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Prof. Dr. Hermann Bausinger Kulturwissenschaftler im Gespräch mit ...

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Kastan: Das kostet oft gleich einen Haufen Geld. Wehe, da kommt eine Beule rein.<br />

Haben Sie selbst auch ein Auto?<br />

<strong>Bausinger</strong>: Ja, ich habe ein Auto.<br />

Kastan: Sind Sie da auch typisch deutsch und passen auf, dass da keine Beulen<br />

hineinkommen?<br />

<strong>Bausinger</strong>: Nein, nein, ich fahre <strong>im</strong>mer schon <strong>mit</strong> vielen Beulen am Auto durch die<br />

Gegend. Das hängt wahrscheinlich auch da<strong>mit</strong> zusammen, dass ich nicht<br />

den Ehrgeiz habe, mein Auto nach zwei Jahren wieder teuer zu verkaufen.<br />

Nein, die jeweiligen Autos halten sehr lang bei mir und nach vielen Jahren<br />

werden sie auch nicht verkauft, sondern dann bekommt es eines meiner<br />

Kinder – das soll sich dann <strong>mit</strong> den Beulen anfreunden. Ich bin auch kein<br />

“Lustwäscher”, der jeden Samstag den E<strong>im</strong>er herausholt oder dauernd in<br />

diese Waschstraßen fährt. Nein, für mich ist das Auto in erster Linie ein<br />

Fortbewegungs<strong>mit</strong>tel. Und als solches – das muss ich zum Kummer aller<br />

Grünen sagen – ist es etwas sehr Praktisches.<br />

Kastan: Wenn Sie Ihr Auto nicht so oft waschen, dann ist das ja auch recht gut für<br />

die Umwelt.<br />

<strong>Bausinger</strong>: Ja, da bin ich dankbar für diesen Hinweis.<br />

Kastan: Denn Waschanlagen erzeugen ja auch viel Schmutzwasser. Aber ab und<br />

zu fahren best<strong>im</strong>mt auch Sie mal in die Waschanlage, denn irgendwann ist<br />

es einfach so weit.<br />

<strong>Bausinger</strong>: Ja, schon, aber selten genug.<br />

Kastan: Ob das Auto etwas typisch Deutsches sei, habe ich deshalb ganz bewusst<br />

gefragt, weil es ja ein Buch von Ihnen <strong>mit</strong> dem Titel "Typisch Deutsch" gibt.<br />

Das ist ein sehr amüsantes Buch und es trägt den Untertitel "Wie deutsch<br />

sind die Deutschen?" Gibt es denn den typischen Deutschen überhaupt?<br />

<strong>Bausinger</strong>: Den gibt es als Einzelperson natürlich nicht, aber man kann das, was für<br />

typisch gehalten wird, <strong>im</strong>mer wieder bei verschiedenen Personen<br />

entdecken. Es gibt da z. B. Dinge, die man auch statistisch nachweisen<br />

kann. Ich denke hier etwa an die Sesshaftigkeit der Deutschen. Vor kurzem<br />

hat es da z. B. eine Umfrage unter Arbeitslosen gegeben. Sie wurden<br />

gefragt, unter welchen Umständen sie eine neue Arbeit akzeptieren<br />

würden. Da war natürlich die Rede von der Höhe des Lohnes und der<br />

Möglichkeit des Lohnverzichts usw. Es wurde dann aber auch nach der<br />

Mobilität gefragt. Die Arbeitslosen wurden gefragt, ob sie bereit wären, in<br />

eine andere Gegend, in eine andere Stadt zu ziehen, wenn es dort eine<br />

Arbeitsstelle für sie gäbe. Interessanterweise haben diese Frage nur etwa<br />

zehn bis 15 Prozent der Arbeitslosen bejaht. Das ist ein erstaunlich niedriger<br />

Prozentsatz, wenn man das z. B. <strong>mit</strong> den Vereinigten Staaten vergleicht.<br />

Dort ziehen die Leute eigentlich andauernd ohne irgendwelche Probleme<br />

um. Man hat festgestellt, dass die Amerikaner ungefähr zwanzigmal so oft<br />

umziehen wie wir Deutschen. Dies hat natürlich auch Auswirkungen auf die<br />

Art der Wohnungen, die daher eben auch schneller auflösbar sein müssen.<br />

Bei uns hingegen hat die eigene Wohnung oder das eigene Häuschen ja<br />

fast schon sakralen Charakter: Da darf nur wenig verändert werden. Wobei<br />

ich aber, indem ich das sage, merke, dass ich möglicherweise eher von<br />

meiner Generation spreche als von der Generation meiner Kinder oder<br />

meiner Enkel. Denn denen macht das Umziehen nicht mehr so viel aus, wie<br />

das in der Generation davor noch der Fall gewesen ist.<br />

Kastan: Ich sage Ihnen, aus dem Alter der Kinder in einer Reihenhaussiedlung kann<br />

man Schlussfolgerungen ziehen, wie alt diese Reihenhaussiedlung ist.<br />

Wenn die Kinder 18 bis 20 Jahre alt sind, dann sind auch die Reihenhäuser<br />

oft 18 bis 20 Jahre alt. Denn junge Familien ziehen bei der Geburt der<br />

Kinder oft in ein Reihenhaus, wenn sie sich das leisten können. Aber es

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