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März 2006 - Bundesverband für körper

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Recht und Politik<br />

Keine Weihnachtsbeihilfe<br />

<strong>für</strong> Heimbewohner<br />

Das Sozialgericht Stuttgart hat den Antrag eines<br />

Heimbewohners auf Gewährung einer einmaligen<br />

Beihilfe von 37 Euro zur würdigen Begehung<br />

des Weihnachtsfestes abgelehnt (Beschluss vom<br />

21. Dezember 2005, Az. S 20 SO 7966/05). Der<br />

Antragsteller lebt in einer vollstationären Einrichtung<br />

und verfügt über ein monatliches Taschengeld<br />

von 90 Euro. Der Sozialhilfeträger hatte ihm<br />

die Weihnachtsbeihilfe unter Hinweis auf die<br />

durch das Sozialgesetzbuch (SGB) XII eingeführte<br />

neue Regelsatzsystematik verweigert.<br />

Seit dem 1. Januar 2005 umfassen die Regelsätze pauschal<br />

den gesamten Bedarf <strong>für</strong> den notwendigen Lebensunterhalt.<br />

Leistungen <strong>für</strong> einmalige Bedarfe sieht das<br />

neue Sozialhilferecht nur noch in drei abschließend<br />

benannten Ausnahmefällen vor. Dazu gehört zum Beispiel<br />

die Erstausstattung <strong>für</strong> die Wohnung einschließlich<br />

der Haushaltsgeräte. Ausgaben <strong>für</strong> besondere Anlässe –<br />

wie dem Weihnachtsfest – sind dagegen aus dem Regelsatz<br />

zu bestreiten. Aufgrund der weitgehenden Einbeziehung<br />

der einmaligen Leistungen in den Regelsatz wurde<br />

dieser um 15 Prozent erhöht. Den Leistungsberechtigten<br />

obliegt es, einen Teil der monatlichen Leistungen anzusparen,<br />

um bei entstehendem Bedarf auch größere<br />

Anschaffungen zu tätigen. Der Barbetrag <strong>für</strong> Heimbewohner<br />

lehnt sich an die Regelsätze an. Seine Höhe<br />

beträgt mindestens 26 Prozent des Eckregelsatzes.<br />

Nach Auffassung des Antragstellers schließt die neue<br />

Regelsatzsystematik die Gewährung einer Weihnachtsbeihilfe<br />

<strong>für</strong> Heimbewohner nicht aus. Für diesen Personenkreis<br />

habe sich seit dem 1. Januar 2005 keine Änderung<br />

ergeben. Bis zum 31. Dezember 2004 habe sich der<br />

Barbetrag auf 89 Euro belaufen. Das SGB XII führe zu<br />

einer Auszahlung in Höhe von 90 Euro. Im Gegensatz zu<br />

außerhalb von Einrichtungen lebenden Hilfebedürftigen<br />

sei es Heimbewohnern deshalb nicht möglich, Ansparungen<br />

<strong>für</strong> einen besonderen weihnachtlichen Bedarf vorzunehmen.<br />

Das Gericht sah dies anders. Zum einen habe der Antragsteller<br />

nicht glaubhaft gemacht, <strong>für</strong> welche Ausgaben er<br />

einen zusätzlichen Betrag benötige. Er habe angegeben,<br />

dass er keinen Kontakt zu Verwandten unterhalte und<br />

dass ihm regelmäßig keine Kosten <strong>für</strong> weihnachtlichen<br />

Schmuck und festliche Mahlzeiten entstünden, weil entsprechende<br />

Leistungen häufig vom Heimträger übernommen<br />

würden. Eine nachvollziehbare Aufschlüsselung<br />

der Ausgaben des Antragstellers, die ein Ansparen<br />

unmöglich macht, fehle ebenso wie nachvollziehbare<br />

Angaben, welche Mittel zur Befriedigung des weihnachtlichen<br />

Bedarfs tatsächlich benötigt würden.<br />

Zum anderen lasse sich aus dem SGB XII auch nicht ein<br />

allgemeiner Anspruch auf Weihnachtsbeihilfe ableiten.<br />

Nach § 35 Absatz 2 SGB XII umfasse der weitere notwendige<br />

Lebensunterhalt in Einrichtungen insbesondere<br />

Kleidung und einen angemessenen Betrag zur persönlichen<br />

Verfügung. Aus der Formulierung „insbesondere“<br />

ergebe sich zwar, dass keine abschließende Aufzählung<br />

vorliege, sondern gegebenenfalls weitere zusätzliche<br />

Leistungen zur individuellen Bedarfsdeckung zu erbringen<br />

seien. Der Barbetrag sei jedoch zur Befriedigung persönlicher<br />

Bedürfnisse des täglichen Lebens, also unter<br />

anderem <strong>für</strong> Schreibmaterial, Nahverkehrsmittel, Postgebühren,<br />

Kinobesuche und Geschenke einzusetzen. Da<br />

festlicher Schmuck und festliches Essen von der Einrichtung<br />

gestellt würden, erstrecke sich der Bedarf des<br />

Antragstellers zur würdigen Begehung des Weihnachtsfests<br />

auf Grußkarten, Besuche aus Anlass des Weihnachtsfests<br />

und den Kauf von Geschenken. Genau <strong>für</strong><br />

derartige Aufwendungen sei aber der Barbetrag vorgesehen,<br />

so dass es sich bei dem Bedarf, der anlässlich des<br />

Weihnachtsfestes <strong>für</strong> den Antragsteller entstehe, nicht<br />

um eine zusätzlichen Bedarf handele, der die Gewährung<br />

eines einmaligen Barbetrages neben dem Barbetrag zur<br />

persönlichen Verfügung rechtfertige.<br />

Anmerkung:<br />

Zum selben Ergebnis kommen die Sozialgerichte<br />

Freiburg<br />

(Beschluss vom 23.12.2005, Az. S 9 SO<br />

5370/05 ER)<br />

und Gelsenkirchen<br />

(Beschluss vom 13.12.2005, Az. S 2 SO<br />

133/05 ER).<br />

Chancen, den Anspruch auf Weihnachtsbeihilfe<br />

erfolgreich vor den Sozialgerichten<br />

einzuklagen, haben Heimbewohner<br />

nach dieser Rechtsprechung nur dann,<br />

wenn sie einen zusätzlichen Bedarf <strong>für</strong><br />

das Weihnachtsfest konkret und plausibel<br />

darlegen und der Höhe nach beziffern<br />

können.<br />

(Stand: 25.01.<strong>2006</strong>)<br />

Katja Kruse<br />

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