01.10.2015 Aufrufe

Grundschule aktuell 122

  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Praxis: Kritische Stellen und Förderideen<br />

Angelika Gadow<br />

Wenn das Lesen schwerfällt …<br />

Leseförderung als gemeinsame Aufgabe<br />

Die Frage, ob Kinder in der Schule kompetente Leser oder Leserinnen werden<br />

und ob sie als Erwachsene ihre Lesefähigkeiten nutzen können, ist eine, die über<br />

die Fachwelt hinaus auf Interesse stößt. Dass das Lesen als eine der Basiskompetenzen<br />

im Bildungsprozess Auswirkungen auf das Lernen in allen schulischen<br />

und außerschulischen Bereichen hat, ist inzwischen ebenso Allgemeingut wie<br />

das Bewusstsein darüber, dass Lesekompetenz, Lesegewohnheiten und die persönliche<br />

Bedeutung des Lesens in hohem Maße durch Erfahrungen im häuslichen<br />

Umfeld beeinflusst werden.<br />

Deshalb wird an vielen Stellen<br />

diskutiert, inwieweit es der<br />

Schule gelingt, besonders den<br />

Kindern, denen diese Erfahrungen fehlen<br />

und die häufig zu den leseschwächeren<br />

Kindern zählen, einen Zugang zu<br />

Büchern und anderen Medien zu eröffnen.<br />

Lesen lernt man durch Lesen …<br />

Der von R. Bamberger vor vielen Jahren<br />

formulierte Satz ist die Leitlinie einer<br />

Leseförderung, wie sie an vielen Schulen<br />

mit großem Engagement betrieben<br />

wird und die weit über das Fach Deutsch<br />

hinausgeht: Es werden Klassen- und<br />

Schulbüchereien eingerichtet, damit<br />

Kinder in der Schule freien Zugang zu<br />

Büchern haben, es werden Autoren zu<br />

Lesungen eingeladen, Lesenächte finden<br />

in den öffentlichen Bibliotheken<br />

statt, es gibt Vorlesewettbewerbe und<br />

Lesepartnerschaften zwischen Grundund<br />

Sekundarschulen.<br />

Im Unterrichtsalltag wird diese Idee<br />

unterstützt durch freie Lesezeiten –<br />

festgelegte Zeiten innerhalb des Unterrichtstages,<br />

also auch im Nachmittagsbereich<br />

–, die alle Kinder nutzen<br />

können, um selbst gewählte Texte im<br />

eigenen Tempo zu lesen. Entscheidend<br />

dafür, ob auch schwächere Leser und<br />

Leserinnen diese Lesezeiten gewinnbringend<br />

nutzen können, sind ein Angebot<br />

an unterschiedlichen Texten und<br />

die Unterstützung dieser Kinder bei<br />

der Auswahl geeigneter Lesetexte. Neben<br />

Kinderbuchklassikern, <strong>aktuell</strong>en<br />

Kinderbüchern und Sachbüchern gibt<br />

es auch Comics, Kinderzeitschriften,<br />

Kombinationen aus Hörbuch und Kinderbuch<br />

und Bücher mit einem hohen<br />

Bildanteil, reduziertem Textumfang,<br />

mit großer Schrift und einem lesefreundlichen<br />

Flattersatz. Schwächere<br />

Leser und Leserinnen profitieren zudem<br />

von einer minimalen Struktur der<br />

freien Lesezeiten: 1)<br />

●●<br />

Die Stunde beginnt mit einer kurzen<br />

Vorlesezeit: Ein Buch wird kurz vorgestellt<br />

und es wird auf neue Bücher hingewiesen.<br />

Dies gibt schwächeren Lesern<br />

einen ersten Überblick über möglichen<br />

Lesestoff.<br />

●●<br />

Lesestärkere Kinder finden schnell<br />

ihre Lektüre und beginnen mit dem Lesen,<br />

leseschwache Kinder sind dabei<br />

häufig überfordert: Sie können sich<br />

nicht entscheiden oder sie wählen ein<br />

Buch, das für sie nicht geeignet ist. In<br />

beiden Fällen ist es sinnvoll, dass die<br />

Lehrkraft das Kind bei der Auswahl berät.<br />

●●<br />

Für leseschwächere Kinder ist es hilfreich,<br />

mit einem Lesepaten zu lesen.<br />

Dies kann ein Erwachsener (Eltern,<br />

Großeltern, ehrenamtliche Helfer aus<br />

der Gemeinde, ältere Schüler) sein. In<br />

vielen Orten werden über lokale Vermittlungsstellen<br />

solche Lesepatinnen<br />

und -paten vermittelt, die 1 bis 2 Stunden<br />

pro Woche in die Klasse kommen<br />

und einzelnen Kindern oder kleinen<br />

Gruppe vorlesen oder sich selber vorlesen<br />

lassen. 2) Mit ihnen können die Kinder<br />

ein »Lesetandem« bilden: Das Kind,<br />

das besonders gefördert werden soll,<br />

wählt einen nicht zu langen Text aus. Es<br />

sitzt während des Übens neben dem<br />

Lese paten, gemeinsam lesen sie den<br />

Text halblaut vor. Muss das Kind sich<br />

länger bemühen, ein Wort zu erlesen,<br />

spricht der Pate dieses Wort richtig vor,<br />

das Kind wiederholt es und fährt dann<br />

am Satzanfang im Lesen fort. Dieses<br />

Verfahren gilt ebenfalls bei Lesefehlern.<br />

Es wird davon ausgegangen, dass das<br />

Modell, das der kompetente Leser dem<br />

weniger gut lesenden Kind gibt, sich positiv<br />

auf dessen Leseleistung auswirkt.<br />

Das Verfahren setzt allerdings ein gutes<br />

Einfühlungsvermögen und eine hohe<br />

soziale Kompetenz der Tutoren voraus,<br />

weil es davon lebt, dass die übenden<br />

Kindern angemessen gelobt und bestärkt<br />

werden. 3)<br />

●●<br />

Gerade für leseschwache Kinder ist es<br />

auch sinnvoll, die Eltern als Lesepartner<br />

zu gewinnen: In einem »Lesevertrag«<br />

verpflichten sie sich, über einen verabredeten<br />

Zeitraum regelmäßig zehn bis<br />

fünfzehn Minuten mit ihrem Kind zu<br />

lesen. Grundlage des »Lesevertrags« ist<br />

das gegenseitige Vorlesen und das Gespräch<br />

über das Gelesene, damit die<br />

Kinder Eltern als Lesevorbilder erleben<br />

können. Voraussetzung für eine solche<br />

Art der Leseförderung ist eine vorbereitende<br />

Elternarbeit, bei der Eltern praktische<br />

Erfahrungen im Umgang mit<br />

dem Vorlesen machen und bei der betont<br />

werden muss, dass der »Lesevertrag«<br />

keine »Eltern-Hausaufgabe« ist,<br />

sondern dass die gemeinsame Leseerfahrung,<br />

der Lesegenuss im Vordergrund<br />

stehen soll. 4)<br />

Lesen als Arbeitsspur<br />

in allen Fächern<br />

Trotz dieser unbestritten sinnvollen<br />

Leseförderung fällt das Lesen vor allem<br />

bei umfangreicheren Texten manchen<br />

Kindern auch in den Klassen 3<br />

und 4 noch schwer. Sie lesen sehr langsam,<br />

es gelingt ihnen nur mühsam,<br />

sich den Textinhalt zu erschließen, oft<br />

bemerken sie ihre Verständnisschwierigkeiten<br />

nicht. Hier müssen neben<br />

die allgemeine Leseförderung gezielte<br />

Übungen zur Entwicklung von Lesestrategien<br />

treten, die jedoch nur dann<br />

hilfreich sind, wenn es sich nicht um<br />

isolierte Trainingseinheiten ohne Be­<br />

18 GS <strong>aktuell</strong> <strong>122</strong> • Mai 2013

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!