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Materialiensammlung - Theater Marburg

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Klein Zaches, genannt<br />

Zinnober<br />

Materialsammlung<br />

Spielzeit 2011/12<br />

1


„Anspruch der Aufklärung ist es, auf der Grundlage der Vernunft<br />

eine von Irrationalität befreite Welt zu konstituieren<br />

und in diesem Horizont den Menschen Freiheit, Autonomie und Selbstbestimmung zu gewähren.<br />

Unterdessen hat sie – so wird bereits Ende des 18. Jahrhunderts offensichtlich –<br />

selbst eine Wirklichkeit etabliert, die irrationale, geradezu gespenstische Züge trägt,<br />

und den Menschen insofern einer neuen Heteronomie unterworfen.<br />

Das Phantastische wird E.T.A. Hoffmann zur adäquaten Form,<br />

um der Logik dieses Widerspruches auf den Grund zu gehen<br />

[und] in seiner „Klein-Zaches"-Erzählung den Blick auf die Verfasstheit<br />

der modernen, aufgeklärten Gesellschaft insgesamt [zu] richte[n].“<br />

(siehe dazu „Kritik der Vernunft“ von Andrea Fuchs)<br />

2


Inhalt<br />

1. Aufklärung<br />

1.1 Über die Frage: was heißt aufklären? von Moses Mendelssohn (1729–1786)<br />

2. Die Muse und der Aktenstaub – Der Jurist, Dichter und Komponist E. T. A. Hoffmann (1776–1822)<br />

3. Romantik<br />

3.1 Was versteht man unter dem Begriff Kunstmärchen?<br />

4. Poetologische Strategien in E.T.A. Hoffmanns Werk<br />

4.1 Die unheimliche Erzähltechnik<br />

5. „Klein Zaches, genannt Zinnober“<br />

5.1 Zur Bedeutung der Namen<br />

6. weiterführende Literatur<br />

3


1. Aufklärung<br />

Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist<br />

das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist<br />

diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der<br />

Entschließung und des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. sapere aude! habe<br />

Muth dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! Ist also der Wahlspruch der Aufklärung.<br />

(Kant: AA VIII, Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?, S. 35)<br />

1.1 Über die Frage: was heißt aufklären?<br />

Die Worte Aufklärung, Kultur, Bildung sind in unserer Sprache noch neue Ankömmlinge. Sie gehören vor der<br />

Hand bloß zur Büchersprache. Der gemeine Haufe verstehet sie kaum. Sollte dieses ein Beweis sein, daß<br />

auch die Sache bei uns noch neu sei? Ich glaube nicht. Man sagt von einem gewissen Volke, daß es kein<br />

bestimmtes Wort für Tugend, keines für Aberglauben habe; ob man ihm gleich nicht geringes Maß von<br />

beiden mit Recht zuschreiben darf. Indessen hat der Sprachgebrauch, der zwischen diesen<br />

gleichbedeutenden Wörtern einen Unterschied angeben zu wollen scheint, noch nicht Zeit gehabt, die<br />

Grenzen derselben festzusetzen. Bildung, Kultur, und Aufklärung sind Modifikationen des geselligen Lebens;<br />

Wirkungen des Fleißes und der Bemühungen der Menschen, ihren geselligen Zustand zu verbessern.<br />

Je mehr der gesellige Zustand eines Volkes durch Kunst und Fleiß mit der Bestimmung des Menschen in<br />

Harmonie gebracht worden, desto mehr Bildung hat dieses Volk.<br />

Bildung zerfällt in Kultur und Aufklärung. Jene scheint mehr auf das Praktische zu gehen: auf Güte, Feinheit<br />

und Schönheit in Handwerken, Künsten und Geselligkeitssitten (objektive); auf Fertigkeit, Fleiß und<br />

Geschicklichkeit in jenen, Neigungen, Triebe und Gewohnheit in diesen (subjektive). Je mehr diese bei einem<br />

Volke der Bestimmung des Menschen entsprechen, desto mehr Kultur wird demselben beigelegt; so wie<br />

einem Grundstücke desto mehr Kultur und Anbau zugeschrieben wird, je mehr es durch Fleiß der Menschen<br />

in Stand gesetzt worden, dem Menschen nürtzliche Dinge hervorzubringen. - Aufklärung hingegen scheinet<br />

sich mehr auf das Theoretische zu beziehen. Auf vernünftige Erkenntnis (objekt.) und Fertigkeit (subj.) zum<br />

vernünftigen Nachdenken über Dinge des menschlichen Lebens nach Maßgebung ihrer Wichtigkeit und<br />

ihres Einflusses in die Bestimmung des Menschen.<br />

Ich setze allezeit die Bestimmung des Menschen als Maß und Ziel aller unserer Bestrebungen und<br />

Bemühungen, als einen Punkt, worauf wir unsere Augen richten müssen, wenn wir uns nicht verlieren wollen.<br />

Eine Sprache erlanget Kultur durch gesellschaftlichen Umgang, Poesie und Beredsamkeit. Durch jene wird<br />

sie geschickter zu theoretischem, durch diese zu praktischem Gebrauche. Beides zusammen gibt eine<br />

Sprache die Bildung. Kultur im Äußerlichen heißt Politur. Heil der Nation, deren Politur Wirkung der Kultur<br />

und Aufklärung ist; deren äußerlicher Glanz und Geschliffenheit innerliche, gediegene Echtheit zum Grunde<br />

hat! Aufklärung verhält sich zur Kultur wie überhaupt Theorie zur Praxis; wie Erkenntnis zur Sittlichkeit; wie<br />

Kritik zur Virtuosität. An und für sich betrachtet (objektive), stehen sie in dem genausten Zusammenhane,<br />

ob sie gleich subjektive sehr oft getrennt sein können.<br />

Man kann sagen: die Nürnberger haben mehr Kultur, die Berliner mehr Aufklärung; die Franzosen mehr<br />

Kultur, die Engländer mehr Aufklärung; die Sineser viel Kultur und wenig Aufklärung. Die Griechen hatten<br />

beides, Kultur und Aufklärung. Sie waren eine gebildete Nation, so wie ihre Sprache eine gebildete Sprache<br />

ist. - Überhaupt ist die Sprache eines Volks die beste Anzeige seiner Bildung, der Kultur sowohl als der<br />

Aufklärung, der Ausdehnung als der Stärke nach. Ferner läßt sich die Bestimmung des Menschen einteilen<br />

in 1) Bestimmung des Menschen als Mensch und 2) Bestimmung des Menschen als Bürger betrachtet.<br />

In Ansehung der Kultur fallen diese Betrachtungen zusammen; indem alle praktischen Vollkommenheiten<br />

bloß in Beziehung auf das gesellschaftliche Leben einen Wert haben, also einzig und allein der Bestimmung<br />

des Menschen als Mitglied der Gesellschaft entsprechen müssen. Der Mensch als Mensch bedarf keiner<br />

Kultur: aber er bedarf der Aufklärung.<br />

Stand und Beruf im bürgerlichen Leben bestimmen eines jeden Mitgliedes Pflichten und Rechte, erfordern<br />

nach Maßgebung derselben amdere Geschicklichkeit und Fertigkeit, andere Neidungen, Triebe, Geselligkeit<br />

und Gewohnheiten, eine andere Kultur und Politur. Je mehr diese durch alle Stände mir ihrem Berufe, d.i. mit<br />

ihren respektiven Bestimmungen als Glieder der Gesellschaft übereinstimmen, desto mehr Kultur hat die<br />

Nation.<br />

4


Sie erfodern aber auch für jedes Individuum nach Maßgebung seines Standes und Berufs andere<br />

theoretische Einsichten und andere Fertigkeit, dieselben zu erlangen, einen anderen Grad der Aufklärung.<br />

Die Aufklärung, die den Menschen als Mensch interessiert, ist allgemein ohne Unterschied der Stände; die<br />

Aufklärung des Menschen als Bürger betrachtet, modifiziert sich nach Stand und Beruf. Die Bestimmung des<br />

Menschen setzet hier abermals seiner Bestrebung Maß und Ziel. Diesem nach würde die Aufklärung einer<br />

Nation sich verhalten 1) wie die Masse der Erkenntnis, 2) deren Wichtigkeit, d.i. Verhältnis zur Bestimmung a)<br />

des Menschen und b) des Bürgers, 3) deren Verbreitung durch alle Stände, 4) nach Maßgabe ihres Berufs;<br />

und also wäre der Grad der Volksaufklärung nach einem wenigstens vierfach zusammengesetzten<br />

Verhältnisse zu bestimmen, dessen Glieder zum Teile selbst wiederum aus einfachen Verhältnisgliedern<br />

zusammengesetzt sind. Menschenaufklärung kann mit Bürgeraufklärung in Streit kommen. Gewisse<br />

Wahrheiten, die dem Menschen als Mensch nützlich sind, können inh als Bürger zuweilen schaden. Hier ist<br />

folgendes in Erwägung zu ziehen. Die Kollision kann entstehen zwischen 1) wesentlichen oder 2) zufälligen<br />

Bestimmungen des Menschen mit 3) wesentlichen oder 4) außerwesentlichen zufälligen Bestimmungen des<br />

Bürgers.<br />

Ohne die wesentlichen Bestimmungen des Menschen sinkt der Mensch zum Vieh herab; ohne die<br />

außerwesentlichen ist er kein so gutes, herrliches Geschöpf. Ohne die wesentlichen Bestimmungen des<br />

menschen als Bürgers hört die Staatsverfassung auf zu sein; ohne die außerwesentlichen bleibt sie in<br />

einigen Nebenverhältnissen nicht mehr dieselbe. Unglückselig ist der Staat, der sich gestehen muss, daß in<br />

ihm die wesentliche Bestimmung des Menschen mit der wesentlichen des Bürgers nicht harmonieren, daß<br />

die Aufklärung, die der Menschheit unentbehrlich ist, sich nicht über alle Stände des Reichs ausbreiten<br />

könne, ohne daß die Verfassung in Gefahr sei, zugrunde zu gehen. Hier legt die Philosophie die Hand auf den<br />

Mund! Die Notwendigkeit mag hier Gesetze vorschreiben oder vielmehr die Fesseln schmieden, die der<br />

Menschheit anzulegen sind, um sie niederzubeugen und beständig unterm Drucke zu halten!<br />

Aber wenn die außerwesentlichen Bestimmungen des Menschen mit den wesentlichen oder<br />

außerwesentlichen des Bürgers in Streit kommen, so müssen Regeln festgesetzt werden, nach welchen die<br />

Ausnahmen geschehen und die Kollisionsfälle entschieden werden sollen.<br />

Wenn die wesentlichen Bestimmungen des Menschen unglücklicherweise mit seinen außerwesentlichen<br />

Bestimmungen selbst in Gegenstreit gebracht worden sind, wenn man gewisse nützliche und den Menschen<br />

zierende Wahrheit nícht verbreiten darf, ohne die ihm nun einmal beiwohnenden Grundsätze der Religion<br />

und Sittlichkeit niederzureißen, so wird der tugendliebende Aufklärer mit Vorsicht und Behutsamkeit<br />

verfahren und lieber das Vorurteil dulden, als die mit ihm so fest verschlungene Wahrheit zugleich mit<br />

vertreiben. Freilich ist diese Maxime von jeher Schutzwehr der Heuchelei geworden, und wir haben ihr so<br />

manche Jahrhunderte von Barbarei und Aberglauben zu verdanken, Sooft man das Verbrechen greifen<br />

wollte, rettete es sich ins Heiligtum. Allein demungeachtet wird der Menschenfreund in den aufgeklärten<br />

Zeiten selbst noch immer auf diese Betrachtung Rücksicht nehmen müssen. Schwer, aber nicht unmöglich<br />

ist es, die Grenzlinie zu finden, die auch hier Gebrauch von Mißbrauch scheidet. -<br />

Je edler ein Ding in seiner Vollkommenheit, sagt ein hebräischer Schriftsteller, desto gräßlicher in seiner<br />

Verwesung. Ein verfaultes Holz ist so scheußlich nicht als eine verwesete Blume; diese nicht so ekelhaft als<br />

ein verfaultes Tier; und dieses so gräßlich nicht als der Mensch in seiner Verwesung. So auch mit Kultur und<br />

Aufklärung. Je edler in ihrer Blüte: desto abscheulicher in ihrer Verwesung und Verderbtheit.<br />

Mißbrauch der Aufklärung schwächt das moralische Gefühl, führt zu Hartsinn, Egoismus, Irreligion und<br />

Anarchie. Mißbrauch der Kultur erzeuget Üppigkeit, Gleißnerei, Weichlichkeit, Aberglauben und Sklaverei.<br />

Wo Aufklärung und Kultur mit gleichen Schritten fortgehen, da sind die sich einander die besten<br />

Verfahrungsmittel wider die Korruption. Ihre Art zu verderben ist sich einander schnurstracks<br />

entgegengesetzt.<br />

Die Bildung einer Nation, welche nach obiger Worterklärung aus Kultur und Aufklärung zusammengesetzt<br />

ist, wird also weit weniger der Korruption unterworfen sein. Eine gebildete Nation kennet in sich keine andere<br />

Gefahr, als das Übermaß ihrer Nationalglückseligkeit; welches, wie die vollkommene Gesundheit des<br />

menschlichen Körpers, schon an und für sich eine Krankheit oder der Übergang zur Krankheit genennt<br />

werden kann. Eine Nation, die durch die Bildung auf den höchsten Gipfel der Nationalglückseligkeit<br />

gekommen, ist eben dadurch in Gefaht zu stürzen, weil sie nicht höher steigen kann. - Jedoch dieses führt<br />

zu weit ab von der vorliegen den Frage!<br />

__________<br />

MENDELSSOHN, Moses: Über die Frage: was heißt aufklären? (1784).<br />

5


2. Die Muse und der Aktenstaub<br />

Der Jurist, Dichter und Komponist E. T. A. Hoffmann (1776–1822)<br />

»O weh, ich werde immer mehr zum Regierungsrat! Wer hätte das gedacht vor drei Jahren! Die Muse<br />

entflieht, der Aktenstaub macht die Aussicht finster und trübe ... Wo sind meine Vorsätze hin, wo meine<br />

schönen Pläne für die Kunst?« Aus tiefstem Herzen kommt, was der 27- jährige am 17. Oktober 1803 in sein<br />

Tagebuch notiert. Wenige Tage zuvor, am 9. September, wurde mit dem Essay »Schreiben eines<br />

Klostergeistlichen an seinen Freund in der Hauptstadt« in der Zeitschrift »Der Freimüthige oder Berlinische<br />

Zeitung für gebildete, unbefangene Leser« zum ersten Mal eine Schrift von ihm veröffentlicht. Hier äußert<br />

er sich zu Problemen des Chores im <strong>Theater</strong> des antiken Griechenland und zum idealen Chorsatz in der<br />

Vokalmusik. Gedanken eines Beamten im preußischen Staatsdienst.<br />

Ernst Theodor Wilhelm Hoffmann wird am 24. Januar 1776 in Königsberg geboren. Bereits mit 16 Jahren<br />

immatrikuliert er sich an der Universität zum Jurastudium.<br />

E. T. A. Hoffmann, Zeichnung von Wilhelm Hensel, 1821<br />

Im Juli 1795 legt er das erste juristische Examen ab und ist dann als Referendar tätig. Ein Jahr später geht<br />

es von den Ufern des Pregel zur Oder nach Glogau an das dortige Gericht. In Glogau lebt er bei seinem<br />

Patenonkel. Mit großem Erfolg - »überall ausnehmend gut«, so steht es auf dem Zeugnis - legt er 1798 sein<br />

zweites juristisches Examen ab und wird an das Kammergericht Berlin versetzt.<br />

Hier stürzt sich der junge Jurist in das städtische Leben, besucht Konzerte und <strong>Theater</strong>, Museen und<br />

Künstlergesellschaften, versucht sich im Glücksspiel. Allerdings alles noch nicht ganz so ausschweifend<br />

wie die Zechgelage mit Literaten und Komödianten/ innen aus dem gegenüberliegenden Schauspielhaus<br />

anderthalb Jahrzehnte später in der Weinstube Lutter und Wegener am Gendarmenmarkt. Aber hingezogen<br />

zur Musik, nimmt er auch Musikunterricht bei dem ebenfalls aus Königsberg stammenden Komponisten<br />

und Musikschriftsteller Johann Friedrich Reichardt (1752-1814).<br />

Der Assessor<br />

Nach dem Assessorexamen im Februar 1800 wird er nach Posen versetzt. Und auch hier feuchtfröhliche<br />

Nächte. Er bringt einige bissige Karikaturen der lokalen Prominenz aufs Papier. Die Herrschaften sind<br />

empfindlich, und die Folge ist eine Strafversetzung nach Plock. Eine unbezahlte Assessorstelle. Die<br />

Querelen der Bauern sind zu schlichten, Hühnerdiebe und Schuldner abzuurteilen, Berichte zu schreiben.<br />

Seine dortige Stimmung ist aus den eingangs zitierten Tagebucheintragungen ablesbar. Aber es gibt auch<br />

Angenehmeres: Am 26. Juli 1802 - noch in Posen - hatte er die Polin Maria Thekla Michalina Rorer-<br />

Trzcinska (Mischa) geheiratet.<br />

Zwanzig Jahre, bis zu seinem Tode, wird er mit ihr leben. Mit ihr hat er auch eine Tochter, die Hoffmann<br />

bezeichnender Weise Cäcilia nennt, nach jener Römerin, die für ihren christlichen Glauben im Jahre 230<br />

den Märtyrertod sterben musste und im 15. Jahrhundert zur Patronin der Musik erkoren wurde.<br />

6


Die Arbeit in Plock lässt ihm genügend Zeit zum Zeichnen, Schreiben und vor allem zum Komponieren. Als<br />

er dann 1804 nach Warschau, damals zu Preußen gehörend, versetzt wird, findet sich in der dortigen<br />

»Musikalischen Gesellschaft« sogar die Möglichkeit, eigene Werke aufzuführen und als Dirigent dem<br />

Publikum neue Musik von Gluck, Mozart, Beethoven nahe zu bringen. Er komponiert ein Singspiel in zwei<br />

Akten »Die lust'gen Musikanten« nach Clemens Brentano (1878-1842), das am 6. April 1805 im Deutschen<br />

Warschauer Landestheater zur Uraufführung kommt. Auf dem Titelblatt der Partitur nennt er sich - auch<br />

hier sein Hang zur Symbolik - aus Verehrung für Mozart zum ersten Mal Ernst Theodor Amadeus Hoffmann.<br />

So bleibt er der Welt dann auch bekannt, obwohl er auf Wilhelm getauft ist und W. auch auf seinem Berliner<br />

Ehrengrabstein auf dem Kirchhof III der Jerusalems- und Neuen Kirchgemeinde am Kreuzberger<br />

Mehringdamm steht.<br />

Lange währt auch der Warschauer Aufenthalt nicht. Es sind unruhige Zeiten.<br />

Die napoleonischen Truppen erreichen die Stadt und besetzen sie am 28. November 1806; Hoffmann wird<br />

arbeitslos. Trotz seiner erst 30 Jahre ist er ständig von Krankheiten geplagt, Leber und Magen, Husten und<br />

Erbrechen machen ihm zu schaffen. Er geht zunächst ohne Frau und Kind nach Berlin, bezieht zwei<br />

Zimmer im zweiten Stock der Friedrichstraße 179, bemüht sich vergeblich um Arbeit. Nun annonciert er in<br />

einer Zeitung: »Jemand, der in dem theoretischen und praktischen Teil der Musik vollkommen unterrichtet<br />

ist, selbst für das <strong>Theater</strong> bedeutende Kompositionen geliefert und einer bedeutenden musikalischen<br />

Anstalt als Direktor mit Beifall vorgestanden hat, wünscht als Musikdirektor bei einem wo möglich<br />

stehenden <strong>Theater</strong> unterzukommen. Außer den genannten Kenntnissen ist er mit dem <strong>Theater</strong>wesen und<br />

seinen Erfordernissen vollständig vertraut, versteht sich auf die Anordnung der Dekorationen und des<br />

Kostüms und ist außer der deutschen auch der französischen und italienischen Sprache gewachsen.« So<br />

steht es im Herbst 1807 im »Allgemeinen Reichs- Anzeiger«.<br />

Der Direktor des Bamberger <strong>Theater</strong>s, Reichsgraf Friedrich Julius Heinrich von Soden (1754-1831) testet<br />

Hoffmann erst einmal, indem er ihm einen Kompositionsauftrag zur Vertonung seiner Operndichtung »Der<br />

Trank der Unsterblichen« abverlangt.<br />

Der Kapellmeister<br />

Fünf Wochen später ist Hoffmann fertig und erhält mit Wirkung vom 1. September 1808 eine Anstellung als<br />

Kapellmeister und Komponist in Bamberg, der Residenz einer herzoglichen Nebenlinie des bayerischen<br />

Königshauses und ihres kleinen, provinziellen, in der Etikette erstarrten Hofes. Erst 1802 hatte hier Graf<br />

Soden das erste feste <strong>Theater</strong> errichtet. Zu einer Aufführung des von Hoffmann vertonten Sodenschen<br />

Werkes ist es allerdings nicht gekommen. Graf Soden gibt die Leitung des <strong>Theater</strong>s bald ab, und mit dem<br />

neuen Leiter Heinrich Cuno versteht Hoffmann sich nicht besonders, obwohl er auch zu dessen<br />

literarischen Ergüssen die Bühnenmusik schreibt: »Das Gelübde« mit einem Ballett von C. Macco und »Die<br />

Wünsche«, ein Prolog, der am 9. November 1808 in Bamberg zur Aufführung kommt.<br />

Knapp sechs Jahre währt diese Anstellung. Gleichwohl bietet sie nicht die Erfüllung seiner Träume. Zwar<br />

kann er einige Bühnenmusiken komponieren, auch dirigieren darf er, obwohl er mit dem 25 Mann starken<br />

Orchester und den 12 Choristen nicht so richtig klar kommt (oder diese nicht mit ihm), ansonsten gibt er<br />

Gesangsunterricht, malt <strong>Theater</strong>dekorationen, führt Regie, betätigt sich als Maschinist im <strong>Theater</strong>.<br />

Aber er sieht sich auch die örtliche Irrenanstalt an, um Einblicke in die Psychiatrie zu gewinnen, was ihm<br />

für seine künftige literarische Tätigkeit hilfreich sein wird. Er führt ein ausschweifendes geselliges Leben<br />

mit dem regelmäßigen Besuch in einer Alt- Bamberger Weinstube - ohne Alkohol geht bald nichts mehr,<br />

weder hier, noch später in Berlin. Und er beginnt mit der Niederschrift jener dreizehn kurzen Skizzen,<br />

Essays und Erzählungen, in deren Mittelpunkt die Figur des Komponisten Johannes Kreisler steht. Mit<br />

poetischer Sensibilität und skurriler, hintersinniger Fantastik beschreitet Hoffmann hier sehr eigene<br />

literarische Wege. Der Künstler steht im Gegensatz zu seiner philisterhaften Umwelt. In diesem<br />

Spannungsfeld lebte er ja zeit seines Lebens.<br />

Alles kommt in Bamberg zusammen: Musiker, Komponist, Lehrer, Maler, Dichter, Zeichner und seine<br />

musikfeuilletonistische Mitarbeit bei der angesehenen Leipziger »Allgemeinen Musikalischen Zeitung« (als<br />

solcher wird er hier und in anderen Zeitschriften Maßstäbe für Künftiges setzen) - und doch weiß er noch<br />

7


nicht, wofür er eigentlich geschaffen ist. Als nun noch eine unglückliche Liebe zu einer Schülerin und<br />

wachsende Geldnot hinzu kommen, wechselt er zur <strong>Theater</strong>gruppe Joseph Secondas in Leipzig und<br />

Dresden, die Hoffmann als Musikdirektor engagiert. Bereits Anfang 1814 wird Hoffmann nach einem<br />

Zerwürfnis mit Seconda aus dem <strong>Theater</strong> entlassen.<br />

Er beendet die Oper »Undine« nach de la Motte Fouqués (1777-1843) gleichnamigem Märchen, der auch das<br />

Libretto schreibt, zieht nach Berlin, wo er zunächst eine Anstellung als Expedient im Justizministerium<br />

ohne Gehalt annimmt. Eine bezahlte Anstellung am Königlichen Kammergericht erhält er erst Monate<br />

später. Fortan wird er - wie schon in Posen, Plock und Warschau - zwei Leben führen, das des Beamten und<br />

des Künstlers. Dabei hat er seine Pflichten als Justizrat und Richter immer untadelig erfüllt, beispielsweise<br />

bei seinem Eintreten für den verhafteten Turnvater Jahn (1778-1852, BM 1/97).<br />

Der Komponist<br />

In seinem Selbstverständnis sieht er sich als Komponist. Letztlich ist Musik für ihn der Inbegriff der Kunst.<br />

Auch wenn es nicht diese Kunst ist, die ihm den Ruhm der Nachwelt sichert, so gilt Hoffmann doch als der<br />

früheste deutsche Romantiker. Der Komponist und Musikschriftsteller Hoffmann, der Beethoven-<br />

Enthusiast, der als einer der ersten dessen Genie erkennt, bewegt sich als Komponist durchaus im<br />

Traditionellen. Von den gut 46 Lebensjahren des E. T. A. Hoffmann sind es etwa 15 Jahre – die Zeit<br />

zwischen 1799 und 1814 –, in denen er sich mit der Komposition musikalischer Bühnenwerke beschäftigt.<br />

Einige sind überliefert, andere verschollen oder bestanden nur als Plan.<br />

Das erste entstand 1799, das Singspiel in drei Akten »Die Maske«. Es wurde 1923 aufgefunden und zum<br />

ersten Mal teilweise veröffentlicht. 1801 folgte ein Singspiel in vier Akten auf den Text von Johann Wolfgang<br />

von Goethe (1749-1832) »Scherz, List und Rache«, das 1802 in Posen uraufgeführt wurde. 1805 entstand die<br />

Bühnenmusik zu Zacharias Werners (1768-1823) Trauerspiel »Das Kreuz an der Ostsee«. Ein Singspiel in<br />

drei Akten mit dem Text nach Schlegels (1767-1845) Übersetzung von Calderons (1600-1681) Schauspiel<br />

»Die Schärpe und die Blume« schuf Hoffmann unter dem Titel »Liebe und Eifersucht« im Jahre 1807. Es<br />

folgten 1808 das Ballett von Macco »Arlequin« und die Romantische Oper in vier Akten mit dem Text von<br />

Julius von Soden »Der Trank der Unsterblichkeit«. 1809 entstand »Dirna«, ein indisches Melodram, Text<br />

nach einer wahren Begebenheit von Julius von Soden, im gleichen Jahr »Wiedersehen«, Prolog in einem<br />

Akte. 1810 folgte die Bühnenmusik zu Sodens Drama »Julius Sabinus«. Die letzten beiden für Bamberg<br />

komponierten Bühnenwerke sind 1811 »Saul, König von Israel«, Melodram in drei Akten, das am 29. Juni<br />

1811 in Bamberg Premiere hatte, und »Aurora« (1811/12), große romantische Oper in drei Aufzügen mit dem<br />

Text von Franz von Holbein (1779-1855). Hoffmann verwandte hier als einer der ersten in einer romantischen<br />

Oper Leitmotive, ein kompositorisches Mittel, das einige Jahrzehnte später bei Richard Wagner zu einem<br />

seiner Markenzeichen werden sollte. Allerdings kam »Aurora« erst 120 Jahre später, im November 1933, in<br />

Bamberg in einer Bearbeitung von Lukas Böttcher zur Uraufführung.<br />

Den Abschluss seiner Arbeiten für die Musikbühne bildete die Zauberoper in drei Aufzügen »Undine«<br />

(1813/14) mit dem Text von Friedrich de la Motte Fouqué, die am 3. August 1816 im Königlichen<br />

Schauspielhaus Berlin uraufgeführt wurde. (BM 8/93)<br />

Der Inspirator<br />

Mehrfach wurde E. T. A. Hoffmann zum Mittelpunkt künstlerischer Werke. Der Ostpreuße Otto Besch (1885–<br />

1966) schrieb 1920 eine »Ouvertüre E. T. A. Hoffmann«. Jacques Offenbach (1819–1880) machte ihn zum<br />

Helden seiner Meisteroper »Hoffmanns Erzählungen«, wobei er auch auf dessen Erzählungen »Der<br />

Sandmann«, »Die Abenteuer der Silvester- Nacht« und »Klein-Zaches« zurückgriff. Mehrere Komponisten<br />

wählten Stoffe aus Hoffmanns Werken, so Walter Braunfels (1882-1954) in der Oper »Prinzessin Brambilla«,<br />

Ferruccio Busoni (1866–1924) in »Die Brautwahl«. Paul Hindemith (1895-1963) griff 1926 in seiner Oper<br />

»Cardillac« auf »Das Fräulein von Scuderi« zurück, den gleichen Stoff wählte Fried Walter (1907–1996) für<br />

seine Oper »Andreas Wolfius«.<br />

E. T. A. Hoffmanns »Der Kampf der Sänger« ist eine der Quellen für Richard Wagners (1813–1883)<br />

»Tannhäuser oder Der Sängerkrieg auf der Wartburg«, und für »Die Meistersinger von Nürnberg« diente ihm<br />

unter anderem »Meister Martin der Küfner und seine Gesellen« als Vorlage. Robert Schumann (1810-1856)<br />

komponierte – inspiriert von Hoffmannschen Werken – seine Kreisleriana op. 16 und Fantasiestücke op. 12<br />

8


und op. 111 für Klavier. Die Ballette »Coppélia ou La fille aux yeux d'émail« (Paris 1870) von Leó Delibes<br />

(1836–1891) und »Der Nussknacker« (Petersburg 1892) von Peter Iljitsch Tschaikowsky (1840–1893)<br />

entstanden nach Novellen von Hoffmann. Carl Reinecke (1824-1910) und Hans Ferdinand Schaub (1880–<br />

1965) schufen von ihm inspirierte Orchesterwerke und Suiten.<br />

Unter allen Komponisten der Romantik hatte er am scharfsinnigsten über das Wesen der Musik, über ihre<br />

Ästhetik nachgedacht. Gemeinsam mit dem Dichter Wilhelm Heinrich Wackenroder (1773–1798) begleitete<br />

er theoretisch den sich um 1814 vollziehenden Stilwandel in der Musik. Für die Geschichte des Denkens war<br />

Hoffmanns Entwurf einer romantischen Musikästhetik Epoche machend. Hätte er nur komponiert, er bliebe<br />

wohl nur eine Fußnote der Musikgeschichte. Diese gefällige, eher unoriginelle Musik aber stammt von<br />

einem Künstler, der in seltener Universalität großen Einfluss auf die Geistesgeschichte des 19. und 20.<br />

Jahrhunderts genommen hat.<br />

Als E. T. A. Hoffmann am 25. Juni 1822 in Berlin stirbt, beginnt auch die Legendenbildung um seine Person.<br />

von Peter Spahn<br />

Bildquelle: Preußische Bildnisse des 19. Jahrhunderts, Katalog<br />

© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 1/2001 ; www.berlinische-monatsschrift.de<br />

Quelle: http://www.luise-berlin.de/bms/bmstxt01/0101pora.htm<br />

9


3. Romantik<br />

Die Romantiker bilanzieren die Ergebnisse der Aufklärung und der Großen Transformation als Ganzes. Dabei<br />

registrieren sie die zunehmende Fremdbestimmung des Menschen, also das Schwinden der bei den<br />

Aufklärern noch optimistischen Hoffnungen, dass der Mensch künftig sein Schicksal selbst in die Hand<br />

nehmen werde, sich von den Zwängen der Natur lösen könne und eine humane Welt hervorbringen<br />

werde. Die Vernunft des Menschen ist auf eine rein instrumentelle Vernunft regrediert, d.h., Nützlichkeit<br />

und Rentabilität sind als einzige Kriterien verblieben. Dabei gehen jene Ansprüche des Subjekts verloren,<br />

die nicht vollends unter die Logik der instrumentellen Vernunft subsumierbar sind (z.B. Gefühle,<br />

abweichendes, experimentelles Denken und Leben).<br />

Kritisiert wird der im Rahmen der instrumentellen Vernunft flächendeckend vorherrschende<br />

Materialismus: die Natur als Rohstofflager. Auch deren Erforschung dient letztlich nur deren Ausbeutung<br />

und Unterwerfung. Bei einer solchen Sichtweise gehen für die Romantiker die geforderte Einheit von<br />

Mensch und Natur verloren. Das Ziel der Romantiker ist die Synthese des Menschen mit der Natur zur<br />

All-Einheit. Um sie zu erreichen, muss jeder einzelne diese Einheit zuerst für und in sich selbst erfahren.<br />

Der Zugang zur All-Einheit erfolgt über mystische Erfahrungen, die in der Introspektion, d.h. in der<br />

Auseinandersetzung mit den eigenen Träumen und Phantasien, gefunden und gefühlt werden.<br />

Materialismus und zu naive Objektivierungen (=Distanzierungen, die in eine duale Objekt/Subjekt-<br />

Beziehung führen) entfernen den Menschen von diesem Ziel.<br />

In E.T.A Hoffmanns Kunstmärchen „Klein Zaches genannt Zinnober“ werden diese Argumentationen<br />

nochmals durchbuchstabiert, in ihren Extremen und Facetten dargestellt und kritisch hinterfragt<br />

Das Märchen avancierte zu einer der wichtigsten Gattungen der Romantik: neben die aus der mündlichen<br />

Überlieferung gewonnenen und mehr oder weniger bearbeiteten traten nach traditionellen oder exotischen<br />

Motiven erdichtete Märchen oder märchenhafte Erzählungen. Vor allem Wilhelm Hauff hinterließ mit seinem<br />

dreiteiligen „Märchenalmanach auf das Jahr 1826 [–1828] für Söhne und Töchter gebildeter Stände“ ein<br />

umfangreiches Œuvre, aber auch Brentano („Vom braven Kasperl und dem schönen Annerl“, 1817, sowie<br />

„Gockel, Hinkel und Gackeleia“ und „Märchen“), von Arnim („Isabella von Ägypten“, 1812), Friedrich de la<br />

Motte-Fouqué („Undine“, 1811) und Adelbert von Chamisso („Peter Schlemihls wundersame Geschichte“,<br />

1814) bereicherten dieses Genre, dem E. T. A. Hoffmann mit seinen satirischen Kunstmärchen (u. a. „Der<br />

goldene Topf“, 1815, „Nußknacker und Mäusekönig“, „Klein Zaches, genannt Zinnober“, 1819) eine neue<br />

Dimension hinzufügte. Hoffmann, der überdies wichtige musikkritische Schriften hinterließ und dessen<br />

Kompositionen es verdienten, größere Beachtung im Konzertbetrieb zu finden, war eine der beiden<br />

herausragenden Gestalten der Spätromantik. Sein erzählerisches Werk konzentrierte sich auf das<br />

Phantastische und auf das Unerklärliche, Verborgene, Bedrohliche – gewissermaßen als Fortsetzung der urromantischen<br />

Faszination für die Nacht, die ein allgemeines Interesse an paranormalen Phänomenen wie<br />

Magnetismus und Mesmerismus erregt hatte. Mit seinen den Nachtseiten von Mensch und Natur<br />

zugewandten Werken nahm er unter den Romantiker den größten Einfluss auf die außerdeutsche Literatur.<br />

Besonders in Frankreich gab es eine sehr intensive Rezeption seines Werks. Hoffmanns Erzählungen<br />

(„Fantasiestücke in Callots Manier“, 1814–15, der „Nachtstücke“ – darin „Der Sandmann“, 1816, „Das Fräulein<br />

von Scuderi“, 1820, „Lebens-Ansichten des Katers Murr nebst fragmentarischer Biographie des<br />

Kapellmeisters Johannes Kreisler“, 1820–22) und sein Roman „Die Elixiere des Teufels“ (1815–16) bilden<br />

dabei ohne Zweifel einen unübertroffenen Höhepunkt der romantischen Prosa.<br />

10


3.1 Was versteht man unter dem Begriff Kunstmärchen?<br />

Prof. Volkmar Hansen (V.H.): Zunächst einmal ist es das Gegenteil vom sogenannten Volksmärchen. Unter<br />

einem Volksmärchen versteht man phantastische und wundersame Geschichten, die tatsächlich im Volke<br />

weitererzählt worden sind und das über einen ganz langen Zeitraum, meist über Jahrhunderte hinweg. Im<br />

Gegensatz zu diesen anonymen, aus dem Volke kommenden Märchen stammt das Kunstmärchen von<br />

einem bestimmten Autor. In der Literatur der Romantik hat sich unter den Schriftstellern das Bewusstsein<br />

herausgebildet, dass man die Erzählform, die man im Volksmärchen findet, auch dafür verwenden kann, ein<br />

Kunstmärchen zu schaffen, das künstlerische Qualitäten entwickelt und das einem hohen literarischen<br />

Anspruch genügt. Außerdem setzt das Kunstmärchen ganz klar die Schriftlichkeit voraus. Die mündliche<br />

Überlieferung wird dabei nicht mehr erwartet. Diese Tradition wird fortgesetzt durch die Kinder- und<br />

Hausmärchen. Das Kunstmärchen hat diese Tradition nicht, sondern ist konzipiert als schriftliche Form, will<br />

gelesen und vorgelesen werden und benötigt daher auch einen eigenen, sehr hoch entwickelten Erzählstil.<br />

Die Loreley auf dem berühmten Rheinfelsen<br />

Welchen Stellenwert hatte das Kunstmärchen in der Romantik?<br />

V.H.: Man muss das Kunstmärchen immer in einem dialektischen Zusammenhang mit dem Volksmärchen<br />

sehen. Das Volksmärchen ist zu jener Zeit enorm populär. Und darauf baut die Idee auf, neue Erzählungen<br />

und Inhalte, die sich an die breite Masse richten, in Märchenform zu artikulieren und zu transportieren. Das<br />

geht einher mit einem ersten wirklichen Ernstnehmen des Volkes. Man benutzt sehr bewusst die Sprache<br />

des einfachen Bürgers und spricht nicht, wie damals in den elitären Kreisen üblich, in elegantem<br />

Französisch über alle hochkomplexen Probleme. Das Volk und seine Sprache stehen im Mittelpunkt. Man<br />

benutzt märchenhafte Motive. Da können Tiere sprechen, das Wunderbare wird zu etwas ganz Alltäglichem.<br />

Magische Motive werden entwickelt. Denken Sie an die Loreley. Nicht umsonst ist das eine Erfindung des<br />

Romantikers Brentano, die eine große Wirkung gehabt hat. Da wird ein Felsen, der am Rhein steht, zu einem<br />

mythischen Ort gemacht. Man kann das alles als antiaufklärerischen Rückschlag sehen. Die Aufklärung<br />

hatte ja erst einmal mit vielen Dingen des Aberglaubens aufgeräumt. Doch damit ist auch etwas Wichtiges<br />

verloren gegangen. Das eigentliche Erleben einer Welt ist ja nicht nur von Rationalität, sondern auch von<br />

unserer Emotionalität geprägt. Auch religiöse Aspekte erlangen wieder einen hohen Stellenwert im Leben<br />

der Menschen. In diesem Sinne ist die Romantik eine Zeit, die es wieder schafft, den inneren Seelenraum<br />

des Menschen zu bevölkern. Und das Kunstmärchen spielt dabei eine große Rolle. In unserer heutigen, stark<br />

virtuell durch den Computer geprägten Welt kann man erkennen, wie sich dieser Prozess auf ähnliche Weise<br />

wiederholt. Heute haben Zeichentrickfilme auch bei Erwachsenen wieder einen enormen Aufschwung. Da<br />

leben Kinderwelten wieder auf. Oder auch die Science-Fiction- und Fantasy-Storys sind sehr beliebt.<br />

Nehmen Sie den Erfolg der Geschichten um den Zauberlehrling „Harry Potter“. Das sind ja auf ihre Weise<br />

auch alles Märchenwelten.<br />

Wer waren die wichtigsten Märchenautoren der Romantik?<br />

V.H.: Auf jeden Fall sind da Ludwig Tieck (1773 bis 1853) mit dem „Gestiefelten Kater“ als frühes Werk und<br />

später mit „Der blonde Eckbert“ zu nennen, Clemens Brentano (1778 bis 1842) mit der „Geschichte vom<br />

braven Kasperl und dem schönen Annerl“, E.T.A. Hoffmann (1776 bis 1822) mit den „Goldnen Topf“, Wilhelm<br />

Hauff (1802 bis 1827) mit „Kalif Storch“ oder mit „Die Geschichte vom kleinen Muck“. Das sind<br />

Kunstmärchen, die bewusst die Nähe zum Volksmärchen suchen. Man schreibt zwar hohe Kunst, will aber<br />

das Volk damit erreichen. Ein beliebtes Stilmittel ist es, parallel zur wirklichen Welt eine irreale magische<br />

Welt aufzubauen. Da kann also ein ganz normal lebender Mensch gleichzeitig auch in einem Zauberreich<br />

11


eheimatet sein. Auch Doppelgänger werden gerne eingesetzt. Oder man überträgt Dinge aus der<br />

Märchenwelt in die reale Welt, wie zum Beispiel einen gestiefelten Kater, der sprechen kann wie ein Mensch.<br />

Zeitsprünge werden benutzt, also das, was wir heute Zeitreisen oder Rückblenden nennen würden.<br />

Der „Gestiefelte Kater“ ist eines der bekanntesten Kunstmärchen<br />

In den Volksmärchen findet die Geschichte meist ihr gutes Ende. Wie sieht das bei den Kunstmärchen<br />

aus?<br />

V.H.: Bei den Kunstmärchen muss es nicht zwingend ein solches gutes Ende geben. Die Zwangsläufigkeit,<br />

dass im Volksmärchen der Schrecken durch ein „Happy End“ aufgehoben wird, also die glückliche<br />

Auflösung, die es dann ja schließlich auch für Kinder geeignet macht, gibt es so im Kunstmärchen nicht<br />

unbedingt. Kunstmärchen richten sich eben auch nicht an die Kinderwelt, sondern an die Erwachsenen. Und<br />

dadurch ergibt sich kein innerer Zwang zu einem glücklichen Ende. Ein Erwachsener hätte vielleicht auch<br />

gerne ein glückvolles Ende, aber er weiß, dass das nicht immer der Realität entspricht. Er weiß, dass<br />

Geschichten sich durchaus anders entwickeln, ein böses Ende nehmen können. Er hat ein tragisches<br />

Bewusstsein in sich.<br />

Das Kunstmärchen richtet sich speziell an die Erwachsenenwelt und hat einen höheren literarischen<br />

Anspruch als das Volksmärchen. Wie sieht es mit der Moral von der Geschichte aus? Hat das<br />

Kunstmärchen auch einen erzieherischen Wert und einen Lerninhalt, wie man das vom Volksmärchen her<br />

kennt?<br />

V.H.: Das didaktische Element muss es nicht unbedingt haben, aber es kann durchaus vorkommen. Nehmen<br />

wir einmal Andersen, der mit seinen Märchen auch ein Stück deutscher Kulturgeschichte geworden ist. Sein<br />

„Tapferer Zinnsoldat“ kommt am Ende der Geschichte um, und auch als Erwachsene fühlen wir den Schmerz<br />

des Untergangs mit ihm, ziehen daraus die Lehre des Mitgefühls und der Anteilnahme. Die Emotionalität, die<br />

sehr oft im Volksmärchen zu erkennen ist, die kann auch durchaus im Kunstmärchen auftauchen.<br />

Figuren aus Wilhelm Hauffs „Kalif Storch“<br />

Wie würden Sie als Literaturprofessor die Kunstmärchen einschätzen? Wie literarisch wertvoll sind sie?<br />

V.H.: Sie können hohe Kunstliteratur sein. Ein gutes Beispiel ist dafür E.T.A. Hoffmann mit seinen<br />

„Serapionsbrüdern“ (1819 bis 1821). Das ist eine Sammlung, die beinhaltet eine ganze Reihe von großartigen<br />

Erzählungen. Es gibt absolut keinen Grund, warum wir die Kunstmärchen eines Autors mit anderen Augen<br />

lesen müssten als seine Romane oder Gedichte. Auch Brentano fällt mir da ein. Sein „Gockel, Hinkel und<br />

Gackeleia“ (1838) ist durchaus lesenswert. Die Autoren wollten eine andere und besondere Atmosphäre<br />

schaffen und haben dazu die Kunstmärchen benutzt. Die Verfasser von Kunstmärchen entsprachen der<br />

Absolutheit des Kunstanspruchs, so dass wir die Idee der „L’art pour l’art“ letztlich schon in der Romantik<br />

nachweisen können.<br />

Quelle: http://www.planet-wissen.de/kultur_medien/literatur/literatur_der_romantik/interview_maerchen.jsp<br />

12


4. Poetologische Strategien in E.T.A. Hoffmanns Werk<br />

4.1 Die unheimliche Erzähltechnik<br />

An affair with isolation in a blackheath cell,<br />

Extinguishing the fires in my private hell,<br />

Provoking the heartache to renew the licence<br />

Of a bleeding heart poet in a fragile capsule<br />

Propping up the crust of the glitter conscience<br />

Wrapped in the christening shawl of a hangover,<br />

Baptised in the tears from the real<br />

Fish<br />

Der vieldeutig seine eigene Schaffensweise reflektierende Autor E. T. A. Hoffmann bietet einem bezüglich<br />

des Unheimlichen in seiner Dichtung reiche Anlaufstellen in den je einen Teil des Zyklus der „Nachtstücke“<br />

eröffnenden Erzählungen „Der Sandmann“ und „Das öde Haus“. Dort ‚verlangt’ Hoffmann von seinen Lesern<br />

sich medias in res mit dem ‚Wunderlichen’ und dem ‚Wunderbaren’ auseinander zu setzen. In seiner Manier<br />

geschieht dies nicht über Aussagen, die ihm als Autor, zumindest nicht unvorbehalten, selbst zuzuschreiben<br />

sind, sondern in einem fiktiven Gespräch dreier Freunde, ähnlich derer in seinem weiteren Erzählzyklus „Die<br />

Serapionsbrüder“ (1819–21). In dieser Arbeit soll sich für einmal nicht über bestehende literaturtheoretische<br />

Ansätze zum Unheimlichen oder Fantastischen Hoffmanns Erzählungen genähert werden. Denn einerseits<br />

lässt sich der eigenwillige Schreiber kaum in einen theoretisch vereindeutigenden Rahmen zwängen und<br />

andererseits hat er selbst in den Rahmengesprächen der Erzählzyklen der „Nachtstücke“ und der<br />

„Serapionsbrüder“ soviel an aussagekräftigem, theoretischem und poetologischem Material verfasst, dass<br />

unbedingt von diesem ausgegangen werden sollte: Es gilt, dass Hoffmann in der Regel sich „selbst besser<br />

gelesen hat als ein Grossteil seiner späteren Exegeten.“ 17 Typisch für besagte Rahmengespräche ist, dass<br />

man als Leser an keiner Stelle, etwa von einem auktorialen Erzähler, eine festigende Beurteilung des<br />

Gesagten oder eine vereindeutigende Stellungnahme zu den Meinungen der fiktiven Charakteren erhält. 18<br />

Vielmehr bewirken die teilweise gegenläufigen Aussagen bewusst eine Beschäftigung des Lesers mit den<br />

Diskursen der Beteiligten – gleichzeitig und in derselben Weise bewusst – jedoch auch ein Offenlassen des<br />

Themenkreises, weil Hoffmann, den idealen Leser im Blick, diesen einerseits für das Wunderliche und<br />

Wunderbare einstimmen und vorprägen, ihn andererseits verwirren und ihm die Brüchigkeit einer<br />

festgesetzten Wahrnehmung der Wirklichkeit aufzeigen möchte. 19 Ohne auch nur die Namen oder die<br />

Situation der drei beisammen sitzenden Freunde Lelio, Franz und Theodor zu erfahren 20 , heisst es gleich zu<br />

Beginn des Rahmengesprächs im „Öden Haus“: „Man war darüber einig, dass die wirklichen Erscheinungen<br />

im Leben oft viel wunderbarer sich gestalteten, als alles, was die regste Fantasie zu erfinden trachte.“ (159) 21<br />

Dieser „nicht zu vernachlässigende Grundstock des Erzählens“ 22 enthält bereits diejenigen Begriffe und<br />

Konzepte, die das gesamte Werk Hoffmanns durchziehen und um die sich „Das öde Haus“ und „Der<br />

Sandmann“ mehr noch als alle anderen „Nachtstücke“ drehen: Wirklichkeit, Erfindung, Fantasie,<br />

Erscheinung, Gestaltung und das Wunderbare. Wichtig erscheint mir hier nicht ihre Deutung, die von der<br />

Forschung hinlänglich vorgenommen wurde. 23 Herauszustellen ist ihr unentwirrbares Nebeneinander, in dem<br />

sie jeweils im Text auftauchen. Von besonderer Eindringlichkeit geschieht dies im ersten Satz der ersten<br />

Leseranrede im „Sandmann“: „Seltsamer und wunderlicher kann nichts erfunden werden, als dasjenige ist,<br />

was sich mit meinem armen Freunde, dem jungen Studenten Nathanael zugetragen, und was ich Dir,<br />

günstiger Leser! zu erzählen unternommen.“ (21) Das äußerst dichte Textgewebe um die Antinomie von<br />

Erfindung und Wirklichkeit muss ganz genau gelesen werden: Es stammt von einem scheinbar auktorialen<br />

‚allwissenden’ Erzähler, der durch seine freundschaftliche Bekanntschaft mit Nathanael und dem Wissen,<br />

was diesem tatsächlich geschehen ist, die Authentizität und Wahrhaftigkeit des Erzählten vorgibt, dieses<br />

aber gleichzeitig als seltsam, wunderlich und gar als erfunden bezeichnet – dass dies die Erzählung<br />

schließlich ist, muss man im Hinterkopf behalten: Die Erfindung des, vielleicht mehr als jeder andere mit<br />

Herausgeberfiktion spielenden Autors E. T. A. Hoffmann. Dieser lasse in der zitierten Leseranrede, so<br />

Schmidt, „das Verhältnis des Wunderbaren/Wunderlichen seines Textes zur Wirklichkeit oder zur Phantasie<br />

bewusst in der Schwebe“. 24 Dieses In-der-Schwebe-Lassen hat für den Leser eine überaus verunsichernde<br />

13


Wirkung zur Folge: „Die Ambiguität des Erzählers gegenüber dem Realitätsgehalt seines Textes reflektiert<br />

und potenziert die Unsicherheit des Lesers gegenüber dem Realitätsgehalt von Nathanaels Weltsicht.“ 25<br />

Der Leser beider Erzählungen wird demnach schon zu Beginn „geneigt gemacht, das Wunderbare in<br />

der Phantasie/Dichtung als eine nicht von vornherein zu verwerfende Aussage über die Wirklichkeit zu<br />

akzeptieren.“ 26 Er bereitet sich darauf vor, dass es im Folgenden um die adäquate Wahrnehmung von<br />

Wirklichkeit, Fantasie und Wunderbarem geht, erwartet hierüber jedoch weitere Klärung. Im<br />

Rahmengespräch zum „Öden Haus“ ergreift Lelio das Wort; mit seiner Äußerung über die Fadheit<br />

historischer Romane wird klar, dass die Freunde neben erkenntnistheoretischen Problemen auch<br />

poetologische diskutieren. Doch die Freunde werden zunehmend uneins und jeder der drei formuliert eine<br />

andere Sicht des Wunderbaren. Franz unterbricht Lelio, der argumentiert, dass dem Menschen die<br />

Erkenntnis in Geheimnisse seit dem Sündenfall abgehe, und beruft sich auf die „Sehergabe, das<br />

Wunderbare zu schauen“ einiger weniger Menschen, die mit dem sechsten, vom „Anatom Spalanzani“<br />

entdeckten Sinn der Fledermäuse vergleichbar, „viel mehr ausrichtet, als alle übrige Sinne<br />

zusammengenommen“. 27 Merkwürdigerweise wird die Rede durch einen Lacher Franzens („„Ho ho“, rief<br />

Franz lachend“) unterbrochen, obwohl er ja gerade das Wort hatte. Möglicherweise ein Versehen Hoffmanns,<br />

lässt sich dies jedenfalls, worauf auch Kaiser hinweist 28 , nicht mehr eindeutig korrigieren; die Unsicherheit<br />

darüber, welche von wem geäußerte Meinung nun für die Erzählung entscheidend ist, bleibt vorhanden –<br />

sofern die Textgestalt belassen wird. Der erwähnte sechste Sinn, so fährt Franz weiter fort, ermögliche es<br />

seinen Inhabern, er spricht unter anderem von „Somnambulen“ (159), gleich das „Exzentrische“ zu sehen,<br />

für das es im „gewöhnlichen Leben keine Gleichung“ gäbe und es deshalb „wunderbar“ genannt würde. Er<br />

kenne jemanden, dem diese Sehergabe besonders gegeben sei und charakterisiert diesen wie folgt:<br />

„Daher kommt es, dass er oft unbekannten Menschen, die irgend etwas Verwunderliches in Gang, Kleidung,<br />

Ton, Blick haben, tagelang nachläuft, dass er über eine Begebenheit, über eine Tat, leicht hin erzählt, keiner<br />

Beachtung wert und von niemanden beachtet, tiefsinnig wird, dass er antipodische Dinge zusammenstellt<br />

und Beziehungen heraus fantasiert, an die niemand denkt.“ (160) Gemeint ist hiermit der letzte im Bunde,<br />

Theodor. 29 In seinem Charakterzug sieht Deterding den „ganze[n] poetische[n] Prozess des Grotesken“<br />

Hoffmannscher Art, mit „Inhalt“, „Entstehung“ und „Erzählweise“. 30 Deshalb muss das ‚Herausfantasieren’<br />

aus Alltäglichem durchaus mit der darin anklingenden Ironie gelesen werden, denn dahinter verbirgt sich<br />

eine zentrale Schaffensweise Hoffmanns, auf die man bereits in den „Fantasiestücken“, im einleitenden<br />

Essay „Jaques Callot“ trifft: Jaques Callot (1592–1635), auf dessen manieristische Produktion von Kunst sich<br />

Hoffmann, das eigene Verfahren rechtfertigend, beruft, nimmt seine Figuren „aus dem Leben“ und verleiht<br />

ihnen eine „lebensvolle Physiognomie ganz eigener Art“, sodass sie wie „etwas fremdartig Bekanntes“<br />

erscheinen. 31 So seien Callots monochrome Radierungen, seine „aus den heterogensten Elementen<br />

geschaffenen Kompositionen“, letztlich „nur Reflexe aller der fantastischen wunderlichen Erscheinungen,<br />

die der Zauber seiner überregen Fantasie hervorrief.“ (I,1,9). Nach Hillebrand, die sich mit Erzählstrategien<br />

der Verwirrung beschäftigt, lenke Hoffmann schon in jenem Essay „in einem geschickten Kunstgriff [...] das<br />

Interesse des Lesers auf das eigene, groteske Erzählen“ und formuliere hier sein „Programm der<br />

Komposition heterogener Teile zu einem Ganzen“. Dieses Programm sei „gerade dazu angetan [...] den „Blick<br />

zu verwirren“ [...] Gemeint ist der Blick des Lesers.“ Denn nirgends würde der Leser dieses ‚Ganze’ erkennen<br />

können, weil er „vom Erzähler durch ständige Sprünge zwischen verschiedenen Realitätsebenen derart<br />

genarrt [wird], dass eine Orientierung in einer paradox erscheinenden fiktiven Welt schwer fällt.“ 32 Dem<br />

Grotesken ist per definitionem etwas Heterogenes, Ambivalentes inhärent, denn der Begriff ging aus<br />

bildlichen Mischdarstellungen von Mensch und Tier hervor: „Das Groteske ist vor allem Mischung, Amalgam,<br />

Heterogenität, Hybridität und oszilliert zwischen Lachen und Furcht, Leben und Tod, Überfluss und Kargheit,<br />

Üppigkeit und Dürre.“ 33 Das Groteske weckt ein Lachen – aber jenes, das uns verunsichert, im Halse stecken<br />

bleiben will und dessen Reiz etwas Unheimliches, Dämonisches anhaftet. 34 [...] Im Rahmengespräch zum<br />

„Öden Haus“ steht somit (letztlich) ein Autor hinter den Figuren, der seine Schaffensweise in deren Munde<br />

ironisierend reflektiert und auf das ihr inhärente Unheimliche und Groteske hinweist, seine Identität aber<br />

nicht preisgibt und das eigene Erzählen irritierenderweise sogar kritisiert. Eine Technik, die in den<br />

14


„Serapionsbrüdern“ noch klarer als in den „Nachtstücken“ zu Tage tritt: „Es ist interessant, wie Hoffmann,<br />

indem er in den Gesprächen der Serapionsbrüder immer wieder seine eigenen Kritiker fingiert, die Fäden, die<br />

so schon sehr komplex sind, natürlich nur noch mehr verwirrt und diesen heterogenen Gebilden [gemeint<br />

sind die eigentlichen Geschichten, die sich die Serapionsbrüder schildern] noch einige heterogene Elemente<br />

hinzufügt, denn wie soll man ein Werk eindeutig auf eine Bedeutung, einen Sinn festlegen, wenn dessen<br />

Autor die kritischen Argumente immer schon mitliefert. Auf wessen Seite steht er?“ 35 So lautet die Frage<br />

Mombergers – sie bleibt unbeantwortet. Seine Arbeit zeigt an Hoffmanns Schreibweise und Sprache dessen<br />

‚Sich-Wegschreiben’ von der Romantik und Hoffmanns Rolle als Wegbereiter der Moderne. Momberger<br />

beschäftigt sich deshalb zwangsläufig mit der Genese und dem Einsatz des Phantastischen und<br />

Unheimlichen. Er verfolgt die poetischen Mittel, die Hoffmann als Schreiber einsetzt, um die besagte<br />

unentscheidbare, in der Schwebe bleibende Ambivalenz seiner Texte zu erreichen. Aufschlussreiche<br />

Informationen erhalte man dabei aus der an „Nussknacker und Mäusekönig“ anknüpfenden Diskussion der<br />

Serapionsbrüder. Theodor wirft dort ein, dass das von Lothar vorgetragene Märchen einer Fieberfantasie<br />

gleiche: „dass dir ein tüchtiges Fieber zu Hülfe gekommen sein müsse“. 36 Lothar entgegnet, er würde<br />

„wehmütig versichern, dass es dem armen Autor gar wenig helfe, wenn ihm wie im wirren Traum allerlei<br />

Fantastisches aufgehe, sondern dass dergleichen, ohne dass es der ordnende richtende Verstand wohl<br />

erwäge, durcharbeite, und den Faden zierlich und fest daraus erst spinne, ganz und gar nicht zu brauchen.<br />

Zu keinem andern Werk würd’ ich ferner sagen, gehöre mehr ein klares, ruhiges Gemüt, als zu einem<br />

solchen, das wie in regelloser spielender Willkür von allen Seiten ins Blaue hinausblitzend, doch einen<br />

festen Kern in sich tragen solle und müsse.“ (II,6,250)<br />

Hier taucht „plötzlich der Verstandesmensch auf, der seine Mittel und Techniken rational prüft, um<br />

den gewünschten Effekt zu erzielen“. Hoffmann nehme damit bereits Gedanken Edgar Allan Poes zur<br />

Textproduktion, beispielsweise die „der rationalen Beherrschung der literarischen Mittel“ und -<br />

entgegen dem schöpferischen Genie der Romantik - den „quasi verweltlichten Autor als Textproduzenten“<br />

vorweg, was für die Schreibweise und die Texte der Moderne so wichtig geworden sei. 37 Hoffmanns Texte<br />

bilden „kein kontinuierlich-harmonisches Ganzes“ mehr, sie „bestehen aus Blöcken, unterschiedlichen<br />

Textsorten und Schreibweisen, verschiedenen Erzählebenen, die auf komplexe Weise sich verbinden und<br />

kreuzen.“ 38 In den Erzähltexten, vornehmlich in den Märchen, unterscheidet Momberger dann „wenigstens<br />

vier Textebenen“: „Zunächst die realistische Ebene, die der Geheimräte, der Konrektoren, kurz: der<br />

philisterhaften bürgerlichen Gesellschaft seiner Zeit; dem steht die mythische Ebene gegenüber, Atlantis,<br />

Urdarbrunnen, auf der der Archivarius Lindhorst der Salamander Phosphorus ist; davon zu unterscheiden ist<br />

die eigentlich phantastische Ebene des Erzählvorgangs, die sich im Schnittpunkt der beiden anderen findet<br />

und auf der das „durchaus Fantastische ins gewöhnliche Leben“ hineinspielt: sie ist die wichtigste Ebene<br />

der Texte, weil sie die der phantastischen Effekte ist, wo die Identitäten der beiden anderen sich auflösen;<br />

schliesslich findet sich noch die Ebene des Erzählvorgangs selbst, auf der der Akt des Schreibens als<br />

textueller Prozess thematisiert wird.“ 39<br />

Entscheidend für die „Nachtstücke“ ist nun, dass, obwohl es sich nicht um Märchen handelt, sie sich<br />

trotzdem hier situieren lassen: Nebst der genannten Ebene des Erzählvorgangs mit dem<br />

Rahmengespräch beziehungsweise der Leseranrede, beginnen sie meist auf der realistischen Ebene, in der<br />

Residenzstadt ***n im „Öden Haus“ und in Nathanaels gutbürgerlichem Heimathaus der Stadt S. im<br />

„Sandmann“. Diese Ebene wechselt zwar im Verlauf der Geschehnisse nicht auf eine ganz und gar<br />

mythische, wird aber doch von ähnlich wunderbar anmutenden Elementen infiltriert: Einem<br />

wiedergängerischen (dem Ammenmärchen und seinem Namen nach auch mythisch konnotierten)<br />

Sandmann beziehungsweise Coppelius/Coppola und sich belebenden Abbildern des Lebendigen, das<br />

Automat Olimpia und das Gemälde Edwines/Emdondes. All das wird wiederum von der<br />

‚prosaischbürgerlichen’ Perspektive verworfen, negiert und für unsinnig erklärt (Claras Brief und Siegmunds<br />

Meinung im „Sandmann“, die ernüchternden Kommentare Graf P.’s und Doktor K.’s im „Öden Haus“). Ist der<br />

Alltag von Fantastischem durchdrungen oder wird er selbst fantastisch? Kreuzung der Sinnebenen, kein<br />

Nebeneinander einer „Logik des ‚entweder-oder’“, sondern ein Ineinanderfliessen einer „Strategie des<br />

15


‚sowohl – als auch’“, sorgt in einer rationalen „Verwendung der Phantastik“ dafür, dass „die ratio sich gegen<br />

sich selbst kehrt“. 40<br />

Zur selben Disjunktion gelangt Falkenberg, indem er die Rolle der Unsicherheit bei der Begegnung mit<br />

einem unheimlichen Phänomen betont. Das Auftreten von Unsicherheit im Zusammenhang mit dem<br />

Unheimlichen hat vor Freud bereits Ernst Jentsch in seinem Aufsatz „Zur Psychologie des Unheimlichen“<br />

(1906) festgestellt.41 Nach Falkenberg lege Jentsch den Fokus auf die desorientierenden Aspekte des<br />

Unheimlichen; Auslöser des unheimlichen Gefühls sei eine „cognitive uncertainty“, eine Art instinktive<br />

Unsicherheit, weshalb das Unheimliche durchaus etwas Altbekanntes oder Vertrautes sein könne, im ersten<br />

Moment der Begegnung jedoch nicht als solches erkannt werde. Freud hingegen situiert das Unheimliche<br />

mehr in der Vergangenheit, dort wo die Verdrängung passiert. Nur geht das Unheimliche nicht immer auf ein<br />

Verdrängtes zurück und vor allem würde man im Moment des unheimlichen Gefühls nicht das Verdrängte<br />

aktualisieren. Wirksam sei erstmal die bedrohende Präsenz des Unheimlichen, die verunsichert und<br />

desorientiert. 42 Eine ähnliche Desorientierung und kognitive Unsicherheit seitens des Lesers manifestiere<br />

sich in den fiktionalen Realitäten romantischer Texte, die, strukturell ähnlich einer optischen Täuschung, der<br />

die logische Disjunktion eines ‚sowohl – als auch’ zu Grunde liegt, paradoxe Ambiguitäten generieren<br />

würden, die zu einem unheimlichen Leseerlebnis führen. 43 Ein solches Leseerlebnis ist von verunsichernder<br />

Ambivalenz geprägt und gleicht der Begegnung Nathanaels mit dem an sich ambivalenten, lebendigtoten<br />

Automat Olimpia. Die Erzählstrategie der Verunsicherung hat bei Hoffmann konsequenterweise zur Folge,<br />

„das durchaus Fantastische ins gewöhnliche hineinzuspielen und ernsthaften Leuten, Obergerichtsräthen,<br />

Archivarien und Studenten tolle Zauberkappen überzuwerfen, dass sie wie fabelhafte Spukgeister am hellen<br />

lichten Tage durch die lebhaftesten Strassen der bekanntesten Städte schleichen und man irre werden kann<br />

an jedem ehrlichen Nachbar“ (II,6,250), wie es der Serapionsbruder Cyprian im Anschluss an das Märchen<br />

„Nussknacker und Mäusekönig“ treffend zur Sprache bringt. Nach Momberger ist somit mindestens ein –<br />

wenn auch nicht einziges – klar formuliertes Ziel des Fantastischen „die Fiktionen des alltäglichen<br />

Lebenszusammenhangs zu zerreissen und neu zusammenzusetzen, so dass ihre Brüchigkeit, ihre<br />

Falschheit erkannt wird. Eine […] Technik des Verfremdens und Verstörens“. 44 Hierin unterscheide sich<br />

Hoffmann von einem Grossteil der fantastischer Literatur von „Tieck über Nerval bis zu Lovecraft“. In der<br />

fantastischen Literatur gehe es normalerweise darum, „etwas Unmögliches, Phantastisches, Unheimliches,<br />

Übersinnliches so darzustellen, dass der Leser wenigstens bis zu einem gewissen Punkt der Erzählung,<br />

bereit ist, dem unmöglichen Ereignis eine mögliche Existenz zuzugestehen.“ Hierfür bedürfe es der „Mittel<br />

realistischen Erzählens“, einer „fingierten Kausalität“, die die unmöglichen Welten möglich erscheinen<br />

lasse. Diese Schreibweise etabliere sich deshalb aber gerade auf der Ebene der Beziehung zwischen<br />

Zeichen und Referenz: „sie fingiert Referenz wo keine sein kann“. 45 Hoffmanns Schreibweise hingegen gehe<br />

hierüber hinaus und würde „die Einheit des Zeichens selbst“ angreifen, „Signifikant und Signifikat“<br />

auseinander reißen. Dies erreiche er einerseits mit der Technik der „Verschiebung“, mit der beispielsweise<br />

ein vorerst im realistischen Code begonnenes Diskurssystem plötzlich zum mythischen Code und wieder<br />

zurück verschoben wird. 46 Diese tritt somit häufiger in den Märchen auf. Andererseits setzte Hoffmann die<br />

Technik der „Verdichtung“ ein, welcher man auch in den „Nachtstücken“ begegnen kann. Bei diesem<br />

sprachlichen Mittel bestehe, ähnlich wie bei einer Metapher, aber mit gegenteiligem Effekt, eine<br />

„Ähnlichkeitsbeziehung […] zwischen Signifikanten, die einander auf der Ebene des Signifikats nicht<br />

entsprechen“. 47 Ganz ähnlich fasst dies Pollet, der den Wort- und Bildsinn in den „Nachtstücken“ untersucht.<br />

„Die Vergegenständlichung eines übertragenen Sinnes durch seine Verwörtlichung“ sei „ein wesentliches<br />

Mittel der phantastischen Schreibweise“, welches denselben Effekt hat, wie ihn Momberger beschreibt:<br />

Die Verdichtung einer Metapher. Dazu müsse sich die Verwörtlichung „in das Gleiten der Rede in die<br />

Erzählung“ einschreiben, „die es dem Leser im Prinzip verbietet, sich seinerseits auf eine allegorische<br />

Interpretation zurückzuziehen.“ 48 Mit nochmals anderen Worten umschreibt dies Werber: „Die Lust am<br />

Unheimlichen basiert auf der permanenten Ambivalenz des Bezuges auf das „wörtlich“ oder „uneigentlich“<br />

Gesagte der Erzählungen.“ 49 Im Gegensatz zu Momberger und Werber führt Pollet jedoch auch den<br />

gegenteiligen Prozess an: „einen wörtlichen Gebrauch, der sich verflüchtigt oder ausser Kraft setzt – nennen<br />

16


wir das, mangels einer besseren Bezeichnung, „eine Entwirklichung“ (déréalisation).“ 50 Das Spezielle an den<br />

hoffmannschen „Nachtstücken“ sei, „dass der Prozess der Verbuchstäblichung, der in Szene gesetzt wird,<br />

niemals eindeutig ist. Er öffnet eine unaufhebbare und sich vertiefende Bresche, einen Riss in die<br />

geschlossene Einheit des Sprachsystems.“ 51 Zum selben Resultat gelangt schließlich auch Momberger: Der<br />

Sinn einer fantastischen Erzählung Hoffmanns ist immer schon von einer Differenz gezeichnet, die zu einer<br />

„irreduziblen Ambiguität des phantastischen Diskurses führt.“ 52 Diese irreduzible Ambiguität könne soweit<br />

gehen, dass „jedes Ereignis, jede Person, jedes Zeichen“ sich verdoppelt, sich aufspaltet, einen<br />

Doppelgänger erhält und zuletzt „die angenommene Realität selbst als ein Imaginäres“ erscheint und<br />

gleichzeitig „die Normalität der bürgerlichen Welt [...] zur Phantasmagorie“ wird. 53 An diesem Punkt hätte<br />

beispielsweise Freud mit seinem Aufsatz und dem ersten, die Etymologie von ‚unheimlich’ minitiös<br />

verfolgenden Teil ansetzen können. Nach der Wiedergabe von Wörterbucheinträgen zu ‚heimlich’ und<br />

‚unheimlich’ kommt Freud zum Schluss: „Also heimlich ist ein Wort, das seine Bedeutung nach einer<br />

Ambivalenz hin entwickelt, bis es endlich mit seinem Gegensatz unheimlich zusammenfällt. Unheimlich ist<br />

irgendwie eine Art von heimlich.“ 54 Mit dieser Ambivalenz hätte die bei E. T. A. Hoffmann oft auftretende,<br />

wechselseitige (!) Durchdringung des ‚Heimisch-Vertrauten’ mit dem ‚Unheimlich-Fremden’ und der damit<br />

zusammenhängenden Verunsicherung adäquater umschrieben werden können, statt wie Freud im zweiten<br />

Teil eine „Sandmann“-Analyse mit strikt psychoanalytischen Erklärungsmustern vorzunehmen. 55 Allerdings<br />

dürfte unter diesen Voraussetzungen dann das Böse, so Köhn, nicht mit dem „Nur-Alltäglichen“<br />

gleichgesetzt werden, „denn die entscheidende Folge der generellen Ambivalenz muss ja sein, dass Gut und<br />

Böse austauschbar werden und dieselben Phänomene verschiedene Bewertungen erfahren können“ 56 , was<br />

schließlich zur Folge hat, dass man als Autor einerseits in einem Archivarius Gespenstisches erblicken<br />

können und die imaginative Kraft besitzen muss, diesem eine Zauberkappe überzustülpen sowie<br />

andererseits sich nicht davor scheuen darf, das Mythische eines allwissenden mächtigen Zauberers an die<br />

Gestalt eines Archivarius zu binden und diese auf alltäglichen Straßen umhergehen zu lassen – wie<br />

Hoffmann es meisterhaft in seinem mit ‚Märchen aus der neuen Zeit’ untertitelten „Goldenen Topf“<br />

durchgeführt hat. Selbst Franz Fühmann, der das Schauerliche bei Hoffmann hauptsächlich von dessen<br />

zeitgenössischen Lebenswirklichkeit, beispielsweise also von den für die damalige Bevölkerung tatsächlich<br />

beängstigend eintretenden Ereignisse der Kriegswirren um Napoleon, der beginnenden Arbeitsteilung und<br />

Spezialisierung, dem allmächtig gewordenen Geld, das sogar Grund und Boden käuflich werden ließ und<br />

dem Bau erster Dampflokomotiven abhängig macht 57 , anerkennt die besagte Ambivalenz in den<br />

Hoffmannschen Erzählungen; hier am Beispiel von „Rath Krespel“, wo am Schluss unklar bleibt, ob der Tod<br />

Antonies durch ihr Singen verursacht wurde oder nicht: „Es ist schon alles in Ordnung, das heisst:<br />

unentschieden, und jedem bleibt die Wahl seiner Lesart frei; allerdings wird er durch sie auch festgelegt.<br />

Eben diese Unbestimmtheit, dieses Offensein mehrerer Möglichkeiten gehört zum Einzigartigen von<br />

Hoffmanns Kunst; es ist dies eine seiner Methoden, um die Gespenstischkeit eines Alltags zu fassen, der<br />

von mehreren Wertsystemen bestimmt ist, seine Mehrdeutigkeit, sein Doppelwesen, kurzum: seine<br />

Widersprüchlichkeit. Wir begegnen diesem Zug bei Hoffmann immer wieder [...].“ 58 In dieser Arbeit soll nicht<br />

über die ohnehin nicht mehr abzusteckende Tragweite des Einflusses der Lebensumstände auf den „von<br />

jeder patriotischen Exaltiertheit“ und „jeder dogmatischen Bindung“ 59 freie Autor Hoffmann spekuliert,<br />

sondern festgehalten werden, dass seine fantastische und unheimliche Schreibweise ein bedrohliches<br />

Eigenleben entwickeln kann, das einem realen Automat, sei es nun ein redender Türke oder eine<br />

Dampfmaschine, gleicht, aber ‚nur’ im Rahmen von Literatur wirken und die besagten Widersprüche<br />

etablieren kann. 60 Mayer ist eine weitere Autorin, die gegen vereindeutigende Interpretationen von<br />

Hoffmanns Werken einwendet, „dass die Verleugnung jeder Ambivalenz Hoffmanns eigenen theoretischen<br />

Überlegungen zum Thema des Unheimlichen direkt zuwiderläuft“. 61 Im Folgenden verweist sie auf eine<br />

weitere, im Bezug auf das Unheimliche wenig beachtete Stelle in den „Serapionsbrüdern“, die Diskussion<br />

von Cyprian, Lothar, Ottmar und Theodor im Anschluss an die kleine „Spukgeschichte“, die Cyprian erzählt<br />

hat. Ottmar gibt dort Folgendes zu bedenken: „Nun ist aber die Geschichte mit dem Teller so ohne alle<br />

Staffierung gewöhnlicher Spukgeschichten, selbst die Stunde allem spukischen Herkommen entgegen, und<br />

17


das Ganze so ungesucht, so einfach, dass gerade in der Wahrscheinlichkeit, die das Unwahrscheinlichste<br />

dadurch erhält, für mich das Grauenhafte liegt.“ (III,7,73) 62 Tatsächlich verhält es sich mit Hoffmanns<br />

unheimlichen Erzählungen oftmals so, dass sie mit ihrer Entfaltung mitten in der Wirklichkeit, am helllichten<br />

Tag und mitten in gut situierter Bürgerlichkeit, also ganz ohne gewohnte schauergeschichtliche Elemente, in<br />

ihrer Nähe zum Wahrscheinlichen, das Unwahrscheinliche mal allmählich, mal plötzlich einfließt und das<br />

Wahrscheinliche somit ins Erschreckende und Grauenhafte – und dieses wechselseitig wieder<br />

zurückgewendet wird: In den „Nachtstücken“ regiert nach Miller das Paradox, „das Überwirkliche“ ergebe<br />

sich „nur als eine punktuelle Verzerrung des Wirklichen“, als eine „fragmentarisch[e],<br />

unzusammenhängend[e] und schädlich[e]“. Diese durch die Erfahrung mit dem Fantastischen „verstreuten<br />

Bruchstücke“ füge Hoffmann hingegen im Märchen „zu einem geschlossenen System einer zweiten<br />

Wirklichkeit zusammen [...] und hebt so den Schrecken und die Verstörung auf, die in seinen anderen<br />

Erzählungen von der Phantasmagorie ausgehen.“ 63 Die vier Freunde seien nach der „Spukgeschichte“, so<br />

Mayer weiter, am Ende ihres Gesprächs darüber einig, dass „die unheimlichste Wirkung“ direkt dem<br />

„schlechthin Unerklärlichen“ entspringe. Denn das Unerklärliche provoziere gerade das „Gefühl der<br />

gänzlichen hülflosesten Ohmacht“ (III,7,73), von dem Theodor spricht, weil es „die Brüchigkeit des Weltbildes<br />

durchscheinen lässt, das sich der Mensch zurechtbastelt.“ 64 In diesem Sinne ist das Hoffmannsche<br />

Unheimliche nicht ein Einbrechen von Übernatürlichem in die Realität. Vielmehr ist es in der Realität latent<br />

anwesend und kann sich ‚allein’ mit einem Blick durch ein optisches Instrument, einem Betrachten eines<br />

Bildes oder einer Begegnung mit einer sich grotesk ausnehmenden Person offenbaren – die bisherige<br />

Sichtweise der Welt wird ver-rückt, die Perspektive eine fremde, bisher ungesehene, aber immer schon da<br />

gewesene; wird sie verschoben, fällt der vermeintlich mit beiden Füßen auf dem Boden stehende Mensch<br />

aus allen Wolken – hinein in Unsicherheit und Desorientierung. […] Zu der unauflösbaren, verstörenden<br />

Ambiguität der Texte und der Leserverunsicherung trägt, wie oben mit Momberger angedeutet, die Ebene<br />

des Erzählvorgangs, also diejenige auf der der Schreibakt selbst thematisiert wird, entscheidend bei.<br />

Besonders ist dies am Erzähler des „Sandmanns“ ersichtlich, der sich nach der Wiedergabe der zwei Briefe<br />

Nathanaels und des einen von Clara in den Text einschaltet und vorgibt, ein Freund Nathanaels zu sein. Von<br />

der Geschichte habe er durch die drei Briefe erfahren, „welche Freund Lothar [ihm] gütigst mitteilte“ (23). Der<br />

Erzähler ist also zusätzlich noch ein Freund Lothars, dieser muss die Briefe aufbewahrt und sie ihm<br />

übergeben haben. Im Weiteren berichtet der Erzähler ‚ganz pragmatisch’ von den Schwierigkeiten, die sich<br />

ihm am Beginn des Schreibprozesses gestellt haben: „So trieb es mich denn gar gewaltig, von Nathanaels<br />

verhängnisvollem Leben zu Dir zu sprechen. Das Wunderbare, Seltsame davon erfüllte meine ganze Seele,<br />

aber eben deshalb und weil ich Dich, o mein Leser! gleich geneigt machen musste, Wunderliches zu<br />

ertragen, welches nichts Geringes ist, quälte ich mich ab, Nathanaels Geschichte, bedeutend – originell,<br />

ergreifend, anzufangen: „Es war einmal“ - der schönste Anfang jeder Erzählung, zu nüchtern! – „In der<br />

Provinzial-Stadt S. lebte“ – etwas besser, wenigstens ausholend zum Climax. - Oder gleich medias in res:<br />

„‚Scher’ Er sich zum Teufel’, rief, Wut und Entsetzen im wilden Blick, der Student Nathanael, als der<br />

Wetterglashändler Giuseppe Coppola“ – Das hatte ich in der Tat schon aufgeschrieben [...] Mir kam keine<br />

Rede in den Sinn, die nur im mindesten etwas von dem Farbenglanz des innern Bildes abzuspiegeln schien.<br />

Ich beschloss gar nicht anzufangen.“ (22f.) Dies zeigt einerseits das genannte Bewusstsein eines Autors<br />

über seine erzählerischen Mittel, die er einsetzt und andererseits, dass „ein Grossteil der gesamten<br />

Erzählung nämlich [...] nicht in die Zuständigkeit des Erzählers“ fällt. Fast die Hälfte des Erzähltextes geht<br />

ihm in den Briefen voraus und überschreitet seine Perspektive. Folglich wird dem „bereits Erzählten im<br />

Nachhinein ein anderer Status zugewiesen“ und kann „nicht mehr als unmittelbare und authentische<br />

Darstellung“ gelesen werden, „sondern erweist sich als immer schon über den Erzähler vermittelte Fiktion“. 65<br />

Dies ist ja auch bei der Erzählung Theodors vom öden Haus der Fall, diese ist genau genommen eine schon<br />

niedergeschriebene, als Stütze für das Erzählen nimmt er sein Notizbuch hervor. Der Autor Hoffmann<br />

distanziert sich vom eigenen Text, in dem er ihn in den Mund einer fiktiven Figur legt, die selbst schon<br />

Distanz zum Erlebten über eine Verschriftlichung gewonnen hat. Der Erzähler des „Sandmanns“ spricht<br />

davon, er wolle den ‚Farbenglanz’ des ‚inneren Bildes’ ‚abspiegeln’. Momberger merkt hierzu treffend an: „der<br />

18


Erzähler kann sein inneres Bild nur gewonnen haben aus der Lektüre der Briefe: es verweist so auf zwei<br />

andere Bilder, die ihrerseits auch nicht als Original angesehen werden können“ 66 , da die Briefe verschriftetes<br />

Abbild der inneren Bilder der fiktiven Figuren Nathanael und Clara sind. Diese Urbilder seien, so Momberger,<br />

aber „nicht mehr revozierbar“. Der Erzähler im „Sandmann“ spricht explizit davon, dass er über ein solches<br />

Original nicht verfügt: „Vielleicht gelingt es mir, manche Gestalt, wie ein guter Portraitmaler, so aufzufassen,<br />

dass Du es ähnlich findest, ohne das Original zu kennen [...].“ (23) Dies bedeutet nun nichts anderes, als<br />

„Mimesis ohne Original, Mimesis der Mimesis“. Und so gibt der Erzähler selbst zu, „dass seiner Erzählung<br />

der Status eines Simulacrums zukomme.“ 67 Der Begriff des Simulacrums wird in Mombergers Arbeit zur<br />

Wesensart von Hoffmanns Poetik: „Das Simulacrum etabliert sich im Bereich der Ähnlichkeit, darin besteht<br />

seine subversive Macht, denn es ist zunächst von der Kopie, dem Ebenbild, nicht zu unterscheiden: seine<br />

Kraft beruht auf der Täuschung, dass es sich als Ebenbild auszugeben vermag.“ Seine Täuschung liegt<br />

gerade hierin, denn letztlich hat ein Simulacrum nicht den Status eines Ebenbildes, hinter dem sich die Idee,<br />

das Original offenbart. „Das Simulacrum ist somit eine Kopie der Kopie, Nachahmung einer Nachahmung [...]<br />

Repräsentation zweiter Ordnung“, es beruht „auf einem blossen Effekt [...] ist Konstrukt, Produkt eines<br />

Maschinisten“. 68 Dass Hoffmann selbst ein solcher ist, sollte mitunter in diesem Kapitel deutlich geworden<br />

sein. Mit den Einblicken in das Räderwerk der eigenen Poetik gelingt es ihm, ein außerordentlich<br />

verstörendes und meisterhaftes Wechselspiel zwischen ständigem Aufrechterhalten und Durchbrechen der<br />

Illusion zu inszenieren, das thematisch oft über optische Täuschungen, Trugbilder und Automate,<br />

Simulacren, erzählstrategisch mit einem Textkonstrukt, das selbst einem Automat gleicht, hervorgerufen<br />

wird. Was sich in Hoffmann ankündige sei „eine Poetik des Simulacrums, eine Poetik der Bilderwelt, der<br />

Phantasmagorie, wie sie dann für die Moderne konstitutiv wird.“ 69 So klar wie Momberger hat dies meines<br />

Wissens nur Pollet erkannt: „Am Ende [...] erweisen sich die „Nachtstücke“ als Begründung der „modernen“<br />

Phantastik in dem Sinne, dass uns zum ersten Mal in der Kunst des Angstmachens, Trug- und Wahnbilder<br />

wörtlich vorgeführt werden.“ 70 Diese Aspekte zeichnen sich einmal mehr in der Ansicht des „Sandmann“-<br />

Erzählers ab, der glaubt, dass er „das wirkliche Leben [...] nur in eines matt geschliffnen Spiegels dunklem<br />

Widerschein, auffassen könne.“ (23) Denn was liefert ein matt geschliffener Spiegel anderes als ein Trugbild,<br />

ein verzerrtes, verschwommenes, täuschendes und mehr noch, nach der Natur eines Spiegels, ein<br />

verkehrtes Abbild der Dinge? Der Erzähltext ist demnach möglicherweise nur eine täuschende, verkehrte<br />

Sicht von dem, was sich in Wirklichkeit abgespielt hat. Muss man einem solchen Autor nicht ‚misstrauen’,<br />

muss er einem nicht ‚unheimlich’ erscheinen und einen mit solchen Aussagen verwirren und verunsichern?<br />

Es spricht einiges dafür, um zum Rahmengespräch des „Öden Hauses“ zurückzukehren. Kaum hat man dort<br />

die oben zitierte Charakterisierung Theodors gedanklich zu fassen versucht, erkennt Lelio Letzteren in der<br />

Schilderung vom ‚Herausfantasieren aus Alltäglichem’ wieder und erwähnt von ihm, dass er wohl „was ganz<br />

Besonderes im Kopfe zu haben scheint“, weil er „mit solch seltsamen Blicken in das Blaue herausschaut“<br />

(wer aber ins Blaue hinausblickt, hat, der Redewendung nach, gerade nichts Bestimmtes im Sinn!). Der nun<br />

erst das Wort ergreifende Theodor bestätigt trotzdem, seine Blicke seien „der Reflex des wahrhaft<br />

Seltsamen“, das er „im Geiste“ geschaut habe - eine Wendung, die stark an die Formulierung Hoffmanns zur<br />

künstlerischen Fantasie Callots erinnert. Es handle sich um eine „Erinnerung“ an ein erlebtes „Abenteuer“,<br />

doch bevor er der Aufforderung der beiden Freunde, er solle erzählen, nachkommt, kritisiert Theodor deren<br />

Sichtweise des Wunderbaren. Besonders Lelio 71 habe sich mit den Beispielen, die seine Sehergabe hätten<br />

darstellen sollen, vertan und das Wunderliche mit dem Wunderbaren verwechselt: „Aus Eberhards<br />

Synonymik musst du wissen, dass wunderlich alle Äusserungen der Erkenntnis und des Begehrens genannt<br />

werden, die sich durch keinen vernünftigen Grund rechtfertigen lassen, wunderbar aber dasjenige heisst,<br />

was man für unmöglich, für unbegreiflich hält, was die bekannten Kräfte der Natur zu übersteigen, oder wie<br />

ich hinzufüge, ihrem gewöhnlichen Gange entgegen zu sein scheint. [...] Aber gewiss ist es, dass das<br />

anscheinend Wunderliche aus dem Wunderbaren sprosst, und dass wir nur oft den wunderbaren Stamm<br />

nicht sehen, aus dem die wunderlichen Zweige mit Blättern und Blüten hervorsprossen.“ (160f.) Präzise<br />

betrachtet ist dies aber nicht die Ansicht der Figur Theodor, denn Hoffmann betreibt zuweilen ein Spiel mit<br />

Zitaten, manchmal auch ohne die Quelle so klar anzugeben. Die Unterscheidung von wunderlich und<br />

19


wunderbar ist fast wörtlich Johann August Eberhards „Versuch einer allgemeinen deutschen Synonymik in<br />

einem kritisch-philosophischen Wörterbuche der sinnverwandten Wörter der hochdeutschen Mundart“<br />

(1795–1802) entnommen. 72 Immerhin macht diese Äußerung Theodors die schon im ersten Satz des<br />

Rahmengesprächs anklingende, adäquate Sichtweise des Wunderbaren nochmals deutlicher. Wunderlich ist<br />

‚nur’ die Oberfläche, beispielsweise also eine seltsame Kleidung oder ein skurriles Gebaren eines Menschen,<br />

das oft etwas Wunderbares, möglicherweise etwas Unbegreifliches verbirgt, das man nicht wahrhaben will<br />

oder kann. Beide Erscheinungsweisen kämen, so Theodor weiter, in seinem erlebten Abenteuer zum Tragen:<br />

„In dem Abenteuer, das ich euch mitteilen will, mischt sich beides, das Wunderliche und Wunderbare, auf,<br />

wie mich dünkt, recht schauerliche Weise.“ (161) Über diese Mischung erhalten wir an dieser Stelle keinen<br />

Aufschluss, vielmehr kann der informierte Hoffmann-Leser eine latente ‚Warnung’ erkennen: Die heterogene<br />

Mischung aus Wunderlichem und Wunderbarem wird kaum mehr ihre Elemente freigeben, bleibt<br />

diffundierendes Ineinanderfliessen polarer Bestandteile und entzieht sich somit der Analyse. Eine<br />

Mischform jedenfalls ist auch Theodors nachfolgende Ich-Erzählung, denn er nimmt „sein Taschenbuch<br />

hervor“, in dem „allerlei Notizen von seiner Reise“ (161) eingetragen sind und blickt, während dem Erzählen,<br />

dann und wann wieder in dieses Buch; die Ich-Erzählung wird medial demnach sowohl schriftlich als auch<br />

mündlich mitgeteilt: „Die Handlung geht aus der fiktiv-autobiographischen Schrift eines Ich-Erzählers<br />

hervor, der rückblickend über eine Sommerreise berichtet. Es wird ein mündliches Erzählen inszeniert, das<br />

konsequent auf den Akt des Schreibens bezogen bleibt und das Geheimnis der poetischen Verdichtung [die<br />

Mischung aus Wunderlichem und Wunderbaren] als Ausgangspunkt der Geschehnisse wählt.“ 73 Nach der<br />

noch genauer zu erläuternden Schilderung des ersten Erblickens des öden Hauses unterbricht Theodor<br />

seinen Bericht. Bei jedem Vorbeigehen hätte er sich „in ganz verwunderliche Gedanken nicht sowohl<br />

vertiefen, als verstricken“ (162) müssen. Er wendet sich an die Zuhörer – ob nur an die beiden Anwesenden<br />

scheint aufgrund des Wortes ‚alle’ etwas fragwürdig. Spricht uns Theodor hier gar als mitbeteiligte<br />

Leser an? „Ihr wisst es ja alle, ihr wackern Kumpane meines fröhlichen Jugendlebens, ihr wisst es ja alle, wie<br />

ich mich von jeher als Geisterseher gebärdete und wie mir nur einer wunderbaren Welt seltsame<br />

Erscheinungen ins Leben treten wollten, die ihr mit derbem Verstande wegzuleugnen wusstet! [...] gern<br />

zugestehen darf ich ja, dass ich oft mich selbst recht arg mystifiziert habe, und dass mit dem öden Hause<br />

sich dasselbe ereignen zu wollen schien, aber – am Ende kommt die Moral, die euch zu Boden schlägt,<br />

horcht nur auf! – Zur Sache! –“ (162f.) 74 Abgesehen von der spannungserzeugenden und, da die vorgefasste<br />

Sichtweise des Wunderbaren sich, Theodor deutet es an, im Folgenden nicht bestätigen muss,<br />

verunsichernden Aussicht auf ein unerwartetes Ende der Erzählung, irritiert zusätzlich die Selbstironie des<br />

Ich-Erzählers. Wird er nun die Phänomene des Wunderlichen und Wunderbaren in richtiger, differenzierter<br />

Weise sehen oder in der ‚Verstrickung’ verbleiben? Gebannt, wie Theodor vom öden Haus, liest man weiter...<br />

„Nun, die Zuhörer würden schon merken. Und natürlich auch der Leser, lässt sich hinzufügen“, fasst dies<br />

treffend Deterding, der angesichts der erneuten Reflexion Theodors über das Wunderbare, dieses mit dem<br />

Schrecken in Verbindung bringt: „Das Wunderbare „tritt ins Leben“. Im Wunderlichen erscheint es, und im<br />

Entdecken des Wunderlichen - im genauen Sinn des Wortes „entdecken“ – wird es erkannt. Die Erkenntnis<br />

hat in der unheimlichen Erzählung [Hoffmanns] den Charakter des Erschreckens und der Furcht [...].“ 75<br />

Wichtig ist, dass sich Furcht und Erschrecken mittels der Verunsicherung einer ironisierenden und<br />

polyperspektivischen wie polyvalenten Erzählweise auf den Leser übertragen können. Im „Bereich des<br />

Dämonischen“, beispielsweise also im „Öden Haus“, ginge es, so Deterding, um eine ‚existenzielle<br />

Gefährdung’: „Der ‚Gezeichnete’, der sich dem Wunderbaren öffnet, stürzt über der Entdeckung zunächst<br />

des Wunderlichen in ein Verderben hinein, dessen Grauen für den Betroffenen - und damit für den Leser –<br />

auch in der unausweichlichen Mechanik besteht, mit der es sich vollzieht.“ 76 Existenziell wird die Krise zwar<br />

für Theodor mit den Krankheitsanfällen, die sie nach sich zieht, hauptsächlich aber, leidet er an einer Krise<br />

seiner Sehweise. Dies kann in einer Arbeit über Hoffmann nie genug betont werden und wurde, wie<br />

Segebrecht bedauert, „in der Forschung noch längst nicht hinreichend dargelegt“: „in welchem Masse...das<br />

Ringen um die richtige Form des Erkennens der Wirklichkeit von Ich und Welt ein beherrschendes Thema der<br />

Dichtungen E. T. A. Hoffmanns ist“.77 So wird im „Öden Haus“ – und in unzähligen anderen Erzählungen –<br />

20


der Glaube „an die Unerschütterbarkeit von verstandesgeleiteter Wahrnehmung“ 78 ständig relativiert. Mit<br />

anderen Worten: „Hoffmann geht es nicht um die Repräsentation einer andern, höheren Welt, sondern<br />

darum, diese Welt als eine andere zu sehen, als „etwas fremdartig Bekanntes“ [Man denke erneut an<br />

„Jaques Callot“!]. Das Phantastische ist immer schon Bestandteil dieser Welt, es bedarf nur einer<br />

Verschiebung der Perspektive, um die Grundlage der geschlossenen Ordnung zu erschüttern.“ 79 Theodors<br />

Blick ist es, der einer Krankheit unterliegt: „als lähme eine Art Starrsucht [...] nur meinen Blick“ (173). Wie er<br />

wörtlich ausführt, verstrickt er sich in eine möglicherweise verhängnisvolle und übersteigerte Sichtweise der<br />

geschauten „wunderliche[n] Erscheinung“ (162) des öden Hauses und dem beherbergten Zauberbild des<br />

Mädchens. Oder wird das in Aussicht gestellte überraschende Ende seiner Erzählung gar bestätigen, dass er<br />

keiner falschen Wahrnehmung unterlag und sich das Wunderbare tatsächlich ereignete? Die Protagonisten<br />

der „Nachtstücke“ trauen oft ihren Augen nicht, können nicht glauben was sie sehen – im Zuge ihrer<br />

Wahrnehmungskrisen beginnen wir als Leser dem Text zu misstrauen, sehen ihn ähnlich einem flimmernden<br />

Trugbild, das vorgibt mal von diesem, mal von jenem Urheber zu sein, die Identitäten der Figuren nicht<br />

preisgibt und wörtlich Wiederkehrendes in völlig andere Zusammenhänge und Erzählebenen stellt. Was<br />

bleibt ist eine irreduzible Unsicherheit, ein Erzähltext, der uns durchaus fantastische Inhalte vorführt, aber<br />

wesentlich von einer fantastischen, unheimlichen Schreibweise durchzogen ist, auf deren Ebene die<br />

‚Mechanik des Grauens’ viel eher anzusiedeln ist als auf der thematischen. Es ist die Schreibweise<br />

Hoffmanns, die uns nicht entscheiden lässt zwischen ‚Zauberkappen’ und ‚Gerichtsräthen’, eine<br />

Schreibweise, die immer Illusion und Realität zugleich vorspiegelt und immer ambig ist. Allein aus diesen<br />

Gründen kann Heimisches unheimlich, Alltägliches gespenstisch und scheinbar Harmloses bedrohlich<br />

werden: Nicht weil es an sich gespenstisch ist, sondern weil der konstruierende, verzerrende Blick der<br />

Figuren, ihre Wahrnehmung der Welt (möglicherweise auch diejenige Hoffmanns) sich das Gespenstische<br />

denken, sich vorstellen, die Perspektive ver-rücken kann: „Der versponnen vor sich hin murrende Sonderling<br />

auf einer Bank an der Berliner Heerstrasse und ein füchsisch dreinschauender, altmodisch gekleideter<br />

Handwerksmann in einem Gasthaus, eine düster aufragende Hausfassade oder eine vermauerte Tür, ein<br />

missgestalteter Türklopfer, eine Punschbowle, ein blosser graphischer Schnörkel können hinreichen, um der<br />

geschärften Aufmerksamkeit die Sehgewohnheiten als brüchig und das geschäftige Strassentreiben bei<br />

hellichtem Tag als bedrohlichen Mummenschanz erscheinen zu lassen.“ 80 Zusammenfassend lässt sich<br />

zum Rahmengespräch der Erzählung „Das öde Haus“ bestätigen, dass sich ein Schlüsselbegriff im<br />

Wunderlichen und Wunderbaren und deren sich nicht trivial ausnehmenden Wahrnehmung finden lässt. Für<br />

Deterding ist der Begriff des Wunderbaren ein für Hoffmanns Gesamtwerk überaus wichtiges Konstitutivum:<br />

Das Wunderbare sei „in den Erzählungen, Romanen und Novellen Hoffmanns [...] ein Unerklärliches, das die<br />

Hülle des Wunderlichen unvermittelt durchstösst und präsent ist, häufig mit der Tendenz zum Unheimlichen.<br />

Es ist ein hereinbrechendes Ereignis, das zum Dämonischen öffnet - oder umgekehrt zum Komischen,<br />

manchmal beides zugleich: zum Grotesken.“ 81 Als Schlüsselwort und Evokation des Unheimlichen wertet in<br />

ganz ähnlicher Weise Hillebrand die Bedeutung des Wunderbaren: „Wunderbar ist gleichsam das magische<br />

Wort, das die Bizzarerien des Erzählens zu rechtfertigen scheint.“ 82 Zu diesen ‚Bizzarerien’ zählt sie, wie die<br />

drei Freunde im poetologischen Gespräch, eine Mischung von Realität und Irrealität sowie eine Reihe<br />

weiterer Phänomene, um die sich insbesondere der Themenkreis der „Nachtstücke“ bildet: „In der<br />

Konfrontation empirisch erfahrbarer Realität und der Gegenwirklichkeit aus Traum, Vision, Wahn,<br />

Somnambulismus, also jenem, das in den Bereich der „unerforschlichen Geheimnisse“ fällt, liegt das<br />

eigentliche Interesse des Erzählens.“ 83 Solche Erzählelemente – „Traum, Wachtraum, Hypnose, Wahnsinn<br />

oder durch Punschgenuss „verschobene“ Denkweise“ - erwähnt auch Vitt-Maucher in ihrem Aufsatz über<br />

narrative Medien bei Hoffmann und anderen Autoren. Sie gelangt dabei zu einem entscheidenden, in andern<br />

sich mit diesen Elementen auseinander setzenden Forschungsansätzen fehlenden Resultat, denn die<br />

genannten „alternativen Zustände der menschlichen Vernunft“ würden eben „nicht nur als Themen vieler<br />

Erzählungen“ verwendet: „Vielmehr nutzt Hoffmann häufig seine Kenntnis dieser Zustände zu praktisch<br />

poetologischen Zwecken: Sie bestimmen, als Perspektive des Narrators selber, die Sehweise, den Diskurs, ja<br />

sogar die Aussage des Werks.“ 84 Verwendet ein Autor oder eine seiner erzählenden Figuren tatsächlich eine<br />

21


träumerische, somnambule, visionäre bis wahnhafte Perspektive (im wahrsten Sinne des Wortes also<br />

‚Sichtweise’) seines eigenen Erzählens und Erlebens, hat dies unweigerlich Phantasmagorien zur Folge,<br />

denn was liefern Visionen, Träume und Wahnsinn anderes als Trugbilder, Täuschungen, Verzerrungen der<br />

Wirklichkeit, Simulacren? Dadurch entstehen Geschichten, die unheimliche und gespenstische Ereignisse,<br />

groteske Verzerrungen der Wirklichkeit thematisieren und in ihnen eine unheimliche Erzähltechnik, die das<br />

Textkonstrukt zum unheimlichen Gebilde werden lässt, das dieselbe Verunsicherung über die Lebendigkeit<br />

beziehungsweise den Wahrheitsgehalt schafft wie sie beim Betrachten eines Automats, einer optischen<br />

Täuschung oder eines Trugbildes entstehen kann. Obwohl der hoffmannsche Erzähltext Einblick in seinen<br />

Bau gewährt, liefern die erzählstrategischen polyperspektivischen und sprachlich verdichtenden Mittel keine<br />

Wertungen, keine Vereindeutigungen über die Wahrnehmung der Wirklichkeit, von Traum, von Belebtem oder<br />

Unbelebtem und Identischem oder Nicht-Identischem.<br />

Nachweise<br />

17 Momberger, 1986, S. 90.<br />

18 „Die Auffassungen, die in den ‚Fantasie- und Nachtstücken’ und in den ‚Serapions-Brüdern’ diskutiert werden, sind nicht nur differenziert,<br />

sondern - vor allem, wenn man sie aus dem Kontext herauslöst – des öfteren sogar widersprüchlich.“ (Stegmann, 1976, S. 64).<br />

19 Vgl. Momberger, 1986, S. 91<br />

20 Eine solche Gesprächsform hat „etwas Konstruktivistisches. Hoffmann verzichtet auf die Beschreibung der Erzählsituation, auf Ort, Zeit<br />

und Umstände des Gesprächs sowie auf die gestalthafte Konkretisierung der Gesprächspartner. [...] Allein die Argumente zählen.“ (Kanzog,<br />

1976, S. 46).<br />

21 Die Texte der „Nachtstücke“ werden im Folgenden mit Seitenzahl zitiert nach: Hoffmann, E. T. A.: Nachtstücke. Kaiser, Gerhard R. (Hrsg.).<br />

Philipp Reclam. jun.: Stuttgart 1990 (= RUB 154). Textstellen aus anderen Werken Hoffmanns werden mit Band-, Teil- und Seitenzahl<br />

wiedergegeben nach: Hoffmann, E. T. A.: Sämtliche Werke in fünfzehn Teilen. Grisebach, Eduard (Hrsg.). Hesse & Becker Verlag: Leipzig 1905<br />

(5 Bde). Die übrigen zeitgenössischen Quellen werden ebenfalls mit Seitenzahl nach den in der Bibliographie gelisteten Ausgaben zitiert. Alle<br />

in die Zitate der Primär- und Sekundärliteratur eingelassenen eckigen Klammern für Auslassungen oder Kommentare und Fettdrucke für<br />

Hervorhebungen sind, wo nicht anders angegeben, vom Verfasser getätigt.<br />

22 Hillebrand, 1999, S. 16.<br />

23 Vgl. beispielsweise Deterding, 1991, insbesondere die S. 13, 18 und 284.<br />

24 Schmidt, 1999, S. 186f.<br />

25 Schmidt, 1999, S. 187. Sie begründet dies mit einem einzigen Wort in der obigen Leseranrede aus dem „Sandmann“: „Kommt dem Verb<br />

„sein“ hier eine existentielle Bedeutung zu, oder fungiert es als Hilfsverb zu „erfunden“?“ Im 19. Jahrhundert sei es, auch für Hoffmann,<br />

stilistisch üblich gewesen die Hilfsverben ‚sein’ und ‚haben’ auszulassen. Dies lege „zunächst die Deutung nahe, dass „ist“ hier im<br />

existenziellen Sinne zu lesen“ sei - was für die Wahrhaftigkeit des Erzählten sprechen würde. Die an die Leseranrede anschließende<br />

„Erörterung der psychischen Auswirkungen des künstlerischen Produktionsprozesses auf den Künstler, die darauf verweist, wie lebendig ihm<br />

das Fiktive werden kann“, würde jedoch die zweite Deutung – diejenige der Erfindung – evozieren (Vgl. Schmidt, 1999, S. 187).<br />

26 Schmidt, 1999, S. 183.<br />

27 Über das „werf’ ich euch das skurrile Gleichnis hin“ (159) wird außerdem klar, dass neben Lelio mindestens ein weiterer, bis anhin nicht<br />

genannter Gesprächspartner anwesend sein muss. Spalanzani wird im „Öden Haus“ nur im Rahmengespräch und ohne wertenden<br />

Kommentar erwähnt, wohingegen er im „Sandmann“ als unheimlicher, vermessener „Mechanicus“ (42) auftritt. Der Naturwissenschaftler<br />

Lazzaro Spallanzani (1729–99) unternahm Versuche zur künstlichen Fortpflanzung von Tieren (was Hoffmanns Unwillen geweckt haben<br />

könnte) und schloss 1794 über das Orientierungsvermögen geblendeter Fledermäuse tatsächlich auf einen sechsten Sinn derselben (Vgl.<br />

Kaiser, 1990, Anm. 20,18f. S. 347 und 159,25–27 S. 363f.).<br />

28 Kaiser, 1990, Anm. 159,30 S. 364.<br />

29 Über den Namen ,Theodor(os)’ ergibt sich eine der vielen Parallelen zum „Sandmann“, er ist die griechische Entsprechung zum<br />

hebräischen ‚Nathanael’ mit der Bedeutung ‚Gottesgabe’. Hoffmann leiht seinen zweiten Vornamen zudem dem Erzähler im „Majorat“ (Vgl.<br />

Kaiser, 1990, Anm. 7,2 S. 345).<br />

30 Deterding, 1999, S. 211. Ebenso erkennt Lieb in diesem „Gewöhnliche[n] und Alltägliche[n]“ den „Auftakt zu poetischen Imaginationen“<br />

(Lieb, 2002, S. 68).<br />

31 Feldges und Stadler behaupten, Hoffmann habe mit dieser Begrifflichkeit „fast wörtlich die Definition des Unheimlichen von Freud aus<br />

dem berühmten Aufsatz von 1919 vorweggenommen.“ (Feldges und Stadler, 1986, S. 52) Dies ist, obwohl Freud in seiner Definition des<br />

Unheimlichen von „Altbekannte[m]“ (Freud, 1947, S. 231) spricht, meiner Meinung nach nicht haltbar. Hoffmann beruft sich sicherlich nicht<br />

wie Freud auf ein Konzept des Verdrängten, sondern auf dasjenige der Fantasie. Erscheinen die Darstellungen auf den Blättern Callots<br />

‚fremdartig bekannt’, passiert dies, weil man solche Figuren und ihre Gebärden im Grunde auch im Alltag ausmachen kann, der Künstler<br />

Callot sie aber mittels der Fantasie ins Fremdartige, Skurrile und Groteske überträgt. Feldges und Stadler erkennen jedoch richtig, dass sich<br />

„der dem Autor [Hoffmann] immer wieder, und mit Recht, zugewiesene Zug des Unheimlichen“ bereits im Essay über Callot als Kennzeichen<br />

finde (Feldges und Stadler, 1986, S. 52).<br />

32 Hillebrand, 1999, S. 14f. Für die Fortwirkung der Callotschen Manier und ihre Wichtigkeit für Hoffmanns Kunstschaffen Vgl. die Arbeiten<br />

Woodgate[1] und Woodgate[2], 1999 (dort insbesondere die S. 124-126 und 154-156). Sie ist auch allein am Vermerk ‚Vom Verfasser der<br />

Fantasiestücke in Callots Manier’ zu erkennen, mit dem die Erstveröffentlichungen der „Elixiere des Teufels“ und der „Nachtstücke“<br />

versehen worden sind (Vgl. Kaiser, 1990, Anm. 1, S. 344f.). „Für letztlich alle seine Texte“ konstitutiv beurteilt Momberger „das Grundprinzip<br />

der aus den heterogensten Elementen geschaffenen Kompositionen, das Hoffmann in Jaques Callot entwickelte“ (Momberger, 1986, S. 88).<br />

33 Iehl, 1998, S. 128.<br />

34 Vgl. Sorg, 2004, S. 20–22.<br />

35 Momberger, 1986, S. 89.<br />

36 Dies ist eine der zahlreichen Stellen, wo Hoffmann die in der Einleitung erwähnten Vorwürfe des Krankseins seiner Texte aufgreift.<br />

22


37 Vgl. Momberger, 1986, S. 89f.<br />

38 Momberger, 1986, S. 91.<br />

39 Momberger, 1986, S. 91f.<br />

40 Vgl. Momberger, 1986, S. 90.<br />

41 Diesen Aufsatz hat Freud mit dem seinigen entschieden abgewertet und rhetorisch verunglimpft. Er gibt an, Jentsch verwende den<br />

Terminus der „intellektuellen Unsicherheit“ (Freud, 1947, S. 231) als Auslöser des unheimlichen Gefühls. Jentsch spricht aber vom Gegenteil,<br />

von einer intellektuellen Sicherheit, die durch die Bedrohung des Unheimlichen ins Wanken geraten kann (Vgl. Falkenberg, 2005, S. 65). Den<br />

„ausgezeichneten Fall“ des Unheimlichen sieht Jentsch zudem im verunsichernden Eindruck der Beseeltheit in der Begegnung mit<br />

„Wachsfiguren, kunstvollen Puppen und Automaten“ (Vgl. Freud, 1947, S. 237).<br />

42 Vgl. Falkenberg, 2005, S. 19-22.<br />

43 Vgl. Falkenberg, 2005, S. 29f. Wie im nächsten Kapitel ersichtlich werden wird, hätte Falkenberg die Metapher der optischen Täuschung<br />

gerade für einen ‚nur so von Optik strotzenden’ Text wie dem „Sandmann“ noch fruchtbarer verwenden können, statt grösstenteils ‚nur’ der<br />

Identität von Coppelius und Coppola nachzuspüren und dabei die Figur der Olimpia, die einer optischen Täuschung gleichkommt, zu<br />

vernachlässigen.<br />

44 Momberger, 1986, S. 82.<br />

45 Momberger, 1986, S. 105.<br />

46 Vgl. Momberger, 1986, S. 105f. Dies geschieht zu Beginn der 3. Vigilie des „Goldenen Topfes“, die Überschrift gibt vor, es handle sich um die<br />

Familiengeschichte des Archivarius, was folgt ist aber eine gänzlich mythische Erzählung. Diese wird plötzlich unterbrochen, der Leser<br />

erfährt, dass sie in Dresden in einem Kaffeehaus geschildert wurde. Der erzählende Archivarius behauptet darauf von seinem Bruder, dieser<br />

sei unter die Drachen gegangen, hält also mitten in der ‚Realität’ am ‚Mythos’ fest (Vgl. Momberger, 1986, S. 102).<br />

47 Momberger, 1986, S. 107. Ein Beispiel hierfür ist Tusmann in „Meister Floh“. Dort besteht eine Ähnlichkeitsbeziehung zwischen dessen<br />

schwarz glänzendem Überrock und dem „latenten Signifikanten /Egel/“, die sich verdichtet bis Tusmann tatsächlich die Eigenschaften des<br />

Egels annimmt und sich „in einer neuen phantastischen Einheit“ ringelt wie ein Wurm (Vgl. Momberger, 1986, S. 106f.).<br />

48 Pollet, 1998, S. 111. Er bezieht sich an dieser Stelle auf Vax, Louis: La séduction de l’étrange. Paris: 21987.<br />

49 Werber, 2004, S. 32.<br />

50 Pollet, 1998, S. 112. Der Ausruf Claras (über den kleinen grauen Busch, der auf sie und Nathanael zuzuschreiten scheint) gegen Ende des<br />

„Sandmanns“, kann hier als Beispiel dienen. Clara würde dort an dieselbe „Pädagogik der Metapher“ glauben, wie die Mutter Nathanaels, die<br />

zu dessen Verhängnis für Coppelius die Metapher des Sandmannes einführt. Der Sinn der Metapher des grauen Busches verflüchtigt sich<br />

jedoch im tatsächlichen Auftreten Coppelius’, dem graue, buschichte Augenbrauen sowie graue Kleidung zu eigen sind (Vgl. Pollet, 1998, S.<br />

118 und die S. 54, 58f. und 69 der vorliegenden Arbeit).<br />

51 Pollet, 1998, S. 111. In diesem Sinne „bricht die phantastische Literatur [nicht jede, sicherlich aber die Hoffmanns] mit allen Codes: dem<br />

Code der Wahrscheinlichkeit (das evozierte Ereignis oder Phänomen hat das Alltägliche als Rahmen, der die realistischen Texte umgibt) und<br />

dem erzählerischen Code (die sprechende Stimme kann sich ihrer Rolle als Garant der ungewöhnlichen Tatsachen verweigern oder<br />

entziehen).“ (Ponnau, 1998, S. 153).<br />

52 Momberger, 1986, S. 107.<br />

53 Momberger, 1986, S. 104. Deshalb lässt sich selbst eine so moderne Theorie des literarischen Fantastischen wie die Tvzetan Todorovs<br />

nicht gänzlich auf die Texte Hoffmanns anwenden. Todorov nennt zwar ebenfalls die Ambiguität als zentrales Merkmal dieser Art von<br />

Literatur, behauptet dann aber, dass diese ständig zwischen den Polen des Unheimlichen und dem Wunderbaren schwingt, bis sich der<br />

Leser zum Schluss für eine Seite entscheidet und die Ambiguität somit auflöst. Bei Hoffmanns „Ineinander der beiden Ebenen“ würden<br />

diese sich jedoch „in ihrer Heterogenität relativieren“ und „jede Eindeutigkeit des Sinns“ auflösen (Vgl. Momberger, 1986, S. 101f.). Selbiges<br />

bei Falkenberg, 2005, S. 34.<br />

54 Freud, 1947, S. 237. Zu diesem Ergebnis kommt Freud vor allem über den Eintrag im Grimmschen Wörterbuch, wo die eine Bedeutung von<br />

‚heimlich’ als „es ist mir heimlich, wohl, frei von furcht...“ und „heimlich ist auch der von gespensterhaften freie ort...“ wiedergeben wird,<br />

während eine zweite besagt: „die bedeutung des versteckten. gefährlichen, die in der vorigen nummer hervortritt, entwickelt sich noch<br />

weiter, so dasz heimlich den sinn empfängt, den sonst unheimlich [...] hat“ (Grimm, Jacob und Wilhelm: Deutsches Wörterbuch. Leipzig:<br />

1877, IV/2 S. 874f. zitiert nach Freud, 1947, S. 236f.).<br />

55 Freud deutet Nathanaels Angst vor Augenraub und Blendung als „Kastrationsangst“ und die Konstellationen Vater-Coppelius<br />

beziehungsweise Spalanzani-Coppola als „Spaltungen der Vater-Imago“. Unter diesen Voraussetzungen wäre Olimpia dann „die<br />

Materialisation von Nathaniels [sic] femininer Einstellung zu seinem Vater“ (Freud, 1947, S. 243f.). Hingegen bemerkt Freud für das Ende der<br />

„Elixiere des Teufels“ durchaus richtig, dass dort die „bisher vorenthaltenen Voraussetzungen der Handlung“ dem Leser zwar „nachgetragen<br />

werden“, dies aber keine „Aufklärung“, „sondern eine volle Verwirrung desselben“ schaffen würde (Freud, 1947, S. 246). Beim Schluss des<br />

„Sandmanns“ ist er allerdings zu voreilig: Dieser würde es „klar“ machen, „dass der Optiker Coppola wirklich der Advokat Coppelius und also<br />

auch der Sandmann ist“ (Freud, 1947, S. 242). Eine solche Klarheit ist alles andere als gegeben, das Erzählende eine erneute Verrätselung.<br />

Vgl. S. 102f.<br />

56 Köhn, 1966, S. 4.<br />

57 Vgl. Fühmann, 1980, S. 46f.<br />

58 Fühmann, 1980, S. 52. Man darf an dieser Stelle nicht außer Acht lassen, dass Fühmann, so lesenswert und trefflich geschrieben seine<br />

Hoffmann-Essays sind, als damaliger Autor der DDR gleichsam seine eigene Lebenserfahrung mit einbezieht: Den gespenstisch<br />

gewordenen Alltag in einem übermächtigen Staat. Dies ist besonders ersichtlich an einer Bemerkung zu „Das Majorat“: „Wie da eine<br />

ökonomische Kategorie, das Fideikommiss, als Geschichte erzählt wird, als eine Geschichte von Geschichte, wie sich da der Spuk der<br />

Vergangenheit mit der Zukunftserwartung von Entsetzlichem überschneidet“ und „die Institution [sich] verselbständigt und [...] Macht [wird]<br />

gegenüber lebendigen Menschen.“ (Fühmann, 1980, S. 26) Eine solche Lesart des „Spuk[s] des Ererbten“ widerspiegelt „das ganze Ausmass<br />

der Fesselung der DDR-Bürger an ihren Staat.“ (Kohlhof, 1992–93, S. 203).<br />

59 Wittkopp-Ménardeau, 2004, S. 97.<br />

60 Um den redenden Türken dreht sich Hoffmanns Fragment „Die Automate“ in den „Serapionsbrüdern“. Die lebendigtote, doch<br />

„wohlgestaltete Figur“ mit „geschmackvoller türkischer Kleidung“ (III,7,74f.) vermag es, was selbst am Schluss ungeklärt bleibt, orakelgleich<br />

auf persönlichste Fragen der Umstehenden zu antworten.<br />

61 Mayer, 2000, S. 56.<br />

62 Die Erzählungen Hoffmanns kommen durchaus ohne diese ‚Staffierung’ aus. Orte, Figuren und ihr Charakter werden mehr schemenhaft-<br />

23


funktional bis formelgleich – in verschiedenen Erzähltexten – wiedergegeben, was das nächste Kapitel dieser Arbeit deutlich macht.<br />

Hoffmann beherrscht aber auch das Gegenteil. So lebt beispielsweise der Beginn des „Majorats“ enorm von einer Häufung bekannter,<br />

staffierender Schauerelemente – und bleibt trotzdem nicht ohne Wirkung! Vgl. S. 63.<br />

63 Vgl. Miller, 1978, S. 51 und 53. Nach Momberger ist die Verstörung, der Bruch selbst in den Märchen, z.B. am Schluss des „Goldenen Topfes“<br />

noch präsent, wenn der Erzähler zugibt, keine Worte für die Umschreibung von Atlantis zu finden. Es handelt sich nicht um ein<br />

‚herkömmliches’ Märchen, wo das oben von Miller genannte geschlossene System einer zweiten Wirklichkeit vorherrscht, sondern um eines,<br />

wie Hoffmann es selbst betitelt, ‚der neuen Zeit’, eines, in dem gar das Bruchstückhafte anwesend ist und die geschlossene, vollkommene<br />

Illusion einer ‚höheren’ Welt verhindert wird (Vgl. Momberger, 1986, S. 84). Unter diesen Gesichtspunkten könnte die These der vorliegenden<br />

Arbeit des unheimlichen Textkonstrukts selbst für die Hoffmannschen Märchen nutzbar gemacht werden.<br />

64 Mayer, 2000, S. 60.<br />

65 Momberger, 1986, S. 141f. Die zitierte „Sandmann“-Passage mit den verschiedenen Anfängen der Geschichte, die der Erzähler<br />

durchprobiert hat, weisen den Text klar als „poetische Maschinerie“ aus (Vgl. Momberger, 1986, S. 143).<br />

66 Momberger, 1986, S. 143.<br />

67 Momberger, 1986, S. 143. Vgl. mit Gilles Deleuzes Definition: „Le simulacre est précisément une image démoniaque, dénuée de<br />

ressamblance; [...] S’il produit un effet extérieur de ressamblance, c’est comme illusion, et non comme principe interne; il est lui-même<br />

construit sur une disparité, il a intériorisé la dissimilitude de ses séries constituantes, la divergences des ses points de vue, si bien qu’il<br />

montre plusieurs choses, raconte plusieurs histoires à la fois.“ (Différence et répétition, S. 167 zitiert nach Momberger, 1986, Anm. 30 S. 252)<br />

Einschneidend hierzu sind auch Mombergers Ausführungen zum ‚Serapiontischen Prinzip’ Hoffmanns und zu seinem letzten<br />

poetologischen Text „Des Vetters Eckfenster“, der im Übrigen von der Forschung oft als Hinwendung zu einer realistischen Schreibweise<br />

gewertet wurde. Ganz anders Momberger: Der Blick des todkranken Vetters auf den Marktplatz „ist nicht der Blick der Romantik, der die<br />

Erscheinung, das Sensible, zu durchdringen sucht, um das Intelligible zu fassen. Aber auch nicht der Blick des Realismus, der die Dinge in<br />

ihrer Objektivität zu erfassen sucht. [...] Es ist ein Blick, der nach Willkür das Gewimmel durchschneidet, ein Blick, der zunächst frei über das<br />

tableau schweift, um sich dann an irgendeinem Detail festzumachen. Jedes Ereignis, jede Person, jede Einzelheit ist diesem Blick gleich viel<br />

wert; er sucht nicht die Ordnung des Ganzen, sondern den möglichen Effekt der Teile. [...] Der Blick des Vetters betrachtet das Marktgewühl<br />

als eine Ansammlung von Zeichen, aus denen er bestimmte Dinge (Signifikanten gleichsam, die von ihren Signifikaten abgelöst sind)<br />

herausnimmt, um sie neu zusammensetzen. [...] Es ist so in der Tat ein Blick der Simulacren schafft: er ist nicht bloss rezeptiv, sondern<br />

produktiv, konstruierend.“ (Momberger, 1986, S. 176) Das konstruierte Geschaute, das im Serapiontischen Prinzip Hoffmanns die<br />

Grundvoraussetzung zur Dichtung bildet, „das innere Gebilde, das phantasma, ist seinem Wesen nach bereits Zeichen, Schrift; [...] Der Akt<br />

des Schreibens und der daraus resultierende Text sind der eigentliche Ort des Simulacrums.“ (Momberger, 1986, S. 175).<br />

68 Vgl. Momberger, 1986, S. 165.<br />

69 Momberger, 1986, S. 172.<br />

70 Pollet, 1998, S. 122.<br />

71 An dieser Stelle könnte wiederum, aufgrund der Namensverwirrung, auch ‚Franz’ stehen (Vgl. Kaiser, 1990, Anm. 159,30 S. 364).<br />

72 Vgl. Kaiser, 1990, Anm. 160,26 S. 364.<br />

73 Lieb, 2002, S. 62.<br />

74 Eine solche Moral sei „- aus der Tradition der aufklärerischen Gespenstergeschichte des 18. Jahrhunderts gesehen – nicht ungewöhnlich“.<br />

In dieser werde „ein ‚Fall’ [...] vorgetragen in der Absicht, seine Wahrscheinlichkeit in Frage zu stellen oder die Sache als Betrug<br />

blosszustellen.“ Der zu Beginn des Kapitels zitierte erste Satz des Rahmengesprächs des „Öden Hauses“ würde jedoch „bereits einen<br />

anderen Inhalt der „Moral““ andeuten: „die Erzählung steuert nicht auf die ‚natürliche’ Erklärung seltsamer Erscheinungen zu, die allein<br />

beweist, was von Anfang an bewiesen werden soll, sondern sucht die Bedingungen der Erkenntnis und die Kriterien von Wahrheit und<br />

Irrtum.“ (Kanzog, 1976, S. 50). Kriterien, denen sich in gleicher Weise der Leser in der Begegnung mit dem Text stellen muss.<br />

75 Deterding, 1999, S. 214.<br />

76 Deterding, 1999, S. 214f.<br />

77 Segebrecht, Wulf: E. T. A. Hoffmanns Auffassung vom Richteramt und Dichterberuf. In: Jahrbuch der deutschen Schiller-Gesellschaft 11<br />

(1967), S. 135 zitiert nach Kanzog, 1976, S. 56f.<br />

78 Hillebrand, 1999, S. 24.<br />

79 Momberger, 1986, S. 104.<br />

80 Miller, 1978, S. 48.<br />

81 Deterding, 1999, S. 293.<br />

82 Hillebrand, 1999, S. 22.<br />

83 Hillebrand, 1999, S. 22.<br />

84 Vitt-Maucher, 1992-93, S. 175.<br />

Quelle: enthalten in: Lizentiatsarbeit der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich: „Kunstvollkuenstliche<br />

Textkonstrukte: Zum Unheimlichen der Erzähltechnik E. T. A. Hoffmanns in den „Nachtstücken“<br />

von Thomas Meyer, Fachbereich Neuere deutsche Literaturwissenschaft, Deutsches Seminar, Universität<br />

Zürich, 2006 (2007).<br />

24


5. „Klein Zaches, genannt Zinnober“<br />

25


5.6 Zur Bedeutung der Namen<br />

Der Name Zinnober leitet sich vom griechischen kinnabari ("Drachenblut") ab, wobei das blutrot gefärbte<br />

Harz des Drachenblutbaumes gemeint ist. In Europa tauchte der Name zum erstem Mal im 6. Jahrhundert<br />

vor Christus bei den Griechen auf. In Asien war er vermutlich schon länger bekannt. Die Römer bauten das<br />

rote Erz in Almaden in Spanien in großen Mengen ab. Andere alte Fundstellen befinden sich heute noch in<br />

China und in Turkestan. Das aus Zinnober gewonnene Pigment – auch Vermilon genannt – war bei den<br />

Römern sehr beliebt.<br />

Zugleich ist Zinnober ein Quecksilbersulfid und diente früher wegen seiner roten Färbung als Malerfarbe.<br />

Im deutschen Sprachgebrauch ist zudem der Ausdruck „Red' keinen Zinnober“ gängig, was soviel heißt wie<br />

„Erzähl keinen Unsinn“.<br />

zach [Adj. , –er, am –(e)sten] 1 [bayr.–österr.] a zäh, ausdauernd b zäh; ~es Fleisch 2 [ostmdt.] geizig,<br />

knauserig; sei nicht so z.! 3 [norddt.] schüchtern, zaghaft [Nebenform von zäh]<br />

Fürst Demetrius in Anlehnung an Demeter, bekannt aus der griechischen Mythologie als dreifache<br />

Muttergöttin aus dem griechisch-kleinasiatischen Raum. Sie ist zuständig für die Fruchtbarkeit der Erde, des<br />

Getreides, der Saat und der Jahreszeiten. Als dreifaltige Göttin tritt sie in verschiedenen Manifestationen<br />

auf: als Jungfrau, Mutter oder Alte Frau. Unter Demetrius Herrschaft blühte das Reich auf.<br />

Candida leitet sich vom lateinischen candidus (hell, weiß, leuchtend, aufrichtig) ab. Im Englischen<br />

gibt es außerdem ein Adjektiv candid, welches soviel wie offen, ehrlich und aufrichtig bedeutet.<br />

Prosper, auf lateinisch "erwünscht, glücklich", deutet auf zwei Lehnwörter hin. In Shakespeares „The<br />

Tempest“ hat der Zauberer Prospero das Regiment inne und übt Rache an seinem Bruder, der ihn einst in die<br />

Isolation trieb.<br />

Prosperität ist im Deutschen ein wirtschaftswissenschaftlicher Ausdruck und bezeichnet eine Periode des<br />

wirtschaftlichen Aufschwunges und den damit verbunden Wohlstand einer Gesellschaft.<br />

Balthasar ist die griechische Form eines akkadischen (babylonischen) Namens Baal (auch Bel genannt) war<br />

ein männlicher Fruchtbarkeitsgott, der im Nahen Osten verehrt wurde; bekannt auch als Name eines der drei<br />

heiligen Könige.<br />

26


6. weiterführende Literatur<br />

Fuchs, Andrea: Kritik der Vernunft in E.T.A. Hoffmanns phantastischen Erzählungen "Klein Zaches genannt<br />

Zinnober" und "Der Sandmann", Weissensee-Verlag, Berlin, 2001.<br />

Gnam, Andrea: „Unzucht mit schönen jungfräulichen Gedanken“: E.T.A. Hoffmann als Zeremonienmeister<br />

der versprengten Leidenschaft. (liegt als PDF vor)<br />

Härtling, Peter: Hoffmann Oder die vielfältige Liebe, Eine Romanze, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln, 2001.<br />

(liegt als Kopie vor)<br />

Jacobi, Friedrich Heinrich: Die Hauptschriften zum Pantheismusstreit zwischen Jacobi und Mendelssohn<br />

Literarhistorsiche Überblicksdarstellung zur Aufklärung: Einleitung, in: Die deutsche Literatur in Text und<br />

Darstellung, Aufklärung und Rokoko, Band 5, erg. Ausgabe, Reclam, Stuttgart, 1998.<br />

Orosz, Magdolna: Identität, Differenz, Ambivalenz - Erzählstrukturen und Erzählstrategien bei E.T.A.<br />

Hoffmann", Frankfurt a. M.: Europ. Verlag der Wissenschaften, 2001.<br />

Paul, Jean-Marie: Dimensionen des Phantastischen , 1998<br />

Schau, Peter: "Klein Zaches" und die Märchenkunst E. T. A. Hoffmanns.<br />

Toth, Alfred Prof. Dr.: E.T.A. Hoffmanns chiastischer Karneval. (liegt als PDF vor)<br />

Verdinglichung als kollektiver Verblendungszusammenhang, E.T.A: Hoffmann: „Klein Zaches“, in: Fritz, Horst:<br />

Instrumentelle Vernunft als Gegenstand der Literatur, Fink; Auflage: Literaturgeschichte und Literaturkritik<br />

Band 4, 1982. (liegt vor)<br />

Uhlmann, Dirk: Dekretierte Aufklärung und poetische Klarsicht 2009 / 2010.<br />

Warnecke, Rolf: Vita E.T.A: Hoffmann, enthalten in: Text & Kritik, Sonderband, S. 177–187. (liegt vor)<br />

erstellt von Eva Bormann, September 2011<br />

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