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Erfahrungsbericht - Universität Augsburg

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<strong>Erfahrungsbericht</strong> Erasmus Lund Herbstsemester 2008 1<br />

Name: Patrick Roocks<br />

E-Mail: patrick at ipep dot de<br />

Studiengang: Diplom-Mathematik<br />

Austauschjahr: 2008<br />

Gastuniversität: Lunds Universitet<br />

Stadt: Lund<br />

Land: Schweden<br />

1 Die Entscheidung für Lund<br />

<strong>Erfahrungsbericht</strong><br />

Wenn ich Freunden und Bekannten erzählte, dass ich ins Ausland gehe, war die zumeist<br />

erste Frage ” Wieso eigentlich Schweden?“ Ich muss gestehen, dass ich dafür keine direkte<br />

Begründung, als vielmehr einige Kriterien anführen kann, sowie den generellen Wunsch<br />

ins Ausland zu gehen. Zwei meiner Kommillitonen waren bereits in Schweden gewesen und<br />

hatten überwiegend Positives zu berichten, es gab ein großes Angebot an englischsprachigen<br />

Vorlesungen und allgemein zog es mich mehr in den Norden als in den Süden. Zuvor<br />

war ich jedenfalls nicht in Schweden und würde auf diese Weise Neuland betreten.<br />

2 Vorbereitungen und Anreise<br />

Die Bewerbung ist ein unkompliziertes Unterfangen; während in anderen Studiengängen<br />

die Erasmus-Plätze hoffnungslos überbucht sind, wurden von den 4 Plätzen in Lund, die<br />

für die mathe.-nw. Fakultät zur Verfügung standen, lediglich 3 in Anspruch genommen<br />

- ein durchaus übliche Relation in diesen Fächern. Auch die Bewerbung bei der Partneruniversität<br />

selbst ist vollkommen unkompliziert - Zeugnisse oder Scheine zu übersetzen<br />

oder zu beglauben ist überflüssig, zumindest der dortige Koordinator für Mathematik hat<br />

die äußerst angenehme Angewohnheit jegliche Art von Bürokratie zu vermeiden, sofern<br />

sie sich vermeiden lässt; wer doch für den heimatlichen Erasmus-Papierkram die ein oder<br />

andere Unterschrift benötigt, der bekommt sie auch, wenn auch mit Kommentaren ” This<br />

is a total useless document! Nobody will read this!“<br />

Aber weiter mit den Vorbereitungen. Ist die Bewerbung akzeptiert - was reine Formsache<br />

ist - bekommt man den ” Letter of Acceptance“, das einzig wirklich wichtige Dokument (mit<br />

Unterschrift, aber ohne Siegel und in s/w-Druck...) das man mehr oder weniger ständig<br />

in Lund benötigt, da es die ersten Wochen den Studentenausweis ersetzt. Wenn man (wie<br />

ich) zu den glücklichen gehört die bei der ” Preregistration“ bereits ein Wohnheimzimmer<br />

ergattert haben, holt man einfach den Zimmerschlüssel beim Check-In ab - ohne das man<br />

eine Kaution hinterlegen müsste. Mein Zimmer im Wohnheim Sparta auf einem schwedischen<br />

Korridor war wesentlich großräumiger als man es von Wohnheimen in D gewohnt<br />

ist und auch das dortige Konzept der Korridorküchen ist für gemeinschaftliches Kochen<br />

Patrick Roocks Student der <strong>Universität</strong> <strong>Augsburg</strong> Januar 2009


<strong>Erfahrungsbericht</strong> Erasmus Lund Herbstsemester 2008 2<br />

oder Videoabende bestens geeignet.<br />

Ich reiste zusammen mit einem Kommillitonen mit dem Auto an - das erste was uns<br />

als etwas ärgerlich diesbezüglich auffiel, waren die horrenden Parkplatzgebühren vor dem<br />

Wohnheim von knapp 40 epro Monat. Doch dafür hat man ständig ein Auto vor Ort, was<br />

zwar für Lund selbst weitgehend irrelevant ist, sich aber für Ausflüge in die nähere und<br />

fernere Umgebung sehr praktisch erwiesen hat.<br />

3 Die ersten zwei Wochen<br />

Was für Lund vielmehr relevant ist, ist ein Fahrrad - und da bietet es sich an, ein eigenes<br />

mitzunehmen, falls man die Möglichkeit hat. Die angebotenen Gebrauchträder sind in aller<br />

Regel völlig überteuert - es finden sich alljährlich genug Studenten die in ihrer Not um<br />

ein Fortbewegungsmittel dennoch zugreifen. Jedenfalls kam ich mit meinem Rad genau bis<br />

zum Wohnheim bis der hintere Mantel platze - dann kaufte ich für etwa 200 eim SportTex<br />

ein neues Rad, was sich als sehr sinnvolle Investition erwiesen hat.<br />

Das Studienprogramm begann mit dem zweiwöchigen ” SLOP“, kurz für ” Swedish Language<br />

and Orientation Programme“, ein Sprachkurs in dem man nebenbei auch etwas über<br />

Land & Leute erfahren durfte. Mehr als dreihundert Stundeten wurden in dem nobel ausgestatteten<br />

Hörsaal (kinoähnlich gepolsterte Sitze) zur gleichen Zeit instruiert, natürlich<br />

einschließlich der üblichen Vorgehensweise beim Erlernen von Fremdsprachen: Die Lehrerin<br />

spricht vor, und alle im Chor sprechen nach. 1 Alles in allem war dieses zweiwöchige<br />

Programm sehr unterhaltsam aber wenig lehrreich.<br />

Als noch unterhaltsamer erwies sich das Spektakel, das Montag in der zweiten Woche<br />

begann, und sich dann den nächsten Monat noch hinzog - die Erstsemesterwochen der<br />

” LTH“ (Lunds Technika Högskola), die sich in etwa so in einem Satz zusammenfassen<br />

lassen: In bunten Farben und mit schräg kombinierten Outfits gekleidete Menschen geben<br />

sich rund um die Uhr kuriosesten Ritualen hin, deren Sinn für den nichteingeweihten Beobachter<br />

auch nach Wochen des Spektakels nicht zu entschlüsseln ist.<br />

Auf diese Weise waren wir ein klein wenig der schwedischen Sprache und Kultur kundig<br />

geworden, auch den ersten Kulturschock hatten wir übelebt und an einigen Partys<br />

teilgenommen, bei denen die Austauschstudenten allerdings unter sich blieben.<br />

4 Die Vorlesungen<br />

Grundsätzlich lässt sich die Mathematik in Lund in zwei Welten unterteilen, die wesentlich<br />

weiter auseinanderliegen als man es von zuhause gewohnt ist: Die reine und die angewandte<br />

Mathematik. Während erstere durchaus sehr anspruchsvoll ist (vergleichbar mit daheim)<br />

ist letztere eigentlich nicht für Mathematiker gemacht, sondern für die Mathematikausbildung<br />

von Physikern, Informatikern oder Ingenieuren. Dementsprechend ist der Anspruch<br />

1 Wer einen noch etwas präziseren Eindruck erhalten möchte, der möge auf Youtube nach ” Svenska med<br />

Gudrun“ suchen<br />

Patrick Roocks Student der <strong>Universität</strong> <strong>Augsburg</strong> Januar 2009


<strong>Erfahrungsbericht</strong> Erasmus Lund Herbstsemester 2008 3<br />

an mathematische Exaktheit eher gering, Assignments in Numerik bestehen teilweise ausschließlich<br />

aus Programmieraufgaben. Auch sind bei den angewandten Fächern die Bestehenshürden<br />

so gemacht, dass sie eigentlich jeder mit hinreichend viel Arbeit (in Form von<br />

Assignments oder Präsentationen) überwindet, während bei der reinen Mathematik durchaus<br />

nichttriviale Klausuren zu schreiben sind (kombiniert mit einer mündlichen Prüfung).<br />

In diesem Bereich ist ” Differential Geometry“ sehr zu empfehlen, ein Kurs der bei uns<br />

kurioserweise ausschließlich aus Austauschstudenten bestand.<br />

Auch die Informatikvorlesungen sind wesentlich praxisnäher als bei uns. In der eher<br />

theoretisch ausgerichtete Vorlesung - ebenfalls sehr zu empfehlen - ” Algorithm Theory“<br />

(etwa unser Informatik III) wurden viele Probleme weniger formal als vielmehr lösungsorientiert<br />

besprochen - was sich aber als sehr lehrreich erwiesen hat.<br />

5 Ausflüge und Reisen<br />

Während man die nähere Umgebung (Lomma, Malmö, Ystad) meistens sowieso erkundet -<br />

in der ersten Woche wird auch eine Österlen-Tour angeboten, die durchaus empfehlenswert<br />

ist - gibt es auch fernere sehenswerte Ziele, die man auf jeden Fall bei einem Schweden-<br />

Aufenthalt mitnehmen sollte. Zusammen mit 5 anderen Deutschen war ich im ca. 600<br />

km entfernten Stockholm. Da Jugendherbergen nicht wesentlich billiger sind, lohnt es sich<br />

durchaus ein günstiges Hotel in Stadtnähe zu suchen und von dort aus mit der U-Bahn in<br />

die Stadt zu fahren.<br />

6 Resümee<br />

Die etwas mehr 4 Monate in Lund waren eine sehr schöne Zeit, in der ich viele neue Leute<br />

kennenlernte - wenn auch hauptsächlich Deutsche. Wer ” echtes Auslandsfeeling“ erleben<br />

möchte, sollte sich wohl ein anderes Ziel suchen, denn bei knapp der Hälfte deutscher<br />

Austauschstudenten (in der Mathematik mehr...) bilden sich fast automatisch deutsche<br />

Cliquen. Auch macht die hohe Verbreitung von Englisch (in der Regel kann man sich<br />

mit jeder Friseuse auf Englisch unterhalten) das Erlernen der schwedischen Sprache nicht<br />

unbedingt notwendig. Dafür trifft man Austauschstudenten aus allen Winkeln der Welt<br />

- auch die Professoren kommen oftmals nicht aus Schweden. Wirklich eine neue Kultur<br />

kennenlernen wird man schwer - dafür ist man in Lund an einem sehr internationalen Ort.<br />

Patrick Roocks Student der <strong>Universität</strong> <strong>Augsburg</strong> Januar 2009

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