Forschung im Schatten - Akrützel
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Heute Kultur, morgen WM<br />
Jena soll eine neue Mehrzweckarena bekommen<br />
Januar 2009: Der FC Carl Zeiss Jena<br />
kämpft nach dem Abstieg aus der<br />
Zweiten Bundesliga <strong>im</strong> Sommer nun<br />
auch in der neu geschaffenen Dritten<br />
Liga um den Klassenerhalt. Hinter dem<br />
Verein liegen vier turbulente Jahre mit<br />
zwei Aufstiegen unter Trainer Heiko Weber<br />
und Präsident Rainer Zipfel, einem<br />
gefeierten Klassenerhalt in letzter Minute,<br />
sowie dem sensationellen Erreichen des<br />
DFB-Pokal-Halbfinales. Doch das Chaos<br />
hat längst Einzug in den Fußballclub Carl<br />
Zeiss gehalten. Vor dem Verein liegt eine<br />
Zeit voll selbstverschuldeter finanzieller<br />
Nöte, sportlicher Enttäuschungen und<br />
einem Verschleiß an Trainern, der seinesgleichen<br />
sucht. Ein Zustand, der bis zum<br />
Ende der aktuellen Saison anhält, wie sich<br />
am vergangenen Sonnabend mit einer<br />
Niederlage in Stuttgart bestätigte.<br />
Doch nicht allein die sportliche Situation<br />
des Clubs verbindet die Jahre 2009 und<br />
2011 frappierend miteinander, sondern<br />
auch die Hoffnung auf ein neues Stadion<br />
in Jena. Im Januar 2009 stellte der FCC<br />
auf einer Pressekonferenz seine Vision<br />
eines 17.000 Zuschauer fassenden Erlebnistempels<br />
vor. Die Zeit des maroden alten<br />
Stadions sollte endgültig vorbei sein. Modern,<br />
mit vier überdachten Tribünen, sollte<br />
es allen aktuellen Standards genügen. 17<br />
Millionen Euro wurden damals für den<br />
Bau veranschlagt – ein Betrag, der vom<br />
Fußballclub unmöglich aufzubringen war.<br />
Die Stadt Jena, deren kommunale Immobiliengesellschaft<br />
Eigentümer des Stadions<br />
ist, konnte und wollte diese Summe ebenso<br />
wenig tragen wie das Land Thüringen.<br />
Damit war der Plan eines Stadionumbaus<br />
schon früh wieder vom Tisch.<br />
Umso überraschender stellt sich nun die<br />
Situation <strong>im</strong> Mai 2011 dar. Mit freudigen<br />
Gesichtern verkündeten Thüringens<br />
Wirtschaftsminister Matthias Machnig,<br />
die Oberbürgermeister der Städte Erfurt<br />
und Jena, sowie die beiden Präsidenten<br />
FOTO: CHRISTOPH WORSCH<br />
der Fußballvereine Rot-Weiß-Erfurt und<br />
FC Carl-Zeiss-Jena, dass eine Lösung der<br />
Stadionproblematik gefunden worden sei.<br />
Galt es in den letzten Jahren aufgrund der<br />
ungeklärten Finanzierungsmöglichkeiten<br />
als fast unmöglich, dass beide Vereine<br />
ein neues Stadion bekommen könnten,<br />
werden jetzt knapp 50 Millionen Euro in<br />
zwei neue Arenen investiert.<br />
Von Kohle, Kickern<br />
und Kultur<br />
Wie Machnig erklärte, stammt ein Großteil<br />
des Geldes aus dem Fördertopf zur<br />
Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur.<br />
Demnach fördert das Land Thüringen<br />
die beiden Großprojekte mit rund<br />
21 Millionen Euro. Der Anteil des Bundes<br />
soll sich auf etwa die gleiche Summe<br />
belaufen. Damit müsste die Stadt Erfurt<br />
noch knapp 4,8 Millionen und die Stadt<br />
Jena, die das kleinere der beiden Stadien<br />
erhält, rund 4 Millionen Euro selbst tragen.<br />
Einer eventuellen Streichung von Geldern<br />
für soziale Projekte erteilte Machnig eine<br />
klare Absage. Die jetzigen Fördersummen<br />
könnten nur für Neuinvestitionen genutzt<br />
werden. Die Gelder für soziale Vorhaben<br />
kämen aus einem anderen Topf.<br />
Sehr erfreut über diese Entwicklung zeigte<br />
sich Hartmut Beyer, der noch bis zum 15.<br />
Mai Präsident des FCC war und seit dieser<br />
Woche durch den Rückkehrer Rainer<br />
Zipfel abgelöst wurde. Beyer bezeichnete<br />
die aktuellen Pläne als „fundamentale<br />
Entwicklung“. Das neue Jenaer Stadion<br />
soll 17.200 Zuschauern Platz bieten und<br />
ähnlich den Plänen von 2009 aus vier<br />
überdachten Tribünen bestehen. Aus<br />
nostalgischen Gründen soll einer der<br />
vier vorhandenen Flutlichtmasten stehen<br />
bleiben. Die erst kürzlich modernisierte<br />
blaue Laufbahn für die Leichtathleten<br />
soll ebenfalls erhalten bleiben und bei<br />
Fußballspielen möglicherweise durch<br />
bewegliche, auf Luftkissen gelagerte Tribünen<br />
überwunden werden.<br />
Jenas Oberbürgermeister Albrecht Schröter<br />
sieht neben der zukunftssicheren<br />
Spielstätte für den hiesigen Fußballclub<br />
vor allem eine Aufwertung der Stadt. In<br />
die neuen Stadiontribünen sollen Tagungs-<br />
und Veranstaltungsräumlichkeiten<br />
integriert werden. Schröter spricht von einer<br />
Multifunktionsarena, die zum Beispiel<br />
große Konzerte beherbergen soll. Auch<br />
Veranstaltungen der Kulturarena könne<br />
er sich dort vorstellen.<br />
Zukunftsmusik<br />
Es bleibt die Frage, wann dieses neue Stadion<br />
wirklich einmal ausverkauft werden<br />
soll. Schaut man auf die Zuschauerzahlen<br />
des FC Carl Zeiss in den letzten Jahren,<br />
dann erwartet die Spieler meist nur ein<br />
halb gefülltes Rund. Es darf bezweifelt<br />
werden, ob Künstler, die eine große Masse<br />
von Zuschauern anziehen, nicht eher<br />
in die Erfurter Messehalle oder das neue<br />
Steigerwaldstadion ausweichen. Oberbürgermeister<br />
Schröter wird viel Werbung für<br />
die neue Arena betreiben müssen, wenn<br />
er die genannte Anzahl von jährlich 50 bis<br />
70 zusätzlichen Veranstaltungen neben<br />
den Fußballspielen erreichen will.<br />
Als nächster Schritt auf dem Weg zur<br />
neuen Arena ist eine Stadtratssitzung am<br />
11. Juni geplant, in der über die Millionenförderung<br />
durch die Stadt Jena abgest<strong>im</strong>mt<br />
werden soll. Bei positivem Ausgang folgt<br />
eine europaweite Ausschreibung des Projektes<br />
mit geplantem Baubeginn <strong>im</strong> Jahr<br />
2012 und Fertigstellung <strong>im</strong> Herbst 2013.<br />
Die nächsten Jahre werden zeigen, inwieweit<br />
sich die neue Arena bewähren wird<br />
und ob nicht doch der Bau einer neuen<br />
Mehrzweckhalle, wie sie etwa von den<br />
Basketballern seit Jahren gefordert wird,<br />
die sinnvollere Investition gewesen wäre.<br />
Christoph Worsch<br />
Stadt<br />
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