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Reklamoni bizneset dhe prodhimet tuaja në hapësirat e ... - albsuisse

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<strong>në</strong>ntOr / nOVeMber 2011<br />

www.<strong>albsuisse</strong>.ch<br />

bildung<br />

schwache schüler sInD übertheraPIert<br />

mehr als die Hälfte der<br />

Schweizer Schulkinder wird<br />

therapiert, um Schulprobleme<br />

zu lösen. Viel zu viele, sagen<br />

die autoren eines kürzlich<br />

veröffentlichten Buchs über<br />

Lernschwierigkeiten. Eltern,<br />

Lehrer und Doktoren hätten<br />

unrealistische Erwartungen.<br />

Mit ihrem Buch wollen der Solothurner<br />

Kinderarzt Thomas Baumann und der<br />

Zuger Kinderarzt und Jugendpsychiater<br />

Romedius Alber die Anzahl jener Kinder<br />

verringern, die sich in Therapie befinden<br />

– häufig unnötigerweise, wie sie behaupten.<br />

In einem Interview in der NZZ am Sonntag<br />

sagte Baumann, Eltern würden heutzutage<br />

zu rasch zu einer Therapie greifen,<br />

wenn ihre Kinder in der Schule Probleme<br />

hätten: "Das Kind hat Schulschwierigkeiten?<br />

Also muss eine Diagnose her, es<br />

muss eine Therapie her, alles muss sofort<br />

wieder gut sein", fasste er die Problematik<br />

zusammen.<br />

Als er seine Praxis vor 30 Jahren eröffnet<br />

habe, hätten praktisch keine Kinder<br />

Therapien wegen Lernschwierigkeiten<br />

beansprucht, erzählte er. Heute erhielten<br />

über die Hälfte der Kinder "irgendwelche<br />

Therapien".<br />

"Die Kinder haben sich nicht verändert",<br />

so Baumann. "Es werden einfach mehr<br />

Variationen der Norm als pathologisch<br />

erklärt. Wir haben heute völlig falsche<br />

Vorstellungen davon, was normal und<br />

was nicht normal ist."<br />

Daher würden viele Eltern dafür sorgen,<br />

dass ihre Kinder Schul- oder Psychotherapien<br />

erhielten, um alle wahrgenommenen<br />

Schwächen zu bekämpfen.<br />

Für die Eltern ein Kampf<br />

Matthias Hugenschmidt, Vorstand der<br />

basellandschaftlichen Sektion von Schu-<br />

le und Elternhaus, der Elternorganisation<br />

der deutschsprachigen Schweiz, teilt<br />

die Meinung, dass immer mehr Kinder<br />

Therapien wegen Lernschwierigkeiten<br />

erhielten.<br />

Laut Hugenschmidt gibt es viele mögliche<br />

Gründe, warum Therapien derart salonfähig<br />

geworden sind. Der Hauptgrund<br />

seien die wachsenden Erwartungen, die<br />

in die Kinder gesteckt würden – nicht<br />

nur durch die Schulen, sondern generell<br />

durch die Gesellschaft.<br />

Durch unrealistische Erwartungen würde<br />

die Gesun<strong>dhe</strong>it der Kinder gefährdet, befürchtet<br />

er. "Ob sie von Lehrern oder Eltern<br />

kommen; übertriebene Erwartungen<br />

können dazu führen, dass das schwächste<br />

Glied in der Kette, nämlich das Kind,<br />

Auffälligkeiten zeigt, die dann wiederum<br />

medizinisch behandelt werden sollten."<br />

Grundsätzlich sollte nur dann professionelle<br />

Hilfe in Anspruch genommen<br />

werden, "wenn diese Überforderung zu<br />

einer drastischen Minderung der Lebensqualität<br />

führt. Das heisst, wenn daraus<br />

Angstzustände, Schlafstörungen, Verhaltensauffälligkeiten<br />

entstehen".<br />

Falsche Diagnose<br />

Laut den Ärzten Baumann und Alber<br />

kommt es relativ rasch zu Fehldiagnosen<br />

mit ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit/<br />

Hyperaktivitäts-Syndrom). Lehrer, die<br />

lediglich einen ADHS-Fragebogen ausfüllten,<br />

fänden bei mindestens einem<br />

Drittel aller Buben diese Symptome. Solche<br />

Fragebogen seien aber immer "sehr<br />

subjektiv", so Baumann in der NZZ am<br />

Sonntag.<br />

Alber erklärte, die Ärzte könnten diese<br />

Diagnose dann nur bei einem Drittel dieser<br />

Kinder bestätigen. Die anderen seien<br />

jeweils aus ganz anderen Gründen unauf-<br />

merksam. "Kinder mit Migrationshintergrund<br />

zum Beispiel verstehen vielfach<br />

im Unterricht zu wenig, langweilen sich<br />

und werden unruhig – das hat nichts mit<br />

ADHS zu tun."<br />

Positives hervorheben<br />

Die beiden Ärzte sagen in ihrem Buch,<br />

in der Schweiz herrsche ein "Therapie-<br />

Wahn". Das Grundproblem sei die grosse<br />

Anzahl aller möglichen Therapieformen,<br />

denen Kinder heute unterworfen würden.<br />

Es werde zu stark darauf abgezielt,<br />

Schwächen zu finden; die Stärken der<br />

Kinder hingegen würden zu wenig in Betracht<br />

gezogen.<br />

"Früher war man entspannter. Da gab es<br />

einfach gescheitere und dümmere Kinder,<br />

der eine konnte dieses besser und der andere<br />

etwas anderes", so Alber in der NZZ<br />

am Sonntag. "Man hatte das Vertrauen,<br />

dass auch derjenige, der in einem Fach<br />

nicht so gut war, später eine Chance auf<br />

einen vernünftigen Job haben würde."<br />

Während für Baumann grundsätzlich<br />

nichts dagegen spricht, die Kinder dabei<br />

zu unterstützen, bessere Leistungen zu<br />

erreichen, gibt er aber zu bedenken, dass<br />

jede Diagnose etwas auslöse: "Therapien<br />

stigmatisieren. Kinder wollen normal<br />

sein, und das sind sie nicht, wenn sie jeden<br />

Mittwochnachmittag statt Fussball<br />

zu spielen in die Logopädie müssen."<br />

Wenn schon Therapien, dann besser solche,<br />

die das Kind stärken und nicht nur<br />

Defekte reparieren würden, verlangen die<br />

beiden Kinderärzte. "Ich frage die Eltern<br />

immer, in welche Therapien das Kind<br />

gerne geht – das sind auch diejenigen, die<br />

mehr bringen als schaden", sagte Alber.<br />

Susan Vogel-Misicka, swissinfo.ch<br />

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