LEBENSWEGE - Die Brücke Ostholstein
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<strong>Brücke</strong> und Gesellschaft<br />
Nein zu Kürzungen!<br />
Ende 2009 kündigte der Landkreistag Schleswig-Holstein den gemeinsam mit den<br />
Leistungserbringern und Interessenvertretern ausgehandelten Rahmenvertrag<br />
zur Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung. Unvermittelt, ohne vorherige<br />
Gespräche. Das Ziel: ganz schnell neue Verhandlungen erzwingen – und Geld<br />
sparen, am besten gleich 100 Millionen, so forderten es forsch vorpreschende<br />
Politiker. Dank zahlreicher Proteste – eine der ersten großen Kundgebungen fand<br />
bei uns im ostholsteinischen Eutin statt und viele von uns waren dabei – wurde<br />
die Kündigung Mitte 2010 dann erst einmal wieder ausgesetzt. Aber das Thema<br />
ist nicht vom Tisch – und das Vertrauen in den Konsens von Politik und Gesellschaft<br />
über die Wichtigkeit und Unantastbarkeit der Teilhabe von Menschen mit<br />
Behinderung ist empfindlich gestört.<br />
Im April 2010 zogen Hunderte auf der ersten großen Demonstration im Lande durch<br />
Eutin. Mit dabei: viele Betreute und MitarbeiterInnen der <strong>Brücke</strong> <strong>Ostholstein</strong>.<br />
„<strong>Die</strong> Verunsicherung sitzt tief“, blickt<br />
<strong>Brücke</strong>-Geschäftsführer Dirk Wäcken<br />
heute auf das zurück, was da vor einem<br />
Jahr in Schleswig-Holstein begann. Es sei<br />
die Art und Weise gewesen, die so scho-<br />
„Gemeinsam treten wir dafür<br />
ein, dass der Sozialstaat nicht<br />
demontiert wird!“<br />
ckiert habe. „Wie da nach Jahrzehnten<br />
der guten Zusammenarbeit plötzlich so<br />
getan wurde, als könne man komplexe<br />
Förderleistungen in Wahrheit auch mit<br />
viel weniger Geld bewerkstelligen und<br />
als wirtschafteten die Leistungserbrin-<br />
ger verantwortungslos und<br />
mit zu vielen Kräften – das<br />
ging unter die Gürtellinie.“<br />
Denn für die Menschen<br />
mit Behinderung und die<br />
Berufstätigen in der Eingliederungshilfe<br />
seien Förderung<br />
und Inklusion keine<br />
schönen Worte. „Hier geht es darum,<br />
Leben zu gestalten, Hürden zu überwinden<br />
und mit viel Geduld Ziele mitten in<br />
der Gesellschaft zu erreichen, 24 Stunden<br />
am Tag, auch an den Wochenenden.<br />
Das geht nur mit Werten, die mit<br />
Geld gar nicht zu bezahlen sind. Und<br />
dann hört man so was.“<br />
Auf Initiative der <strong>Ostholstein</strong>er<br />
Behindertenhilfe gGmbH (OHBH), die<br />
unter anderem Trägerin von Werkstätten<br />
für Menschen mit Behinderungen<br />
ist, gab es schließlich im April eine Protestkundgebung<br />
in Eutin. Auch Betreute<br />
und MitarbeiterInnen der <strong>Brücke</strong> <strong>Ostholstein</strong><br />
waren mit dabei. <strong>Die</strong> Schlossterrassen<br />
platzten aus allen Nähten, als<br />
sich mehrere hundert Demonstranten<br />
dort vor ihrem Marsch zum Kreishaus<br />
trafen. „<strong>Die</strong>s ist ein starkes Signal, dass<br />
wir nicht alles mit uns machen lassen“,<br />
so OHBH-Geschäftsführer Reinhard-<br />
Ehmke Sohns, „so unterschiedlich wir<br />
sind, gemeinsam treten wir dafür ein,<br />
dass der Sozialstaat nicht demontiert<br />
wird. Auch die Menschen mit Behinderung<br />
sind wichtig in der Gesellschaft, sie<br />
bekommen nicht nur, sie geben auch,<br />
ebenso wie die MitarbeiterInnen in den<br />
Einrichtungen.“ Aktive aus den Beiräten<br />
für Menschen mit Behinderungen riefen<br />
dazu auf, es nicht bei einer Demonstration<br />
zu belassen, sondern sich weiter<br />
aktiv gegen Kürzungen einzusetzen.<br />
„Wir haben einen eigenen Willen und<br />
eine eigene Meinung, unterschätzen Sie<br />
uns nicht.“<br />
Protest mit Wirkung: Auch der NDR war vor Ort.<br />
Mütter von Kindern mit Behinderung<br />
schilderten, wie wichtig Maßnahmen<br />
der Eingliederungshilfe bereits für<br />
die Jüngsten der Gesellschaft sind – und<br />
wie sehr sie der herablassende Vorwurf<br />
allgemeiner Geldverschwendung angesichts<br />
der tagtäglichen Anstrengungen<br />
empört. Ein beeindruckend großer<br />
Menschenzug machte sich schließlich<br />
durch die Stadt auf zum Kreishaus, des-