LEBENSWEGE - Die Brücke Ostholstein
LEBENSWEGE - Die Brücke Ostholstein
LEBENSWEGE - Die Brücke Ostholstein
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
8<br />
Titelthema<br />
Ich hatte ein Leben voller Gewalt<br />
aller Art hinter mir. Hatte als Mutter<br />
eine Familie versorgt, in verantwortungsvollen<br />
Berufen gearbeitet. War<br />
aus allem gefallen und mit Hilfe der<br />
<strong>Brücke</strong> wieder seelisch aufgestanden.<br />
<strong>Die</strong> Suche nach Arbeit, der Ärger mit<br />
1-Euro-Jobs wurden zu einem großen<br />
Problem, die eher zurückhaltende Art<br />
der Menschen auf dem Lande wirkte<br />
auf mich gebürtige Rheinländerin ausgrenzend<br />
und schwermütig. Meine<br />
Kreativität gab mir zwar Beschäftigung,<br />
Freude und Fragmente von Struktur,<br />
aber es ging nicht wirklich bergauf. Ich<br />
zog mich zurück, mochte kaum mehr<br />
aus dem Haus gehen. Es musste etwas<br />
geschehen.<br />
Bei einem Ausflug mit der <strong>Brücke</strong><br />
lernte ich eine Hamburger Werkstatt<br />
für Menschen mit Behinderungen<br />
kennen, in der auch Leute mit seelischen<br />
Beeinträchtigungen tätig waren, und<br />
das in kreativen und spannenden Aufgabenbereichen.<br />
Es war, als würde ein<br />
Schleier weggezogen werden – das war<br />
Veränderung von Lebenswegen – dazu fällt mir ganz besonders ein Teil<br />
meines Weges ein: Mein Weg von <strong>Ostholstein</strong> nach Hamburg, wo ich<br />
heute lebe und arbeite. Weg von der <strong>Brücke</strong> <strong>Ostholstein</strong>, die mich ein Stück<br />
meines Weges begleitet hat, hin zu neuen Menschen und Netzwerken. Ein<br />
steiniger Weg in die Selbständigkeit war das, aber einer, den ich immer<br />
wieder gehen würde, denn die Anstrengungen haben sich gelohnt.<br />
Nach Hamburg „ausgewandert“<br />
– und glücklich<br />
es, was ich wollte. Und so begann mein<br />
Kampf um den Weg nach Hamburg. Bei<br />
vielen Ämtern wurde ich vorstellig, um<br />
zunächst ein Praktikum in Hamburg<br />
absolvieren zu können. Während dieses<br />
Praktikums merkte ich glücklich wieder<br />
meine ganze Lebendigkeit<br />
und wusste,<br />
wofür ich kämpfte.<br />
<strong>Die</strong> Wohnungssuche<br />
in Hamburg war ein<br />
weiterer langer Weg.<br />
Sich dafür die richtigen<br />
Hilfen zu holen<br />
war nicht leicht – aber<br />
es gelang. Seit Ende<br />
2009 habe ich eine<br />
hübsche 54-Quadratmeter-Wohnung<br />
mit es sein müsste.<br />
Balkon in zentraler<br />
Lage. Täglich fahre ich<br />
zur Arbeit, esse in einem Künstlercafé<br />
zu Mittag und erlebe die Arbeit in der<br />
Werkstatt, in der ich sehr selbständig<br />
arbeite, als sehr passend für mich. Man<br />
trifft sich auf Kuchen und Kaffee. Und es<br />
Ich bin heute so froh und oft<br />
zum Heulen glücklich mit<br />
meinem Leben, dass ich den<br />
Weg mit all seinen Steinen<br />
wieder gehen würde, wenn<br />
gibt in der Einrichtung „Alsterarbeit“,<br />
in der es sehr viel Kundenkontakt gibt,<br />
nicht nur Schneiderei, Schusterei und<br />
Atelier, sondern auch einen sehr gut<br />
ausgestatteten Secondhand-Laden, der<br />
meine liebste Anlaufstelle ist.<br />
Natürlich gibt es<br />
auch in Hamburg<br />
Dinge und Menschen,<br />
mit denen ich<br />
nicht gut zurechtkomme.<br />
Aber so ist<br />
das Leben. Und bei<br />
all dem Tollen, das<br />
ich jetzt haben und<br />
erleben darf, darf<br />
auch das ruhig dazugehören.<br />
Ich bin heute so froh<br />
und oft zum Heulen<br />
glücklich mit meinem<br />
Leben, dass ich den Weg mit all<br />
seinen Steinen wieder gehen würde,<br />
wenn es sein müsste.<br />
Lydia Leyendecker