Der körperlich-konditionelle Faktor wird zu 60 % durch die Trainingsmethodik beeinflusst. Die fehlenden 40 % gehen zu Lasten der Auslese von Sporttalenten, die ein entsprechendes genetisChen Potenzial in die Sportart einbringen. Extremsportier wird nur, wer hohe Anteile der langsam kontrahierenden und schwer ermüdbaren Muskelfasern (STF) ererbt hat. In der Regel haben diese Athleten über 80 % STF und nur 20 % FTF (schnell kontrahierende und leichter ermüdbare Fasern). Im Laufen, Schwimmen, Radsport, Skilanglauf u. a. Ausdauersportarten vollziehen sich momentan bemerkenswerte Verbesserungen in den Spitzenleistungen. Das betrifft sowohl die Höchstleistungen zwischen dem 20. bis 30. Lebensjahr als auch die Altersrekorde zwischen dem 35. und 80. Lebensjahr. Auffallend ist die Leistungsverbesserung auf den längeren Distanzen, wie z. B. die neue Frauenmarathonbestleitung von 2:15:25 h von Paula Radcliffe (UK), die nur 7,3 % schlechter als die Männerbestleistung ist. Auch Sporttreibende jenseits des 40. Lebensjahres, die längere Distanzen in der Sportart bevorzugen, verbessern regelmäßig ihre persönlichen Bestleistungen. Der Vorteil der Langdistanzen ist, dass sie niedrigere Belastungsintensitäten erfordern. Dieser Umstand kommt offensichtlich den physiologischen Möglichkeiten des Alterssportlers sehr entgegen. Objektiv nimmt ab dem 5 O. Lebensjahr d ie sportliche Leistungsfähigkeit deutlich ab. Auch bei Steigerung des Trainingsaufwandes kann der Leistungsknick nicht kompensiert werden. Ursachen der Leistungsabnahme Die Abnahme der maximalen Sauerstoffaufnahme (V02max ) erfolgt im Alter mit und ohne Training. Ohne Training nimmt die V02max zwischen dem 25. und 70. Lebensjahr je Lebensdekade um acht bis zehn Prozent und bei fortgeführtem Training um jährlich vier bis fünf Prozent ab (POLLOCK et al., 1987; POLLOCK & WILLMORE, 1990). Nach eigenen Analysen (langjährige Trainingsaufzeichnungen von Ausdauerläufern) nimmt ab der Bestzeit nach dem 30. Lebensjahr die Leistungsfähigkeit jährlich um 1 % ab. Nach dem 60. Lebensjahr sind es sogar 2 % Leistungsverschlechterung pro Jahr. Das betrifft 10-km-Läufe, Marathon oder 100-km-Läufe. Analysen zur Veränderung des Körperfetts im Laufe des Lebens ergaben, dass es trotz lebensbegleitender sportlicher Aktivität zu einer Fettzunahme kam (POLLOCK et al., 1987). Die abnehmende Muskelmasse wird durch Fett ersetzt. Bei unverändertem Körpergewicht (Normalgewicht) nehmen zwischen dem 50. bis 60. Lebensjahr die körpereigenen Fettreserven um etwa 2 kg (13-15 %) zu. Die altersbedingte Gewichtszunahme ist durch körperliches Training wenig beeinflussbar. Selbst eine Trainingsbelastung von 2-5 StundenlWoche verminderte das Körpergewicht im I angjährigen Durchschnitt nur um 1,1 kg, beugte aber einer zunehmenden "Verfettung" vor. Wahrscheinlich kommt dem körpereigenen Testosteron· im Alter eine Schlüsselrolle zu. Die Konzentration des freien Testosterons nimmt nach dem 25. Lebensjahr jährlich um 1,2 % ab (KAUFMAN & VERMEULEN, 1998). Auch die Freisetzung des Wachstumshormons (STH) lässt mit zunehmendem Lebensalter nach. Der Testosteronmangel führt zur Abnahme der Muskelmasse, und diese wird durch Fett ersetzt; ein bei Eunuchen bekannter Funktionszustand. Wenn bei älteren Sporttreibenden trotz Training und Belastungssteigerung die Leistungsverbesserung ausbleibt, dann kann eine altersbedingte oder auch trainingsbedingte Testosteronuntervers<strong>org</strong>ung mit die Ursache dafür sein. Eigene Untersuchungen bei einem Dreifachlangtriathlon (11,4 km Schwimmen, 540 km Radfahren und 126,2 km Lauf in durchschnittlich 48 h) ergaben hochsignifikante Abnahmen der Konzentration des freien und des Gesamt Testosterons bereits während der Belastung, die mindestens bis zum nächsten Tag anhielt (siehe Abbildung). Das Durchschnittsalter dieser Extremsportier lag bei 39 Jahren. Die Fähigkeit, höhere Geschwindigkeiten zu verkraften, d. h. sich stärker muskulär zu belasten, ist wahrscheinlich mit von der Verfügbarkeit des körpereigenen Testosterons und des Wachstumshormons abhängig. Wenn jenseits des 50. Lebensjahres erstaunliche Langzeitausdauerleistungen vollbracht werden, so erfordern sie eine relativ lange Regenerationszeit. Ältere weisen auf Grund der abnehmenden Proteinsynthesegeschwindigkeit in der Muskulatur im Vergleich zu Jüngeren eine längere Regenerationszeit (Erholungsdauer) auf. Zur Aufklärung dieser Problematik wurde Alterssportlern Testosteron verabreicht. Die muskuläre Proteinsynthese und die Muskelkraft nahm bei Männern, die zwischen 60 und 70 Jahren 2,5 mgfTag Testosteron bekamen, eindeutig zu (URBAHN, 1995). Diese Befunde waren mit der Anlass zur raschen Entwicklung der Anti-Aging-Medizin. Bereits ab dem 40. Lebensjahr kann die Bildung von Testosteron, freiem TestQsteron, Androstendion, Dihydrotestosteron und Dehydroepiandosteron im Hoden deutlich vermindert sein. Nach NIESCHLAG & BEHRE (1998) lag bei 35-40 Prozent der über 65-jährigen Männer die Testosteronkonzentration unter 3,5 ng/ml (12,1 nmol/I). Im Alter zwischen dem 60. und 80. Lebensjahr hatten 22 % der Männer ein subnormales Gesamttestosteron « 11 nmol/l oder< 3,5 ng/ml) und erniedrigtes freies Testosteron « 18 pmol/l). Die Normalwerte des biologisch aktiven freien Testosterons betragen 31,3 bis 163 pmoi/l. Die gesundheitlichen Risiken der Testosteron-Ersatztherapie, wie ein provoziertes Wachstum der Prostata, werden als sehr gering angesehen. Sie können durch Kontrolle des PSA-Wertes gesichert werden. 84
Gesamt Testosteronabfall während eines Testosteron Dreifachlangtriathlon [nmol/l] 70 60 50 40 30 20 * * p