Teil 3 - duv.org
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04. -10.07.04<br />
14. Swiss-Jura-Marathon<br />
323 km in 7 Tagen<br />
Gabi Leidner<br />
Was verbirgt sich hinter ,,45-47-37-42<br />
53-49-50" oder auch: "Genf - St. Cergue<br />
- Vallorbe - Fleurier - La Chaux de<br />
Fonds - Biel - Baisthai - Basel"? Des<br />
Rätsels Lösung heißt "Europas längster<br />
Berglauf" oder auch: Swiss Jura Marathon.<br />
323 km, gespickt mit nahezu<br />
10.000 Höhenmetern, die obigen Zahlen<br />
entsprechen den einzelnen Etappenlängen.<br />
Urs Schüpbach, Jahrgang 1945 und ein<br />
ehemaliger Schweizer National-Marathonläufer,<br />
lief 1987 als Testläufer innerhalb<br />
von 7 Tagen von Basel nach Lugano.<br />
Dieser Lauf führte ausschließlich über<br />
Straßen mit normalem Autoverkehr,<br />
was schon vor 17 Jahren nicht ganz einfach<br />
war. Wie viel schlimmer solch ein<br />
Projekt im Jahr 2004 aussehen würde,<br />
kann sich sicher jeder selbst ausmalen.<br />
Der Lauf scheiterte aber auch schon im<br />
Vorfeld an der Finanzierung, und so war<br />
der Weg frei für Schüpbachs Plan, einen<br />
7-Tage-Lauf über verkehrsfreie ((Nander-)<br />
Wege durchzuführen.<br />
Der Jura-Höhenwanderweg war dazu<br />
eine ideale Route. Im Frühjahr 1989 bewältigte<br />
Urs Schüpbach die Strecke zuerst<br />
testweise mit dem Mountainbike,<br />
danach beteiligten sich insgesamt 10<br />
Läuferinnen an einem Probelauf - 4 von<br />
ihnen durchliefen gleich die ganze Strecke.<br />
Der Swiss Jura Marathon war geboren.<br />
Im Jahr 1990 wurde er direkt<br />
zum ersten Mal durchgeführt - damals<br />
noch mit der Grundvoraussetzung, dass<br />
niemand die Strecke alleine zurücklegt,<br />
vielmehr mussten 3er- bis 4er-Teams<br />
gebildet werden, das Tempo richtete<br />
sich dabei natürlich nach dem Langsamsten<br />
der Gruppe.<br />
Gleich im ersten Jahr bekam Schüpbach<br />
45 <strong>Teil</strong>nehmerinnen zusammen, das<br />
steigerte sich dann in den kommenden<br />
Jahren auf über 100. Im Jahr 2000, dem<br />
letzten Jahr, in dem man sich die Etappen<br />
auch zu zweit teilen konnte, waren<br />
gar 140 Läuferinnen auf der Strecke.<br />
Diese Zahl war aber für alle Beteiligten<br />
äußerst grenzwertig, und so besann man<br />
sich auf "klein aber fein". Die Stafetten<br />
wurden abgeschafft, das <strong>Teil</strong>nehmerlimit<br />
liegt bei 100.<br />
72<br />
Laufen auf ausgetretenen Wanderpfaden<br />
Seit 1995 wird der Swiss Jura Marathon<br />
nur noch im Zweijahresrhythmus als<br />
Wettkampf durchgeführt, die Jahre dazwischen<br />
(also immer in den Jahren mit<br />
ungerader Jahreszahl) können die Laufwilligen<br />
die 323 km als sogenannten<br />
Trail absolvieren. Dabei wird in 5 Gruppen<br />
gelaufen, die langsamste Gruppe<br />
startet zuerst, wird dann im Laufe des<br />
Tages von den Schnelleren eingesammelt.<br />
Die jeweils vorne liegende Gruppe<br />
markiert die Strecke, die letzte sammelt<br />
die Bänder wieder ein. Der Trail hat einige<br />
Vorteile für Organisation und Sportlerinnen:<br />
so braucht man deutlich weniger<br />
Helfer (immerhin 37 waren es in diesem<br />
Jahr) als im Wettkampfjahr, die ganze<br />
"Sache" ist wesentlich entspannter. Die<br />
Mitten im Schweizer Jura<br />
Läufer haben auch mal Zeit, die Landschaft<br />
und die wunderschönen Aussichten<br />
zu genießen, die das Jura bietet <br />
das geht im Wettkampf einfach zu oft<br />
unter. Zudem ist der Trail ideal für Einsteiger,<br />
die Angst haben, sich diese vielen<br />
Kilometer gleich im Wettkampf zuzumuten.<br />
Und last but not least finden<br />
sich immer· wieder Wettkampfteilnehmer,<br />
die sich bereit erklären, in den<br />
Trailjahren als Gruppenführer zu fungieren.<br />
Aber auch in den Wettkampfjahren wird<br />
zwischen zwei verschiedenen <strong>Teil</strong>nahmemöglichkeiten<br />
unterschieden. Da sind<br />
zum einen die "Runners". Wie das Wort<br />
schon sagt: hier wird wirklich um die<br />
Wette gelaufen. Der Zielschluss beträgt<br />
täglich, abhängig von Länge und Schwierigkeitsgrad<br />
der jeweiligen Etappe, zwischen<br />
6 und 7 Stunden. Und dann 'sind<br />
da die sogenannten "Finisher" . Diese<br />
starten ab dem zweiten Tag 2 Stunden<br />
vor den Runners, haben damit 120 min<br />
mehr Laufzeit, kommen jedoch in keine<br />
Zeitwertung. Die Grenze zwischen den<br />
beiden Gruppen kann flie-ßend sein.<br />
Selten wird ein Finisher zu den Runners<br />
wechseln, aber es gibt immer wieder<br />
und gegen Ende der Woche stets mehr<br />
Runners, die sich lieber den Finishern<br />
zuordnen lassen - oder zwangsweise<br />
dort einsortiert werden, wenn sie den<br />
Zielschluss an mehreren Tagen nicht<br />
einhalten konnten. Am<br />
Ende zählt weiter hinten<br />
im Feld ja eigentlich eh<br />
nur, dass man die Tor<br />
Tour gut über- und vor<br />
allem bis zum Schluss<br />
durchgestanden hat.<br />
Was sind das nun für<br />
Läufer, die sich einer<br />
solchen Prüfung unterziehen?<br />
Ganz klar: Anfänger<br />
ist da niemand.<br />
Aus Biertischwetten,<br />
wie bei Marathons inzwischen<br />
leider schon<br />
mal üblich, entsteht eine<br />
solche. Laufwoche<br />
auch nicht. Die überwiegende<br />
Zahl derer,<br />
die sich dem Abenteuer<br />
Swiss Jura Marathon<br />
stellen, sind gestandene<br />
Ultraläufer. Nur wenige<br />
kommen ins Jura<br />
und haben nie mehr als<br />
Marathon unter die Füße<br />
genommen. Die relativ<br />
niedrige Ausfallquote<br />
von nicht mal 20%<br />
spricht für sich - und die<br />
entsteht ganz überwiegend<br />
durch Sehnenund<br />
Magenprobleme.<br />
Ganz stark vertreten ist, wie so oft, die<br />
gut <strong>org</strong>anisierte deutsche Ultraszene.<br />
2004 kamen die <strong>Teil</strong>nehmer aus 9 Ländern,<br />
über 60% aus Deutschland. Der<br />
Rest verteilte sich auf die Schweiz<br />
(32%), Luxemburg, Österreich, die Niederlande,<br />
Italien, Belgien, Finnland - und<br />
Kanada. Vier Läuferinnen hatten den<br />
Weg über den großen Teich nicht gescheut,<br />
die ersten waren sie aber nicht,<br />
auch früher schon machten <strong>Teil</strong>nehmer<br />
aus Übersee das Jura unsicher.