  • Liechtenstein
  • Suisse
  • Wasser
  • Mitglieder
  • Welt
  • Distrikt
  • Monde
  • Polio
  • Menschen
Rotary Magazin 07-08/2021

SCHWERPUNKT – ROTARY

SCHWERPUNKT – ROTARY SUISSE LIECHTENSTEIN – JULI/AUGUST 2021 GROSSPROJEKT IM LIBANON GEMEINSAM FÜR SAUBERE 34 In einem gemeinsamen Kraftakt wollen Vertreter verschiedenster religiöser, politischer und kultureller Bereiche die Schulen im Libanon mit sauberem Wasser versorgen. Rotary spielt in dem Jahrhundertprojekt eine führende Rolle. Und auch hier in der Schweiz – 3000 Kilometer entfernt von der Megainflation, der bitteren Armut und der nie enden wollenden Gewalt – sind Rotarier in das Libanon-Projekt involviert. Kurz vor acht reisst mich das Telefon unsanft aus dem Schlaf. Nach dem anstrengenden Nachtflug gefühlt gerade erst ins Bett gefallen, greife ich zum Hörer. Man wolle die Gäste, heisst es, nur höflich darüber informieren, dass voraussichtlich ab neun Uhr kein Wasser mehr aus der Leitung käme. Spätestens bis um vier am Nachmittag sei das Problem jedoch behoben. Man bitte um Verständnis… Eben gelandet – und mittendrin im Thema. Wenn’s nicht so prekär wäre, hätte man sich als Journalist keinen kitschigeren Einstieg wünschen können. Schliesslich war es doch gerade das Wasser, das mich hierher in den Libanon brachte. Hoch oben, auf den Gipfeln der bis zu 3000 Meter hohen libanesischen Berge, gibt es reichlich von der wertvollsten Ressource des Landes. Hier glitzert das blaue Nass gefroren in der Sonne. Mehrere tausend Meter tiefer haben die rund 6.9 Libanesen jedoch gewaltige Mühe, an trinkbares Wasser zu kommen. Was verschärfend hinzu kommt: Infolge des syrischen Bürgerkriegs beherbergt der Libanon aktuellen Schätzungen zufolge rund anderthalb Millionen Flüchtlinge; auch diese müssen versorgt sein. Zum Problem der Wasserknappheit gesellen sich weitere: Die Leitungen sind alt und marode; die Brunnen quellen über mit Unrat; private und industrielle Abwässer werden in die Flüsse geleitet; Strände, Dörfer und und selbst die Innenstädte sind mit Müll übersät. Über den direkten Ge- Engagieren sich gemeinsam für Trinkwasser im Libanon (v.l.n.r.): Rot. Ahmad Husseini (RC Tripoli Maarad, Mitglied im strategischen Ausschuss um PDG Jamil Mouawad), Fida El Homsi (Schuldirektorin in Tripoli), Rot. Rym Dada-Husseini samt ihrem Sohn (RC Tripoli Cosmopolis), Salam Al-Rawi (irakisch-amerikanischer Geschäftsmann), Rot. Taha Baroud und Hussein Mikati (Water For Life S.A.L.) nuss, über die Industrie oder die Landwirtschaft: Am Ende landen all die Schadstoffe aus dem Wasser in der Nahrung und damit in den Menschen. Im Jahr 2011 unternahmen Rotarier im Nordlibanon erste Anstrengungen, um diesem Teufelskreis Einhalt zu gebieten. Mit Hilfe eines Grants der Rotary Foundation wurden neue Tanks und Wasserfilter in einigen nahegelegenen Schulen installiert. Mehrere Clubs folgten dem Beispiel. Als Jamil Mouawad 2014 während seines Governorjahres auf den Zug aufsprang, nahm das Projekt rasant Fahrt auf. Man bildete einen strategischen Ausschuss und bezog alle 24 libanesischen Rotary Clubs mit ein. Expertenwissen musste eingeholt, die Marketingmaschine zum Laufen gebracht werden. Freiwillige wollten motiviert, Grantanträge ausgefüllt werden. Das ehrgeizige Ziel: alle 1300 öffentlichen Schulen des Landes mit modernsten Wasserfiltersystemen auszustatten, damit Schüler und Lehrpersonal in den Genuss von sauberem, sicheren Trinkwasser kämen. Von den ungefähr 4 Millionen US-Dollar, die für das Projekt budgetiert sind, stammt etwa ein Viertel aus dem World Fund der Rotary Foundation. «Jeder Schüler hat das Recht, sauberes Wasser zu trinken», begründet PDG Jamil Mouawad sein immenses Engagement. Dass sauberes Trinkwasser zu weniger Krankheiten, zu gesünderen Schülern und folglich zu besserer Ausbildung führten, läge auf der Hand. Dies käme am Ende der gesamten Bevölkerung, dem ganzen Land zugute. Doch es gibt noch einen anderen Aspekt, der die Beteiligten des Projekts antreibt: Zwischen 1975 und 1990 erschütterte ein brutaler Bürgerkrieg das Land, der mehr als 120 000 Todesopfer forderte. Die Spuren des Krieges sind noch heute allgegenwärtig. Wenn die Waffen unterdessen auch ruhen mögen: Die Auseinandersetzungen zwischen den unterschiedlichen Religionen und politischen Parteien schwelen weiter. Mit dem Wasserprojekt wolle man, so Mouawad weiter, ein Zei-

SCHWERPUNKT – ROTARY SUISSE LIECHTENSTEIN – JULI/AUGUST 2021 S WASSER DAS ENGAGEMENT DER SCHWEIZER CLUBS Der RC Genève International beteiligte sich bislang mit zwei Global Grants am grossangelegten libanesischen Wasserprojekt. Dies geschah in beiden Fällen in Kooperation mit dem RC Tripoli Cosmopolis, einem jungen, äusserst aktiven Club im Norden des Landes. Mit der ersten Tranche in Höhe von 179 000 US-Dollar wurden ab 2018 insgesamt 50 Schulen und damit mehr als 25 000 Schüler, Flüchtlinge und Lehrer mit sauberem Wasser versorgt. Der Schwerpunkt lag auf den Regionen Akkar, Meniyeh, Saida und Tyrus. Der zweite Global Grant mit einem Umfang von 183 500 US-Dollar wurde im vergangenen Jahr bewilligt; die Umsetzung dauert an. Auch diesmal sollen 50 Schulen in und um Akkar, Denniyeh, Tripolis und Saida mit modernsten Wasserfilteranlagen ausgestattet werden. Neben dem RC Genève International ist mit dem RC Willisau ein weiterer Schweizer Club um die Wasserversorgung im Libanon bemüht. Wie Rot. André Marti vom RC Willisau berichtet, hat sein Club gemeinsam mit den Rotary Clubs Baabda, Saida und Tripoli Cosmopolis das «CEWAS Lebanon Programme» auf die Beine gestellt, um junge, motivierte Unternehmer vor Ort zu unterstützen. Das erste auf Wasser-, Abwasser- und Abfallwirtschaft fokussierte Geschäftsentwicklungsprogramm im Libanon lief von Januar bis Dezember 2018 und umfasste drei Trainingsmodule, individuelles Coaching und diverse Events. Mit dem erfolgreichen Abschluss des Projekts waren die Strukturen geschaffen, um die Themen nachhaltig weiterzubearbeiten. In einem gewaltigen Kraftakt wurden um die 1300 Schulen im Libanon mit frischem Trinkwasser versorgt chen für den Frieden setzen. Drusen und Katholiken, Maroniten, Muslime, Griechisch- und Armenisch-Orthodoxe: Sie alle arbeiteten gemeinsam. Wer sie sind, woher sie stammen und woran sie glauben, spiele dabei keine Rolle. Sogar die Zuständigkeiten der Clubs sei darauf ausgelegt, den Frieden zu fördern. So sei jeder Club für eine bestimmte Anzahl an Schulen verantwortlich – einige im eigenen Gebiet, andere in weiter entfernten Regionen. Einem Club aus Jounieh beispielsweise, einem christlich geprägten Ferienort nördlich der Hauptstadt Beirut, könnten Schulen im Süden zugewiesen werden, in einem wesentlich ärmeren, überwiegend Gebiet. muslimisch-schiitischem «Wir haben schon wahnsinnig viel erreicht», freut sich Rot. Rym Dada-Husseini vom RC Tripoli Cosmopolis. «Doch es gibt noch so viel zu tun. Gerade in einem Land wie unserem.» K vma | A vma 35

Rotary Magazin