und Verfassungsrecht
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* Lohnkürzung<br />
1932 initiierte die SPD ein Volksbegehren gegen weitere gesetzlich verordnete<br />
Lohnkürzungen. In dieser Zeit herrschte infolge der Wirtschaftskrise große Armut.<br />
Die Parlamente waren ausgeschaltet, die Regierungen regierten nur über Notverordnungen.<br />
Das Volksbegehren war ein Warnsignal, sich mehr um die Bedürfnisse<br />
der armen Bevölkerung zu kümmern. Am 17.12.1932 kam die Regierung diesem<br />
Anliegen nach. Die Löhne wurden wieder erhöht. Das Volksbegehren, da nun schon<br />
im Vorfeld erfolgreich, wurde abgebrochen.<br />
Fazit:<br />
Die Volksbegehren <strong>und</strong> die Volksentscheide haben die Weimarer Republik gestärkt.<br />
Sie boten eine Chance, die Kluft zwischen Staat <strong>und</strong> Bevölkerung zu schließen, was<br />
letztlich aber nicht gelang. Statt dessen kam Hitler. Demagogische Erfolge wurden<br />
mit den wenigen Volksentscheiden nicht gemacht. Der einzige Versuch der Nazis<br />
scheiterte kläglich. Nicht bewährt hat sich jedoch das 50%ige Beteiligungsquorum<br />
beim Volksentscheid, das zu <strong>und</strong>emokratischen Manipulationen führte.<br />
1933 leitete der Reichstag mit der Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes die<br />
Naziherrschaft ein. "Bittere Weimarer Erfahrungen" gab es mit dem Parlamentarismus,<br />
nicht mit Volksbegehren <strong>und</strong> Volksentscheiden.<br />
II. Nationalsozialismus<br />
1933 wurde mit der Demokratie auch die Volksgesetzgebung abgeschafft. Die Nationalsozialisten<br />
führten allerdings noch im gleichen Jahr den ersten Volksentscheid<br />
"von oben" über den Austritt aus dem Völkerb<strong>und</strong> durch - eine schon im Weimar verbreitete<br />
Forderung. Kurz darauf ließ sich Hitler die Erweiterung seiner Machtbefugnisse<br />
vom Volk absegnen.<br />
Zur Bewertung dieser beiden Abstimmungen schreibt Dr. Otmar Jung: "Die überlieferten<br />
Abstimmungsdaten sind historisch-politisch ‘gegen den Strich‘ zu lesen. Daß<br />
im Herbst 1933 4,9% <strong>und</strong> im Sommer 1934 sogar 10,1% der Abstimmenden wagten,<br />
mit ‘Nein‘ zu stimmen (in absoluten Zahlen waren das 4,3 Millionen Bürger), kann<br />
angesichts der überwältigenden diktatorischen Umstände geradezu als Widerstand<br />
gelten (...)". Aufgr<strong>und</strong> dieser für ein diktatorisches Regime ungewöhnlichen Resultate<br />
wurde nur noch ein einziges Mal ein Volksentscheid inszeniert: 1938, als es um den<br />
“Anschluß“ Österreichs an das Dritte Reich ging. Hier zeigten sich nun "endlich" die -<br />
nicht zuletzt durch Manipulationen bei der Stimmauszählung - typischen Werte für<br />
ein Plebiszit in der Diktatur: Über 99% Beteiligung <strong>und</strong> über 99% Zustimmung.<br />
Fazit:<br />
Der ungetrübte Blick zurück in die Geschichte wirft, wie dieser kurze Abriß zeigt, keineswegs<br />
ein negatives Licht auf die direkte Demokratie. Dies gilt umso mehr, wenn<br />
wir berücksichtigen, daß wir heute den Volksentscheid unter den Bedingungen einer<br />
etablierten Demokratie fordern. Die Konsequenzen, die wir gerade aus den vielzitierten<br />
"Weimarer Erfahrungen" ziehen können, sprechen keineswegs gegen die<br />
Volksgesetzgebung. Sie klären uns aber - wie im Fall der 50%igen Beteiligungsklausel<br />
für Weimarer Volksentscheide - über die Notwendigkeit fairer Verfahrensregeln<br />
auf.<br />
Literaturhinweise<br />
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Westfalen bestellt werden.<br />
Mehr Demokratie e.V.<br />
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© Prof. Dr. Schulz - Staats- u. VerfR<br />
Mär. 06