Forschung im Schatten - Akrützel
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en Universität<br />
militärische <strong>Forschung</strong> zu setzen<br />
Eignungsdiagnostik erforscht wurden.<br />
Die Fördermittel beliefen sich auf insgesamt<br />
515.000 Euro.<br />
In den erwähnten Papieren gibt eine<br />
weitere Anlage Auskunft über die durchgeführten<br />
Projekte <strong>im</strong> Programm „<strong>Forschung</strong><br />
für die zivile Sicherheit“ der<br />
Bundesregierung. Dieses ist zugleich der<br />
Hauptzweig der „Hightech-Strategie für<br />
Deutschland“, wie es Annette Schavan<br />
<strong>im</strong> Vorwort der Begleitbroschüre des<br />
Programms beschreibt. Betreut wird es<br />
vom Bundesministerium für Bildung und<br />
<strong>Forschung</strong> (BMBF). In der Liste finden<br />
sich unter anderem zwei beendete <strong>Forschung</strong>sprojekte<br />
am Institut für Physikalische<br />
Chemie in Jena: PathoSafe (dient<br />
dem Aufspüren von Gefahrenstoffen)<br />
und ATLAS (ein chipbasierendes Detektionssystem<br />
für den Nachweis von<br />
Tierseuchen). Neben <strong>Forschung</strong>en an<br />
universitätsnahen Instituten führt die Tabelle<br />
auch das seit 2008 laufende<br />
Projekt „OrganisationsübergreifendeGefahrenabwehr<br />
zum Schutz von<br />
FOTO/MONTAGE: DANIEL HOFMANN<br />
Menschen und kritischen Infrastrukturen<br />
durch opt<strong>im</strong>ierte Prävention und Reaktion“<br />
(OrGaMIR) auf. Es soll beurteilen,<br />
wie gut ein U-Bahnsystem für den Fall<br />
von Kontamination durch Gefahrenstoffe<br />
ausgelegt ist. Der Professor für Interkulturelle<br />
Kommunikation Stefan Strohschneider<br />
ist verantwortlich für das Projekt<br />
und Mitglied <strong>im</strong> Lenkungsausschuss des<br />
Fachdialogs Sicherheitsforschung. Strohschneider<br />
betont, dass es eine „schlaue<br />
Idee des BMBF war, mit Hilfe der gesellschaftswissenschaftlichenBegleitforschung<br />
wie hier an der FSU den Technikern<br />
auf die Finger zu gucken“. Er stellt<br />
zudem klar, dass die Mittel nicht vom<br />
Verteidigungsministerium kämen und<br />
dass er als Lenkungsausschussmitglied<br />
noch nie Bundeswehrangehörige getroffen<br />
habe.<br />
Sicherheitsrisiken in<br />
Deutschland<br />
Strohschneider sieht allerdings das<br />
„Add-on-Prinzip“ des BMVg, also das<br />
Weiternutzen ziviler <strong>Forschung</strong>en, „als<br />
entscheidenden Ansatzpunkt der öffentlichen<br />
Kritik, aber als kaum verhinderbar“.<br />
Trotzdem lege das BMBF<br />
Wert darauf, verteidigt Strohschneider,<br />
nicht nach marktspezifischen Gesichtspunkten<br />
zu forschen – seiner<br />
Meinung nach ist „<strong>Forschung</strong> für die<br />
zivile Sicherheit ein positives Beispiel,<br />
wie man sich <strong>im</strong> Bereich fachspezifisch<br />
bewegen sollte“. Denn<br />
alle Projekte werden von Sozialwissenschaftlern<br />
begleitet und der<br />
„Background beleuchtet“, erläutert<br />
er das Prinzip. Das Programm<br />
wurde <strong>im</strong> Januar 2007 von der<br />
Bundesregierung beschlossen. Als<br />
Gründe nannte man einerseits<br />
ein erhöhtes Sicherheitsrisiko in<br />
Deutschland – vor allem durch<br />
Terrorismus – und andererseits<br />
eine noch unzureichende<br />
Vernetzung<br />
von Wissenschaft<br />
und Industrie in<br />
diesem Bereich. Bis<br />
2013 werden insgesamt<br />
Mittel in Höhe<br />
von 1,4 Milliarden<br />
Euro bereitgestellt.<br />
Dorothea Forch<br />
vom Hopo-Referat<br />
meint, „dass es<br />
sich bei der Si-<br />
cherheitsforschung um eine Grauzone<br />
handelt“. Auch Strohschneider fände<br />
eine öffentliche Diskussion zu diesem<br />
Thema interessant, diese fand aber noch<br />
nicht statt. Im Falle einer Eintragung<br />
der Zivilklausel sei diese zu schwierig<br />
umsetzbar, besser wäre seiner Meinung<br />
nach „ein Verbot gehe<strong>im</strong>er oder unter<br />
Verschluss zu haltender <strong>Forschung</strong>“.<br />
Eindeutig gegen einen Eintrag der Zivilklausel<br />
in die Grundordnung der FSU<br />
positioniert sich der Ring Christlich-<br />
Demokratischer Studenten (RCDS) Thüringen.<br />
Laut dessen Landesvorsitzenden<br />
Sebastian Dewaldt stellt die Klausel „ein<br />
vollkommen unnötiges Instrument dar,<br />
das einem Denkverbot nahe kommt“.<br />
Weiter heißt es in der Stellungnahme,<br />
dass zwar kein Wissenschaftler zu militärischer<br />
<strong>Forschung</strong> verpflichtet werden<br />
dürfe, aber es seinem Gewissen obliege,<br />
ob er militärische <strong>Forschung</strong> betreibe,<br />
oder nicht.<br />
Stephanie Borck kritisiert <strong>im</strong> Namen<br />
des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes<br />
(Die Linke SDS), „dass man<br />
damit den Rüstungskonzernen und der<br />
Bundeswehr Einzug in breite Teile der<br />
Gesellschaft ermöglicht und an den<br />
Universitäten <strong>Forschung</strong> und Lehre<br />
zum Kriegstreiben etabliert“. Stattdessen<br />
wünscht sich der SDS die Entwicklung<br />
von alternativen Konfliktlösungen. Die<br />
Uni solle sich zu friedlicher und ziviler<br />
<strong>Forschung</strong> und Lehre verpflichten sowie<br />
gesellschaftliche Verantwortung übernehmen.<br />
Militärforschung trotz Klausel<br />
Trotz aller Bemühungen bleibt Skepsis<br />
gegenüber der praktischen Umsetzung<br />
der Zivilklausel. Denn Wissenschaftler<br />
der Uni Bremen und der TU Berlin<br />
ließen sich vom jahrzehntealten Passus<br />
nicht beirren und forschten <strong>im</strong> militärrelevanten<br />
Bereich weiter. So nahm die<br />
TU nachweislich Drittmittel vom BMVg<br />
für den technischen und medizinischen<br />
Bereich an.<br />
Die Untersuchungen von Oberarzt Sauerbrei<br />
sind mittlerweile sechs Jahre alt,<br />
die <strong>Forschung</strong> mit neuen Substanzen gegen<br />
gefährliche Erreger sei nach wie vor<br />
interessant. Die Frage nach der Eintragung<br />
der Klausel an der FSU beantwortet<br />
er heute mit einem klaren „Ja!“<br />
Marco Fieber<br />
und Jan-Henrik Wiebe<br />
Titel<br />
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