24.02.2013 Aufrufe

und Verfassungsrecht

und Verfassungsrecht

und Verfassungsrecht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Das Verfahren kann nicht fortgeführt werden, weil derEinstellungsantrag der Ag nicht<br />

die für eine Ablehnung erforderliche qualifizierte Zweidrittelmehrheit gef<strong>und</strong>en hat.<br />

Vier Richter sind der Auffassung, dass ein Verfahrenshindernis nicht besteht. Drei<br />

Richter sind der Auffassung, dass ein nicht behebbares Verfahrenshindernis vorliegt.<br />

Nach § 15 Abs. 4 BVerfGG bedarf in einem Parteiverbotsverfahren eine dem Antragsgegner<br />

nachteilige Entscheidung in jedem Fall einer Mehrheit von zwei Dritteln<br />

der Mitglieder des Senats. Mindestens sechs des aus acht Richtern bestehenden<br />

Senats müssen eine nachteilige Entscheidung gegenüber dem Antragsgegner tragen.<br />

Nachteilig ist gr<strong>und</strong>sätzlich jede Entscheidung, die die Rechtsposition des Antragsgegners<br />

verschlechtern oder sonst negativ beeinflussen kann.<br />

Die Ablehnung des Antrags auf Einstellung des Verfahrens ist eine für die Ag<br />

nachteilige Entscheidung. Bereits der Wortlaut der Vorschrift des § 15 Abs. 4<br />

BVerfGG macht deutlich, dass eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist, um einen<br />

Antrag auf Einstellung des Verfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses abzulehnen;<br />

er schreibt bei einer nachteiligen Entscheidung "in jedem Fall" eine Mehrheit<br />

von zwei Dritteln der Mitglieder des Senats vor. Zudem trägt das Erfordernis der<br />

qualifizierten Mehrheit der hervorgehobenen verfassungsrechtlichen Stellung der<br />

politischen Parteien <strong>und</strong> ihrer erhöhten Schutz- <strong>und</strong> Bestandsgarantie Rechnung. Da<br />

Parteien durch die Feststellung der Verfassungswidrigkeit <strong>und</strong> die Auflösung ihrer<br />

Organisation von der freien Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes<br />

ausgeschlossen werden, bedürfen gerichtliche Entscheidungen zum Nachteil einer<br />

Partei in einem Verbotsverfahren einer besonderen Legitimation. Dieser Regelungszweck<br />

erfasst jedenfalls auch Entscheidungen über das Vorliegen eines nicht behebbaren<br />

Verfahrenshindernisses. Würde das BVerfG die Einstellung des Verfahrens<br />

ablehnen, weil ein Verfahrenshindernis nicht vorliegt, müsste das Parteisverbotsverfahren<br />

fortgesetzt <strong>und</strong> eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden.<br />

Darin läge eine eigenständige Belastung für die betroffene Partei. Eine Minderheit<br />

von drei Richtern ist der Auffassung, infolge mangelnder Staatsfreiheit der Ag auf der<br />

Führungsebene sowie mangelnder Staatsfreiheit des zur Antragsbegründung ausgebreiteten<br />

Bildes der Partei bestehe ein nicht behebbares Hindernis für die Fortführung<br />

des Verfahrens. In Anbetracht des Erfordernisses der qualifizierten Mehrheit<br />

steht danach fest, dass die Parteiverbotsanträge nicht zum Erfolg geführt werden<br />

können. Eine Fortführung des Verfahrens wäre deshalb rechtsstaatlich nicht vertretbar<br />

<strong>und</strong> der Ag nicht zuzumuten.<br />

Der Einstellungsbeschluss ist eine Prozess- <strong>und</strong> keine Sachentscheidung. Den<br />

Rechtsansichten der Minderheit <strong>und</strong> der Mehrheit der Richter kommt deshalb keine<br />

Bindungswirkung zu.<br />

2. Die Richter Hassemer <strong>und</strong> Broß sowie die Richterin Osterloh sind der Auffassung,<br />

dass ein nicht behebbares Verfahrenshindernis vorliegt.<br />

Im Parteiverbotsverfahren wurde das Gebot strikter Staatsfreiheit der Ag rechtsstaatswidrig<br />

verfehlt. Dieser Mangel ist nicht behebbar. Derzeit sind auch keine<br />

Gründe erkennbar, die die Fortsetzung des Parteiverbotsverfahrens dennoch ausnahmsweise<br />

rechtfertigen könnten.<br />

Im Einzelnen führen die drei Richter aus:<br />

a) Bei der Durchführung gerichtlicher Verfahren gelten rechtsstaatliche Mindestanforderungen:<br />

Kein staatliches Verfahren darf einseitig nur nach Maßgabe des jeweils<br />

rechtlich bestimmten Verfahrenszwecks ohne Rücksicht auf mögliche gegenläufige<br />

165<br />

© Prof. Dr. Schulz - Staats- u. VerfR<br />

Mär. 06

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!