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HALTERN AM SEE - Rswmedia

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Gesundheit in Haltern am See<br />

Tastgefühl haben; sie konzentrieren<br />

sich mehr auf ihre Hände“, erklärt<br />

Susanne Sapinski, Leiterin der Physiotherapieabteilung<br />

im Sixtus-<br />

Hospital, das Phänomen.<br />

Während seines sechsmonatigen<br />

Praktikums in dem katholischen<br />

Krankenhaus hatte sich der Kongolese<br />

bewährt. Die Abteilung<br />

warb bei der Krankenhausleitung<br />

für Buiti - und war erfolgreich. „Wir<br />

mussten uns natürlich an die Situation<br />

gewöhnen, dass ein Blinder im<br />

Team arbeitet“, sagt sie. Und berichtet<br />

von Situationen, über die das<br />

Team immer wieder schmunzelt.<br />

Zum Beispiel die Frage einer Kolle-<br />

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gin, warum Herr Kalekita sich seine<br />

Dienstkleidung in den fensterlosen<br />

Umkleidekabinen immer im Dunkeln<br />

anziehe… Gleichwohl sind alle<br />

begeistert. „Er passt gut ins Team“,<br />

sagt Sapinski.<br />

Man mag es heute gar nicht glauben,<br />

dass 45-Jährige, der in seinem<br />

Heimatland bei einem Autounfall<br />

mit neun Jahren sein Augenlicht<br />

verlor, „drei, vier Jahre in Deutschland<br />

nichts gemacht hat“. So lange<br />

dauerte das Anerkennungsverfahren.<br />

Im Kongo hatte Kalikita bereits<br />

als Physiotherapeut gearbeitet,<br />

doch dieser Berufsabschluss wird<br />

in Deutschland nicht anerkannt. In<br />

dieser Zeit des Wartens, Hoffens<br />

und Bangens gründet er in Marl einen<br />

Gospel-Chor mit Sängerinnen<br />

und Sängern aus dem Kreisgebiet.<br />

Und er beginnt Deutsch zu lernen.<br />

30 Monate paukt er – inzwischen<br />

lebt er in Düren – die „sehr, sehr<br />

schwere Sprache“. Dann geht er<br />

an die gemeinnützige Elisabeth-<br />

Dicke-Schule für Blinde und Sehbehinderte<br />

in Mainz und wiederholt<br />

seine Berufsausbildung. Das sechsmonatige<br />

Berufspraktikum führt<br />

ihn ins Sixtus-Hospital.<br />

Buiti Kalekita lebt heute mit Ehefrau<br />

und fünfjährigem Sohn in Marl. Von<br />

dort fährt er mit Bahn und Bus zu<br />

seiner Arbeitsstelle nach Haltern<br />

am See. „Ich habe eine gute Orientierung“,<br />

erklärt er, wenn man<br />

fragt, wie er das ohne Hilfe schafft.<br />

Nur am Bahnhof muss er nach dem<br />

richtigen Bus fragen. Die Kurven,<br />

die Fahrzeit, die Geräusche verraten<br />

ihm, wann er aussteigen muss.<br />

Sein Arbeitsplatz ist ein bestimmtes<br />

Behandlungszimmer; dort kann er<br />

sich am besten orientieren. Seine<br />

Arbeit sei nicht nur Entspannung,<br />

sondern zu 80 Prozent Therapie.<br />

Für den Heilungsprozess sei es<br />

wichtig, dass der Masseur seinen<br />

Kunden Vertrauen gebe. „Außer<br />

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Sprache habe ich nichts, womit ich<br />

mit dem Patienten kommunizieren<br />

kann“, sagt er. Wenn er mit seiner<br />

sonoren Stimme erzählt und dabei<br />

verspannte Muskeln knetet, glaubt<br />

man ihm sowieso, dass auf dieser<br />

Liege im Behandlungszimmer alles,<br />

alles wieder gut wird.<br />

Text: Irene Stock<br />

Fotos: Andre Elschenbroich

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