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und Verfassungsrecht

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Das Landgericht ging davon aus, der Beschwerdeführer habe aus eigenem<br />

Entschluß bei der B<strong>und</strong>estagswahl 1961 kandidiert. Seine Behauptung, er habe nicht<br />

in Verbindung mit der verbotenen KPD gestanden, könne nicht widerlegt werden.<br />

Das Handeln des Beschwerdeführers stelle aber nach dem Urteil des B<strong>und</strong>esgerichtshofs<br />

vom 20. März 1963 (BGHSt 18, 296 ff.) eine strafbare Förderung der illegalen<br />

KPD dar. Mit der Verbreitung des 1. Flugblattes habe der Beschwerdeführer<br />

die Propaganda der KPD in die Öffentlichkeit gebracht. Was er zu aktuellen politischen<br />

Fragen geschrieben habe, decke sich mit der damaligen Propaganda der<br />

KPD. Der Beschwerdeführer habe sich der Parolen <strong>und</strong> Schlagworte bedient, die<br />

auch die KPD gebraucht habe <strong>und</strong> die bei der Bevölkerung als Thesen der KPD bekannt<br />

gewesen seien. Er habe sich als Kommunist bezeichnet, ohne sich in irgendeiner<br />

Weise von der illegalen KPD zu distanzieren. Zwar sei dem Beschwerdeführer<br />

nicht nachzuweisen, daß er Material der KPD als Vorlage für sein Flugblatt benutzt<br />

habe. Er sei sich aber darüber im klaren gewesen, daß seine Wahlbewerbung den<br />

Interessen der illegalen KPD entspreche <strong>und</strong> er mit der Verbreitung des Flugblattes<br />

Propaganda für sie mache. Für seinen auf die Förderung der KPD gerichteten Willen<br />

spreche auch der Inhalt des 2., nicht verbreiteten Flugblattes, in dem Maßnahmen<br />

des DDR-Regimes gutgeheißen würden.<br />

3. Die Revision des Beschwerdeführers wurde vom B<strong>und</strong>esgerichtshof mit Urteil vom<br />

19. August 1964 aus folgenden Gründen verworfen:<br />

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (BGHSt 18, 296 ff.) liege bei den<br />

früheren KPD-Funktionären, die sich im Sommer 1961 als "unabhängige kommunistische<br />

Einzelkandidaten" am B<strong>und</strong>estagswahlkampf beteiligten, in aller Regel eine<br />

nach §§ 42, 47 BVerfGG strafbare Zuwiderhandlung vor. Es genüge, daß ein "Außenstehender"<br />

die Partei fördere. Nicht erforderlich sei, daß der Beschwerdeführer<br />

durch sein Tun den organisatorischen Zusammenhalt der KPD habe aufrechterhalten<br />

wollen.<br />

Das Urteil des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts treffe nicht schon eine bloße Propaganda<br />

für den "Kommunismus" oder die "marxistisch-leninistische Weltanschauung". Die<br />

politische Linie der verbotenen KPD sei nicht mit dem "Kommunismus" gleichzusetzen.<br />

Daher sei das Eintreten für die kommunistische Lehre <strong>und</strong> für kommunistische<br />

Forderungen für sich allein nicht strafbar. Es genüge auch nicht, daß das vom Täter<br />

Gesagte, insbesondere die von ihm vertretenen Ziele, mit dem übereinstimmten, was<br />

KPD <strong>und</strong> SED zum gleichen Zeitpunkt sagten. Entscheidend sei, daß der Beschwerdeführer<br />

für die KPD habe werben wollen. Er habe sich ausdrücklich als Kommunist<br />

bezeichnet <strong>und</strong> dabei jene Schlagworte <strong>und</strong> Parolen verkündet, die im Bewußtsein<br />

der Bevölkerung gerade als die Thesen der verbotenen KPD bekannt seien. Damit<br />

aber sei er sich darüber im klaren gewesen <strong>und</strong> habe es gewollt - zumindest habe er<br />

es billigend in Kauf genommen -, daß seine Propaganda schon deshalb in der Öffentlichkeit<br />

als Förderung der KPD wirke, weil er nicht erkennbar von den Zielen dieser<br />

Partei abgerückt sei; denn dazu genügte die Bezeichnung als "unabhängiger"<br />

Einzelkandidat noch nicht.<br />

Es spiele keine Rolle, ob die vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassungen zu<br />

politischen Gegenwartsfragen auch von anderen Kreisen vertreten würden, die nicht<br />

in Beziehung zum Kommunismus stünden <strong>und</strong> sich nicht strafbar machten. Auf den<br />

Inhalt der Flugblätter wäre es nur bei einer Bestrafung wegen Verbreitens verfassungsfeindlicher<br />

Schriften (§ 93 StGB) angekommen. Insoweit sei der Beschwerdeführer<br />

jedoch nicht bestraft worden.<br />

188<br />

© Prof. Dr. Schulz - Staats- u. VerfR<br />

Mär. 06

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