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Güterfelde, Schenkenhorst, Sputendorf, Stahnsdorf Ein Ort verändert ...

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Nr. 85 GÜTERGOTZER LANDBOTE<br />

Seite 11<br />

Mein Traum bzw. Alptraum vom Fliegen<br />

Zum Thema Fluglärm erhielten wir von Dr. Konrad Probsthain, ein alter <strong>Güterfelde</strong>r, der jetzt in Groß-Umstadt lebt, seine<br />

persönlichen Erinnerungen an Fluglärm in Gütergotz, die wir hier mit freundlicher Genehmigung leicht gekürzt abdrucken.<br />

Ende der zwanziger, Anfang der dreißiger<br />

Jahre gehörte der Himmel über<br />

Gütergotz noch den Tauben, Krähen,<br />

Spatzen und anderen Vögeln. Sogar<br />

Störche nisteten noch auf Bauer<br />

Magdeburgs Scheune. Die ersten von<br />

Menschen geschaffenen Flugobjekte,<br />

an die ich mich erinnern kann, waren<br />

Gasballons, die meistens in Richtung<br />

Potsdam zu sehen waren. Später überflog<br />

auch manchmal ein Motorflugzeug<br />

unser Dorf. Hänschen Löper, mit dem<br />

ich damals oft auf dem Schulhof oder<br />

auf der Gutskoppel spielte, behauptete<br />

dann, in dem Flugzeug sitze sein Onkel,<br />

und der sei Pilot. Nun, Hänschen<br />

hat ‚gefantert‘, wie wir alle wußten, aber<br />

interessant war die Vorstellung doch.<br />

In diese Zeit, etwa 1932 oder 1933,<br />

fiel ein besonderes Ereignis. <strong>Ein</strong> Flugzeug,<br />

wahrscheinlich die einmotorige<br />

Vorgängerversion der legendären Ju<br />

52, mußte auf dem Acker hinter dem<br />

Busschuppen am <strong>Stahnsdorf</strong>er Damm<br />

notlanden. Hänschen und ich machten<br />

uns natürlich gleich dorthin auf den<br />

Weg und haben Mund und Nase aufgesperrt.<br />

Der Onkel saß nicht in der<br />

Maschine, Adolf Hitler auf seiner seinerzeitigen<br />

Wahlkampftour wohl auch<br />

nicht. Wir beiden haben uns nach dem<br />

Abenteuer bei Delitzsch (Gütergotzer<br />

Landbrot) für 5 Pfg. Zuckereier gekauft,<br />

die von Ostern übrig geblieben waren.<br />

Das wurde meiner Mutter beim Handarbeitsunterricht<br />

umgehend berichtet.<br />

Es blieb doch nichts geheim!<br />

<strong>Ein</strong>e große Faszination ging für mich<br />

damals von den Luftschiffen aus. Ich<br />

hatte die Entwicklung anhand von<br />

Skizzen in einem ‚Kosmos‘-Jahrbuch<br />

studiert. 1936 fuhr dann LZ 129 „Hindenburg“<br />

über Berlin. Von meinem<br />

Fenster im Schulhaus aus konnte ich<br />

den Zeppelin beobachten, wie er über<br />

der Stadt schwebte. Viele Leute gingen<br />

auf die Straße, um dem Schauspiel<br />

beizuwohnen.<br />

Zwei Jahre später kam dann im Flammeninferno<br />

von Lakehurst das Aus für<br />

die großen Luftschiffe. Auch das Unternehmen<br />

‚Cargo-Lifter‘, auf das nicht nur<br />

ich große Hoffnungen gesetzt hatten,<br />

war leider zum Scheitern verurteilt.<br />

Das ‚Kosmos‘-Jahrbuch war auch<br />

sonst interessant. Z.B. gab es eine<br />

Bauanleitung für einen Kastendrachen.<br />

Mein Taschengeld wurde also in Holzleisten,<br />

Pergamentpapier, Klebstoff<br />

und Strippe angelegt. Daraus entstand<br />

ein Drachen mit den Abmessungen<br />

100 x 50 x 50 cm<br />

Foto. privat<br />

Alleine konnte ich das Ding natürlich<br />

nicht steigen lassen. Also wurden meine<br />

Freunde aus der Nachbarschaft mobilisiert.<br />

Der erste Versuch war gleich<br />

erfolgreich. Mein Freund Martin Müller<br />

war so begeistert, daß größere Ausführungen<br />

geplant wurden. Er wollte<br />

sich sogar in den Kasten hineinsetzen,<br />

und wir anderen sollten ihn mitsamt<br />

dem Drachen steigen lassen. Soweit<br />

ist es aber doch nicht gekommen. Die<br />

Realisierung der Drachenflieger kam<br />

erst 50 Jahre später.<br />

Das Gut war zu dieser Zeit bereits aufgelöst,<br />

und die Wendemark lag brach.<br />

Zeitweise waren dort einmotorige Doppeldecker<br />

stationiert. Segelflugzeuge<br />

wurden hochgeschleppt, ausgeklinkt<br />

und zogen dann über dem Dorf ihre<br />

Kreise. Aber bald war es aus mit dem<br />

Frieden. Der Luftschutz erforderte das<br />

Abstützen von Kellerdecken und die<br />

Verdunkelung aller Lichtquellen. Zuerst<br />

sah das alles noch nicht bedrohlich<br />

aus. Nach den ersten nächtlichen<br />

Angriffen wurden allenfalls vereinzelte<br />

Bombentrichter im Wald bewundert<br />

und Flakgranatensplitter auf dem zugefrorenen<br />

Haussee gesammelt.<br />

Bald wurde es ernster. Schon 1942<br />

mußte ich, wie andere fünfzehnjährige<br />

Schüler auch, in der Schule am Weinberg<br />

in Kleinmachnow Nachtwache<br />

halten. Am 15. Februar 1943 wurde<br />

mein Jahrgang, damals gerade 16<br />

Jahre alt, als Luftwaffenhelfer rekrutiert.<br />

Flugzeuge waren nun feindliche<br />

Objekte, bedrohten uns und unsere<br />

Angehörigen und mußten vernichtet<br />

werden.<br />

Dem Luftkrieg konnte ich auch in den<br />

letzten Kriegsjahren nicht entgehen,<br />

obwohl mein <strong>Ein</strong>satzgebiet in Ostpreußen<br />

lag, wo die englischen und<br />

amerikanischen Bomber vorerst nicht<br />

hinkamen. Als Arbeitsdienstmann<br />

mußte ich helfen, Schutzwälle für nicht<br />

mehr vorhandene Flugzeuge auf einem<br />

verlassenen Flugplatz zu errichten.<br />

Erschütternd war aber ein Luftkampf<br />

zwischen deutschen und sowjetischen<br />

Jagdfliegern, den ich im Januar 1945<br />

mit ansehen mußte. Innerhalb weniger<br />

Minuten stürzte eine Maschine nach<br />

der anderen brennend ab. Es gab nur<br />

Verlierer. Für die Besatzungen, gleich<br />

welcher Nation, ein völlig sinnloses<br />

Opfer.<br />

Zur Zeit der Berlinblockade waren aus<br />

den Feinden allmählich Freunde geworden.<br />

Die ‚Rosinenbomber‘ schwebten<br />

im Landeanflug in kurzen Abständen<br />

über die Dörfer im Südwesten<br />

Berlins Richtung Tempelhof ein. Über<br />

dem Garten meiner Schwiegereltern<br />

in Kleinmachnow waren sie meistens<br />

schon sehr tief. Über Fluglärm hat man<br />

sich trotzdem nicht beschwert.<br />

Noch ein paar Jahre später, ich hatte<br />

mein Ingenieurdiplom schon in<br />

der Tasche, saß ich zum ersten Mal<br />

selbst in einem Flugzeug, von Berlin-<br />

Tempelhof nach Hamburg-Fuhlsbüttel<br />

und zurück. Der erste Flug war für mich<br />

ein überwältigendes Erlebnis. Es war<br />

ein herrlicher Sommertag mit wenigen<br />

weißen Wölkchen am blauen Himmel.<br />

Die Flughöhe war in den Luftkorridoren<br />

über der DDR sehr niedrig, so daß.<br />

man die Landschaft mit Seen, Flüssen,<br />

Feldern und Wäldern sowie den<br />

Verkehr auf Schiene und Straße sehr<br />

gut beobachten konnte. Und eine nette<br />

Stewardess hat sogar noch eine Tasse<br />

echten Bohnenkaffees serviert.<br />

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